Angelus Novus: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Angelus Novus''' (Neuer Engel) ist der Name eines Bildes von Paul Klee, das seit 1921 dem Philosophen Walter Benjamin gehörte. Benjamin interpretierte das Bild in seiner Neunten Geschichtsphilosophischen These wie folgt:  
'''Angelus Novus''' (dt.: Neuer Engel) ist der Name eines Bildes von Paul Klee, das seit 1921 dem Philosophen Walter Benjamin gehörte. Benjamin interpretierte das Bild in seiner Neunten Geschichtsphilosophischen These wie folgt:  


"Es gibt ein Bild von Paul Klee, das Angelus Novus heißt. Ein Engel ist darauf dargestellt, der aussieht, als wäre er im Begriff, sich von etwas zu entfernen, worauf er starrt. Seine Augen sind aufgerissen, sein Mund steht offen und seine Flügel sind ausgespannt.
"Es gibt ein Bild von Paul Klee, das Angelus Novus heißt. Ein Engel ist darauf dargestellt, der aussieht, als wäre er im Begriff, sich von etwas zu entfernen, worauf er starrt. Seine Augen sind aufgerissen, sein Mund steht offen und seine Flügel sind ausgespannt.
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Der Sturm treibt ihn unaufhaltsam in die Zukunft, der er den Rücken kehrt, während der Trümmerhaufen vor ihm zum Himmel wächst. Das, was wir Fortschritt nennen, ist dieser Sturm."  
Der Sturm treibt ihn unaufhaltsam in die Zukunft, der er den Rücken kehrt, während der Trümmerhaufen vor ihm zum Himmel wächst. Das, was wir Fortschritt nennen, ist dieser Sturm."  


In der Auseinandersetzung sowohl mit der bürgerlichen Geschichtsauffassung (die seiner Meinung nach nur die tote Vergangenheit betrachtet) als auch mit der sozialdemokratischen Geschichtsauffassung (die sie nur als Vorläuferin einer besseren Zukunft betrachtet) entwickelt Benjamin seine materialistische Geschichtsauffassung mittels Rückgriffs auf die Katastrophenvorstellung der jüdischen Erlösungslehre. Geschichte ist danach eine unaufhebbare Abfolge erschreckender und katastrophaler Ausnahmezustände. Diese Katastrophen, während derer die Welt still zu stehen scheint, folgen ihrer eigenen inneren Dramatik. Der Angelus Novus symbolisiert das Erschrecken über diese Abfolge von Katastrophen - und die Unfähigkeit, die Vergangenheit positiv zu beeinflussen. Auch kann der Engel den Blick nicht nach vorne richten.
In der Auseinandersetzung sowohl mit der bürgerlichen Geschichtsauffassung (die seiner Meinung nach nur die tote Vergangenheit betrachtet) als auch mit der sozialdemokratischen Geschichtsauffassung (die sie nur als Vorläuferin einer besseren Zukunft betrachtet) entwickelt Benjamin seine materialistische Geschichtsauffassung - allerdings ohne den marx'schen Fortschrittsoptimismus. Eher finden sich dort Elemente jüdischer Geschichtsphilosophie. Geschichte ist "eine einzige Katastrophe, die unablässig Trümmer auf Trümmer häuft". Der sogenannte Fortschritt ist die Anhäufung immer weiterer Trümmer.  




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