Alfred Grosser: Unterschied zwischen den Versionen

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Der 1925 in Frankfurt am Main geborene Politikwissenschaftler und bekennende "atheistische Humanist" jüdischer Herkunft '''Alfred Grosser''' lehrte bis zu seiner Emeritierung als Professor in Paris und engagiert sich im Sinne einer humanistischen Philosophie für menschliche Sicherheit und damit gegen Kriege und bewaffnete Auseinandersetzungen aller Art.
[[File:Alfred-grosser-2010-ffm-033-a.jpg|thumb|Alfred-grosser-2010-ffm-033-a]]Der atheistische Humanist und jüdisch-deutsch-französische Publizist, Soziologe und Politikwissenschaftler '''Alfred Grosser''' (*01.02.1925 in Frankfurt am Main) engagierte sich nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst besonders für die Aussöhnung zwischen Deutschland und Frankreich. Seit 2003 geht es ihm in erster Linie um eine Perspektive für Israel und die Palästinenser.


== Leben ==
Sein Vater Paul Grosser (* 4.2.1880 Berlin - 7.2.1934 Saint-Germain-en-Laye) war Direktor einer Frankfurter Kinderklinik, Sozialdemokrat und ein Freimaurer jüdischer Herkunft, weshalb er 1933 nach Frankreich emigrierte. 1937 erhielten seine verwitwete Mutter und er die französische Staatsbürgerschaft. So entgingen die beiden der Internierung durch die Regierung Daladier im September 1939. Nach dem Studium der Politik und der Germanistik erhielt Grosser 1955 einen Lehrstuhl am Institut d'études politiques de Paris (Sciences Po). 1992 wurde er als Studien- und Forschungsdirektor an der „Fondation Nationale des Sciences Politiques“ emeritiert.


== Ehrungen und Entehrungen ==
Grosser war ab 1965 Mitarbeiter zahlreicher Zeitungen und Fernsehanstalten. Unter anderem schrieb er politische Kolumnen für La Croix und Ouest-France. Er setzte sich sehr für die deutsch-französische Verständigung ein. Für seine zur Völkerverständigung beitragenden Werke erhielt er zahlreiche Preise und Auszeichnungen, unter anderem 1975 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, Laudator war Paul Frank, (für seine Rolle als „Mittler zwischen Franzosen und Deutschen, Ungläubigen und Gläubigen, Europäern und Menschen anderer Kontinente“). 1978 wurde er mit der Theodor-Heuss-Medaille, 1996 mit dem Schillerpreis der Stadt Mannheim und 1995 mit dem CICERO Rednerpreis ausgezeichnet. 1998 ehrte man Grosser mit dem Grand Prix de l'Académie des Sciences morales et politiques, 2002 mit dem Humanismuspreis des Deutschen Altphilologenverbands, 2004 mit dem Abraham Geiger Preis des Abraham-Geiger-Kollegs an der Universität Potsdam. Zudem ist er Träger des Großen Verdienstkreuzes mit Stern und Schulterband und Grand Officier de la Légion d'Honneur.
*Abraham Geiger Preis. Verliehen vom ersten nach der Shoah in Deutschland wiedergegründeten (liberalen) Rabbinerseminar für "Offenheit, Mut, Toleranz und Freiheit jüdischen Denkens als Ertrag der Aufklärung".


Wie Joseph Rovan (1918-2004) ist auch Grosser ein herausragender französischer Intellektueller mit deutsch-jüdischen Wurzeln. Er hat sich in der Nachkriegszeit bis in die Gegenwart für die deutsch-französischen Beziehungen eingesetzt und war einer der intellektuellen Wegbereiter im Vorfeld des Elysée-Vertrags. Bei zahlreichen Reisen und Vorträgen in Deutschland und Frankreich hat er an der Aussöhnung der Nachbarländer mitgewirkt und sie gefestigt.


