Entkriminalisierung: Unterschied zwischen den Versionen

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Der Vorgang der Entkriminalisierung hebt die Strafbarkeit einer Verhaltensweise auf. Dies erfolgt in der Regel durch einen Akt der Gesetzgebung (Entkriminalisierung de jure). Ein ähnlicher Effekt kann auch dadurch entstehen, dass ein Strafgesetz in der Praxis nicht mehr angewandt und das fragliche Verhalten schlichtweg nicht mehr bestraft wird (Entkriminalisierung de facto).  
Der Vorgang der Entkriminalisierung hebt die Strafbarkeit und damit die staatlich verstärkte sozialethische Ächtung einer Verhaltensweise auf. Dies erfolgt in der Regel durch einen Akt der Gesetzgebung (''de jure'' Entkriminalisierung), manchmal aber auch durch die bloße Nicht-(Mehr-) Anwendung eines Strafgesetzes (''de facto'' Entkriminalisierung). Als Folge der Entkriminalisierung kann das fragliche Verhalten entweder legalisiert werden (z.B. Verkauf von Alkohol nach Ende der Prohibition in den USA 1933) oder es kann verboten bleiben und nicht-strafrechtlich sanktioniert werden (z.B. Herabstufung kleinerer Straßenverkehrsdelikte von kriminalrechtlichen Übertretungen zu verwaltungsrechtlichen Ordnungswidrigkeiten).  


Mit der Strafbarkeit entfällt das spezifisch sozialethische Unwerturteil über Tat und Täter, man kann auch sagen: die das Kriminalrecht kennzeichnende Ächtung, nicht aber auf jeden Fall auch das Verbotensein der Handlung. obrigkeitliche und sozialräumliche Ächtung. Stigmatisierung Die Forderung nach Entkriminalisierung drückt ein Bestreben nach Reduktion des Strafrechts aus - ein Bestreben, das auf unterschiedlichen Motiven beruhen kann: die beiden wichtigsten sind wohl der Wunsch nach Entstigmatisierung der Betroffenen (gesellschaftliche Anerkennung) und die Effizienzsteigerung der Kontrolle des fraglichen Verhaltens (Rationalisierung des Staatshandelns). Gelegentlich kommen beide Motive zusammen wie etwas bei der Überführung zahlreicher Verkehrsstraftatbestände in das Ordnungswidrigkeitenrecht: man wollte kein "Volk von Vorbestraften", man wollte aber auch zweckmäßiger und effizienter mit solchen Verstößen umgehen können.
Mit der Strafbarkeit entfällt das spezifisch sozialethische Unwerturteil über Tat und Täter, man kann auch sagen: die das Kriminalrecht kennzeichnende Ächtung, nicht aber auf jeden Fall auch das Verbotensein der Handlung. obrigkeitliche und sozialräumliche Ächtung. Stigmatisierung Die Forderung nach Entkriminalisierung drückt ein Bestreben nach Reduktion des Strafrechts aus - ein Bestreben, das auf unterschiedlichen Motiven beruhen kann: die beiden wichtigsten sind wohl der Wunsch nach Entstigmatisierung der Betroffenen (gesellschaftliche Anerkennung) und die Effizienzsteigerung der Kontrolle des fraglichen Verhaltens (Rationalisierung des Staatshandelns). Gelegentlich kommen beide Motive zusammen wie etwas bei der Überführung zahlreicher Verkehrsstraftatbestände in das Ordnungswidrigkeitenrecht: man wollte kein "Volk von Vorbestraften", man wollte aber auch zweckmäßiger und effizienter mit solchen Verstößen umgehen können.

Version vom 2. Januar 2018, 16:32 Uhr

Begriff

Der Vorgang der Entkriminalisierung hebt die Strafbarkeit und damit die staatlich verstärkte sozialethische Ächtung einer Verhaltensweise auf. Dies erfolgt in der Regel durch einen Akt der Gesetzgebung (de jure Entkriminalisierung), manchmal aber auch durch die bloße Nicht-(Mehr-) Anwendung eines Strafgesetzes (de facto Entkriminalisierung). Als Folge der Entkriminalisierung kann das fragliche Verhalten entweder legalisiert werden (z.B. Verkauf von Alkohol nach Ende der Prohibition in den USA 1933) oder es kann verboten bleiben und nicht-strafrechtlich sanktioniert werden (z.B. Herabstufung kleinerer Straßenverkehrsdelikte von kriminalrechtlichen Übertretungen zu verwaltungsrechtlichen Ordnungswidrigkeiten).

