Altruistisches Strafen: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Altruistisches Strafen''' ist die Sanktionierung von Normabweichungen durch Personen, die von der Sanktionierung keinen materiellen oder statusmäßigen Vorteil erwarten und gleichwohl den dafür erforderlichen Aufwand ohne Gegenleistung zu tragen bereit sind. Allerdings gilt die Bestrafung nur in einem "biologischen" Sinne als altruistisch, nicht in einem psychologischen, da der Bestrafende dadurch ein Belohnungsgefühl (durch Aktivierung des Nucleus Caudate, der auch auf Geld, Kokainkonsum u.a. anspricht) erfährt.
'''Altruistisches Strafen''' ist die Sanktionierung von Normabweichungen durch Personen, die von der Sanktionierung keinen materiellen oder statusmäßigen Vorteil erwarten und gleichwohl den dafür erforderlichen Aufwand ohne Gegenleistung zu tragen bereit sind. Allerdings gilt die Bestrafung nur in einem "biologischen" Sinne als altruistisch, nicht in einem psychologischen, da der Bestrafende dadurch ein Belohnungsgefühl (durch Aktivierung des Nucleus Caudatus, der auch auf Geld, Kokainkonsum u.a. anspricht) erfährt.


Spieltheoretisch fundierte Experimente zeigen, dass Gruppenmitglieder dazu bereit sind, Mitglieder, die ihren Gruppenbeitrag nicht erfüllen und keine Aussicht auf zukünftige Leistungssteigerung zeigen, zu bestrafen. Die altruistische Strafe fördert die Kooperation in der Gesellschaft und erfolgt auch in den Fällen, in denen hohe Kosten für die Gruppe entstehen. Darüber hinaus führt der Einsatz altruistischer Strafen nachweislich dazu, dass die Kooperationsbereitschaft, die mit zunehmender Gruppengröße sinkt, in erheblich größeren Gruppen aufrechterhalten werden kann.
Spieltheoretisch fundierte Experimente (Boyd, Gintis u.a. 2005) zeigen, dass Gruppenmitglieder dazu bereit sind, Mitglieder, die ihren Gruppenbeitrag nicht erfüllen und keine Aussicht auf zukünftige Leistungssteigerung zeigen, zu bestrafen - und zwar auch dann, wenn dadurch hohe Kosten für die Gruppe entstehen. Die altruistische Strafe fördert die Kooperation in der Gesellschaft und kann die Kooperationsbereitschaft, die mit zunehmender Gruppengröße normalerweise sinkt, auch bei steigender Gruppengröße aufrecht erhalten.


== Literatur ==
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*[http://de.wikipedia.org/wiki/Strafe_%28Spieltheorie%29#cite_note-11 Altruistische Strafe in: de.wikipedia]
*[http://de.wikipedia.org/wiki/Strafe_%28Spieltheorie%29#cite_note-11 Altruistische Strafe in: de.wikipedia]
*[http://www.cogitofoundation.ch/pdf/2004/ReferatFehr.pdf Fehr, Ernst (2004) Die Natur des menschlichen Altruismus]
*[http://www.cogitofoundation.ch/pdf/2004/ReferatFehr.pdf Fehr, Ernst (2004) Die Natur des menschlichen Altruismus]
*[http://www.frankfurter-zukunftsrat.de/veranstaltungen/Zukunftsnacht/Zukunft%20I.pdf Frankfurter Zukunftsrat (2009) Was hindert den Menschen am ökonomisch sinnvollen Handeln]
*[http://rspb.royalsocietypublishing.org/content/275/1634/587.full Marlowe, Frank et al. (2008) More 'altruistic' punishment in larger societies. doi: 10.1098/rspb.2007.1517    Proc. R. Soc. B  7 March 2008  vol. 275  no. 1634  587-592]
*[http://www.heise.de/tp/artikel/11/11513/1.html Marsiske, Hans-Arthur (2002) Altruistisches Strafen]
*[http://www.sgipt.org/forpsy/strafe/psystraf0.htm#%C3%84nderungen Sponsel: Psychologie der Strafe]
*[http://www.sgipt.org/forpsy/strafe/psystraf0.htm#%C3%84nderungen Sponsel: Psychologie der Strafe]
*[http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13527141.html Chemie gestört DER SPIEGEL 14/1988]

Aktuelle Version vom 15. April 2012, 19:16 Uhr

Altruistisches Strafen ist die Sanktionierung von Normabweichungen durch Personen, die von der Sanktionierung keinen materiellen oder statusmäßigen Vorteil erwarten und gleichwohl den dafür erforderlichen Aufwand ohne Gegenleistung zu tragen bereit sind. Allerdings gilt die Bestrafung nur in einem "biologischen" Sinne als altruistisch, nicht in einem psychologischen, da der Bestrafende dadurch ein Belohnungsgefühl (durch Aktivierung des Nucleus Caudatus, der auch auf Geld, Kokainkonsum u.a. anspricht) erfährt.

Spieltheoretisch fundierte Experimente (Boyd, Gintis u.a. 2005) zeigen, dass Gruppenmitglieder dazu bereit sind, Mitglieder, die ihren Gruppenbeitrag nicht erfüllen und keine Aussicht auf zukünftige Leistungssteigerung zeigen, zu bestrafen - und zwar auch dann, wenn dadurch hohe Kosten für die Gruppe entstehen. Die altruistische Strafe fördert die Kooperation in der Gesellschaft und kann die Kooperationsbereitschaft, die mit zunehmender Gruppengröße normalerweise sinkt, auch bei steigender Gruppengröße aufrecht erhalten.

Literatur

  • Robert Boyd, Herbert Gintis, Samuel Bowles, Peter J. Richerson: The Evolution of Altruistic Punishment, in: Herbert Gintis: Moral sentiments and material interests: the foundation of cooperation in economic life, S. 215 – 227, MIT Press, London 2005, ISBN 0-262-07252-1.

Weblinks