Cesare Beccaria: Unterschied zwischen den Versionen

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Beccaria war der Sohn eines Mailänder Aristokraten von bescheidenem Wohlstand. Mit acht Jahren wurde er auf die Jesuitenschule in Parma geschickt - deren Stil er später als "fanatisch" beschrieb. Er galt als Mensch von unstetem Temperament, bei dem Phasen des Enthusiasmus sich mit solchen der Depression und Untätigkeit abwechselten. In seiner Beziehung zu anderen Menschen galt er als schweigsam und etwas zurückhaltend, aber er legte großen Wert auf seine Freunde und Familie.
Beccaria war der Sohn eines Mailänder Aristokraten von bescheidenem Wohlstand. Mit acht Jahren wurde er auf die Jesuitenschule in Parma geschickt - deren Stil er später als "fanatisch" beschrieb. Er galt als Mensch von unstetem Temperament, bei dem Phasen des Enthusiasmus sich mit solchen der Depression und Untätigkeit abwechselten. In seiner Beziehung zu anderen Menschen galt er als schweigsam und etwas zurückhaltend, aber er legte großen Wert auf seine Freunde und Familie.


Beccaria schloss sich dem Grafen Pietro Verri an und half diesem dabei, eine literarische Gesellschaft zu gründen und mit Leben zu erfüllen. 1762 erschien seine erste Veröffentlichung: eine Broschüre über die Münzreform. Auch publizierte Beccaria in der Zeitschrift Il Caffè, die dem englischen ''The Spectator'' nachgebildet war. 1764 veröffentlichte er sodann (zunächst anonym) [[Dei delitti e delle pene]]. Auch danach blieb er konstruktiv und produktiv, doch erreichten seine Arbeiten über Wirtschaftsfragen, denen er sich dann zuwandte, bei weitem nicht die Erfolge, die seiner strafreformerischen Arbeit vergönnt waren. Seine Rolle als Prominenter genoss er überhaupt nicht. 1766 brach er einen Paris-Besuch, der ihn mit der Elite der Zeit zusammenbrachte, vorzeitig ab. 1768 nahm er einen Ruf auf einen Lehrstuhl für Nationalökonomie in Mailand an - die Vorlesungen, die er dort über zwei Jahre hielt, machten ihn zu einem Pionier im Bereich der ökonomischen Analyse. Sie wurden postum 1804 unter dem Titel Elementi di economia pubblica (“Elements der Volkswirtschaft") erschienen. Er antizipierte einige Ideen von Adam Smith und Thomas Malthus. 1771 wurde er Mitglied des obersten Wirtschaftsrates von Mailand und blieb für den Rest seines Lebens Träger öffentlicher Ämter. Er kümmerte sich um eine große Bandbreite von Themen, von Münz- und Finanzfragen über das Arbeitsrecht bis hin zur Reform des öffentlichen Erziehungswesens. Ein Bericht Beccarias beeinflusste sogar die Entscheidung Frankreichs zugunsten des metrischen Systems.
Ab etwa 1760 bildete Beccaria zusammen mit etwa 20 weiteren jungen Adligen - insbesondere dem Grafen Pietro Verri - die [[Akademie der Fäuste]] („Accademia dei Pugni“). Zudem schrieb Beccaria in dem Periodikum der Akademie namens [[Il Caffè]]. 1762 erschien seine erste Veröffentlichung: eine Broschüre über die Münzreform. Auch publizierte Beccaria in der Zeitschrift Il Caffè, die dem englischen ''The Spectator'' nachgebildet war. 1764 veröffentlichte er sodann (zunächst anonym) [[Dei delitti e delle pene]]. Auch danach blieb er konstruktiv und produktiv, doch erreichten seine Arbeiten über Wirtschaftsfragen, denen er sich dann zuwandte, bei weitem nicht die Erfolge, die seiner strafreformerischen Arbeit vergönnt waren. Seine Rolle als Prominenter genoss er überhaupt nicht. 1766 brach er einen Paris-Besuch, der ihn mit der Elite der Zeit zusammenbrachte, vorzeitig ab. 1768 nahm er einen Ruf auf einen Lehrstuhl für Nationalökonomie in Mailand an - die Vorlesungen, die er dort über zwei Jahre hielt, machten ihn zu einem Pionier im Bereich der ökonomischen Analyse (postume Publikation im Jahre 1804 unter dem Titel Elementi di economia pubblica; Elements der Volkswirtschaft). Er antizipierte einige Ideen von Adam Smith und Thomas Malthus. 1771 wurde er Mitglied des obersten Wirtschaftsrates von Mailand. 1774 starb seine erste Frau nach längerem Leiden im Alter von 29 Jahren (drei Monate später heiratete er erneut). Beccaria blieb für den Rest seines Lebens Träger öffentlicher Ämter. Er kümmerte sich um eine große Bandbreite von Themen, von Münz- und Finanzfragen über das Arbeitsrecht bis hin zur Reform des öffentlichen Erziehungswesens. Ein Bericht Beccarias beeinflusste sogar die Entscheidung Frankreichs zugunsten des metrischen Systems. In seinen letzten Lebensjahren litt Beccaria zunehmend unter familiären und gesundheitlichen Problemen. Seine zwei Brüder und seine Schwester strengten Prozesse an, die ihn viele Jahre beschäftigten. Beccarias letzte Monate waren überschattet von der Tatsache, dass die von ihm begrüßte Französische Revolution in eine Phase des Terrors abglitt.
 
