Alkoholismus und geistige Behinderung: Unterschied zwischen den Versionen

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*Schwerste Intelligenzminderung                        IQ < 20
*Schwerste Intelligenzminderung                        IQ < 20


== Deutschland ==
== Definition Alkoholismus ==
In Deutschland leben ungefähr 420. 000 Personen mit einer geistigen Behinderung; ca. 64.000 davon konsumieren in nennenswerten Mengen Alkohol - wie viele davon Alkoholiker sind, ist aber unbekannt. Besonders betroffen dürften Personen sein, die eine leichte (IQ 50 - 69) und mittelgradige (IQ  35 – 49) geistige Behinderung aufweisen. Der Grund hierfür ist, dass diese Gruppe unabhängig allein, in Wohngemeinschaften und in ambulanter betreuter Einzelwohnung leben. - Das Thema Alkoholismus bei Personen mit Intelligenzminderung wird in der Bundesrepublik Deutschland - wie auch das Thema Sexualität oder Drogenmissbrauch durch geistig Behinderte - wenig thematisiert.  
Alkoholismus bezeichnet die Abhängigkeit von der psychotropen Substanz Ethanol. Die WHO (Weltgesundheitsorganisation) definiert Alkoholismus als „eine Art des Trinkens, die in ihrem Ausmaß über die traditionelle und gebräuchliche Ernährungsform oder die gesellschaftlichen Trinksitten der entsprechenden Gemeinschaft hinausgeht ohne Rücksicht auf ätiologische Faktoren, die zu einem solchen Verhalten führen und ungeachtet des Ausmaßes, in dem derartige Faktoren von Vererbung und Konstitution oder neu entwickelten physiopathologischen und stoffwechselbedingten Einflüssen abhängen".
Desweiteren bezeichnet die WHO Alkoholiker als „exzessive Trinker, deren Abhängigkeit vom Alkohol einen solchen Grad erreicht hat, dass sie deutliche Störungen oder Konflikte in ihrer körperlichen oder geistigen Gesundheit, ihren menschlichen Beziehungen, ihren sozialen oder wirtschaftlichen Funktionen aufweisen; oder sie zeigen Vorstufen einer solchen Entwicklung".  
Seit 1968 wird Alkoholabhängigkeit von der Bundesrepublik Deutschland als Krankheit anerkannt.  


*In einer regionalen Untersuchung im Raum Wolfenbüttel/Braunschweig/Helmstedt im Jahr 1993 kam es zu folgenden Ergebnissen: Am Arbeitsort für Behinderte (Werkstätten)“ und „Wohneinrichtungen“ konsumierten von 1619 Personen im Schnitt 3 % Alkohol und illegale Drogen. In den psychiatrischen Krankenhäusern wurden 1942 Fälle identifiziert, bei 4 % war es die erste und bei 9 die zweite Diagnose. Hinzu kam bei diesem Personenkreis Medikamenten- und andere Suchtabhängigkeit (Essen, Fernsehen etc.). Schließlich wurde eine repräsentative Untersuchung bei allen Einrichtungen und den dazugehörigen Suchhilfevereinen zum Thema Alkoholkonsum von geistigen behinderten Menschen in Sachsen-Anhalt durchgeführt. Die Erhebung zeigte bei insgesamt 2560 untersuchten Personen, dass 6,7 % alkoholgefährdet und 4,2 % bereits alkoholabhängig waren.
== Alkoholismus und geistige Behinderung in Deutschland ==
In Deutschland leben ungefähr 420. 000 Personen mit einer geistigen Behinderung; ca. 64.000 davon konsumieren in nennenswerten Mengen Alkohol - wie viele davon Alkoholiker sind, ist aber unbekannt. Besonders betroffen dürften Personen sein, die eine leichte (IQ 50 - 69) und mittelgradige (IQ 35 – 49) geistige Behinderung aufweisen. Der Grund hierfür ist, wie zuvor schon genannt, dass diese Gruppe unabhängig allein, in Wohngemeinschaften oder in ambulanter betreuter Einzelwohnung leben. Das Thema Alkoholismus bei Personen mit Intelligenzminderung wird in der Bundesrepublik Deutschland - wie auch das Thema Sexualität oder Drogenmissbrauch durch geistig Behinderte - wenig thematisiert.  


