Schwarzfahren ist ein Wort der deutschen Umgangssprache und heißt soviel wie unerlaubt ohne zu bezahlen einen Bus, eine Bahn oder ein sonstiges öffentliches Verkehrsmittel benutzen (juristisch: Erschleichen von Beförderungsleistungen). Das Schwarzfahren wird als Verstoß gegen die Allgemeinen Beförderungsbedingungen der jeweiligen Verkehrunternehmen, darüber hinaus aber auch als Ordnungswidrigkeit bzw. als Straftat mit Sanktionen bedroht und in nicht unerheblichem Umfang auch faktisch sanktioniert. Manche Schwarzfahrer, vor allem aus unteren Einkommensschichten, landen wiederholt im Gefängnis.

Würde z.B., wie es gelegentlich gefordert wird, der "Nulltarif" eingeführt - d.h. ein allgemeines Recht auf Gratis-Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel - dann wäre das Schwarzfahren schon begrifflich nicht mehr möglich.


Strafrecht

Den strafrechtlichen Konsequenzen liegt der § 265a des Strafgesetzbuches zu Grunde. „§ 265a Erschleichen von Leistungen (1) Wer die Leistung eines Automaten oder eines öffentlichen Zwecken dienenden Telekommunikationsnetzes, die Beförderung durch ein Verkehrsmittel oder den Zutritt zu einer Veranstaltung oder einer Einrichtung in der Absicht erschleicht, das Entgelt nicht zu entrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist. (2) Der Versuch ist strafbar. (3) Die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.“

In einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 09.02.1998 wurde der Tatbestand des Erschleichens von Leistungen im Sinne des StGB weit ausgelegt, „jedes der Ordnung widersprechende Verhalten, durch das sich der Täter in den Genuss von Leistungen bringt und bei welchem er sich den Anschein der Ordnungsmäßigkeit gibt.“ Im selben Urteil stellte das Gericht fest, dass die Strafbarkeit auch dann bestehen bleibt, wenn öffentlich angezeigt wird, bspw. durch das Tragen eines T-Shirts mit entsprechender Aufschrift, dass man keinen ordnungsgemäßen Fahrschein gelöst hat und der Tatbestand des Erschleichens mit der offensiven Bekundung nicht hinfällig wird.

Die Strafbarkeit wird auch nicht aufgehoben, wenn ein freier, ungehinderter Zugang zu den Verkehrsmitteln besteht und damit im eigentlichen Sinne niemand da ist, gegenüber dem man sich die entsprechende Leistung erschleichen könnte. Selbst wenn der Betroffene keine Kontrollen umgeht oder überlistet, bleibt das Verhalten strafbar. Entsprechend entschied der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt in einem Urteil vom 16.01.2001. Die Richter waren der Meinung, dass bereits das unauffällige Verhalten des „Schwarzfahrers“ mit dem Anschein der Ordnungsmäßigkeit und der entsprechende Eindruck, man sei im Besitz eines gültigen Fahrscheins, für den Tatbestand ausreichend sei. Der jeweilige Verkehrsverbund unterbreite durch das Bereitstellen der Transportmittel ein Angebot an jedermann. Dieses werde durch das Betreten der Transportmittel von den Fahrgästen stillschweigend angenommen, argumentierten die Richter. Bei „Schwarzfahrern“ läge im Betreten die wahrheitswidrige Erklärung, der Zahlungspflicht in vertragsgemäßer Weise nachgekommen zu sein. Ist dies nicht der Fall, werden damit auch die Fälle erfasst, in denen gar keine Schutzvorrichtungen vorhanden sind. Unter diesen Umständen sei das Vermögen der Verkehrsbetriebe hinsichtlich unberechtigter Inanspruchnahme besonders gefährdet. Das strafbare besondere Handlungsunrecht im Falle der Beförderungserschleichung liege damit in dem Missbrauch des Vertrauens unter Vorspiegelung ordnungsgemäßen Verhaltens.

Je nach Alter der Täter kommt ab 21 Jahren das Erwachsenenstrafrecht (StGB) oder ab 14 Jahren aber noch nicht 18 Jahre das Jugendstrafrecht (JGG) Jugendlicher und ab 18 Jahre aber noch nicht 21 Jahre das JGG Heranwachsender zur Anwendung.