== Publikationen von Alfred Grosser ==
U. a. aus Protest gegen die aus seiner Sicht unausgewogene Nahost-Berichterstattung verließ der Publizist im Jahr 2003 den Aufsichtsrat des französischen Magazins L’Express. „Die Chefredaktion hatte nur zögernd meine positive Rezension eines israel-kritischen Buches veröffentlicht. In der folgenden Nummer druckte man einen Sturm Leserbriefe, die mich beschimpften.“ Grosser ist bekannt als Kritiker der israelischen sowie zum Teil auch der französischen Regierungspolitik. Einige Kritiker weisen daher darauf hin, dass er gern von antiisraelischen, oft linken Kreisen als unverdächtiger jüdischer Zeuge für ihre antiisraelische Politik zitiert werde. Andere bemerken, dass man die israelische Politik nicht kritisieren dürfe, ohne als antiisraelisch oder gar antisemitisch bezeichnet zu werden.
*2009: Von Auschwitz nach Jerusalem. Über Deutsche, Juden und Muslime. Reinbek: Rowohlt
 
Seit Mitte Mai 2006 heißt die ehemalige Kooperative Gesamtschule Bad Bergzabern Alfred-Grosser-Schulzentrum. Die kontroverse Diskussion um die Namensgebung bezeichnete Grosser selbst als „wahrhaft demokratischen Prozess“.
 
Alfred Grosser kritisierte anlässlich der Verleihung des Ludwig-Börne-Preises 2007 durch den Focus-Herausgeber Helmut Markwort an Henryk M. Broder beide als des Börnepreises und einer Verleihung in der Frankfurter Paulskirche für nicht würdig.
 
== Schriften ==
Deutschlandbilanz. Geschichte Deutschlands seit 1945, 1970
Das Bündnis, 1981
Versuchte Beeinflussung, 1981
Der schmale Grat der Freiheit, 1981
Das Deutschland im Westen, Carl Hanser Verlag, München 1985, ISBN 3-446-12619-8
Frankreich und seine Außenpolitik, 1986
Mit Deutschen streiten, 1987
Mein Deutschland, 1993
Deutschland in Europa, 1998
Was ich denke., November 2000
Wie anders sind die Deutschen?, 2002
Wie anders ist Frankreich, 2005
Die Früchte ihres Baumes. Ein atheistischer Blick auf die Christen, September 2005
Der Begriff Rache ist mir völlig fremd in: Martin Doerry (Hg): Nirgendwo und überall zu Haus. Gespräche mit Überlebenden des Holocaust DVA, München 2006 ISBN 3-421-04207-1 (auch als CD) S. 120 - 129
Von Auschwitz nach Jerusalem, Rowohlt-Verlag 2009, ISBN 978-3-498-02515-1
 
== Literatur ==
Martin Strickmann: L´Allemagne nouvelle contre l´Allemagne éternelle: Die französischen Intellektuellen und die deutsch-französische Verständigung 1944–1950. Diskurse, Initiativen, Biografien. Frankfurt a. M. [u.a.] 2004, ISBN 3-631-52195-2
 
== Gespräche ==
„Distanznahme zu sich selbst ist das wichtigste Bildungsziel!“, Gespräch mit Alfred Grosser vom Dezember 2000 aus DIE Zeitschrift für Erwachsenenbildung
Freiheit schafft Europa, Exklusiv-Interview mit Prof. em. Alfred Grosser, undatiertvom zak.uni-karlsruhe
Israels Politik fördert den Antisemitismus Martina Doering interviewt Alfred Grosser, Berliner Zeitung vom 15. August 2006
Ich muss als Jude nicht für Israel sein Interview von Stefan Reinecke und Daniel Bax mit Alfred Grosser in der taz vom 4. April 2007
Sofort heisst es: Antisemitismus! Tobias Kaufman interviewt Alfred Grosser anlässlich seines neuen Buches "Von Auschwitz nach Jerusalem" am 18. September 2009
"Ich bin genetisch optimistisch" Gespräch über "Von Auschwitz nach Jerusalem" mit Moritz Reininghaus in der taz vom 28. September 2009
 
== Rezensionen ==
über das Buch Deutschland in Europa, Autor nicht genannt
Michael Hereth Alfred Grosser at his bestüber das Buch Wie anders ist Frankreich.
Ursula Homann Hinwendung zur Welt Warum Alfred Grosser nicht an Gott glaubtüber das Buch Die Früchte ihres Baumes. Ein atheistischer Blick auf die Christen.
 
== Weblinks ==
Literatur von und über Alfred Grosser im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Richtig denken, das heißt: gerecht denken Artikel zum 80. Geburtstag Grossers in der WELT vom 1. Februar 2005
Vortrag im Rathaus Stuttgart am 1. Juni 2005
Gespräch mit Alfred Grosser am 18. Juni 2008 in Paris
 
 
Von „http://de.wikipedia.org/wiki/Alfred_Grosser“
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