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'''Abschiebung''' ist die zwangsweise Durchsetzung[http://www.rechtslexikon-online.de/Zwangsmittel.html] der vollziehbaren Ausreisepflicht[http://books.google.de/books?id=wjK0AJPVsX4C&pg=PA293&lpg=PA293&dq=vollziehbare+ausreisepflicht&source=bl&ots=5IXKOp56VE&sig=znjW4pwMkkiqal95GbBZo8UsX38&hl=de&ei=hduHTMr4LoisOIzj1c8O&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=6&ved=0CC8Q6AEwBQ#v=onepage&q=vollziehbare%20ausreisepflicht&f=false] einer Person ohne deutsche Staatsangehörigkeit aus dem Bundesgebiet.  
'''Abschiebung''' ist die zwangsweise Durchsetzung[http://www.rechtslexikon-online.de/Zwangsmittel.html] der vollziehbaren Ausreisepflicht[http://books.google.de/books?id=wjK0AJPVsX4C&pg=PA293&lpg=PA293&dq=vollziehbare+ausreisepflicht&source=bl&ots=5IXKOp56VE&sig=znjW4pwMkkiqal95GbBZo8UsX38&hl=de&ei=hduHTMr4LoisOIzj1c8O&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=6&ved=0CC8Q6AEwBQ#v=onepage&q=vollziehbare%20ausreisepflicht&f=false] einer Person ohne deutsche Staatsangehörigkeit aus dem Bundesgebiet.  


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===Absehen von der Strafvollstreckung===
===Absehen von der Strafvollstreckung===
Nach § 456a der Strafprozessordnung (StPO)[http://dejure.org/gesetze/StPO/456a.html] kann die Vollstreckungsbehörde (Staatsanwaltschaft bzw. Jugendrichter) von der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe[http://de.wikipedia.org/wiki/Freiheitsstrafe], einer Ersatzfreiheitsstrafe[http://de.wikipedia.org/wiki/Ersatzfreiheitsstrafe]] oder einer [[Maßregel der Besserung und Sicherung]] absehen, wenn der Verurteilte wegen einer anderen Tat einer ausländischen Regierung ausgeliefert, an einen internationalen Strafgerichtshof überstellt oder wenn er aus dem Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes ausgewiesen wird. Die letzte Variante tritt in der Vollzugspraxis am häufigsten auf. Ihr steht die ausländerrechtliche Ab- und Zurückschiebung[http://www.aufenthaltstitel.de/stichwort/zurueckschiebung.html] gleich.  
Nach § 456a der Strafprozessordnung (StPO)[http://dejure.org/gesetze/StPO/456a.html] kann die Vollstreckungsbehörde von der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe[http://de.wikipedia.org/wiki/Freiheitsstrafe], einer Ersatzfreiheitsstrafe[http://de.wikipedia.org/wiki/Ersatzfreiheitsstrafe]] oder einer [[Maßregel der Besserung und Sicherung]] absehen, wenn der Verurteilte wegen einer anderen Tat einer ausländischen Regierung ausgeliefert, an einen internationalen Strafgerichtshof überstellt oder wenn er aus dem Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes ausgewiesen wird. Die letzte Variante tritt in der Vollzugspraxis am häufigsten auf. Ihr steht die ausländerrechtliche Ab- und Zurückschiebung[http://www.aufenthaltstitel.de/stichwort/zurueckschiebung.html] gleich. Vollstreckungsbehörde ist gemäß § 451 StPO die Staatsanwaltschaft[http://www.juraforum.de/gesetze/stpo/451-staatsanwaltschaft-als-vollstreckungsbehoerde].
Zweck der Vorschrift ist nicht ausschließlich, die Justizvollzugsanstalten von der Vollstreckung von Strafen gegen Ausländer zu befreien. Die Strafvollstreckung ist unter dem Gesichtspunkt der [[Resozialisierung]] und der Sicherung der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten bei Ausländern, die ausgewiesen werden sollen, wenig sinnhaft. Besteht jedoch die Möglichkeit, die Strafe oder Maßregel nach § 71 IRG oder dem Überstellungsübereineinkommen im Ausland vollstrecken zu lassen, ist § 456a StPO nicht anwendbar.
 