Eine Pilotstudie in Sachsen kam zu folgenden Ergebnissen: Menschen mit geistiger Behinderung bevorzugen zu Hause Alkohol zu konsumieren; dies war der Fall bei 52 % der Befragten, 30 % von ihnen konsumierten lieber in Bars, gefolgt bei Freunden und in anderen Gaststätten. Geistig behinderte Menschen konsumieren Alkohol am häufigsten (50 %) mit Freunden und in der Familie. Überraschenderweise gut 30 % der Alkoholkonsumenten behaupten, dass sie allein zu Hause oder außerhalb des Hauses trinken würden. Wie bekannt, wird Alkohol in der Bevölkerung meistens aufgrund seiner Wirkung getrunken.  Wenn man ihn konsumiert, bringt das positive Gefühle;  oder man trinkt, um die eigenen Probleme zu vergessen Als Heranwachsender trinkt man, weil man zur Gruppe dazugehören will, andernfalls man aus der Gruppe ausgeschlossen wird. Bei den geistig behinderten Menschen sind es meistens dieselben Gründe für den Alkoholkonsum wie bei der normalen Bevölkerung.
=== Deutsche Studien zu Alkoholmissbrauch bei geistig Behinderten ===
Die Ergebnisse einer Pilotstudie auf die Frage: warum Menschen mit einer geistigen Behinderung Alkohol konsumieren und was sie dabei fühlen, sind:


* es geht mir gut 83.3 %
In einer regionalen Untersuchung im Raum Wolfenbüttel/Braunschweig/Helmstedt im Jahr 1993 kam es zu folgenden Ergebnissen: Am Arbeitsort für Behinderte („Werkstätten“) und „Wohneinrichtungen“ konsumierten von 1619 Personen im Schnitt 3 % Alkohol und illegale Drogen. In den psychiatrischen Krankenhäusern wurden 1942 Fälle identifiziert, bei 4 % war es die erste und bei 9% die zweite Diagnose. Hinzu kamen bei diesem Personenkreis Medikamenten- und andere Suchtabhängigkeiten (Essen, Fernsehen etc.). Schließlich wurde eine repräsentative Untersuchung bei allen Einrichtungen und den dazugehörigen Suchthilfevereinen zum Thema „Alkoholkonsum von geistigen behinderten Menschen“ in Sachsen-Anhalt durchgeführt. Die Erhebung zeigte bei insgesamt 2560 untersuchten Personen, dass 6,7 % alkoholgefährdet und 4,2 % bereits alkoholabhängig waren.  
*dadurch habe ich mehr Freunde                                          11.1 %
*ich fühle mich schlecht                                                                    5.6 %
*ich habe mit meinen Freunden Probleme                                      5.6 %
*ich möchte noch mehr trinken                                                      11.1 %
*ich habe ein schlechtes Gewissen                                             0 %
*andere Gründe                                                                      5.6 %


Eine Pilotstudie in Sachsen kam zu folgenden Ergebnissen: Menschen mit geistiger Behinderung bevorzugen es, zu Hause Alkohol zu konsumieren. Dies war der Fall bei 52 % der Befragten, 30 % von ihnen konsumierten lieber in Bars, gefolgt von bei Freunden und in anderen Gaststätten. Geistig behinderte Menschen konsumieren Alkohol am häufigsten (50 %) mit Freunden und in der Familie. Überraschenderweise gut 30 % der Alkoholkonsumenten behaupten, dass sie allein zu Hause oder außerhalb des Hauses trinken würden.
[[Datei:Alkoholismus_geistig_Behinderte_Sachsen.jpg| miniatur |Abbildung 1: Alkoholismus bei geistigen behinderten Menschen in Sachsen Anhalt]]
[[Datei:Pilotstudie_Sachsen.jpg | miniatur |Abbildung 2: Pilotstudie in Sachsen 2001/2]]


Hinzu kommt eine weitere Pilotstudie, die in Sachsen in den Jahren 2001/2002 von einem Diplom-Sozialpädagogen in einer Werkstatt für behinderte Menschen durchgeführt wurde. An der Befragung haben insgesamt 18 Personen zwischen 18 und 30 Jahren teilgenommen, davon waren 83 % männlich und 17 % weiblich. Die Ergebnisse waren:


[[Datei:Alkoholismus_geistig_Behinderte_Sachsen.jpg| miniatur |Abbildung 1: Alkoholismus bei geistigen behinderten Menschen in Sachsen Anhalt]]
* weniger als 5% der Männer und Frauen trinken nie Alkohol
* ca. 9% der Männer und ca. 17% der Frauen trinken einmal jährlich Alkohol
* ca. 27% der Männer und ca. 7% der Frauen trinken einmal im Monat Alkohol
* ca. 39% der Männer und Frauen trinken wöchentlich Alkohol
* ca. 11% der Männer und Frauen trinken täglich Alkohol


Hinzu kommt eine weitere Pilotstudie, die in Sachsen in den Jahren 2001/2 von
Dipl. Sozialpädagoge, in einer Werkstatt für behinderte Menschen durchgeführt
wurde. An der Befragung haben insgesamt 18 Personen zwischen 18 und 30 Jahren teilgenommen, davon waren 83 % männlich und 17 % weiblich. Die Ergebnisse waren:


[[Datei:Pilotstudie_Sachsen.jpg | miniatur |Abbildung 2: Pilotstudie in Sachsen 2001/2]]
== Alkoholismus und geistige Behinderung in den USA/Studien ==
Anfang der Achtzigerjahre untersuchte der Psychologe Huang in Amerika das Trinkverhalten von geistig behinderten Schülern und Schülerinnen. Er nahm hierfür als Vergleichskontrollgruppe Schüler/innen, die einen durchschnittlichen IQ hatten. Beide Gruppen waren zwischen 13 und 18 Jahre alt. Gruppe A bestand aus 190 Schüler/innen mit einer geistigen Behinderung und Gruppe B aus 187 mit einem durchschnittlichen IQ. Die Ergebnisse der Studie waren wie folgt:


== USA ==
* ca. 24% von Gruppe A und ca. 27% von Gruppe B tranken selten Alkohol
Anfang der Achtzigerjahre untersuchte der Psychologe Huang. in Amerika das Trinkverhalten von geistig behinderten Schülern und Schülerinnen. Er nahm hierfür als Vergleichskontrollgruppe Schüler/Innen, die einen normalen durchschnittlichen IQ hatten. Beide Gruppen waren zwischen 13 und 18 Jahre alt. Die Gruppe A bestand aus 190 Schülern und Schülerinnen mit einer geistigen Behinderung und die Gruppe B aus 187 mit einem normalen IQ). Die Ergebnisse der Studie lassen sich aus der untenstehenden Abbildung entnehmen. 
* ca. 30% von Gruppe A und ca. 47% von Gruppe B tranken ab und zu Alkohol
* ca. 46% von Gruppe A und ca. 27% von Gruppe B tranken häufig Alkohol


Abbildung 3:Untersuchung von Huang A.M im Jahr 1981
Abbildung 3:Untersuchung von Huang A.M im Jahr 1981


Eine weitere Untersuchung wurde von Krishef und DiNitto im Jahr 1983 durchgeführt. Sie haben in Vereinen für behinderte Bürger „Associations for Retarded citizens“ und in anderen Organisationen für Alkoholbehandlung <Alcohol Treatment Programs> Interviews durchgeführt. Insgesamt haben 214 geistig behinderte Personen an der Untersuchung teilgenommen. Die Interviewten hatten eine leichte mentale Retardierung. 54 % der Interviewten waren männlich, im Alter zwischen 18 bis 45 Jahren. Ergebnisse: 52 % der Befragten antworteten, mindestens zweimal im Untersuchungszeitraum Alkohol konsumiert zu haben, wobei ungefähr 7 % der Teilnehmer täglich Alkohol zu sich nahmen und 33 % mindestens einmal in der Woche alkoholische Getränke konsumierten
Eine weitere Untersuchung wurde von Krishef und DiNitto im Jahr 1983 durchgeführt. Sie haben in Vereinen für behinderte Bürger „Associations for Retarded citizens“ und in anderen Organisationen für Alkoholbehandlung “Alcohol Treatment Programs“ Interviews durchgeführt. Insgesamt haben 214 geistig behinderte Personen an der Untersuchung teilgenommen. Die Befragten hatten eine leichte mentale Retardierung, wovon  54% der Interviewten männlich und im Alter zwischen 18 bis 45 Jahren waren.  
Ergebnisse: 52% der Befragten antworteten, mindestens zweimal im Untersuchungszeitraum Alkohol konsumiert zu haben, wobei ungefähr 7 % der Teilnehmer täglich Alkohol zu sich nahmen und 33 % mindestens einmal in der Woche alkoholische Getränke konsumierten.
 
