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'''[[Alkoholismus]] und [[geistige Behinderung]]''' treffen in den westlichen Ländern bei ca. 2,5% der mental retardierten Personen zusammen. Möglicherweise stellen geistig behinderte Personen eine besondere Risikogruppe für Alkoholismus dar - wenn auch die These einer genetischen Prädisposition geistig Behinderter für den Alkoholismus von Henry W.Goddard [http://en.wikipedia.org/wiki/Henry_W._Goddard] aus dem Jahre 1912 seit langem widerlegt ist. | |||
== Deutschland == | |||
Das Thema Alkoholismus bei Personen mit Intelligenzminderung wird in der Bundesrepublik Deutschland - wie auch das Thema Sexualität oder Drogenmissbrauch durch geistig Behinderte - wenig thematisiert. Rund 64.000 der insgesamt etwa 420. 000 in Deutschland lebenden Personen mit einer geistigen Behinderung konsumieren in nennenswerten Mengen Alkohol - wie viele davon Alkoholiker sind, ist aber unbekannt. Besonders betroffen dürften Personen mit einer leichten (IQ 50 - 69) bis mittelgradigen (IQ 35 – 49) geistigen Behinderung sein, da sie aufgrund ihrer Wohn- und Betreuungsverhältnisse relativ leicht an Alkoholika gelangen. | |||
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[[Datei:Alkoholismus_geistig_Behinderte_Sachsen.jpg| miniatur |Abbildung 1: Alkoholismus bei geistigen behinderten Menschen in Sachsen Anhalt]] | [[Datei:Alkoholismus_geistig_Behinderte_Sachsen.jpg| miniatur |Abbildung 1: Alkoholismus bei geistigen behinderten Menschen in Sachsen Anhalt]] | ||
[[Datei:Pilotstudie_Sachsen.jpg | miniatur |Abbildung 2: Pilotstudie in Sachsen 2001/2]] | [[Datei:Pilotstudie_Sachsen.jpg | miniatur |Abbildung 2: Pilotstudie in Sachsen 2001/2]] | ||
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* ca. 11% der Männer und Frauen trinken täglich Alkohol | * ca. 11% der Männer und Frauen trinken täglich Alkohol | ||
== | == USA == | ||
[[Datei:Vergleichsuntersuchung_Huang_1981.jpg | miniatur | Abbildung 3 Untersuchung von Huang A.M im Jahr 1981]] | [[Datei:Vergleichsuntersuchung_Huang_1981.jpg | miniatur | Abbildung 3 Untersuchung von Huang A.M im Jahr 1981]] | ||
Anfang der Achtzigerjahre untersuchte der Psychologe Huang in Amerika das Trinkverhalten von geistig behinderten Schülern und Schülerinnen. Er nahm hierfür als Vergleichskontrollgruppe Schüler/innen, die einen durchschnittlichen IQ hatten. Beide Gruppen waren zwischen 13 und 18 Jahre alt. Gruppe A bestand aus 190 Schüler/innen mit einer geistigen Behinderung und Gruppe B aus 187 mit einem durchschnittlichen IQ. Die Ergebnisse der Studie waren wie folgt: | Anfang der Achtzigerjahre untersuchte der Psychologe Huang in Amerika das Trinkverhalten von geistig behinderten Schülern und Schülerinnen. Er nahm hierfür als Vergleichskontrollgruppe Schüler/innen, die einen durchschnittlichen IQ hatten. Beide Gruppen waren zwischen 13 und 18 Jahre alt. Gruppe A bestand aus 190 Schüler/innen mit einer geistigen Behinderung und Gruppe B aus 187 mit einem durchschnittlichen IQ. Die Ergebnisse der Studie waren wie folgt: | ||