Inhaltlich wird § 456a StPO von § 17 der Strafvollstreckungsordnung (StrVollStrO)[http://www.lexsoft.de/cgi-bin/lexsoft/niedersachsen_recht.cgi?chosenIndex=Dummy_nv_6&xid=147398,18] ergänzt. Die Entscheidung steht im Ermessen der Vollstreckungsbehörde, die die Interessen des Verurteilten gegen die Gründe abwägen muss, die gegen ein Absehen von der Strafvollstreckung sprechen und dabei alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen hat. Die Justizvollzugsanstalt wird im Rahmen der Entscheidungsfindung von der Vollstreckungsbehörde regelmäßig zu einer diesbezüglichen Stellungnahme aufgefordert.   
Zweck der Vorschrift ist nicht ausschließlich, die Justizvollzugsanstalten von der Vollstreckung von Strafen gegen Ausländer zu befreien. Die Strafvollstreckung ist unter dem Gesichtspunkt der [[Resozialisierung]] und der Sicherung der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten bei Ausländern, die ausgewiesen werden sollen, wenig sinnhaft. Besteht jedoch die Möglichkeit, die Strafe oder Maßregel nach § 71 IRG[http://www.buzer.de/gesetz/242/a2980.htm] oder dem Überstellungsübereineinkommen im Ausland vollstrecken zu lassen, ist § 456a StPO nicht anwendbar.
 
Inhaltlich wird § 456a StPO von § 17 der Strafvollstreckungsordnung (StrVollStrO)[http://www.lexsoft.de/cgi-bin/lexsoft/niedersachsen_recht.cgi?chosenIndex=Dummy_nv_6&xid=147398,18] ergänzt. Die Entscheidung steht im Ermessen[http://www.rechtslexikon-online.de/Ermessen.html] der Vollstreckungsbehörde, die die Interessen des Verurteilten gegen die Gründe abwägen muss, die gegen ein Absehen von der Strafvollstreckung sprechen und dabei alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen hat.  
 