In seinen letzten Lebensjahren litt Beccaria zunehmend unter familiären und gesundheitlichen Problemen. Seine Frau starb 1774 nach längerem Leiden im Alter von 29 Jahren. Drei Monate später heiratete er erneut. Seine zwei Brüder und seine Schwester strengten Prozesse an, die ihn viele Jahre beschäftigten. Beccarias letzte Monate waren überschattet von der Tatsache, dass die von ihm begrüßte Französische Revolution in eine Phase des Terrors abglitt.


Als er nach juristischer Promotion in Pavia (1758) im Jahre 1760 die 16-jährige Teresa Blasco heiraten wollte, kam es zu einem heftigen Konflikt mit seinem Vater, der zunächst einen Haftbefehl gegen seinen Sohn erwirkte, aufgrund dessen Cesare das Haus nicht verlassen durfte. Als der Sohn anschließend doch Teresa heiratete, verstieß ihn der Vater aus dem Haus und es bedurfte einer Leidenszeit von 15 Monaten, bis es - wohl unter Vermittlung eines der Prominenten vom Wiener Kaiserhof, die Cesare in seiner Not angeschrieben hatte (Fürst Kaunitz in Wien, Staatskanzler der Maria Theresa; Graf Karl Joseph Firmian) - zur Versöhnung kam. Danach wohnte Cesare sein ganzes Leben lang in dem väterlichen Hause: zuerst mit Teresa und den beiden Töchtern, dann (nachdem Teresa im Alter von 29 gestorben war und Cesare binnen vier Monaten erneut geheiratet hatte) mit seiner zweiten Frau.
Als er nach juristischer Promotion in Pavia (1758) im Jahre 1760 die 16-jährige Teresa Blasco heiraten wollte, kam es zu einem heftigen Konflikt mit seinem Vater, der zunächst einen Haftbefehl gegen seinen Sohn erwirkte, aufgrund dessen Cesare das Haus nicht verlassen durfte. Als der Sohn anschließend doch Teresa heiratete, verstieß ihn der Vater aus dem Haus und es bedurfte einer Leidenszeit von 15 Monaten, bis es - wohl unter Vermittlung eines der Prominenten vom Wiener Kaiserhof, die Cesare in seiner Not angeschrieben hatte (Fürst Kaunitz in Wien, Staatskanzler der Maria Theresa; Graf Karl Joseph Firmian) - zur Versöhnung kam. Danach wohnte Cesare sein ganzes Leben lang in dem väterlichen Hause: zuerst mit Teresa und den beiden Töchtern, dann (nachdem Teresa im Alter von 29 gestorben war und Cesare binnen vier Monaten erneut geheiratet hatte) mit seiner zweiten Frau.
Ab etwa 1760 bildete Beccaria zusammen mit etwa 20 weiteren jungen Adligen die [[Akademie der Fäuste]] („Accademia dei Pugni“). Zudem schrieb Beccaria in dem Periodikum der Akademie namens [[Il Caffè]].


1764 wurde er mit „Dei delitti e delle pene“ berühmt. Ab 1768 hatte er in Mailand einen Lehrstuhl für Volkswirtschaft und Handel. 1771 wurde er in den Wirtschaftsrat der Stadt berufen. Danach bekleidete er verschiedene Ämter, in denen er mit der Währungsreform, den Arbeitsverhältnissen und dem Erziehungssystem zu tun hatte. Sein späteres Leben war von Familienstreitigkeiten und Gesundheitsproblemen geprägt. Seine Freude über die Französische Revolution endete mit deren Terrorphase.
1764 wurde er mit „Dei delitti e delle pene“ berühmt. Ab 1768 hatte er in Mailand einen Lehrstuhl für Volkswirtschaft und Handel. 1771 wurde er in den Wirtschaftsrat der Stadt berufen. Danach bekleidete er verschiedene Ämter, in denen er mit der Währungsreform, den Arbeitsverhältnissen und dem Erziehungssystem zu tun hatte. Sein späteres Leben war von Familienstreitigkeiten und Gesundheitsproblemen geprägt. Seine Freude über die Französische Revolution endete mit deren Terrorphase.
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