Bei rechtskräftiger Verurteilung kommt es in der Regel zu Geldstrafen, die in bestimmten Tagessätzen zu entrichten sind. Wird die Geldstrafe ignoriert oder verweigert, ergeht ein Haftbefehl als Ersatzfreiheitsstrafe und es muss die Anzahl der festgelegten Tagessätze in einer Justizvollzugsanstalt verbracht werden. Dabei kann es zu Einträgen im persönlichem Bundeszentralregister und dem persönlichem Führungszeugnis kommen.

Liegt die Verurteilung bis zu 90 Tagessätzen und besteht noch kein Eintrag im Bundeszentralregister, wird kein Eintrag im persönlichem Führungszeugnis vorgenommen. Auf jeden Fall aber erfolgt ein Eintrag im Bundeszentralregister. Besteht dort allerdings bereits ein Eintrag, führt auch eine Verurteilung unter 90 Tagessätzen sofort zu einem entsprechenden Eintrag im Führungszeugnis. Gleiches gilt bei einer Verurteilung über 90 Tagessätzen. Auch hier erfolgt sofort ein Eintrag im Führungszeugnis.


Zivilrecht

Neben den strafrechtlichen Konsequenzen erfolgen die zivilrechtlichen Konsequenzen in Form des „erhöhten Beförderungsentgeldes“. Es stellt den zivilrechtlichen Anspruch des Verkehrsunternehmens gegenüber jedem dar, der ohne gültigen Fahrschein angetroffen wird. Grundlage sind die jeweiligen Tarif- und Beförderungsbestimmungen des entsprechenden Verkehrsunternehmens, gegen die der Schwarzfahrer verstößt. Die Höhe des „erhöhten Beföderungsentgeldes“ wird vom Bundesverkehrsministerium in einer Verordnung festgelegt, der vom Bundesrat zugestimmt werden muss. Derzeit beträgt das „erhöhte Beförderungsentgeld“ 40,- Euro, wenn auch zu einem späteren Zeitpunkt kein gültiger Fahrschein bspw. in Form einer Zeitkarte vorgewiesen werden kann. Ist dies jedoch der Fall und es kann nachträglich ein zum Zeitpunkt der Kontrolle gültiger Fahrschein vorgelegt werden, reduziert sich das „erhöhte Beföderungsentgeld“ auf 7,- Euro. Es handelt sich dabei um eine Kann-Regelung, die von den Verkehrsunternehmen im Allgemeinen voll ausgeschöpft wird. Anderseits verzichtet bspw. der HVV bei späterer Vorlage eines gültigen Fahrscheines auf die 7,-Euro und erhebt stattdessen 2,50 Euro. Für Fahrscheine, die nicht den Geltungsbereich der tatsächlichen Fahrt abdecken, dennoch gelöst wurden und vorgezeigt werden können, fällt ein „erhöhtes Beförderungsentgeld“ von 15,- Euro an, sofern plausible Gründe für den Sachverhalt vorliegen.

In dem Zeitraum von 1992 bis 2002 waren im Tarifgebiet des HVV im Schnitt 140 bis 170 Mitarbeiter im Prüfdienst der Verkehrsunternehmen Hochbahn, S-Bahn, PVG und VHH tätig. Zu unterscheiden sind drei Arten der Kontrollen: a) Streckenkontrolle in U- und S-Bahnen, sowie Bussen mit zwei bis vier Mitarbeitern b) Abgangskontrollen an Schnellbahnhaltestellen mit zehn bis 30 Mitarbeitern und c) Vollkontrollen in U- und S-Bahnen sowie Bussen von 20 bis 50 Mitarbeitern.

Die Rechte der Mitarbeiter des Prüfdienstes sind auf die Fahrscheinkontrolle beschränkt. Sie sind nicht berechtigt, eine Identifikation der betreffenden Person zu erzwingen oder diese zu durchsuchen. Dies ist der Polizei vorbehalten. Bis zum Eintreffen der Polizei ist nach § 127 StPO der Prüfdienst berechtigt, die betreffende Person vorläufig festzunehmen.

