Amok: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Inhalt'''
== Begriffserläuterung ==
 
1. Begriffserläuterung
 
2. Herkunft des Amok
 
3. Formen des Amoks
 
3.1 Kriegerischer Amok in Gruppen
 
3.2 Individueller Amok
 
4. Amok im 20. Jahrhundert
 
5. Soziodemographischer Hintergrund
 
6. Täter-Opfer-Beziehungen
 
7. Tatausgang
 
8. Literatur
 
 
'''1. Begriffserläuterung'''
 
Amok, malaiisch »amuk«, wütend, zornig, vor Wut außer sich sein. Daraus abgeleitet, »mengamuk« einen spontanen, ungeplanten und mörderischen Angriff gegen unbeteiligte Personen und »pengamuk« der Amokläufer.
Amok, malaiisch »amuk«, wütend, zornig, vor Wut außer sich sein. Daraus abgeleitet, »mengamuk« einen spontanen, ungeplanten und mörderischen Angriff gegen unbeteiligte Personen und »pengamuk« der Amokläufer.


'''2. Herkunft des Amok'''


== Herkunft des Amok ==
Der Amoklauf hat seinen Ursprung in Malaysia und anderen Völkern im gesamten malaiischen Archipel. In Europa wurde dieses Phänomen erst sehr viel später bekannt. Europäische Reisende entdeckten und schrieben erstmalig detaillierte Aufzeichnungen Mitte des 16. Jahrhunderts nieder. Auch wird behauptet, dass erst zwei Jahrhunderte später Kapitän Cook als erster Europäer auf seiner Weltumsegelung 1770 dieses Phänomen kennen lernte.
Der Amoklauf hat seinen Ursprung in Malaysia und anderen Völkern im gesamten malaiischen Archipel. In Europa wurde dieses Phänomen erst sehr viel später bekannt. Europäische Reisende entdeckten und schrieben erstmalig detaillierte Aufzeichnungen Mitte des 16. Jahrhunderts nieder. Auch wird behauptet, dass erst zwei Jahrhunderte später Kapitän Cook als erster Europäer auf seiner Weltumsegelung 1770 dieses Phänomen kennen lernte.




'''3. Formen des Amoks'''
===Formen des Amoks===
 
Aus dem 14. und 15. Jahrhundert werden zwei Formen des Amoks beschrieben, den Amoklauf von Gruppen, der als kriegerischer Amok bezeichnet wird, und den Amoklauf einer einzelnen Person, den individuellen Amok.
Aus dem 14. und 15. Jahrhundert werden zwei Formen des Amoks beschrieben, den Amoklauf von Gruppen, der als kriegerischer Amok bezeichnet wird, und den Amoklauf einer einzelnen Person, den individuellen Amok.
   
   


'''3.1 Kriegerischer Amok in Gruppen'''
===Kriegerischer Amok in Gruppen===
 
Der malaiische kriegerische Amok beschreibt eine Kampftechnik malaiischer Krieger, die sich mit dem Kampfschrei »Amok, Amok« auf ihre Gegner stürzten. Aus Süd-Indien beschrieb Gaspar Correa, dass überlebende Krieger sich wegen ihrer Schande überlebt zu haben zu »amoucos« erklärten. Adler vermutet, dass »amoucos« eine Elitegruppe des kriegerischen Volkes Nayros gewesen sind, die in Kriegen auf Befehl ihres Königs bedingungslosen Einsatz zeigten.
Der malaiische kriegerische Amok beschreibt eine Kampftechnik malaiischer Krieger, die sich mit dem Kampfschrei »Amok, Amok« auf ihre Gegner stürzten. Aus Süd-Indien beschrieb Gaspar Correa, dass überlebende Krieger sich wegen ihrer Schande überlebt zu haben zu »amoucos« erklärten. Adler vermutet, dass »amoucos« eine Elitegruppe des kriegerischen Volkes Nayros gewesen sind, die in Kriegen auf Befehl ihres Königs bedingungslosen Einsatz zeigten.
   
   


'''3.2 Individueller Amoklauf'''
===Individueller Amoklauf===


Der Portugiese Nicolo Conti beschrieb 1430, dass zahlungsunfähige Schuldner aus der Versklavung zu entkommen, Amok liefen und solange töteten bis sie selbst getötet wurden. Ein ähnliches Verhalten wurde ein Jahrhundert später von Duarte Barbosa beschrieben, ein Amoklauf als Danksagung an Gott nach überstandener Krankheit.
Der Portugiese Nicolo Conti beschrieb 1430, dass zahlungsunfähige Schuldner aus der Versklavung zu entkommen, Amok liefen und solange töteten bis sie selbst getötet wurden. Ein ähnliches Verhalten wurde ein Jahrhundert später von Duarte Barbosa beschrieben, ein Amoklauf als Danksagung an Gott nach überstandener Krankheit.
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'''4. Amok im 20. Jahrhundert'''
==Amok im 20. Jahrhundert==


Neben vielen anderen Modellen liefert Schünemann ein differenziertes Phasenmodell des Amoklaufs.
Neben vielen anderen Modellen liefert Schünemann ein differenziertes Phasenmodell des Amoklaufs.


1. intensive Phase des Grübelns bzw. eine Depression mit Isolation von der Umwelt folgt auf Kränkungen, Objektverluste
* intensive Phase des Grübelns bzw. eine Depression mit Isolation von der Umwelt folgt auf Kränkungen, Objektverluste


2. Ausbruch des eigentlichen Amoks mit rücksichtsloser Tötungsbereitschaft. Oftmals beginnt der Amoklauf bei der Familie oder Verwandten und weitet sich dann wahllos auf Fremde aus.
* Ausbruch des eigentlichen Amoks mit rücksichtsloser Tötungsbereitschaft. Oftmals beginnt der Amoklauf bei der Familie oder Verwandten und weitet sich dann wahllos auf Fremde aus.