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Eine weitere Untersuchung wurde von Krishef und DiNitto im Jahr 1983 durchgeführt. Sie haben in Vereinen für behinderte Bürger „Associations for Retarded citizens“ und in anderen Organisationen für Alkoholbehandlung “Alcohol Treatment Programs“ Interviews durchgeführt. Insgesamt haben 214 geistig behinderte Personen an der Untersuchung teilgenommen. Die Befragten hatten eine leichte mentale Retardierung, wovon 54% der Interviewten männlich und im Alter zwischen 18 bis 45 Jahren waren. | Eine weitere Untersuchung wurde von Krishef und DiNitto im Jahr 1983 durchgeführt. Sie haben in Vereinen für behinderte Bürger „Associations for Retarded citizens“ und in anderen Organisationen für Alkoholbehandlung “Alcohol Treatment Programs“ Interviews durchgeführt. Insgesamt haben 214 geistig behinderte Personen an der Untersuchung teilgenommen. Die Befragten hatten eine leichte mentale Retardierung, wovon 54% der Interviewten männlich und im Alter zwischen 18 bis 45 Jahren waren. | ||
Ergebnisse: 52% der Befragten antworteten, mindestens zweimal im Untersuchungszeitraum Alkohol konsumiert zu haben, wobei ungefähr 7 % der Teilnehmer täglich Alkohol zu sich nahmen und 33 % mindestens einmal in der Woche alkoholische Getränke konsumierten. | Ergebnisse: 52% der Befragten antworteten, mindestens zweimal im Untersuchungszeitraum Alkohol konsumiert zu haben, wobei ungefähr 7 % der Teilnehmer täglich Alkohol zu sich nahmen und 33 % mindestens einmal in der Woche alkoholische Getränke konsumierten. | ||
==Ursachen | ==Ursachen == | ||
Wie bekannt, wird Alkohol in der Bevölkerung meistens aufgrund seiner Wirkung getrunken. Wenn man ihn konsumiert, bringt das positive Gefühle oder man trinkt, um die eigenen Probleme zu vergessen. | Wie bekannt, wird Alkohol in der Bevölkerung meistens aufgrund seiner Wirkung getrunken. Wenn man ihn konsumiert, bringt das positive Gefühle oder man trinkt, um die eigenen Probleme zu vergessen. | ||
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Abschließend lässt sich sagen, dass Menschen mit geistiger Behinderung das gleiche Trinkverhalten zeigen, wie Menschen ohne geistige Behinderung. Ein Unterschied ist aber, dass weniger Menschen mit geistiger Behinderung Alkohol trinken und dass sie später damit anfangen. | Abschließend lässt sich sagen, dass Menschen mit geistiger Behinderung das gleiche Trinkverhalten zeigen, wie Menschen ohne geistige Behinderung. Ein Unterschied ist aber, dass weniger Menschen mit geistiger Behinderung Alkohol trinken und dass sie später damit anfangen. | ||
== Folgen | == Folgen == | ||
Die Folgen des Alkoholmissbrauchs können sich auf unterschiedlicher Art und Weise bemerkbar machen. | Die Folgen des Alkoholmissbrauchs können sich auf unterschiedlicher Art und Weise bemerkbar machen. | ||
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* Probleme an der Arbeitsstelle und in Werkstätten. Diese zeigen sich durch Arbeitsversäumnisse, unentschuldigtes Fehlen, Mängel an Zuverlässigkeit, heimliches Trinken am Arbeitsplatz, Probleme mit den Arbeitskollegen etc. | * Probleme an der Arbeitsstelle und in Werkstätten. Diese zeigen sich durch Arbeitsversäumnisse, unentschuldigtes Fehlen, Mängel an Zuverlässigkeit, heimliches Trinken am Arbeitsplatz, Probleme mit den Arbeitskollegen etc. | ||
== | == Maßnahmen == | ||
Die Behandlung von Alkoholikern dauert normalerweise ein paar Jahre und verläuft in mehreren Phasen. | Die Behandlung von Alkoholikern dauert normalerweise ein paar Jahre und verläuft in mehreren Phasen. | ||