Wichtig zu unterscheiden ist, dass das „erhöhte Beförderungsentgeld“ nicht die Strafe für das Schwarzfahren darstellt, sondern nur den zivilrechtlichen Anspruch des Verkehrsunternehmens. Die eigentliche Strafe ist die Geldstrafe, zu der der Schwarzfahrer rechtskräftig verurteilt wird, sofern eine Strafanzeige von Seiten des Verkehrsunternehmens erfolgte. Die Praxis hierzu ist bundesweit bei den Verkehrsunternehmen im Einzelfall unterschiedlich. Im Tarifgebiet des HVV kommt es zu einer Anzeige nach dem dritten Male des nachgewiesenen Fehlverhaltens. Um dies sicher zu stellen, werden bei jedem Verstoß gegen die Tarif- und Beförderungsbestimmungen generell die Personalien der entsprechenden Person festgestellt.

Dabei kann auch der Aufruf zum Schwarzfahren strafbar sein. Ein Professor der freien Universität Berlin rief 2004 über Internet zum kollektiven Schwarzfahren auf, veranstaltete eine Kundgebung und wollte damit gegen die Abschaffung des Sozialtickets in Berlin protestieren. Er versprach, allen „Schwarzfahrern“ gegen Vorlage einer Quittung das „erhöhte Beförderungsentgelt“ zu erstatten. Daraufhin erließ das Amtsgericht Tiergarten einen Strafbefehl gegen ihn. Nach Meinung des Gerichtes hat er öffentlich durch Verbreiten von Schriften zu einer rechtswidrigen Tat, nämlich zum Erschleichen von Leistungen, aufgefordert.


Entkriminalisierung: Nulltarif

Immer wieder tauchen Überlegungen auf, die sich mit einem Nulltarif im Öffentlichen Verkehr (ÖV) beschäftigen. Einerseits aus einem verkehrswissenschaflichen Ansatz heraus, der sich aus der Absicht der Verlagerung des individuellen Automobilverkehres auf den ÖV speisen und sich von einem Umweltgedanken leiten lässt. Andererseits steht hinter der Forderung nach einem Nulltarif der politische Gedanke von einem Grundrecht auf Mobilität, besonders für einkommenschwache Bevölkerungsschichten wie Rentner oder Erwerbslose. Modellversuche mit einem Nulltarif gab es in der Bundesrepublik Mitte der 90er Jahre in Templin in der Uckermark und Lübben im Spreewald. Heute ist man weitgehend von der linearen Vorstellung, dass eine Preissensibilität allein, also Nulltarif, die Attraktivität des ÖV‘s verbessern würde, abgerückt. Mittlerweile weiß man, dass die Gründe für eine Nutzung oder Nichtnutzung vielschichtiger sind und Erreichbarkeit, Schnelligkeit oder Anschlüsse beinhalten. Mit der allgemeinen Liberalisierung des Verkehrsmarktes und dem politisch gewollten Wettbewerb auch in diesem Sektor fristen seriöse Überlegungen zum Nulltarif ohnehin ein Schattendasein. Die politischen Aktion wendeten sich vor allem in den späten 60er und 70er Jahren gegen Fahrpreiserhöhungen. Dabei kam es zu militanten Aktionen linksradikaler Untergrundorganisationen wie der Roten Zellen und der Roten Zora, die von 1975 bis 1985 mit militanten Aktionen wie bspw. 1976 einem Brandanschlag auf die Schwarzfahrerkartei des Frankfurter Verkehrsverbundes aktiv waren. Eine gewaltfreie Aktion war der „Rote Punkt“. Er diente als Erkennungszeichen und symbolisierte am privaten PKW, dass man bereit war, Mitfahrer mitzunehmen und stellte einen alternativen, weitgehend selbstorganisierten öffentlichen Verkehr dar.. Währenddessen wurde unter diesem Logo der Öffentliche Verkehrsmittel blockiert. Heute knüpft die Aktion „Pinker Punkt“ in Berlin an diesen Gedanken an. Mit einem Pinken Punkt als Erkennungszeichen soll kollektives Schwarzfahren organisiert werden. In den Verkehrsmitteln solidarisieren sich die Schwarzfahrer bei Kontrollen und bilden eine Gruppe, der gegenüber schwerer Sanktionen ausgesprochen werden können. So der Gedanke.