Mit der Strafbarkeit entfällt das spezifisch sozialethische Unwerturteil über Tat und Täter, man kann auch sagen: die das Kriminalrecht kennzeichnende Ächtung, nicht aber auf jeden Fall auch das Verbotensein der Handlung. obrigkeitliche und sozialräumliche Ächtung. Stigmatisierung Die Forderung nach Entkriminalisierung drückt ein Bestreben nach Reduktion des Strafrechts aus - ein Bestreben, das auf unterschiedlichen Motiven beruhen kann: die beiden wichtigsten sind wohl der Wunsch nach Entstigmatisierung der Betroffenen (gesellschaftliche Anerkennung) und die Effizienzsteigerung der Kontrolle des fraglichen Verhaltens (Rationalisierung des Staatshandelns). Gelegentlich kommen beide Motive zusammen wie etwas bei der Überführung zahlreicher Verkehrsstraftatbestände in das Ordnungswidrigkeitenrecht: man wollte kein "Volk von Vorbestraften", man wollte aber auch zweckmäßiger und effizienter mit solchen Verstößen umgehen können.

Der Wunsch nach einer Reduktion des Strafrechts kann prinzipiell und in letzter Instanz abolitionistisch sein: man will fortschreiten in Richtung auf eine Gesellschaft mit immer weniger staatlicher Repression, überflüssiger Herrschaft und letztlich zu der von Friedrich Nietzsche angedeuteten Situation einer Gesellschaft, die sich ihrer selbst so sicher ist, dass sie darauf verzichten kann, überhaupt zu strafen. Was Gustav Radbruch in der Weimarer Zeit postulierte: das unendliche Ziel der Strafrechtsreform sei nicht ein besseres Strafrecht, sondern etwas Besseres als das Strafrecht, klang ähnlich, war aber im Kontext betrachtet (es ging um die Ersetzung der Strafe durch die Maßregel) nicht so radikal wie das, an was Nietzsche wohl gedacht haben dürfte.

Geschichte

Frühe 1920er Jahre: Ersetzung kurzer Freiheitsstrafen durch Geldstrafen (sog. Geldstrafengesetze von 1921-1924), Heraufsetzung der Strafmündigkeit von 12 auf 14 (JGG von 1923), Verbot der Verfolgung geringfügiger Übertretungen, sofern nicht von öffentlichem Interesse (Emminger-Verordnung 1924).

Herabstufung der Übertretungen aus dem Strafgesetzbuch und Schaffung des Ordnungswidrigkeitenrechts 1974.

Reform des Sexualstrafrechts/Moralstrafrechts. Beschränkung des Strafrechts auf Rechtsgüterschutz. Folgende Tatbestände wurden eingeschränkt oder gestrichen: (§172 a.F.) Ehebruch, (§175b a.F.) Unzucht zwischen Männern, (§175b a.F.) Widernatürliche Unzucht, (§180 a.F.) Kuppelei, dazu Prostitutions-Paragrafen §§180a I, 181a II.

Die Diskussion zur Entkriminalisierung ist in Deutschland keineswegs abgeschlossen. 1989 wurde z. B. im Auftrag der Bundesfraktion „Die Grünen“ von Beate Kohl und Sebastian Scheerer ein Konzept zur transformierenden Entkriminalisierung der gewaltlosen Eigentums- und Vermögensdelikte entwickelt.

1992 wurden von der Hessischen Kommission Kriminalpolitik Entkriminalisierungsvorschläge zum Straßenverkehrsrecht, zum Betäubungsmittelstrafrecht, zum Eigentums- und Vermögensstrafrecht sowie zum Strafverfahrensrecht vorgelegt.

Ebenfalls 1992 brachte die Niedersächsische Kommission zur Reform des Strafrechts und des Strafverfahrensrechts Empfehlungen für Maßnahmen der Entkriminalisierung bei Bagatellverstößen gegen Eigentum und Vermögen, bei der Straßenverkehrsordnungsdelinquenz und bei dem Betäubungsmittel-Strafrecht heraus.