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Bei der Behandlung von geistig behinderten Alkoholikern werden die Bezugspersonen (Eltern, Betreuer) stark miteinbezogen. Außerdem benötigen sie eine passende Therapie und einen geeigneten Aufenthaltsort. Die Therapie kann je nach Wahl des Betroffenen und seiner Betreuer in stationärer, halbstationärer oder ambulanter Behandlung erfolgen. Laut Therapiestelle und Einrichtungen nehmen erfahrungsmäßig Personen mit Intelligenzminderung mehr Zeit und Kosten in Anspruch. Gründe hierfür sind mangelnde und ungenügende Therapieangebote und unpassende Infrastruktur für diese Klientel. Außerdem stellen Klienten mit Intelligenzminderung höhere Anforderungen an die Einrichtungen und Fachleute als normale Patienten. Ursächlich ist hierfür der biographische Hintergrund (kognitive Einschränkung, doppelte Diagnose (intellektuell behindert und psychisch gestört)). Daraus resultiert, dass dieser Personenkreis Schwierigkeiten hat, in Suchtfachkliniken unterzukommen. Die Menschen mit geistiger Behinderung und einer Suchterkrankung brauchen eine speziellere und differenziertere fachliche Unterstützung als Personen ohne diese Diagnose; sie brauchen handlungsorientierte Interventions- und Präventionsmaßnahmen wie die Entwicklung von Lösungs- und Handlungsstrategien. (siehe DIDAK) | Bei der Behandlung von geistig behinderten Alkoholikern werden die Bezugspersonen (Eltern, Betreuer) stark miteinbezogen. Außerdem benötigen sie eine passende Therapie und einen geeigneten Aufenthaltsort. Die Therapie kann je nach Wahl des Betroffenen und seiner Betreuer in stationärer, halbstationärer oder ambulanter Behandlung erfolgen. Laut Therapiestelle und Einrichtungen nehmen erfahrungsmäßig Personen mit Intelligenzminderung mehr Zeit und Kosten in Anspruch. Gründe hierfür sind mangelnde und ungenügende Therapieangebote und unpassende Infrastruktur für diese Klientel. Außerdem stellen Klienten mit Intelligenzminderung höhere Anforderungen an die Einrichtungen und Fachleute als normale Patienten. Ursächlich ist hierfür der biographische Hintergrund (kognitive Einschränkung, doppelte Diagnose (intellektuell behindert und psychisch gestört)). Daraus resultiert, dass dieser Personenkreis Schwierigkeiten hat, in Suchtfachkliniken unterzukommen. Die Menschen mit geistiger Behinderung und einer Suchterkrankung brauchen eine speziellere und differenziertere fachliche Unterstützung als Personen ohne diese Diagnose; sie brauchen handlungsorientierte Interventions- und Präventionsmaßnahmen wie die Entwicklung von Lösungs- und Handlungsstrategien. (siehe DIDAK) | ||
== | == Literatur == | ||
*Haase, Kristina: Alkoholismus bei Menschen mit einer geistigen Behinderung; Diplomarbeit 2009 | *Haase, Kristina: Alkoholismus bei Menschen mit einer geistigen Behinderung; Diplomarbeit 2009 | ||
*Hildebrand, Jan: Möglichkeiten heilpädagogisch-therapeutischer Angebote für geistig behinderte Menschen mit einer Alkoholproblematik; Diplomarbeit, 2009 | *Hildebrand, Jan: Möglichkeiten heilpädagogisch-therapeutischer Angebote für geistig behinderte Menschen mit einer Alkoholproblematik; Diplomarbeit, 2009 | ||
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*http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/mrdd.20092/pdf | *http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/mrdd.20092/pdf | ||
*http://www.unlv.edu/centers/achievement/scans%20for%20cam/Prevalence%20and%20Treatment%20of%20substance.pdf | *http://www.unlv.edu/centers/achievement/scans%20for%20cam/Prevalence%20and%20Treatment%20of%20substance.pdf | ||
*http://apps.who.int/classifications/apps/icd/icd10online/ | |||
*http://en.wikipedia.org/wiki/Henry_W._Goddard |