Die Justizvollzugsanstalt wird im Rahmen der Entscheidungsfindung von der Vollstreckungsbehörde regelmäßig zu einer diesbezüglichen Stellungnahme aufgefordert.   
Zu berücksichtigen sind vor allem Art und Umstände der Tat, die Schwere der Schuld, der Umfang der bereits verbüßten Strafe, die familiäre, soziale und persönliche Situation des Betroffenen, [[Generalprävention|generalpräventive Gesichtspunkte]] wie die Wirkung der Anordnung auf andere Gefangene und die Öffentlichkeit sowie das öffentliche Interesse an der Bekämpfung bestimmter Straftaten und einer nachhaltigen Vollstreckung. Es ist zudem zu prüfen, ob die Verteidigung der Rechtsordnung[http://www.jura.uni-tuebingen.de/professoren_und_dozenten/guenther/mitarbeiter/haas/vorlesung%20sanktionenrecht/begriff-verteidigung.pdf] die weitere Vollstreckung gebietet.  
Zu berücksichtigen sind vor allem Art und Umstände der Tat, die Schwere der Schuld, der Umfang der bereits verbüßten Strafe, die familiäre, soziale und persönliche Situation des Betroffenen, [[Generalprävention|generalpräventive Gesichtspunkte]] wie die Wirkung der Anordnung auf andere Gefangene und die Öffentlichkeit sowie das öffentliche Interesse an der Bekämpfung bestimmter Straftaten und einer nachhaltigen Vollstreckung. Es ist zudem zu prüfen, ob die Verteidigung der Rechtsordnung[http://www.jura.uni-tuebingen.de/professoren_und_dozenten/guenther/mitarbeiter/haas/vorlesung%20sanktionenrecht/begriff-verteidigung.pdf] die weitere Vollstreckung gebietet.  
Wird ein Antrag nach § 456a Abs. 1 StPO seitens der Vollstreckungsbehörde abgelehnt, so ist nach durchgeführtem Beschwerdeverfahren nach § 21 StrVollStrO[http://www.gesetzesguide.de/stvollstro.html#stvollstro21] eine Anfechtung nach §§ 23 ff. EGGVG[http://dejure.org/gesetze/EGGVG/23.html] möglich. Die Entscheidung wird daraufhin überprüft, ob die Vollstreckungsbehörde von ihrem Ermessen [http://www.rechtslexikon-online.de/Ermessen.html] in rechtlich nicht zu beanstandender  Weise Gebrauch gemacht hat.  
Wird ein Antrag nach § 456a Abs. 1 StPO seitens der Vollstreckungsbehörde abgelehnt, so ist nach durchgeführtem Beschwerdeverfahren nach § 21 StrVollStrO[http://www.gesetzesguide.de/stvollstro.html#stvollstro21] eine Anfechtung nach §§ 23 ff. EGGVG[http://dejure.org/gesetze/EGGVG/23.html] möglich. Die Entscheidung wird daraufhin überprüft, ob die Vollstreckungsbehörde von ihrem Ermessen [http://www.rechtslexikon-online.de/Ermessen.html] in rechtlich nicht zu beanstandender  Weise Gebrauch gemacht hat.  
Das Absehen von der Vollstreckung ist eine vorläufige Maßnahme, wie sich aus § 456a Abs. 2 StPO ergibt. Kehrt der Ausgelieferte, der Überstellte oder der Ausgewiesene zurück, so kann die Vollstreckung nachgeholt werden. Mit dem Absehen wird regelmäßig eine Anordnung über die Nachholung für den Fall getroffen werden, dass der Betreffende in die Bundesrepublik zurückkehrt.  
Das Absehen von der Vollstreckung ist eine vorläufige Maßnahme, wie sich aus § 456a Abs. 2 StPO ergibt. Kehrt der Ausgelieferte, der Überstellte oder der Ausgewiesene zurück, so kann die Vollstreckung nachgeholt werden. Mit dem Absehen wird regelmäßig eine Anordnung über die Nachholung für den Fall getroffen werden, dass der Betreffende in die Bundesrepublik zurückkehrt.  
§ 456a Abs. 2 Satz 3 StPO verstärkt das damit bezweckte Ziel, den Verurteilten von einer Rückkehr abzuhalten zudem dadurch, dass die Vollstreckungsbehörde befugt ist, hierzu einen Vollstreckungshaft- oder Unterbringungsbefehl[http://de.wikipedia.org/wiki/Haftbefehl#Vollstreckungshaftbefehl] zu erlassen sowie eine Ausschreibung zur Festnahme oder Aufenthaltsermittlung[http://de.wikipedia.org/wiki/Aufenthaltsermittlung] und die erforderlichen Fahndungsmaßnahmen anzuordnen. Ob sie von ihrer Ermächtigung Gebrauch macht, steht im Ermessen der Vollstreckungsbehörde. Über die Folgen der Rückkehr ist der Verurteilte vor seiner Entlassung zu belehren. Die Belehrung ist Voraussetzung für das Nachholen der Vollstreckung und kann der Vollzugsanstalt übertragen werden.
§ 456a Abs. 2 Satz 3 StPO verstärkt das damit bezweckte Ziel, den Verurteilten von einer Rückkehr abzuhalten zudem dadurch, dass die Vollstreckungsbehörde befugt ist, hierzu einen Vollstreckungshaft- oder Unterbringungsbefehl[http://de.wikipedia.org/wiki/Haftbefehl#Vollstreckungshaftbefehl] zu erlassen sowie eine Ausschreibung zur Festnahme oder Aufenthaltsermittlung[http://de.wikipedia.org/wiki/Aufenthaltsermittlung] und die erforderlichen Fahndungsmaßnahmen anzuordnen. Ob sie von ihrer Ermächtigung Gebrauch macht, steht im Ermessen der Vollstreckungsbehörde. Über die Folgen der Rückkehr ist der Verurteilte vor seiner Entlassung zu belehren. Die Belehrung ist Voraussetzung für das Nachholen der Vollstreckung und kann der Vollzugsanstalt übertragen werden.


==Kritik==
==Kritik==
Die Konsequenzen einer Abschiebung für die Betroffenen können im Rahmen von Behördenentscheidungen, denen teilweise unrichtige oder unvollständige Informationen vorliegen, nicht immer vollständig berücksichtigt werden. Obwohl bei Härtefällen eine Reihe von Ausnahmen von der Abschiebung vorgesehen sind, kann diese jedoch in bestimmten Fällen auch dann angeordnet werden, wenn dem Betroffenen in dem jeweiligen Heimatland die Verfolgung oder sogar der Tod droht.  
 
