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Als Hindernisse, die nur schwer zu überwinden sind, erweisen sich namentlich die Sprachbarriere und die Herkunft aus Kulturkreisen, die sich von der deutschen oft wesentlich unterscheidet.
Als Hindernisse, die nur schwer zu überwinden sind, erweisen sich namentlich die Sprachbarriere und die Herkunft aus Kulturkreisen, die sich von der deutschen oft wesentlich unterscheidet.
===Zuständige Ausländerbehörde===
Für Ausländer, die sich in Untersuchungshaft befinden, ist die Ausländerbehörde zuständig, in dessen Zuständigkeitsbereich der Ausländer vor der Inhaftierung seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Für unaufschiebbare Maßnahmen ist die Ausländerbehörde des Haftortes zuständig.
Für Ausländer, die sich in Strafhaft befinden, ist zunächst die Ausländerbehörde des Haftortes zuständig. Bestehen enge familiäre Bindungen zum früheren gewöhnlichen Aufenthalt, so bleibt die frühere Ausländerbehörde zuständig.


===Vollzugslockerungen===
===Vollzugslockerungen===
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Ungeeignet für die Gewährung von Lockerungen sind sie hingegen, wenn gegen sie ein Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren anhängig ist. Ausnahmen hiervon sind jedoch möglich, wenn besondere Gründe vorliegen. Dies ist etwa der Fall, wenn der Ausländer im Bundesgebiet als bereits sozial gefestigt gilt und es wahrscheinlich ist, dass er nach der Entlassung in Deutschland zumindest geduldet wird, etwa, weil er in seinem Heimatland aufgrund seines Glaubens verfolgt würde. Die Wiedereingliederung des Gefangenen hat in einem solchen Falle stärkeres Gewicht.
Ungeeignet für die Gewährung von Lockerungen sind sie hingegen, wenn gegen sie ein Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren anhängig ist. Ausnahmen hiervon sind jedoch möglich, wenn besondere Gründe vorliegen. Dies ist etwa der Fall, wenn der Ausländer im Bundesgebiet als bereits sozial gefestigt gilt und es wahrscheinlich ist, dass er nach der Entlassung in Deutschland zumindest geduldet wird, etwa, weil er in seinem Heimatland aufgrund seines Glaubens verfolgt würde. Die Wiedereingliederung des Gefangenen hat in einem solchen Falle stärkeres Gewicht.


===Zuständige Ausländerbehörde===
===Absehen von der Strafvollstreckung===
Für Ausländer, die sich in Untersuchungshaft befinden, ist die Ausländerbehörde zuständig, in dessen Zuständigkeitsbereich der Ausländer vor der Inhaftierung seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Für unaufschiebbare Maßnahmen ist die Ausländerbehörde des Haftortes zuständig.
Nach § 456a der Strafprozessordnung (StPO) kann die Vollstreckungsbehörde (Staatsanwaltschaft bzw. Jugendrichter) von der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe, einer Ersatzfreiheitsstrafe oder einer Maßregel der Besserung und Sicherung absehen, wenn der Verurteilte wegen einer anderen Tat einer ausländischen Regierung ausgeliefert, an einen internationalen Strafgerichtshof überstellt oder wenn er aus dem Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes ausgewiesen wird. Die letzte Variante tritt in der Vollzugspraxis am häufigsten auf. Ihr steht die ausländerrechtliche Ab- und Zurückschiebung gleich.
Für Ausländer, die sich in Strafhaft befinden, ist zunächst die Ausländerbehörde des Haftortes zuständig. Bestehen enge familiäre Bindungen zum früheren gewöhnlichen Aufenthalt, so bleibt die frühere Ausländerbehörde zuständig.
Zweck der Vorschrift ist nicht ausschließlich, die Justizvollzugsanstalten von der Vollstreckung von Strafen gegen Ausländer zu befreien. Die Strafvollstreckung ist unter dem Gesichtspunkt der Resozialisierung und der Sicherung der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten bei Ausländern, die ausgewiesen werden sollen, wenig sinnhaft. Besteht jedoch die Möglichkeit, die Strafe oder Maßregel nach § 71 IRG oder dem Überstellungsübereineinkommen im Ausland vollstrecken zu lassen, ist § 456a StPO nicht anwendbar.
Inhaltlich wird § 456a StPO von § 17 der Strafvollstreckungsordnung (StrVollStrO) ergänzt. Die Entscheidung steht im Ermessen der Vollstreckungsbehörde, die die Interessen des Verurteilten gegen die Gründe abwägen muss, die gegen ein Absehen von der Strafvollstreckung sprechen und dabei alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen hat. Die Justizvollzugsanstalt wird im Rahmen der Entscheidungsfindung von der Vollstreckungsbehörde regelmäßig zu einer diesbezüglichen Stellungnahme aufgefordert. 
Zu berücksichtigen sind vor allem Art und Umstände der Tat, die Schwere der Schuld, der Umfang der bereits verbüßten Strafe, die familiäre, soziale und persönliche Situation des Betroffenen, generalpräventive Gesichtspunkte wie die Wirkung der Anordnung auf andere Gefangene und die Öffentlichkeit sowie das öffentliche Interesse an der Bekämpfung bestimmter Straftaten und einer nachhaltigen Vollstreckung. Es ist zudem zu prüfen, ob die Verteidigung der Rechtsordnung die weitere Vollstreckung gebietet.  
Wird ein Antrag nach § 456a Abs. 1 StPO seitens der Vollstreckungsbehörde abgelehnt, so ist nach durchgeführtem Beschwerdeverfahren nach § 21 StrVollStrO eine Anfechtung nach §§ 23 ff. EGGVG möglich. Die Entscheidung wird daraufhin überprüft, ob die Vollstreckungsbehörde von ihrem Ermessen in rechtlich nicht zu beanstandender  Weise Gebrauch gemacht hat.
Das Absehen von der Vollstreckung ist eine vorläufige Maßnahme, wie sich aus § 456a Abs. 2 StPO ergibt. Kehrt der Ausgelieferte, der Überstellte oder der Ausgewiesene zurück, so kann die Vollstreckung nachgeholt werden. Mit dem Absehen wird regelmäßig eine Anordnung über die Nachholung für den Fall getroffen werden, dass der Betreffende in die Bundesrepublik zurückkehrt.
§ 456a Abs. 2 Satz 3 StPO verstärkt das damit bezweckte Ziel, den Verurteilten von einer Rückkehr abzuhalten zudem dadurch, dass die Vollstreckungsbehörde befugt ist, hierzu einen Vollstreckungshaft- oder Unterbringungsbefehl zu erlassen sowie eine Ausschreibung zur Festnahme oder Aufenthaltsermittlung und die erforderlichen Fahndungsmaßnahmen anzuordnen. Ob sie von ihrer Ermächtigung Gebrauch macht, steht im Ermessen der Vollstreckungsbehörde. Maßgebend für die Entscheidung sind u.a. die Höhe des Strafrestes und die Schwere der Tat. Über die Folgen der Rückkehr ist der Verurteilte vor seiner Entlassung zu belehren. Die Belehrung ist Voraussetzung für das Nachholen der Vollstreckung und kann der Vollzugsanstalt übertragen werden.


==Kritik==
==Kritik==
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