Charles R. Tittle: Unterschied zwischen den Versionen

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Der us-amerikanische Devianz- und Kriminalsoziologe '''Charles R. Tittle''' (* 26. März 1939) ist vor allem für seine [[Control Balance Theory]] bekannt geworden.   
 
'''Charles R. Tittle''' (* 26. März 1939) ist ein US-amerikanischer Soziologe mit dem Schwerpunkt Kriminal- und Devianzsoziologie. Seine Kriminalitätstheorie - die "Control Balance Theory" - integriert zahlreiche einzelne Ansätze in der Kriminologie zu einer Allgemeinen Kriminalitätstheorie.   


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Der Theorie geht es um die Beziehung zwischen derjenigen Kontrolle, die eine Person über ihre Umwelt ausübt, zu derjenigen, der diese Person seitens ihrer Umwelt ausgesetzt ist. Zentraler Gedanke ist, dass ein ungleichgewichtiges Kontrollverhältnis (=control ratio) zu Versuchen der (Wieder-) Herstellung eines relativen Gleichgewichts führt, und dass diese Versuche oftmals die Form von Abweichung und Kriminalität annehmen.  
Der Theorie geht es um die Beziehung zwischen derjenigen Kontrolle, die eine Person über ihre Umwelt ausübt, zu derjenigen, der diese Person seitens ihrer Umwelt ausgesetzt ist. Zentraler Gedanke ist, dass ein ungleichgewichtiges Kontrollverhältnis (=control ratio) zu Versuchen der (Wieder-) Herstellung eines relativen Gleichgewichts führt, und dass diese Versuche oftmals die Form von Abweichung und Kriminalität annehmen.  


In der deutschen Diskussion spielt die Control Balance Theory bislang keine große Rolle. Vielleicht gibt es auch deshalb noch keine eingeführte deutsche Übersetzung des Begriffs "[[Control Balance]]". Die intuitive Übersetzung als "Kontroll-Balance-Theorie" ist naheliegend und nicht ganz verkehrt. Andererseits besitzt das Wort "balance" neben vielen anderen Bedeutungen auch diejenige von "Saldo" (= Differenz zwischen Soll und Haben). Tittle's Gebrauch des Begriffs (z.B. "that person's overall control balance will be somewhat different thant it would be if he oder she ...."; S. 154) legt nahe, dass Übersetzungen als "Kontroll-Saldo-Theorie" oder auch "Kontroll-Bilanz-Theorie" angemessener sein könnten.
In der deutschen Diskussion spielt die Control Balance Theory bislang keine große Rolle. Vielleicht gibt es auch deshalb noch keine eingeführte deutsche Übersetzung des Begriffs "[[Control Balance]]". Die intuitive Übersetzung als "Kontroll-Gleichgewichts-Theorie" ist naheliegend und nicht ganz verkehrt. Andererseits besitzt das Wort "balance" neben vielen anderen Bedeutungen auch diejenige von "Saldo" (= Differenz zwischen Soll und Haben). Tittle's Gebrauch des Begriffs (z.B. "that person's overall control balance will be somewhat different thant it would be if he oder she ...."; S. 154) legt nahe, dass Übersetzungen als "Kontroll-Saldo-Theorie" oder auch "Kontroll-Bilanz-Theorie" angemessener sein könnten.
 
=== Von der Control Balance Theory zur Control Balance Desirability ===
=== Von der Control Balance Theory zur Control Balance Desirability ===
Kritik an der Control Balance Theorie (Braithwaite, 1997; Jensen, 1999; Savelsberg, 1999; Piquero and Hickman, 2002; Curry and Piquero, 2003) bewog Tittle (2004) zu einer Verfeinerung seiner Theorie. Folgende sechs Punkte wurden präzisiert
Kritik an der Control Balance Theorie (Braithwaite, 1997; Jensen, 1999; Savelsberg, 1999; Piquero and Hickman, 2002; Curry and Piquero, 2003) bewog Tittle (2004) zu einer Verfeinerung seiner Theorie. Im wesentlichen wurden die allzu starre Auslegung der Reaktionen auf ein Ungleichgewicht und Begriffsdefinitionen kritisiert.
 
Tittle führt zur Verfeinerung den Begriff control balance desirability ein. Zu Deutsch "gewünschtes Kontroll Gleichgewicht". Dieser Begriff ist eine zusammengesetzte Variable mit zwei Indikatoren. Zum einen die mögliche Langzeitwirkung eines abweichenden Verhaltens auf die Veränderbarkeit des Kontroll Ungleichgewichts und zum zweiten in wie weit eine gewisse Form eines Fehlverhaltens die persönliche und direkte Einbindung des Täters mit dem Opfer oder dem Tatobjekt benötigt, dass von der Abweichung betroffen ist.
 
