Definition

Ein Staat, der einen anderen Staat mit militärischen Mitteln attackiert - insbesondere sein Territorium besetzt oder Mitglieder seiner Armee oder seiner Bevölkerung (auf dessen Territorium) tötet oder verletzt oder vertreibt - führt einen Angriffskrieg. Wenn sich der angegriffene Staat mit militärischen Mitteln wehrt, führt er einen Verteidigungskrieg. Die rechtliche Bewertung eines Verteidigungskrieges unterscheidet sich grundlegend von derjenigen eines Angriffskriegs. Der Angriffskrieg ist kriminalisiert, der Verteidigungskrieg wird hingegen von der Charta der Vereinten Nationen als selbstverständliches Recht eines jeden angegriffenen Staates als legitim und legal anerkannt. Allerdings ist das humanitäre Völkerrecht an Fragen interessiert, die nur dann gelöst werden können, wenn die Klärung der Rechtsfragen hintangestellt wird. So versucht das humanitäre Völkerrecht zum Beispiel, den Zugang zu Verwundeten auf Schlachtfeldern und deren medizinische Versorgung zu regeln - und ist deshalb bemüht, seine Regeln von der oft unklaren oder zumindest bestrittenen Frage der Rechtmäßigkeit des Krieges abzulösen.

Ein Angriff liegt (prima facie) dann vor, wenn eine Partei gegenüber einer anderen Partei, die bis zu diesem Zeitpunkt keine physische Gewalt angewandt hatte, physische Gewalt anwendet und insbesondere bewaffneten Militärangehörigen die Tötung von Mitgliedern des gegnerischen Verbandes (Militärs, Bevölkerung) oder die Anwendung von Gewalt gegen Sachen (Zerstörung von Infrastruktureinrichtungen) befiehlt und diesem Befehl Folge geleistet wird. Die (nicht verbindliche) Resolution Nr. 3314 (XXIX) der Generalversammlung der UN vom 14.12.1974 spricht in Art. 2 d davon, dass "...the first use of armed force by a state in contravention of the Charter shall constitute prima facie an evidence of an act of aggression..." Weiter erklärt Art. 3 d dieser Resolution, dass auch - ungeachtet einer Kriegserklärung - bei einer

     o Invasion/Angriff der bewaffneten Macht eines Staats gegen das Gebiete eines anderen Staates
     o Bombardements u.ä. gegen fremdes Staatsgebiet
     o der Duldung des Missbrauchs eigenen, aber fremder Verfügung überlassenen Gebiets als Basis für eine Agression gegen einen dritten Staat

von "acts of aggression" zu sprechen sei.

Als Angriffskrieg lässt sich ein Krieg also dann bezeichnen, wenn ein Angreifer einen anderen Staat auf dessen Territorium angreift, ohne dass der Angreifer (oder ein anderer Staat) entweder von dem angegriffenen Staat vorher selbst angegriffen worden wäre, ein solcher Angriff unmittelbar bevorstehen würde, oder der angegriffene Staat dem Angreifer den Krieg erklärt hätte oder Teile seines Territoriums besetzt hält.

Die Rechtslage

Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat den Angriffskrieg in einer nicht bindenden Resolution (Nr. 3314) im Jahre 1974 definiert.

Die Kriminalisierung des Angriffskriegs

Der Angriffskrieg im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess

Der Angriffskrieg im Römischen Statut zur Etablierung des Internationalen Strafgerichtshofs

Das Rom-Statut, Rechtsgrundlage des Internationalen Strafgerichtshofs, verbietet zwar Angriffskriege, legt aber nicht die Definition der UNO zugrunde, sondern hat sich vorgenommen, den Tatbestand im Jahre 2009 - auf der Überarbeitungskonferenz zum Statut von Rom, sieben Jahre nach Inkrafttreten des Statuts - selbständig zu definieren.

Vorbereitungen von Angriffskriegen und Angriffskriege im 21. Jahrhundert

Vorbereitung von Angriffskriegen

Vorbereitung eines Angriffskrieges gegen Irak

Zur Vorbereitung des Krieges gegen den Irak (2003) gehörte die "Massendesinformation" (FAZ) seitens der US-Regierung, insbesondere die mit dem Decknamen "Curveball" verbundene Konstruktion der Existenz von mobilen Massenvernichtungswaffen-Labors auf LKW-Anhängern in Saddam Husseins Irak. Nur wenige Politiker widerstanden in den USA dem Meinungsdruck, der auf die Billigung der Kriegspläne gegen den Irak hinauslief. Einer der wenigen, die öffentlich ihre Ablehnung des Feldzugs äußerten, war Obama. Am 26. Oktober 2002 erklärte er bei einer Demonstration in Chicago öffentlich: "Ich bin nicht gegen jeden Krieg. Ich bin gegen dumme Kriege", und er hatte selbst für den Fall einer erfolgreichen Invasion "eine amerikanische Besatzung ungewisser Länge mit ungewissen Kosten und ungewissen Konsequenzen" vorhergesagt. Der Krieg werde "nur die Flammen im Mittleren Osten entfachen, die schlechtesten statt der besten Impulse in der arabischen Welt hervorrufen und die Rekrutierungsabteilung von Al Qaida stärken" (zit.n. Rüb 2008).


Vorbereitung eines Angriffskrieges gegen Iran

Die Mehrheit der Bevölkerung der USA glaubt, dass die US-Regierung von George W. Bush vor dem Ende der Amtszeit (Januar 2009) einen Militärschlag gegen Iran führen werde. Die Opposition dagegen ist passiv, mutlos. Der Forschungsdirektor am Gulf Research Center, Mustafa Alani, hält es für wahrscheinlich, dass der Krieg gegen Iran aufgrund eines plausibilisierbaren Anlasses wie z.B. der Gefangennahme von US-Soldaten oder US-Söldnern am Schatt al Arab oder an der irakisch-iranischen Grenze ausbrechen werde: "Die Vereinigten Staaten wollen Iran phyisch und politisch aus dem Irak zurückdrängen. Als unzureichend dafür ahben sich die bisherigen Mittel erwiesen. Bereits aus diesem Grund schließt Alani aus, dass die Vereinigten Staaten eine iranische Provokation oder Demütigung unbeantwortet ließen" (Hermann 2007: 14).

Literatur

Hermann, Rainer: Es fehlt nur der Funke. Mögliche Anlässe für einen Krieg zwischen Amerika und Iran am Golf. FAZ 23. Oktober 2007: 14


Weblinks