 
==Ursachen für den Alkoholmissbrauch bei geistig behinderten Menschen/Trinkverhalten ==
 
Wie bekannt, wird Alkohol in der Bevölkerung meistens aufgrund seiner Wirkung getrunken. Wenn man ihn konsumiert, bringt das positive Gefühle oder man trinkt, um die eigenen Probleme zu vergessen.
Menschen mit einer geistigen Behinderung konsumieren Alkohol aus denselben Gründen wie die übrige Bevölkerung. Trotz dieser Generalisierung gibt es besondere Anlässe bei geistig behinderten Menschen für massiven Alkoholmissbrauch. Meistens betrinken sie sich aus Resignation, Einsamkeit und Depression, auch wegen fehlender sozialer Kontakte (Partnerschaft), manche aus Langeweile (unorganisiertes Leben).
Das erste Signal für dieses Verhalten ist, dass sie sich zurückziehen, sich selbst von der Außenwelt isolieren und lieber zu Hause oder im Heim bleiben. Besonders Menschen mit einer leichten mentalen Retardierung werden zu Einzelgängern und suchen sich ihre sozialen Kontakte in korrumpierten Gruppen. Wenn wir ihr Lebensumfeld betrachten, dann ist folgendes festzustellen: Trotz der Inklusion und Selbstbestimmung, die sie in der Gesellschaft haben, werden Menschen mit geistiger Behinderung anders als normale Bürger behandelt, sie werden schon von Anfang an vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen und diskriminiert. Außerdem haben in unserer heutigen Gesellschaft, in der Freundeskreise manchmal nur noch durch Internet und Handy gepflegt werden, Menschen mit Behinderung bzw. mit geistiger Behinderung ein erhebliches Problem, ein stabiles soziales Netzwerk aufzubauen. Sie versuchen Glücksmomente auf einem anderen Weg (Alkohol, Drogen, Medikamente, Essen, Fernsehen und andere) zu bekommen.
 
Die Ergebnisse einer Pilotstudie auf die Frage, warum Menschen mit einer geistigen Behinderung Alkohol konsumieren und was sie dabei fühlen sind:


* es geht mir gut, wenn ich trinke 83.3%
* dadurch habe ich mehr Freunde 11.1%
* ich fühle mich schlecht 5.6%
* ich habe mit meinen Freunden Probleme 5.6%
* ich möchte noch mehr trinken 11.1%
* ich habe ein schlechtes Gewissen 0%
* andere Gründe 5.6%


==Ursachen für den Alkoholmissbrauch bei geistig behinderten Menschen mit kritischer Auswirkung ==
Weitere Gründe für den Alkoholkonsum nach A. M. Haung (1981):


Menschen mit einer geistigen Behinderung komsumieren Alkohol aus denselben Gründen wie die übrige Bevölkerung. Trotz dieser Generalisierung gibt es besondere Anlässe bei geistig behinderten Menschen für den massiven Alkoholmissbrauch.
* with parents for celebration 36%
*meistens betrinken sie sich aus Resignation,
* their friends drink 31%
*Einsamkeit
* they have reached the age to drink 24%
*Depression
* to be with the crowd 22%
*wegen fehlender sozialer Kontakte (Partnerschaft)
* for pleasure 21%
*aus Langeweile(unorganisiertes Leben)
* to avoid being laughed 14%
Das erste Signal für dieses Verhalten ist, dass sie sich zurückziehen, sich selbst von der Außenwelt isolieren und lieber zu Hause oder im Heim bleiben.


== Folgen und Auswirkungen des Alkoholismus ==
== Folgen und Auswirkungen des Alkoholismus ==
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