Folgende sechs Punkte wurden von Charles Tittle präzisiert


:#Vereinigung der repressiven und autonomen continua der Devianz in ein einziges continuum der control balance desirability;  
:#Vereinigung der repressiven und autonomen continua der Devianz in ein einziges continuum der control balance desirability;  
:#Aufgabe der Besorgtheit um Abweichungs-Subtypen, die vormals Bereiche der repressiven und autonomen Abweichungs-Kontinua dargestellt haben, dieses mit einer vollständigen Fokussierung auf das Kontinuum der Wünschbarkeit des Kontroll-Ausgleichs und ohne Bestimmung kategorischer oder beschreibender Einteilungen;  
:#Aufgabe der Besorgtheit um Abweichungs-Subtypen, die vormals Bereiche der repressiven und autonomen Abweichungs-Kontinua dargestellt haben, dieses mit einer vollständigen Fokussierung auf das Kontinuum der control balance desirability und ohne Bestimmung kategorischer oder beschreibender Einteilungen;  
:#Anerkennung, dass Leute mit sowohl Kontroll-Defiziten wie mit Kontroll-Überschüssen möglicherweise nach ähnlichen Abweichungsformen innerhalb der Schwankungsbereiches eines Kontinuums der Wünschbarkeit des Kontroll-Ausgleichs  greifen, dieses insbesondere in mittleren Bereichen. Diese Festellung trifft eher zu als der Schluss, Leute mit Kontroll-Über-schüssen würden ganz allgemein ´autonom´ abweichen, während solche mit Kontroll-Defiziten allgemein eher zur ´repressiven´ Abweichung neigen;  
:#Anerkennung, dass Leute mit sowohl Kontroll-Defiziten wie mit Kontroll-Überschüssen möglicherweise nach ähnlichen Abweichungsformen innerhalb der Schwankungsbereiches eines Kontinuums der control balance desirability greifen, dieses insbesondere in mittleren Bereichen. Diese Festellung trifft eher zu als der Schluss, Leute mit Kontroll-Überschüssen würden ganz allgemein ´autonom´ abweichen, während solche mit Kontroll-Defiziten allgemein eher zur ´repressiven´ Abweichung neigen;  
:#die Entwicklung von Theorien, dass die Eintreffenswahrscheinlichkeit verschiedener Abweichungs-Ausprä-gungen innerhalb weiterer oder engerer Toleranzen des Kontinuums der Wünschbarkeit des Kontroll-Ausgleichs abhängig ist vom Schnittpunkt dieser vier Variablen: Kontroll-verhältnis, Gelegenheit, Zwang und Selbstkontrolle;  
:#die Entwicklung von Theorien, dass die Eintreffenswahrscheinlichkeit verschiedener Abweichungs-Ausprägungen innerhalb weiterer oder engerer Toleranzen des Kontinuums der control balance desirability abhängig ist vom Schnittpunkt dieser vier Variablen: Kontroll-Verhältnis, Gelegenheit, Zwang und Selbstkontrolle;  
:#die Änderung der Selbstkontrolle weg von einem Umstand, der das Ausmass beeinträchtigt, zu dem sich der Kontroll-ausgleichsprozess mit grösserer oder kleinerer Kraft hin zu einer essentiellen Variablen entwickelt, die den wahrscheinlich durchzuziehenden Abweichungstyp beeinträchtigt;
:#die Änderung der Selbstkontrolle weg von einem Umstand, der das Ausmass beeinträchtigt, zu dem sich der Kontroll-Ausgleichsprozess mit grösserer oder kleinerer Kraft hin zu einer essentiellen Variablen entwickelt, die den wahrscheinlich durchzuziehenden Abweichungstyp beeinträchtigt;
:#die Klärung der Bedeutung von Ernsthaftigkeit ohne ihre Betonung als hauptsächlicher Kontrapunkt zur Motivation und gleichzeitig ihrer expliziteren Bestimmung als Beitrag zu der wichtigeren Zwangsvariablen
:#die Klärung der Bedeutung von Ernsthaftigkeit ohne ihre Betonung als hauptsächlicher Kontrapunkt zur Motivation und gleichzeitig ihrer expliziteren Bestimmung als Beitrag zu der wichtigeren Zwangsvariablen


== Publikationen von Charles R. Tittle ==
== Publikationen von Charles R. Tittle ==
*[http://www.estudiocriminal.eu/media/Los%20Desarrollos%20Teoricos%20de%20la%20Criminologia%20Charles%20Tittle.pdf Los Desarrollos Teóricos de la Criminología, in: Rosemary Barberet & Jesús Barquín, ed.: Justicia Penal Siglo XXI]
*1985: Control Balance. Toward a General Theory of Deviance. Boulder, Colorado: Westview.<br />  
*1985: Control Balance. Toward a General Theory of Deviance. Boulder, Colorado: Westview.<br />  
*2004: Refining control balance theory Theoretical Criminology, Vol. 8, No. 4, 395-428.
*2004: Refining control balance theory Theoretical Criminology, Vol. 8, No. 4, 395-428.
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== Links ==
== Links ==
[http://sa.ncsu.edu/S&A/faculty/tittle/tittle.html Persönliche Homepage an der North Carolina State University mit ausführlicher Publikationsliste und Vita]
[http://sa.ncsu.edu/S&A/faculty/tittle/tittle.html Persönliche Homepage an der North Carolina State University mit Publikationsliste und Vita]
 
== Video ==
*[https://www.youtube.com/watch?v=CMX7pPgVvbY Charles Tittle on YouTube 2012]


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{{DEFAULTSORT:Tittle, Charles R.}}

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