Adolf Otto Eichmann (* 19.03.1906 in Solingen; † 31.05.1962 in Ramla bei Tel Aviv, Israel) organisierte zunächst die Auswanderung von Juden aus Mitteleuropa (1935-1941) und dann die als Umsiedlung getarnte Deportation von Millionen von Juden und anderen unerwünschten Bevölkerungsgruppen in die Vernichtungslager (1941-1945). In diesem Zusammenhang nahm er als Protokollführer an der Wannsee-Konferenz teil und besuchte Massenerschießungen (Minsk), Vernichtungslager (Auschwitz) und Vergasungen (Chelmno). Im März 1944 unternahm er eine Ungarnreise, um die Deportation der größten damals noch bestehenden jüdischen Gemeinde in Europa in die Wege zu leiten.

Nachdem er nach dem Ende des Krieges zunächst in Deutschland und dann in Argentinien untertauchen konnte, wurde er 1960 von Mossad-Agenten von Südamerika nach Israel entführt, vor Gericht gestellt und zum Tode verurteilt. Mit der Hinrichtung Eichmanns wurde das einzige von einem Strafgericht ausgesproche Todesurteil in Israels Staatsgeschichte vollstreckt.

Karriere als Schreibtischtäter

Der zunächst nicht sehr erfolgreiche Sohn eines Buchhalters (Realschule und Mechanikerlehre ohne Abschluss) hatte schon während seiner Schulzeit in Linz seinen späteren Vorgesetzten bei der SS, Ernst Kaltenbrunner, kennen gelernt. Zunächst wurde er jedoch Arbeiter (1923), Verkäufer (1925-1927) und Vertreter (bis Frühjahr 1933). Er heiratete (1935) und gründete eine Familie (vier Söhne zwischen 1936 und 1955). Die Ursprünge seiner Laufbahn als Schreibtischtäter reichen bis in das Jahr 1932. In diesem Jahr wurde er in Österreich in die NSDAP und die SS aufgenommen. Nach einer erfolgreichen Bewerbung nach Berlin (1934) wurde er im Sicherheitsdienst der SS von 1935 an (mit 29 Jahren) Fachmann für "Judenangelegenheiten". Zunächst bedeutete das die Befassung mit Auswanderungsfragen, nämlich die Einrichtung von Auswanderungs-Zentralen in Wien und Prag (1938/39) und der "Reichszentrale für jüdische Auswanderung" in Berlin (1940). Nach dem Verbot der Auswanderung (1941) organisierte Eichmann als Leiter des Referats für "Juden- und Räumungsangelegenheiten" im Reichssicherheitshauptamt (RSHA) die Deportationen aus Deutschland und besetzten Ländern.

Neuanfang

1945 konnte er aus amerikanischer Internierung entkommen. Er tauchte in Deutschland unter (Lüneburger Heide) und emigrierte 1950 unter falschem Namen nach Argentinien, wo er bis zu seiner Entführung am 11.05.1960 mit Frau und Kindern unbehelligt lebte, obwohl zahlreiche Dienststellen - auch in Deutschland - von seinem Verbleib gewußt hatten. Das Ende seiner Existenz unter neuem Namen begann drei Jahre vor seiner Entführung. 1957 erfuhr der mit der Ermittlung von NS-Gewaltverbrechen befasste Generalstaatsanwalt Fritz Bauer vom Aufenthalt Eichmanns in Argentinien - und sowohl Bauer als auch sein in Argentinien lebender Informant (ein ehemaliger KZ-Häftling) informierten die israelische Regierung, die ihrerseits den Mossad auf Eichmann ansetzte. Der Mossad transportierte Eichmann am 22.05.1960 nach Israel, wo er am 11.04.1961 in Jerusalem vor Gericht gestellt wurde.

Prozess

Eichmann wurde wegen 15 Delikten angeklagt, darunter Verbrechen gegen das jüdische Volk, gegen die Menschheit, Kriegsverbrechen und Mitgliedschaft in einer verbrecherischen Organisation. In seinem Schlusswort sagte Eichmann: "Mein Wille war es nicht, Menschen umzubringen. Die Führerschicht, zu der ich nicht gehörte, hat die Befehle gegeben, sie hat meines Erachtens mit Recht Strafe verdient für die Greuel, die auf ihren Befehl hin an den Opfern begangen wurden. Aber auch die Untergebenen sind jetzt Opfer. Ich bin ein solches Opfer" (FAZ 11.04.2011: 8).

Hinrichtung

Am 15.12.1961 wurde Eichmann zum Tod durch Erhängen verurteilt. Das Urteil wurde am 31.05.1962 vollstreckt. Sein Henker, der junge jemenitische Gefängniswärter Schalom Nagar, berichtete viele Jahre später: "Sein Gesicht war aschfahl, die Zunge war aus dem Mund gequollen und voller Blut", und: "Niemand warnte mich damals, dass, wenn man einen Menschen hängt, Luft in seinem Bauch bleibt. Als ich ihn vom Strang nahm, kam die Luft heraus. Er machte ein lautes 'blablablablabla', sabberte mich voll mit Blut. Ich dachte, der Todesengel spricht mit mir." Für Nagar, der danach jahrelang unter Albträumen litt, war das ein traumatisches Erlebnis (Yaron 2011).

Literatur

  • Günther Anders (2002) Wir Eichmannsöhne. Offener Brief an Klaus Eichmann. München: C. H. Beck.
  • Hannah Arendt (1986) Eichmann in Jerusalem. Ein Bericht von der Banalität des Bösen. München: Piper.
  • Birn, Ruth Bettina (2011) Der Prozess. FAZ 11.04.2011: 8.
  • Yaron, Gil (2011) Die Anklage als Morgengebiet. FAZ 11.04.2011: 27.