Chicago School: Unterschied zwischen den Versionen

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Mit diesem sozialökologischen Modell konnten soziologische Phänomene wie Bevölkerungsdichte und –verteilung, Mobilität, Wettstreit, Arbeitsteilung, Segregation und Beziehungsmuster auch in Bezug auf [[Kriminalität]] untersucht werden. Zusammen mit Ernest W. [[Burgess]], der die kartographische Darstellung dieser Teilgebiete übernahm, entwickelte Park das Chicagoer Zonen-Modell. 1925 veröffentlichten sie in ‚The City’ ein '''Ideal-Modell''', eine Serie '''konzentrischer Kreise''', mit dem die Aufteilung und Expansion einer Großstadt beschrieben werden sollte: der innerste Kreis, der Kern des Modells, bildet der ‚Loop’, dieser wird auch '''‚central business district’''' (I) genannt. Um diesen city-Bereich herum verläuft die '''‚zone in transition’''' (II), die als Anlaufpunkt für Immigranten gilt. Der dritte Bereich (III) wird von Industrie-Arbeitern bewohnt, die aus der ‚zone in transition’ weggezogen sind. Hinter dieser Zone befindet sich das gehobene Wohngebiet (IV). Den fünften, unbegrenzten Bereich nennt Park die ‚commuters’ zone’ (V), das sind die Vorstadtgebiete. [[Burgess]] betonte jedoch, um entsprechender Kritik vorzubeugen, dass weder Chicago, noch irgendeine andere Stadt perfekt durch dieses Modell abgebildet werden könne.
Mit diesem sozialökologischen Modell konnten soziologische Phänomene wie Bevölkerungsdichte und –verteilung, Mobilität, Wettstreit, Arbeitsteilung, Segregation und Beziehungsmuster auch in Bezug auf [[Kriminalität]] untersucht werden. Zusammen mit Ernest W. [[Burgess]], der die kartographische Darstellung dieser Teilgebiete übernahm, entwickelte Park das Chicagoer Zonen-Modell. 1925 veröffentlichten sie in ‚The City’ ein '''Ideal-Modell''', eine Serie '''konzentrischer Kreise''', mit dem die Aufteilung und Expansion einer Großstadt beschrieben werden sollte: der innerste Kreis, der Kern des Modells, bildet der ‚Loop’, dieser wird auch '''‚central business district’''' (I) genannt. Um diesen city-Bereich herum verläuft die '''‚zone in transition’''' (II), die als Anlaufpunkt für Immigranten gilt. Der dritte Bereich (III) wird von Industrie-Arbeitern bewohnt, die aus der ‚zone in transition’ weggezogen sind. Hinter dieser Zone befindet sich das gehobene Wohngebiet (IV). Den fünften, unbegrenzten Bereich nennt Park die ‚commuters’ zone’ (V), das sind die Vorstadtgebiete. [[Burgess]] betonte jedoch, um entsprechender Kritik vorzubeugen, dass weder Chicago, noch irgendeine andere Stadt perfekt durch dieses Modell abgebildet werden könne.


== 3.3 Die ‚zone in transition’ und soziale Desorganisation ==
===Die ‚zone in transition’ und soziale Desorganisation ===


Die ‚zone in transition’ spielt in Burgess und Parks Untersuchungen eine zentrale Rolle: als Ankunftsort für Immigranten und Wohnort für ethnische Enklaven und Minderheiten ist dieser Bereich der ständigen Mobilität ausgesetzt und somit besonders anfällig für Kriminalität. Hier bilden sich Gemeinschaften, grenzen sich gegenseitig ab (Segregation) und lösen sich wieder auf. '''Primäre Bezugspersonen''', wie Familie und Freunde, werden häufig durch '''sekundäre Beziehungen''', wie solche zu Arbeitgebern oder Kollegen, ersetzt. Damit sinkt auch das Potenzial der sozialen Kontrolle durch intime Gruppen und abweichendes Verhalten wird seltener sozial sanktioniert. Kriminellen Handlungen wird demnach mehr Freiraum geboten. '''Soziale Kontrolle''' wird in solchen Fällen oft durch '''formelle Kontrolle''' (Polizei, Behörden) ersetzt.  
Die ‚zone in transition’ spielt in Burgess und Parks Untersuchungen eine zentrale Rolle: als Ankunftsort für Immigranten und Wohnort für ethnische Enklaven und Minderheiten ist dieser Bereich der ständigen Mobilität ausgesetzt und somit besonders anfällig für [[Kriminalität]]. Hier bilden sich Gemeinschaften, grenzen sich gegenseitig ab (Segregation) und lösen sich wieder auf. '''Primäre Bezugspersonen''', wie Familie und Freunde, werden häufig durch '''sekundäre Beziehungen''', wie solche zu Arbeitgebern oder Kollegen, ersetzt. Damit sinkt auch das Potenzial der sozialen Kontrolle durch intime Gruppen und abweichendes Verhalten wird seltener sozial sanktioniert. Kriminellen Handlungen wird demnach mehr Freiraum geboten. '''[[Soziale Kontrolle]]''' wird in solchen Fällen oft durch '''[[formelle Kontrolle]]''' (Polizei, Behörden) ersetzt.  


In der ‚zone in transition’ ist damit das Zusammenspiel von '''sozialer Organisation''' und '''sozialer Desorganisation''' beobachtbar. Beide Vorgänge sind '''reziprok''' zueinander zu betrachten und bilden im Gleichgewicht eine Art Kreislauf, den Burgess mit dem Stoffwechsel im menschlichen Körper vergleicht. Auf soziale Organisation (z.B. Vergemeinschaftung nach Immigration) folgt zwingend Desorganisation (z.B. das Versagen, zwei unterschiedliche Lebenswelten zusammenzubringen → abweichendes Verhalten), worauf in der Regel mit Reorganisation und besserer Anpassung reagiert wird. Damit wird abweichendes Verhalten, wie zum Beispiel auch fremde Kulturen, nicht als pathologisch, sondern als notwendiger Teil sozialen Zusammenlebens klassifiziert. Somit stellt Burgess auch die These auf, dass mit ansteigender Geschwindigkeit großstädtischer Expansion, dem unnatürlich schnellen Anwachsen der Population und sozialer Segregation auch –natürlicherweise- die Kriminalitätsrate steigt.
In der ‚zone in transition’ ist damit das Zusammenspiel von '''sozialer Organisation''' und '''sozialer Desorganisation''' beobachtbar. Beide Vorgänge sind '''reziprok''' zueinander zu betrachten und bilden im Gleichgewicht eine Art Kreislauf, den Burgess mit dem Stoffwechsel im menschlichen Körper vergleicht. Auf soziale Organisation (z.B. Vergemeinschaftung nach Immigration) folgt zwingend Desorganisation (z.B. das Versagen, zwei unterschiedliche Lebenswelten zusammenzubringen → abweichendes Verhalten), worauf in der Regel mit Reorganisation und besserer Anpassung reagiert wird. Damit wird abweichendes Verhalten, wie zum Beispiel auch fremde Kulturen, nicht als pathologisch, sondern als notwendiger Teil sozialen Zusammenlebens klassifiziert. Somit stellt Burgess auch die These auf, dass mit ansteigender Geschwindigkeit großstädtischer Expansion, dem unnatürlich schnellen Anwachsen der Population und sozialer Segregation auch –natürlicherweise- die [[Kriminalitätsrate]] steigt.


== 3.4 Reaktionen auf die Theorien ==
== 3.4 Reaktionen auf die Theorien ==