Übergangsmanagement: Unterschied zwischen den Versionen

K
Link erstellt
K (Link erstellt)
 
(13 dazwischenliegende Versionen von einem anderen Benutzer werden nicht angezeigt)
Zeile 14: Zeile 14:
Der Begriff des Übergangsmanagement kursiert seit einigen Jahren im Arbeitsfeld der Straffälligenhilfe. Trotz des wachsenden Diskussionsbedarfs innerhalb der verschiedenen Disziplinen ist es den Beteiligten noch nicht gelungen diesen Begriff näher zu bestimmen. Unter dem aktuellen Definitionsspektrum versteht man Übergangsmanagement entweder als eine neue Bezeichnung für die Entlassvorbereitung oder man verbindet mit diesem Begriff ausschließlich den Aspekt der beruflichen Wiedereingliederung.  In Deutschland findet diesbezüglich ein Richtungswechsel statt. Wurde früher in Deutschland verstärkt nur der Diskurs über Wiedereingliederung geführt, so rückt verstärkt der Aspekt der Reduktion von Rückfälligkeit und der Kontrollaspekt mehr in den Brennpunkt der Straffälligenhilfe.
Der Begriff des Übergangsmanagement kursiert seit einigen Jahren im Arbeitsfeld der Straffälligenhilfe. Trotz des wachsenden Diskussionsbedarfs innerhalb der verschiedenen Disziplinen ist es den Beteiligten noch nicht gelungen diesen Begriff näher zu bestimmen. Unter dem aktuellen Definitionsspektrum versteht man Übergangsmanagement entweder als eine neue Bezeichnung für die Entlassvorbereitung oder man verbindet mit diesem Begriff ausschließlich den Aspekt der beruflichen Wiedereingliederung.  In Deutschland findet diesbezüglich ein Richtungswechsel statt. Wurde früher in Deutschland verstärkt nur der Diskurs über Wiedereingliederung geführt, so rückt verstärkt der Aspekt der Reduktion von Rückfälligkeit und der Kontrollaspekt mehr in den Brennpunkt der Straffälligenhilfe.


Aufgrund neuer Erfahrungen und  Erkenntnisse  aus Praxis und Desistance-Forschung  haben die Akteure der Straffälligenhilfe Konzepte, Ansätze und Pilotprojekte erarbeitet, die die beiden Handlungsstränge, Wiedereingliederung und Rückfallreduktion verbinden sollen. Diese doppelte Perspektive verfolgt sowie einen kriminalpolitischen wie auch einen sozialpolitischen Aspekt. Diese Ziele beinhalten einerseits die Reduktion von Rückfälligkeit und andererseits die berufliche und soziale Integration der Strafentlassenen.
Aufgrund neuer Erfahrungen und  Erkenntnisse  aus Praxis und [[Desistance-Forschung]] haben die Akteure der Straffälligenhilfe Konzepte, Ansätze und Pilotprojekte erarbeitet, die die beiden Handlungsstränge, Wiedereingliederung und Rückfallreduktion verbinden sollen. Diese doppelte Perspektive verfolgt sowie einen kriminalpolitischen wie auch einen sozialpolitischen Aspekt. Diese Ziele beinhalten einerseits die Reduktion von Rückfälligkeit und andererseits die berufliche und soziale Integration der Strafentlassenen.


Der Strafvollzug und die Akteure der Straffälligenhilfe waren gezwungen, angesichts der gering qualifizierenden und zu häufig wiederkehrenden Klientel einerseits und der wachsende kriminalpolitische Druck bezüglich der Effektivität, Effizienz und Erfolg ihrer Maßnahmen mit einhergehender finanzieller Verknappung der Mittel andererseits, neue Handlungsansätze für die unterschiedlichen Handlungsfelder zu entwerfen und diese unterschiedlichen Ebenen miteinander sinnvoll zu verknüpfen.
Der Strafvollzug und die Akteure der Straffälligenhilfe waren gezwungen, angesichts der gering qualifizierenden und zu häufig wiederkehrenden Klientel einerseits und der wachsende kriminalpolitische Druck bezüglich der Effektivität, Effizienz und Erfolg ihrer Maßnahmen mit einhergehender finanzieller Verknappung der Mittel andererseits, neue Handlungsansätze für die unterschiedlichen Handlungsfelder zu entwerfen und diese unterschiedlichen Ebenen miteinander sinnvoll zu verknüpfen.
Zeile 27: Zeile 27:
'''Diese Strategien basieren auf drei Kernpunkte.'''
'''Diese Strategien basieren auf drei Kernpunkte.'''