Kritisiert werden u.a. die Haftbedingungen und die privaten Unternehmen, die z.T. für Bewachung und Unterbringung eingeschaltet werden (vor allem: European Homecare und B.O.S.S. Security and Service GmbH).
 
Die Konsequenzen einer Abschiebung für die Betroffenen können im Rahmen von Behördenentscheidungen, denen teilweise unrichtige oder unvollständige Informationen vorliegen, nicht immer vollständig berücksichtigt werden. Obwohl bei Härtefällen eine Reihe von Ausnahmen von der Abschiebung vorgesehen sind, kann diese jedoch in bestimmten Fällen auch dann angeordnet werden, wenn dem Betroffenen in dem jeweiligen Heimatland die Verfolgung oder sogar der Tod droht.
Auch ist festzustellen, dass EU-rechtliche Vorgaben vielfach nur zögerlich, zum Teil auch erst nach entsprechenden Urteilen des Europäischen Gerichtshofes umgesetzt wurden. So wurde die Bundesrepublik mit Urteil des EuGH vom 27.04.2006 (C-441/02)[http://curia.europa.eu/jurisp/cgi-bin/form.pl?lang=de&newform=newform&Submit=Suchen&alljur=alljur&jurcdj=jurcdj&jurtpi=jurtpi&jurtfp=jurtfp&alldocrec=alldocrec&docj=docj&docor=docor&docop=docop&docav=docav&docsom=docsom&docinf=docinf&alldocnorec=alldocnorec&docnoj=docnoj&docnoor=docnoor&radtypeord=on&typeord=ALL&docnodecision=docnodecision&allcommjo=allcommjo&affint=affint&affclose=affclose&numaff=&ddatefs=27&mdatefs=04&ydatefs=2006&ddatefe=&mdatefe=&ydatefe=&nomusuel=&domaine=&mots=Ausweisung&resmax=100] wegen ihrer überharten Ausweisungspraxis gerügt.
Auch ist festzustellen, dass EU-rechtliche Vorgaben vielfach nur zögerlich, zum Teil auch erst nach entsprechenden Urteilen des Europäischen Gerichtshofes umgesetzt wurden. So wurde die Bundesrepublik mit Urteil des EuGH vom 27.04.2006 (C-441/02)[http://curia.europa.eu/jurisp/cgi-bin/form.pl?lang=de&newform=newform&Submit=Suchen&alljur=alljur&jurcdj=jurcdj&jurtpi=jurtpi&jurtfp=jurtfp&alldocrec=alldocrec&docj=docj&docor=docor&docop=docop&docav=docav&docsom=docsom&docinf=docinf&alldocnorec=alldocnorec&docnoj=docnoj&docnoor=docnoor&radtypeord=on&typeord=ALL&docnodecision=docnodecision&allcommjo=allcommjo&affint=affint&affclose=affclose&numaff=&ddatefs=27&mdatefs=04&ydatefs=2006&ddatefe=&mdatefe=&ydatefe=&nomusuel=&domaine=&mots=Ausweisung&resmax=100] wegen ihrer überharten Ausweisungspraxis gerügt.
==Literatur==


==Weblinks==
==Weblinks==
http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rk20090114_2bvr149208.html
http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rk20090114_2bvr149208.html
http://www.wikipedia.de/
http://www.rechtslexikon-online.de
http://books.google.de
http://www.aufenthaltstitel.de
http://www.gesetze-im-internet.de
http://dejure.org/gesetze
http://www.migration-online.de
http://www.bka.de
http://www.juraforum.de/gesetze
http://europa.eu/legislation_summaries/justice_freedom_security/judicial_cooperation_in_civil_matters/l16007_de.htm
http://www.jusline.de
http://conventions.coe.int/Treaty/ger/Treaties/Html/112.htm
http://www.admin.ch/ch/d/ff/2002/4359.pdf
http://www.bmj.bund.de
http://www.gesetzesguide.de
http://www.buzer.de/gesetz
http://www.lexsoft.de/cgi-bin/lexsoft/niedersachsen_recht.cgi?chosenIndex=Dummy_nv_6&xid=147398,18
http://curia.europa.eu/jurisp
31.738

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