Legitimität beanspruchen können, wenn sie zum Schutz von Rechtsgütern geeignet und erforderlich sind. Darin, dass jede Strafe, die nicht aus unausweichlicher Notwendigkeit folgt, tyrannisch sei, stimmten nicht nur die großen Aufklärer des 18. Jahrhunderts wie Montesquieu, Voltaire und Beccaria überein. Dass der Einsatz des Strafrechts nur als ultima ratio zulässig ist, gehört auch zum Basiswissen Jura. der Existenz überflüssiger HerrschaftErkenntnis des Doppelcharakters des Strafrechts. Einerseits ist da das normative Ideal des Schutzes, andererseits aber auch die Realität der absichtlichen Zufügung eines empfindlichen Übels. Das Ideal lautet: Strafgesetze schützen Rechtsgüter und damit Menschen. Ob und wenn ja inwieweit sie das tun, ist empirisch schwer zu ergründen. Empirisch leichter zu fassen wäre die Realität der gewollten negativen Folgen des Strafrechts in Form von Eingriffen in Leben, Freiheit, Bürgerrechte, Eigentum und Vermögen.

Man denke an die - weltweit in unterschiedlichem Maße erfolgreichen - Bestrebungen zur Entkriminalisierung der Homosexualität, der Abtreibung, des Suizidversuchs, der Sterbehilfe, des Verkehrs mit und des Konsums von Cannabis und anderen Drogen, aber auch des Schwarzfahrens oder anderer gewaltloser Eigentums- und Vermögensdelikte. Eine restlose Abschaffung aller Straftatbestände gehört zum Programm des Abolitionismus in seiner kriminalpolitisch radikalen Variante (penal abolitionism).

Entkriminalisierung bedeutet nicht unbedingt auch die Legalisierung des fraglichen Verhaltens. Wenn aus Verkehrsstraftaten Ordnungswidrigkeiten werden, ist das Verhalten entkriminalisiert, aber nicht legalisiert. Es wird lediglich vom Straf-Unrecht zum Verwaltungs-Unrecht und verliert seinen stigmatisierenden, den Akteur tendenziell entehrenden Charakter.

Kriterien

Postuliert wurde eine Einschränkung des Strafrechts bereits im 18. Jahrhundert auf der Basis der utilitaristischen Philosophie der Aufklärung. Artikel 8 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1789 enthält folgende Forderung: „La loi ne doit établir que des peines strictement et évidemment nécessaires“ (zit. nach Roos 1981: 7). Bezogen auf die deutsche Strafrechtswissenschaft war es Mittermaier, der bereits 1819 den Entkriminalisierungsgedanken aufgriff. Er sah es als „Grundfehler“ an, „die Strafgesetze zu vervielfältigen und das kriminelle Gebiet zu weit auszudehnen.“ Auch Franz v. Liszt forderte in seiner „Strafzweckslehre“ Merkmale wie „Notwendigkeit“ als unabdingbare Voraussetzungen der Strafdrohung. „Wo andere sozialpolitische Maßnahmen oder eigene freiwillige Leistungen des Täters einen ausreichenden Rechtsgüterschutz gewährleisten können, darf - mangels Notwendigkeit - nicht bestraft werden“ (zit. nach Roos 1981: 7 f.). Radbruch erklärte 1927 in seiner Schrift „Abbau des Strafrechts“, dass das Ziel der strafrechtlichen Entwicklung nicht die Verbesserung des Strafrechts sei, sondern das Ersetzen des Strafrechts durch etwas Besseres. Seitdem wurde eine Begrenzung des Strafrechts immer wieder gefordert (Roos 1981: 8 ff.).

Entkriminalisierung in Deutschland

Entkriminalisierung von Cannabis

Am 9. März 1994 erging der so genannte Cannabis-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, demzufolge bei geringfügigen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz durch den Erwerb, Besitz usw. von geringen Mengen von Cannabis zum Eigenverbrauch, nach Ermessen der Strafverfolgungsbehörden von einem Strafverfahren abgesehen werden kann. Der Ermessensspielraum wird in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich gesehen. Die kriminalpolitische Diskussion darüber, ob der Cannabiskonsum eher durch eine Freigabe von Cannabis als durch eine generalpräventive Wirkung des Strafrechts vermindert werden kann, ist noch nicht beendet, da bislang noch keine wissenschaftlich fundierten Erkenntnisse vorliegen. Da dieser Beschluss unbefriedigend für die Betroffenen ist, wurde am 21.10. 2010 von dem DHV eine Petition zur Entkriminalisierung von Cannabiskonsumenten gestartet, über die im Bundestag beraten werden wird. Eine Anhörung fand am 25. 01.2012 in Berlin statt.

