Chicago School: Unterschied zwischen den Versionen

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Die '''Chicago School of Sociology''' war eine institutionalisierte Forschungsbewegung, die in den 1920er Jahren an der Universtity of Chicago begründet wurde. Ihre methodologische Vielfalt ist noch heute beispielhaft für die qualitative Forschung. Grundlegende Theorien, wie das '''Chicagoer Zonenmodell''' und die '''Theorie der sozialen Desorganisation''', können als Ausgangspunkte für weiterführende soziologische und kriminologische Studien und Theorien angesehen werden. Neben '''Robert E. [[Park]]''' und '''Ernest W. [[Burgess]]''' waren unter anderem Louis Wirth, Frederic Thrasher, Clifford R. Shaw und Henry D. McKay bedeutende Forscher innerhalb dieser Schule. Die Chicagoer Schule verlor ab den 1940er Jahren mit der Entwicklung standardisierter Erhebungs- und statistischer Auswertungsverfahren an Relevanz. Nach dem zweiten Weltkrieg gab es eine ‚Zweite Chicagoer Schule’, die sich vor allem mit dem Symbolischen Interaktionismus auseinandersetzte, auf welche in diesem Artikel nicht näher eingegangen werden soll.
Die '''Chicago School of Sociology''' war eine institutionalisierte Forschungsbewegung, die in den 1920er Jahren an der Universtity of Chicago begründet wurde. Ihre methodologische Vielfalt ist noch heute beispielhaft für die qualitative Forschung. Grundlegende Theorien, wie das '''Chicagoer Zonenmodell''' und die '''Theorie der sozialen Desorganisation''', können als Ausgangspunkte für weiterführende soziologische und kriminologische Studien und Theorien angesehen werden. Neben '''Robert E. [[Park]]''' und '''Ernest W. [[Burgess]]''' waren unter anderem Louis Wirth, Frederic Thrasher, Clifford R. Shaw und Henry D. McKay bedeutende Forscher innerhalb dieser Schule. Die Chicagoer Schule verlor ab den 1940er Jahren mit der Entwicklung standardisierter Erhebungs- und statistischer Auswertungsverfahren an Relevanz. Nach dem zweiten Weltkrieg gab es eine ‚Zweite Chicagoer Schule’, die sich vor allem mit dem Symbolischen Interaktionismus auseinandersetzte, auf welche in diesem Artikel nicht näher eingegangen werden soll.


== 1 Die Genese der Chicago School of Sociology ==
==Die Genese der Chicago School of Sociology ==


Die Anfänge der Chicago School of Sociology sind auf die Kollegen Robert Ezra Park (1864-1944) und Ernest W. Burgess (1886-1966) zurückzuführen. Da in den frühen 1920er Jahren die Soziologie noch nicht zu den etablierten Geisteswissenschaften zählte, wurzelten die Beiträge der Chicagoer beispielsweise in der Psychologie, der Geschichte und der Politik und waren somit '''interdisziplinär''' angelegt. Vor allem die '''journalistische Reportage''' kann als Pate der Chicagoer Großstadtsoziologie betrachtet werden, denn Park arbeitete nach seinem ersten Studium zwölf Jahre lang als Reporter. Dort lernte er sich ins ‚Feld’ zu begeben, Erfahrungswissen anzusammeln und dieses Wissen systematisch zu vermitteln. In ‚Milieu-’ und ‚city-beat-Reportagen’ berichteten Journalisten ‚undercover’ aus Gerichtshöfen, Leichenhallen und Polizeistationen, schrieben über Populationen unterschiedlicher sozialer und ethnischer Herkunft.
Die Anfänge der Chicago School of Sociology sind auf die Kollegen Robert Ezra [[Park]] (1864-1944) und Ernest W. [[Burgess]] (1886-1966) zurückzuführen. Da in den frühen 1920er Jahren die Soziologie noch nicht zu den etablierten Geisteswissenschaften zählte, wurzelten die Beiträge der Chicagoer beispielsweise in der Psychologie, der Geschichte und der Politik und waren somit '''interdisziplinär''' angelegt. Vor allem die '''journalistische Reportage''' kann als Pate der Chicagoer Großstadtsoziologie betrachtet werden, denn Park arbeitete nach seinem ersten Studium zwölf Jahre lang als Reporter. Dort lernte er sich ins ‚Feld’ zu begeben, Erfahrungswissen anzusammeln und dieses Wissen systematisch zu vermitteln. In ‚Milieu-’ und ‚city-beat-Reportagen’ berichteten Journalisten ‚undercover’ aus Gerichtshöfen, Leichenhallen und Polizeistationen, schrieben über Populationen unterschiedlicher sozialer und ethnischer Herkunft.
 
Inspiriert durch diese direkte Auseinandersetzung mit sozialen Phänomenen legte Park auch noch später als Dozent der Soziologie besonderen Wert auf das '''‚Kennen’''' von Menschen (becoming ''aquainted with'') und weniger auf das systematische '''‚Wissen’''' über Menschen (gaining ''knowledge about''). Auch in seinen Arbeiten ist ein ausgeprägter Schwerpunkt auf '''empirische Forschung''' zu erkennen. Neben der '''Großstadtsoziologie''' galt das Hauptinteresse der Chicagoer Soziologen unter anderem '''abweichendem und kriminellem Verhalten''' (deviance and delinquence).


Inspiriert durch diese direkte Auseinandersetzung mit sozialen Phänomenen legte [[Park]] auch noch später als Dozent der Soziologie besonderen Wert auf das '''‚Kennen’''' von Menschen (becoming ''aquainted with'') und weniger auf das systematische '''‚Wissen’''' über Menschen (gaining ''knowledge about''). Auch in seinen Arbeiten ist ein ausgeprägter Schwerpunkt auf '''empirische Forschung''' zu erkennen. Neben der '''Großstadtsoziologie''' galt das Hauptinteresse der Chicagoer Soziologen unter anderem '''abweichendem und kriminellem Verhalten''' (deviance and delinquence).


== 2 Methodologie ==
== 2 Methodologie ==