Abolition

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Im Deutschen gehört das Wort Abolition - anders als im Englischen und in den romanischen Sprachen, wo es auch im allgemeinen Sprachgebrauch benutzt wird, wenn die Abschaffung der Folter, der Todesstrafe oder eines anderen rechtlich institutionalisierten Zwangs wie etwa der Sklaverei gemeint ist - nicht zur Umgangssprache. Was zum Beispiel im alltäglichen Englisch als Abolition of Slavery bezeichnet wird, wird im deutschen Sprachraum normalerweise nicht Abolition, sondern Abschaffung der Sklaverei genannt. Insofern ist der Wortgebrauch im Deutschen fachsprachlich auf das Reden über amerikanische oder britische Abolitionsbewegungen, bzw. in der juristischen Terminologie auf das amnestieähnliche Institut der Abolition im Sinne einer Einstellung laufender Strafverfahren aufgrund eines hoheitlichen Gnadenerweises beschränkt. In der Kriminologie gibt es den Diskurs des [Abolitionismus - d.h. einen Diskurs, der sich mit der Legitimationsproblematik des staatlichen Strafsystems und Forderungen nach dessen ganzer oder teilweiser Abschaffung befasst.


Statt von der Abolition (z.B. der Todesstrafe) spricht man hier von deren der Todesstrafe Abschaffung. In den genannten Sprachräumen ist die Abolition

Die Abolition, im normalen Sprachgebrauch mit Verbot oder Abschaffung beschrieben, ist im juristischen Sprachgebrauch die Einstellung eines Strafverfahrens vor seinem rechtskräftigen Abschluss durch die Exekutive oder Legislative. Sie ist bezogen auf ein einzelnes Verfahren (Einzelabolition) dem deutschen und Schweizer Recht fremd. Zulässig ist aber eine generelle gnadenweise Einstellung durch Amnestie. Ein Beispiel dafür sind die Regelungen im deutschen Straffreiheitsgesetz von 1970.


Der Begriff geht auf das lateinische Verb abolere (-evi, -itum) zurück, das soviel heißt wie "vollständig abschaffen, beseitigen". Das Substantiv "abolitio" tauchte im Römischen Recht in mehreren Varianten auf. Ursprünglich war mit der abolitio die Streichung eines Namens aus der Liste der Angeklagten gemeint (etwa beim Tod eines Richters; die Fälle, für die er zuständig war, wurden dann eingestellt). Neben den nur rechtstechnischen Begriffen der abolitio ex lege und der abolitio privata gab es dann Ende des 1. Jahrhunderts n.Chr. die abolitio publica, d.h. eine Anweisung des Senats oder Kaisers an die Strafgerichte, alle anhängigen Verfahren mit Ausnahme der Verfahren gegen Sklaven und wegen Kapitalverbrechen als gegenstandslos zu betrachten. Solche abolitiones publicae wurden meist anlässlich besonderer Ereignisse erlassen, die mit Geburtstagen des Herrschers oder später dann - im christlichen Rom des 4. Jahrhunderts - mit christlichen Feiertagen wie z.B. dem Osterfest zu tun hatten.

Die abolitio publica setzt das Recht des Herrschers voraus, schwebende Verfahren einstellen zu lassen (= Abolitionsrecht). Das Abolitionsrecht gehörte in vordemokratischer Zeit zum selbstverständlichen Teil des herrschaftlichen Gnadenrechts. Im Ancien Régime konnte der König mit den lettres d'abolition zum Beispiel seine Günstlinge vor dem Zugriff der Strafjustiz bewahren oder auch jederzeit aus den Mühlen der Strafjustiz befreien. Nachdem das Abolitionsrecht des Königs von den Aufklärern schon als Ausdruck absolutistischer Willkür kritisiert worden war, wurde es gleich zu Beginn der Französischen Revolution restlos abgeschafft. In Preußen, wo das Abolitionsrecht dem "Oberhaupte des Staates unmittelbar" schon 1717 ausdrücklich zugesprochen worden war, hielt sich das Abolitionsrecht bis in das 19. Jahrhundert und überdauerte sogar die Reichsgründung von 1871, obwohl zum Beispiel die bayerische Verfassung dem König schon 1808 ausdrücklich untersagt hatte, anhängige Verfahren zu behindern oder zu beenden oder gar eine Partei ihrem gesetzlichen Richter zu entziehen. Da sich der Machthaber im NS-Staat ebenfalls wieder jede Intervention in laufende Verfahren vorbehielt, fand das exekutive Abolitionsrecht in Deutschland erst in der Bundesrepublik sein Ende. Für die Niederschlagung schwebender Verfahren bedarf es seither wie für Amnestien jeweils eines förmlichen Gesetzes.

Der Übergang vom meist willkürlich einzelfallbezogenen exekutiven Abolitionsrecht zum abstrakt-generellen Gesetz, das von einem demokratisch legitimierten Parlament verabschiedet wird, bedeutet in gewisser Weise zugleich den Übergang vom Abolitionsrecht zur Abolitionsgesetzgebung. Wo die Lehren und Bestrebungen des Abolitionismus Erfolge zeitigen, tun sie dies deshalb auf dem Wege über die Gesetzgebung: wo es gelang, bestimmte Sanktionsformen wie z.B. die Todesstrafe, das Zuchthaus oder das Arbeitshaus abzuschaffen, erfolgte das jeweils auf der Grundlage eines entpsrechenden Gesetzes.

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