Typologien

Europarat

Der „Report on Decriminalisation“ des Europarats aus dem Jahre 1980 definiert Entkriminalisierung als die Gesamtheit der Prozesse, bei denen bestimmte Verhaltensweisen dem Zuständigkeitsbereich des Strafrechts entzogen werden, bzw. „by which the `competence` of the penal system to apply sanctions as a reaction to a certain form of conduct is withdrawn in respect of specific conduct“ (Council of Europe 1980: 13).

Entkriminalisierung im weiteren Sinne umfasst sowohl De-Jure- als auch De-Facto-Entkriminalisierungen. Im engeren Sinne geht es nur um De-Jure-Entkriminalisierungen.

De-Facto-Entkriminalisierung ist die faktische Aufhebung der Strafbarkeit ohne formale Gesetzesänderung durch Nicht-Anwendung der Norm (Nichtanzeigen strafbarer Handlungen bei der Polizei, Nicht-Intervention der Polizei, Verfahrenseinstellung der Staatsanwaltschaft bzw. des Gerichts; vgl. Council of Europe 1980: 14).

Der Bericht unterscheidet zudem drei Arten der De-Jure-Entkriminalisierung (S. 15).

  1. Typ A zielt auf volle gesetzliche und soziale Anerkennung des bislang kriminalisierten Verhaltens. Sie beinhaltet auch einen Wandel in der moralischen Bewertung.
  2. Typ B erklärt nicht die volle rechtliche und soziale Anerkennung des bislang kriminalisierten Verhaltens, sondern beruht auf einem Wandel der Auffassungen über die Rolle des Staates in Bezug auf das betreffende Verhalten (z.B. Neutralitätspflicht des Staates)
  3. Typ C beruht auf einer veränderten Einschätzung des Strafrechts in Bezug auf die Kontrolle des (nach wie vor unerwünschten) Verhaltens - z.B. weil zivil- oder verwaltungsrechtliche Regelungen als angemessener eingestuft werden.

Wolfgang Naucke

Naucke differenziert zwischen deklatorischer, scheinbarer und wirklicher Entkriminalisierung. Die deklaratorische oder "reine" Entkriminalisierung (für die es laut Naucke heute keine aktuellen Beispiele mehr gibt) besteht aus dem ersatz- und bedingungslosen „Streichen von Verbrechen und Strafe ohne Widerstand von Interessenten am Strafschutz, ohne Zuhilfenahme anderer Abweichungsetikettierungen und anderer Zwangsformen“ (Naucke 1984: 156).

Bei einer „scheinbaren“ Entkriminalisierung entfällt zwar die Strafe im „technischen Sinn“, d. h. es wird auf die Hauptstrafen, die Freiheits- und Geldstrafe, sowie auf die Nebenstrafen, z. B. ein Fahrverbot, verzichtet, aber die Strafe wird in eine andere Sanktionsform überführt, da das entkriminalisierte Verhalten nach wie vor als abweichend oder sanktionswürdig eingestuft wird: „Das Mittel der Unterdrückung wird umetikettiert“ (Naucke 1984: 169). Beispiele für „scheinbare“ Entkriminalisierung sind der Ersatz der Kriminalstrafe durch Maßregeln der Besserung und Sicherung, durch Unterbringung oder durch Bußen nach dem Ordnungswidrigkeitsrecht. Diese Kategorie von Entkriminalisierung „zieht die staatliche Strafe ab, wohl wissend, daß damit die Abweichung bleibt, und gibt die Lösung des Problems an die Gesellschaft zurück“ (Naucke 1984: 169).