Aktive Vorbereitung auf den Entlassungstag während der Haft.
*Aktive Vorbereitung auf den Entlassungstag während der Haft(schulische und berufliche Qualifizierung, Training von Alltagskompetenzen und sozialen Kompetenzen, Entlassungsvorbereitung)
( schulische und berufliche Qualifizierung, Training von Alltagskompetenzen und sozialen Kompetenzen, Entlassungsvorbereitung)


Organisation des Übergangs von der Haft in die Freiheit. Koordination verschiedener dienstleistenden Beratungs- und Betreuungseinrichtungen.
*Organisation des Übergangs von der Haft in die Freiheit. Koordination         verschiedener dienstleistenden Beratungs- und Betreuungseinrichtungen. Umfang und Beginn der Betreuung und Beratung muss eruiert werden.
Umfangs und Beginn der Betreuung und Beratung muss eruiert werden.


Kooperation mit Nachsorgeeinrichtungen nach Abschluss der Übergangsphase. Welche Angebote und Betreuung kommen im Rahmen einer abgestimmten Nachsorge in welchem Umfang in Frage?  
*Kooperation mit Nachsorgeeinrichtungen nach Abschluss der Übergangsphase. Welche Angebote und Betreuung kommen im Rahmen einer abgestimmten Nachsorge in welchem Umfang in Frage?  




Zeile 39: Zeile 37:
'''
'''


Arbeitsmarktorientierte Qualifizierung im Vollzug (auf die Zeit nach der Entlassung gerichtete Bildungsarbeit)
*Arbeitsmarktorientierte Qualifizierung im Vollzug (auf die Zeit nach der   Entlassung gerichtete Bildungsarbeit)


Betreuungs- und Vermittlungsarbeit im Vollzug ( Berufswegeplanung, Bewerbungstraining und erste Vermittlungsakttivitäten währd.d.Haft
*Betreuungs- und Vermittlungsarbeit im Vollzug ( Berufswegeplanung, Bewerbungstraining und erste Vermittlungsaktivitäten während der Haft
*Integrationsplanes erstellen.


Strukturierung des Übergangs zur Vermeidung des „Entlasslochs“(Betreuung im Übergang; frühe Kontaktaufnahmme,3-6 Monate vor Entlassung
*Strukturierung des Übergangs zur Vermeidung des „Entlasslochs“(Betreuung im Übergang; frühe Kontaktaufnahme ,3-6 Monate vor der  Entlassung)


Herstellung von Beschäftigungsfähigkeit ( Training von sozialen Kompetenzen)
*Herstellung von Beschäftigungsfähigkeit ( Training von sozialen Kompetenzen)  


Bereitstellung von Beschäftigung- und Qualifizierungsmöglichkeiten direkt im Anschluss an die Haft:
* Bereitstellung von Beschäftigung- und Qualifizierungsmöglichkeiten direkt im Anschluss an die Haft


Betreuung nach der Entlassung, Stabilisierung der Lebenslagen.
*Betreuung nach der Entlassung, Stabilisierung der Lebenslagen.


Tagesstrukturierende Maßnahmen
*Tagesstrukturierende Maßnahmen.
 
• Abbau von Vermittlungshemmnissen  unter Beteiligung weiterer Helfersystemen die den Übergang begleiten sollen.


*Abbau von Vermittlungshemmnissen  unter Beteiligung weiterer Helfersysteme die den Übergang begleiten sollen.


Wiedereingliederungsmaßnahmen beginnen bereits mit dem Haftantritt und nicht erst mit der Entlassung aus der Haft. Einige Akteure aus der Straffälligenhilfe fordern bereits Maßnahmen bevor der Verurteilte seine Haft antritt, weil er bereits in dieser aktuellen Lebenssituation verschiedene Problemlagen aufweist. Ein strukturierter Haftantritt kann bei der Entlassung den Übergang von der Haft in die Freiheit  erleichtern und stabilisieren. Hierzu gehören unter anderem die Kündigung der Wohnung bzw. Untervermietung bis zur Haftentlassung, das Familiensystem auf die Inhaftierung vorbereiten usw.  
Wiedereingliederungsmaßnahmen beginnen bereits mit dem Haftantritt und nicht erst mit der Entlassung aus der Haft. Einige Akteure aus der Straffälligenhilfe fordern bereits Maßnahmen bevor der Verurteilte seine Haft antritt, weil er bereits in dieser aktuellen Lebenssituation verschiedene Problemlagen aufweist. Ein strukturierter Haftantritt kann bei der Entlassung den Übergang von der Haft in die Freiheit  erleichtern und stabilisieren. Hierzu gehören unter anderem die Kündigung der Wohnung bzw. Untervermietung bis zur Haftentlassung, das Familiensystem auf die Inhaftierung vorbereiten usw.  
Zeile 75: Zeile 74:




Arbeit und Bildung (Schulabschluss, Berufsausbildung, berufl. Qualifizierung )
*Arbeit und Bildung (Schulabschluss, Berufsausbildung, berufl. Qualifizierung  


Rechtliche Situation ( offene Verfahren, Bewährung, Geldstrafen, ausländerrechtliche Situation )  
*Rechtliche Situation (offene Verfahren, Bewährung, Geldstrafen)


Finanzen ( Schulden, Kontoeröffnung, ALG II-Bezug)
*Finanzen ( Schulden, Kontoeröffnung, ALG II-Bezug)


Wohnraum, Unterkunft.
*Wohnraum, Unterkunft


Gesundheit; physisch und psychisch, Sucht (Drogen, Alkohol)
*Gesundheit; physisch und psychisch, Sucht (Drogen, Alkohol)


Soziale Beziehungen, Kinder und Familie.
*Soziale Beziehungen, Kinder und Familie


Einstellungen und Verhaltensweisen bezüglich Devianz.
*Einstellungen und Verhaltensweisen bezüglich Devianz.


Das idealisierte Ziel dieser komplexen Wiedereingliederungsprozesses ist es, die Leistungserbringung aus einer Hand, wobei es eine Einrichtung zuständigkeitsübergreifend übernimmt, diese gesamte Leistung auf der Grundlage eines Behandlungs- und Integrationsplans koordiniert und die anderen Akteure des Helfernetztes mit ihren Leistungsanteilen beteiligt.
Das idealisierte Ziel dieser komplexen Wiedereingliederungsprozesses ist es, die Leistungserbringung aus einer Hand, wobei es eine Einrichtung zuständigkeitsübergreifend übernimmt, diese gesamte Leistung auf der Grundlage eines Behandlungs- und Integrationsplans koordiniert und die anderen Akteure des Helfernetztes mit ihren Leistungsanteilen beteiligt.
Zeile 120: Zeile 119:
===Literatur===
===Literatur===


Maelicke, Bernd: Optimierung der ambulanten und stationären Resozialisierung in Hamburg, Hamburg, 2008
*Maelicke, Bernd: Optimierung der ambulanten und stationären Resozialisierung in Hamburg, Hamburg, 2010
 
• Matt, Eduard: Integrationsplanung und Übergangsmanagement. Konzepte zu einer tragfähigen
     
Wiedereingliederung(Ex)-Strafgefangenen.In Forum Straffvollzug und Straffälligenhilfe 56, 2004, S.140-143.
 
• Rössner, Dieter: Evidenzbasierte Behandlungsmöglichkeiten im Strafvollzug.


• Statistische Bundesamt (Destatis) Pressemitteilung Nr.382 vom 08.10.2009
*Matt, Eduard: Integrationsplanung und Übergangsmanagement. Konzepte zu einer tragfähigen Wiedereingliederung von (Ex)-Strafgefangenen. In : Forum Strafvollzug und Straffälligenhilfe 56, 2004, S.140-143.


• Wirth, Wolfgang: Nachsorge im und nach Strafvollzug. Wiesbaden 2004, S.2003 – 222.
*Rössner, Dieter: Evidenzbasierte Behandlungsmöglichkeiten im Strafvollzug.
*Statistische Bundesamt (Destatis) Pressemitteilung Nr.382 vom 08.10.2009


*Wirth, Wolfgang: Nachsorge im und nach Strafvollzug. Wiesbaden 2004, S.2003 – 222.


Wirth, Wolfgang: Arbeitslose Haftentlassene: Multiple Problemlagen und vernetzte Wiedereingliederungshilfen.
*Wirth, Wolfgang: Arbeitslose Haftentlassene: Multiple Problemlagen und vernetzte Wiedereingliederungshilfen. In Bewährungshilfe 53, 2006, S.137-152.
* In Bewährungshilfe 53, 2006, S.137-152.