BKA (Bundeskriminalamt): Unterschied zwischen den Versionen

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Einrichtungen mit der Bezeichnung "Bundeskriminalamt" existieren sowohl in Österreich als auch in Deutschland. Dieser Artikel behandelt das deutsche BKA (http://www.bka.de) - eine am 15. März 1951 gegründete Bundesoberbehörde, die der Aufsicht des Bundesinnenministeriums (BMI) unterliegt und heute  über Standorte in Wiesbaden (Hauptsitz), Berlin und Meckenheim (Rheinland) verfügt. Zusammen mit der Bundespolizei und der Polizei beim Deutschen Bundestag ist es eine der drei Polizeien des Bundes. Seit 2004 wird die Behörde von Jörg Ziercke geleitet.
Einrichtungen mit der Bezeichnung "Bundeskriminalamt" existieren sowohl in Österreich als auch in Deutschland. Dieser Artikel behandelt das deutsche BKA (http://www.bka.de) - eine am 15. März 1951 gegründete Bundesoberbehörde, die der Aufsicht des Bundesinnenministeriums (BMI) unterliegt und heute  über Standorte in Wiesbaden (Hauptsitz), Berlin und Meckenheim (Rheinland) verfügt. Zusammen mit der Bundespolizei und der Polizei beim Deutschen Bundestag ist das BKA eine der drei Polizeien des Bundes. Seit 2004 wird die Behörde von Jörg Ziercke geleitet.


Das BKA hat die Aufgabe, die "nationale" Verbrechensbekämpfung in Deutschland in enger Zusammenarbeit mit den Landeskriminalämtern zu koordinieren und Ermittlungen in bestimmten schwerwiegenden Kriminalitätsfeldern mit Auslandsbezug durchzuführen. Darüber hinaus schützt das BKA die Verfassungsorgane des Bundes. Das BKA vertritt die Bundesrepublik Deutschland bei Interpol als nationales Zentralbüro (NZB).
Das BKA hat die Aufgabe, die "nationale" Verbrechensbekämpfung in Deutschland in enger Zusammenarbeit mit den Landeskriminalämtern zu koordinieren und Ermittlungen in bestimmten schwerwiegenden Kriminalitätsfeldern mit Auslandsbezug durchzuführen. Darüber hinaus schützt das BKA die Verfassungsorgane des Bundes. Das BKA vertritt die Bundesrepublik Deutschland bei Interpol als nationales Zentralbüro (NZB).
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Ende 1945 wurden von den alliierten Besatzungsmächten erste regionale Kriminalämter eingerichtet. Die Landesregierungen fassten in Abstimmung mit den Alliierten die regionalen Kriminalämter zu „Landeskriminalpolizeiämtern“ zusammen. Das Grundgesetz bestätigte, dass die Polizeihoheit nicht beim Bund, sondern bei den Ländern liegt. Dem Bund wurde lediglich die Befugnis zugebilligt, ein zentrales Kriminalpolizeiamt zu unterhalten. Die verfassungsrechtliche Grundlage findet sich in Art. 73, 87 GG. Nachdem am 15. März 1951 das Gesetz über die Einrichtung eines Bundeskriminalpolizeiamtes (Bundeskriminalamtes) (BKAG) in Kraft trat, wurde Wiesbaden im April/Mai des selben Jahres als Sitz des BKA von der damaligen Bundesregierung ausgewählt. Die Behörde wurde zu dieser Zeit unter der Leitung der Kriminalkommissare und ehemaligen SS-Angehörigen Paul Dickopf und Rolf Holle aufgebaut. Dickopf, nach dem die Straße benannt ist, an der sich eine Dienststelle des BKA befindet, war der Kopf einer hausinternen Seilschaft im BKA, die aus Absolventen eines SS-Kommissarlehrgangs des Jahres 1938/39 an der "SS-Führungsschule - Schule der Sicherheitspolizei" in Berlin-Charlottenburg bestand und deshalb hausintern auch als "die Charlottenburger" bekannt war. Zu dieser Gruppe gehörte auch Bernhard Niggemeyer, der ebenfalls unbehelligt in Rente ging - obwohl er, der sich im BKA u.a. als Mitverfasser eines zuletzt 1973 in unveränderter Ausgabe erschienenen Leitfadens für BKA-Beamte sowie als Herausgeber der Berichte über die Herbsttagungen einen Namen gemacht hatte, seine polizeilichen Praxiserfahrungen im Vernichtungskrieg in Osteuropa zwischen 1939 und 1945 gesammelt hatte: "Damals war er leitender Feldpolizeidirektor der Heeresgruppe Mitte und als solcher verantwortlich für zahllose Hinrichtungen" (FAZ 22. September 2007: 2). Noch 1959 hatten nur zwei von 47 leitenden Beamten des BKAs keine NS-Vergangenheit, 33 waren