Sebastian Scheerer

Scheerer unterscheidet zunächst zwischen den Begriffen Entkriminalisierung und Entpönalisierung (Scheerer 1989: 87). Von Entkriminalisierung kann nur gesprochen werden, wenn der Paragraf, der ein Verhalten als kriminelle Handlung definiert, aus dem Strafgesetzbuch gestrichen wird, sodass dieses Verhalten nicht mehr als „crimen“ gilt. Wenn dagegen eine Strafaufhebung oder Strafmilderung vorliegt, obwohl die Handlung selbst weiterhin als Straftat im Gesetzbuch geführt wird, handelt es sich lediglich um eine Entpönalisierung. Bei dem Begriff Entkriminalisierung differenziert Scheerer zwischen zwei Kategorien, einer ersatzlosen und transformierenden Entkriminalisierung. „Ersatzlose“ Entkriminalisierung bedeutet, dass ein Tatbestand aus dem StGB gestrichen und die Strafbarkeit eines Verhaltens aufgehoben wird, ohne dass der Gesetzgeber einen Ersatz für die aufgehobene Interventionsmöglichkeit in einem anderen Rechtsgebiet schafft. Das entkriminalisierte Verhalten soll dann von Staat und Gesellschaft mit den verbleibenden Mitteln reguliert oder inkorporiert werden. Eine derartige „ersatzlose“ Entkriminalisierung kann z. B. dadurch bedingt sein, dass ein Bewertungswandel eines Tatbestandes stattgefunden hat oder dass die strafrechtliche Reaktionsform als unangemessen empfunden wird (Scheerer 1989: 90). „Ersatzlose“ Entkriminalisierung erfolgt auf diverse Arten, z. B. durch Streichung ganzer Deliktgruppen oder einzelner Tatbestände, aber auch durch Einengung des Strafbarkeitsrahmens (Scheerer 1989: 91). Der Begriff „transformierende“ Entkriminalisierung bedeutet, dass ein Tatbestand formal aus dem Strafrecht ausgegliedert wird und anschließend in einer anderen Rechtsmaterie, z. B. in einem Katalog für Ordnungswidrigkeiten wieder auftaucht, d. h. er wird transformiert (Scheerer 1989: 89). In diesem Fall wird also zu dem verbleibenden Regelbestand verwaltungs- und zivilrechtlicher Art eine weitere Regelung hinzugefügt. Auch bei der transformierenden Entkriminalisierung handelt es sich um eine tatsächliche Entkriminalisierung, da der Strafrechtszwang wegfällt und das betreffende Verhalten nicht mehr als „crimen“ gilt. Indem der Staat das betreffende Verhalten einer anderen Regelung unterstellt, die das Strafrecht ersetzt, beansprucht er aber nach wie vor die Kontrolle (Scheerer 1989: 92 f.).

Literatur

  • Albrecht, Peter-Alexis/Beckmann, Heinrich/Frommel, Monika/Goy, Alexandra/Grünwald, Gerald/Hannover, Heinrich/ Holtfort, Werner/Ostedorf, Heribert (1992): Strafrecht – ultima ratio, Empfehlungen der Niedersächsischen Kommission zur Reform des Strafrechts und des Strafverfahrensrechts. Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft
  • Albrecht, Peter-Alexis/Hassemer, Winfried/Voß, Michael (1992): Rechtsgüterschutz durch Entkriminalisierung, Vorschläge der Hessischen Kommission „Kriminalpolitik“ zur Reform des Strafrechts. Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft
  • Brusten, Manfred/Herriger, Norbert/Malinowski, Peter (Hrsg.) (1985): Entkriminalisierung, Sozialwissenschaftliche Analysen zu neuen Formen der Kriminalpolitik. Opladen: Westdeutscher Verlag
  • Council of Europe (1980): Report on Decriminalisation. Strasbourg
  • Kohl, Beate/Scheerer, Sebastian (1989): Zur Entkriminalisierung der gewaltlosen Eigentums- und Vermögensdelikte. Aachen: Buch- und Zeitschriftenverlag Hubertus Wetzler
  • Naucke, Wolfgang (1984): Über deklatorische, scheinbare und wirkliche Entkriminalisierung. In: Naucke, Wolfgang (1999): Gesetzlichkeit und Kriminalität: Abhandlungen zum Strafrecht und zum Strafprozeßrecht. (Juristische Abhandlungen; Bd. 34) Frankfurt/M.: Klostermann, Abschnitt VII. (S. 154-176)
  • Reindl, Richard/Kawamura, Gabriele/Nickolai, Werner (Hrsg.) (1995): Prävention, Entkriminalisierung, Sozialarbeit. Alternativen zur Strafverschärfung.Freiburg i. Breisgau: Lambertus-Verlag
  • Steinert, Heinz (1993): Alternativen zum Strafrecht. In: In: Kaiser, Günther/Kerner, Hans-Jürgen/Sack, Fritz/Schellhoss, Hartmut (Hrsg.) (1993 3): Kleines Kriminologisches Wörterbuch. Heidelberg: C. F. Müller Juristischer Verlag GmbH, (S. 9-14)
  • Thomas Vormbaum (2011(1983)), Beiträge zum Strafrecht und zur Strafrechtspolitik, Berlin; LIT Verlag Dr. W. Hopf

Weblinks

Siehe auch