3. Anschließend folgt eine oft mehrstündige anhaltende mörderische Raserei, bis der Amokläufer sich selbst tötet oder von anderen getötet bzw. kampfunfähig gemacht wird.
* Anschließend folgt eine oft mehrstündige anhaltende mörderische Raserei, bis der Amokläufer sich selbst tötet oder von anderen getötet bzw. kampfunfähig gemacht wird.


4. Überlebende Täter geben vor, keine Motive gehabt zu haben, bzw. sich nicht an die Tat erinnern zu können, gelegentlich fallen die Täter in einen terminalen Tiefschlaf.
* Überlebende Täter geben vor, keine Motive gehabt zu haben, bzw. sich nicht an die Tat erinnern zu können, gelegentlich fallen die Täter in einen terminalen Tiefschlaf.


Durch Schünemann und Adler et al. wird Amok in neueren Studien als eine plötzliche Geistesgestörtheit mit stark aggressivem Bewegungsdrang definiert, kann beim Befallenen wutartige, wahllose Tötungsversuche auslösen, zuerst bei malaiischen Eingeborenen beobachtet. Amok wird als kulturell beeinflusste Sonderform des Selbstmords aus aufgestauter, zur Entladung drängender Aggressivität angesehen. Als Ursache werden Epilepsie, Malaria oder Katatonie angenommen, doch weist der gleichförmige Ablauf bei den verschiedensten Fällen auch auf die Mitwirkung eines psychogenen Faktors hin.
Durch Schünemann und Adler et al. wird Amok in neueren Studien als eine plötzliche Geistesgestörtheit mit stark aggressivem Bewegungsdrang definiert, kann beim Befallenen wutartige, wahllose Tötungsversuche auslösen, zuerst bei malaiischen Eingeborenen beobachtet. Amok wird als kulturell beeinflusste Sonderform des Selbstmords aus aufgestauter, zur Entladung drängender Aggressivität angesehen. Als Ursache werden Epilepsie, Malaria oder Katatonie angenommen, doch weist der gleichförmige Ablauf bei den verschiedensten Fällen auch auf die Mitwirkung eines psychogenen Faktors hin.
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'''5. Soziodemographischer Hintergrund'''
== Soziodemographischer Hintergrund==
Anhand der Studie von Adler ist  festzuhalten, dass ein Amoklauf von überwiegend jüngeren bis älteren männlichen Tätern begangen wird. In der Mehrzahl der Fälle wird von einer aktuellen Lebensgemeinschaft der Täter berichtet, unabhängig vom formalen Status.
Anhand der Studie von Adler ist  festzuhalten, dass ein Amoklauf von überwiegend jüngeren bis älteren männlichen Tätern begangen wird. In der Mehrzahl der Fälle wird von einer aktuellen Lebensgemeinschaft der Täter berichtet, unabhängig vom formalen Status.
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'''6. Täter-Opfer-Beziehung'''
==Täter-Opfer-Beziehung==
Adler beschreibt den Amoklauf, der bei Verwandten, Bekannten oder Konfliktpartner beginnt und sich dann auf Fremde und völlig Unbeteiligte ausweitet. Lübbert berichtet von ausschließlich Fremden als Opfer des Amoklaufs in mehr als einem Drittel der Fälle.  
Adler beschreibt den Amoklauf, der bei Verwandten, Bekannten oder Konfliktpartner beginnt und sich dann auf Fremde und völlig Unbeteiligte ausweitet. Lübbert berichtet von ausschließlich Fremden als Opfer des Amoklaufs in mehr als einem Drittel der Fälle.  




'''7. Tatausgang'''
==Tatausgang==
Nach der Studie von Adler wurden 40,1% der Täter nach deren Widerstand entwaffnet, bei 33,5% handelte es sich um einen tödlichen Ausgang durch Suizid und bei 6,6% durch Fremdeinwirkung, 10,8% der Täter ließen sich widerstandslos festnehmen und 5,4% waren Suizidversucher. Unbekannte Ausgänge kommen mit 14,2% hinzu.
Nach der Studie von Adler wurden 40,1% der Täter nach deren Widerstand entwaffnet, bei 33,5% handelte es sich um einen tödlichen Ausgang durch [[Suizid]] und bei 6,6% durch Fremdeinwirkung, 10,8% der Täter ließen sich widerstandslos festnehmen und 5,4% waren Suizidversucher. Unbekannte Ausgänge kommen mit 14,2% hinzu.




'''8. Literatur'''
==Literatur==


Adler, Lothar,  „Amok- Eine Studie“,  Belleville-Verlag, München, 2000
* Adler, Lothar,  „Amok- Eine Studie“,  Belleville-Verlag, München, 2000


Lübbert, Monika, „Amok-Lauf der Männlichkeit“, Verlag für Polizeiwissenschaft , Frankfurt 2002
* Lübbert, Monika, „Amok-Lauf der Männlichkeit“, Verlag für Polizeiwissenschaft , Frankfurt 2002


Weilbach, Karl, „Aktionsmacht Amok“, Hamburger Studien zur Kriminologie und Kriminalpolitik,
* Weilbach, Karl, „Aktionsmacht Amok“, Hamburger Studien zur Kriminologie und Kriminalpolitik,
Lit.Verlag Münster, 2004
Lit.Verlag Münster, 2004
[[Kategorie:Grundbegriffe der Kriminologie]]