ehemalige SS-Führer [2]. Zu ihnen gehörten Theo Saevecke (früherer SS-Hauptsturmführer und als "Henker von Mailand" im Jahre 1998 von einem Gericht in Mailand in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt), Otto Martin vom Kriminalbiologischen Institut und der SS-Sturmbannführer Kurt Amend, der  im Dritten Reich für die Gruppe V C im Reichssicherheitshauptamt die Fahndung nach "normalen Kriminellen", aber auch nach Deserteuren, versteckten Juden und sogenannten Asozialen, vermutlich auch auf Mitwisser des Attentats auf Hitler vom 20. Juli 1944 organisiert hatte. Zehn Jahre später fand man Amend, der nach Einschätzung von Dieter Schenk "Hunderttausende auf dem Gewissen" gehabt haben dürfte, als Cheffahnder des BKA wieder, wo er bis zu seiner von keinem Kontakt mit der Justiz getrübten Pensionierung im Jahre 1964 tätig blieb. Die Behörde ist darüber hinaus "bis zum Ende der sechziger Jahre maßgeblich von früheren SS-Angehörigen geprägt worden, von Personal aus dem Reichssicherheitshauptamt, der Organisationszentrale des Holocaust, sowie von Leuten, die Polizeikarriere im Dienste von Massenmord-Kommandos und bei der Geheimen Feldpolizei im Zweiten Weltkrieg gemacht hatten".[3] Die Kontinuität der Personen begünstigte die Fortsetzung alter Feindbildkonstruktionen, Stigmatisierungen und sogar mancher Datei aus der NS-Zeit. Alte kriminalbiologische Vorstellungen über "Zigeuner" - wohl aber auch über alles, was mit "Rauschgift" zusammenhing - prägten die hausinterne Publizistik bis in die siebziger Jahre und möglicherweise auch darüber hinaus. Hier bestehen immer noch erhebliche Forschungslücken. Angesichts der beharrlichen Weigerung des BKA, Akten an Wissenschaftler herauszugeben, die sich mit der Geschichte des BKA befassen wollten, konnte das im September 2007 vom BKA selbst organisierte Kolloquium über die "Historie des BKA: Verbindungslinien zum NS-Regime" erst einen Anfang der Aufarbeitung darstellen.  
Ende 1945 wurden von den alliierten Besatzungsmächten erste regionale Kriminalämter eingerichtet. Die Landesregierungen fassten in Abstimmung mit den Alliierten die regionalen Kriminalämter zu „Landeskriminalpolizeiämtern“ zusammen. Das Grundgesetz bestätigte, dass die Polizeihoheit nicht beim Bund, sondern bei den Ländern liegt. Dem Bund wurde lediglich die Befugnis zugebilligt, ein zentrales Kriminalpolizeiamt zu unterhalten. Die verfassungsrechtliche Grundlage findet sich in Art. 73, 87 GG. Nachdem am 15. März 1951 das Gesetz über die Einrichtung eines Bundeskriminalpolizeiamtes (Bundeskriminalamtes) (BKAG) in Kraft trat, wurde Wiesbaden im April/Mai des selben Jahres als Sitz des BKA von der damaligen Bundesregierung ausgewählt. Die Behörde wurde zu dieser Zeit unter der Leitung der Kriminalkommissare und ehemaligen SS-Angehörigen Paul Dickopf und Rolf Holle aufgebaut. Dickopf, nach dem die Straße benannt ist, an der sich eine Dienststelle des BKA befindet, war der Kopf einer hausinternen Seilschaft im BKA, die aus Absolventen eines SS-Kommissarlehrgangs des Jahres 1938/39 an der "SS-Führungsschule - Schule der Sicherheitspolizei" in Berlin-Charlottenburg bestand und deshalb hausintern auch als "die Charlottenburger" bekannt war. Zu dieser Gruppe gehörte auch Bernhard Niggemeyer, der ebenfalls unbehelligt in Rente ging - obwohl er, der sich im BKA u.a. als Mitverfasser eines zuletzt 1973 in unveränderter Ausgabe erschienenen Leitfadens für BKA-Beamte sowie als Herausgeber der Berichte über die Herbsttagungen einen Namen gemacht hatte, seine polizeilichen Praxiserfahrungen im Vernichtungskrieg in Osteuropa zwischen 1939 und 1945 gesammelt hatte: "Damals war er leitender Feldpolizeidirektor der Heeresgruppe Mitte und als solcher verantwortlich für zahllose Hinrichtungen" (FAZ 22. September 2007: 2). Noch 1959 hatten nur zwei von 47 leitenden Beamten des BKAs keine NS-Vergangenheit, 33 waren ehemalige SS-Führer [2]. Zu ihnen gehörten Theo Saevecke (früherer SS-Hauptsturmführer und als "Henker von Mailand" im Jahre 1998 von einem Gericht