Beispiel Hamburg

Der mit dem Schwarzfahren verbundene Schaden in Form von Fahrgeldmindereinnahmen wird bundesweit mit 250 Millionen Euro beziffert. Für das Gebiet des Hamburger Verkehrsverbundes ergaben sich auf das Jahr 2005 bezogen eine durchschnittliche Schwarzfahrerquote von 2,8% und Einnahmeverluste von rund 14 Millionen Euro. Im Jahr 2002 standen Prüfkosten von 5,1 Millionen Euro Einnahmen aus dem „erhöhten Beförderungsentgeld“ von 2,8 Millionen Euro gegenüber. Von den vier Verkehrsbetrieben Hamburger Hochbahn, S-Bahn Hamburg, Pinneberger Verkehrsbetriebe und den Verkehrsbetrieben Hamburg-Holstein wurden im selben Jahr zwischen 10.000 und 18.000 Strafanzeigen wegen der Erschleichung von Leistungen gestellt.

Hamburg entstehen geschätzte 4,64 Millionen Euro Kosten durch die Inhaftierung von Schwarzfahrern. Zahlungsunfähige Schwarzfahrer sitzen im Schnitt zwei Monate Ersatzfreiheitsstrafe ab. Ein Hafttag kosten den Steuerzahler laut Justizbehörde 149 Euro.

519 Personen verbüßten 2009 wegen wiederholten Schwarzfahrens eine Ersatzfreiheitsstrafe. 2008 waren es 377 gewesen. Aktuellere Zahlen liegen laut Justizbehörde nicht vor, seien nur sehr schwer zu ermitteln.

Im Hartz-IV-Regelsatz sind 18,41 Euro für Fahrkarten vorgesehen. Eine Monatskarte für drei Tarifzonen ohne zeitliche Beschränkung kostet einen Hilfeempfänger, der einen Zuschuss von monatlich 18,41 Euro erhält, immer noch 38,70, die er selbst aufbringen muss.


Weblinks und Literatur

Dass die sogenannte Beförderungserschleichung nicht nur Geld kostet und keine Ordnungswidrigkeit wie etwa das Falschparken ist, wissen viele Menschen allerdings nicht. In Deutschland ist das vorsätzliche Schwarzfahren eine Straftat, das so genannte „Erschleichen von Leistungen“, und im Strafgesetzbuch aufgeführt. Der Bundesgerichtshof entschied hierzu, dass es sich auch dann um eine Leistungserschleichung handle, wenn der Fahrgast ein öffentliches Verkehrsmittel benutzt und dabei hofft, nicht aufzufallen. Dabei sei es nicht erforderlich, dass die Person Schutzvorrichtungen überwindet oder Kontrollen umgeht (Beschluss vom 8. Januar 2009; AZ: 4 StR 117/08). - Das Oberlandesgericht Frankfurt wiederum hat entschieden, dass es sich nur dann ums Schwarzfahren handle, wenn der Fahrgast ohne Fahrschein in einer fahrenden Bahn oder einem fahrenden Bus erwischt werde (Beschluss vom 20. Juli 2010; AZ: 1 Ss 336/08). - In den Fällen, dass Fahrkarten nur in Bussen oder Bahnen gekauft werden können, müssen Fahrgäste beim Besteigen den direkten Weg zum Automaten einschlagen. „Hinsetzen oder einen sicheren Stehplatz einnehmen, ist der Beginn des Schwarzfahrens“, erklärt Verwaltungsrechtsexperte Robert Hotstegs. Dabei sei das Schlangestehen vor dem einzigen Automaten in der Bahn aber ungefährlich.
Rund 3,5 Prozent der Fahrgäste im öffentlichen Nahverkehr haben kein gültiges Ticket. Durch Schwarzfahrer entgehen den Nahverkehrsanbietern nach Schätzungen des Verbandes deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) bis zu 250 Millionen Euro im Jahr.