in Mailand in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt), Otto Martin vom Kriminalbiologischen Institut und der SS-Sturmbannführer Kurt Amend, der  im Dritten Reich für die Gruppe V C im Reichssicherheitshauptamt die Fahndung nach "normalen Kriminellen", aber auch nach Deserteuren, versteckten Juden und sogenannten Asozialen, vermutlich auch auf Mitwisser des Attentats auf Hitler vom 20. Juli 1944 organisiert hatte. Zehn Jahre später fand man Amend, der nach Einschätzung von Dieter Schenk "Hunderttausende auf dem Gewissen" gehabt haben dürfte, als Cheffahnder des BKA wieder, wo er bis zu seiner von keinem Kontakt mit der Justiz getrübten Pensionierung im Jahre 1964 tätig blieb. Die Behörde ist darüber hinaus "bis zum Ende der sechziger Jahre maßgeblich von früheren SS-Angehörigen geprägt worden, von Personal aus dem Reichssicherheitshauptamt, der Organisationszentrale des Holocaust, sowie von Leuten, die Polizeikarriere im Dienste von Massenmord-Kommandos und bei der Geheimen Feldpolizei im Zweiten Weltkrieg gemacht hatten".[3] Die Kontinuität der Personen begünstigte die Fortsetzung alter Feindbildkonstruktionen, Stigmatisierungen und sogar mancher Datei aus der NS-Zeit. Alte kriminalbiologische Vorstellungen über "Zigeuner" - wohl aber auch über alles, was mit "Rauschgift" zusammenhing - prägten die hausinterne Publizistik bis in die siebziger Jahre und möglicherweise auch darüber hinaus. Hier bestehen immer noch erhebliche Forschungslücken. Angesichts der beharrlichen Weigerung des BKA, Akten an Wissenschaftler herauszugeben, die sich mit der Geschichte des BKA befassen wollten, konnte das im September 2007 vom BKA selbst organisierte Kolloquium über die "Historie des BKA: Verbindungslinien zum NS-Regime" erst einen Anfang der Aufarbeitung darstellen.  


Das BKA übernahm dabei die Aufgaben des Kriminalpolizeiamts für die Britische Zone in Hamburg, das mit Schaffung des BKA als Außenstelle in dieses überführt wurde. Eine eigenständige bundesweite Einrichtung zur Verbrechensbekämpfung war zu dieser Zeit sehr umstritten, sowohl aus Sicht der Länder, die ihre Selbstständigkeit beibehalten wollten, als auch wegen der Forderung der drei westlichen Alliierten, in Berücksichtigung der Erfahrungen mit einer zentral geführten Polizei in der nationalsozialistischen Vergangenheit die Polizei möglichst dezentral zu organisieren. Das BKA erhielt anfangs überwiegend Aufgaben der Koordination ohne so genannte Exekutivbefugnisse. Eine Strafermittlungstätigkeit konnte nur auf besondere Anordnung des Bundesinnenministers oder auf Ersuchen der Länder aufgenommen werden.
Das BKA übernahm dabei die Aufgaben des Kriminalpolizeiamts für die Britische Zone in Hamburg, das mit Schaffung des BKA als Außenstelle in dieses überführt wurde. Eine eigenständige bundesweite Einrichtung zur Verbrechensbekämpfung war zu dieser Zeit sehr umstritten, sowohl aus Sicht der Länder, die ihre Selbstständigkeit beibehalten wollten, als auch wegen der Forderung der drei westlichen Alliierten, in Berücksichtigung der Erfahrungen mit einer zentral geführten Polizei in der nationalsozialistischen Vergangenheit die Polizei möglichst dezentral zu organisieren. Das aus der "Sicherungsgruppe Bonn" entstehende BKA erhielt anfangs überwiegend Aufgaben der Koordination ohne so genannte Exekutivbefugnisse. Eine Strafermittlungstätigkeit konnte nur auf besondere Anordnung des Bundesinnenministers oder auf Ersuchen der Länder aufgenommen werden.


1952 wurde das BKA in die Internationale Kriminalpolizeiliche Organisation IKPO (Interpol) aufgenommen. Das BKA war sowohl Zentralstelle für die Länderpolizeien als auch für eigene Ermittlungen in einigen festgelegten Deliktsfeldern zuständig.  
1952 wurde das BKA in die Internationale Kriminalpolizeiliche Organisation IKPO (Interpol) aufgenommen. Das BKA war sowohl Zentralstelle für die Länderpolizeien als auch für eigene Ermittlungen in einigen festgelegten Deliktsfeldern zuständig.  
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