Internationale Kriminalistische Vereinigung (IKV): Unterschied zwischen den Versionen

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=== Gründer ===
=== Gründer ===
Die Internationalen Kriminalistischen Vereinigung wurde von Franz von Liszt, Adolphe Prins und Gerardus Antonius van Hamel gegründet.  
Die Internationale Kriminalistische Vereinigung wurde von Franz von Liszt, Adolphe Prins und Gerardus Antonius van Hamel gegründet.  


'''''Franz von Liszt''''' (* 2. März 1851 in Wien, † 21. Juni 1919)  
'''''Franz von Liszt''''' (* 2. März 1851 in Wien, † 21. Juni 1919)  


Der in Wien geborene Jurist war u.a. Professor für Strafrecht an Lehrstühlen in Gießen, Marburg, Halle und Berlin. Darüber hinaus war er Abgeordneter der Fortschrittlichen Volkspartei im Preußischen Abgeordnetenhaus und im Reichstag und einer der Mitbegründer des Liberalen Wahlvereins. Er gründete das „Kriminalistische Seminar“ und war Mitherausgeber der „Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft“. 1882 hielt er die, unter dem Namen „Marburger Programm“ bekannt gewordene, epochemachende Rede „Der Zweckgedanke im Strafrecht“. Er gilt als der Initiator und die treibende Kraft bei der Gründung der „Internationalen Kriminalistischen Vereinigung“ und prägte die sogenannte moderne Schule.  
Der in Wien geborene Jurist war u.a. Professor für Strafrecht an Lehrstühlen in Gießen, Marburg, Halle und Berlin. Darüber hinaus war er Abgeordneter der Fortschrittlichen Volkspartei im Preußischen Abgeordnetenhaus und im Reichstag und einer der Mitbegründer des Liberalen Wahlvereins. Er gründete das „Kriminalistische Seminar“ und war Mitherausgeber der „Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft“. 1882 hielt er die, unter dem Namen „Marburger Programm“ bekannt gewordene, epochemachende Rede „Der Zweckgedanke im Strafrecht“. Er gilt als der Initiator und die treibende Kraft bei der Gründung der Internationalen Kriminalistischen Vereinigung und prägte die sogenannte moderne Schule.  


'''''Adolphe Prins''''' (* 2. November 1845 in Brüssel, † 29. September 1919)  
'''''Adolphe Prins''''' (* 2. November 1845 in Brüssel, † 29. September 1919)  
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=== Gründung und Entwicklung ===
=== Gründung und Entwicklung ===
Die Internationale Kriminalistische Vereinigung (IKV) wurde am 17. September 1888 in Brüssel und war auch unter den Bezeichnungen International Union of Penal Law (I.U.P.L.) und Union Internationale de Droit Pénal (U.I.D.P.) bekannt. Am 1. Januar 1889 nahm die Vereinigung offiziell ihre Arbeit auf.  
Die Internationale Kriminalistische Vereinigung (IKV) wurde am 17. September 1888 in Brüssel gegründet und war auch unter den Bezeichnungen International Union of Penal Law (I.U.P.L.) und Union Internationale de Droit Pénal (U.I.D.P.) bekannt. Am 1. Januar 1889 nahm die Vereinigung offiziell ihre Arbeit auf.  


Anstoß für die Gründung war der v.a. briefliche, aber auch persönliche Kontakt zwischen v. Liszt, Prins und Hamel. Dieser Kontakt zeugte von einer weitgehenden Übereinstimmung ihrer Ansichten und so sollten mit vereinten Kräften die gemeinsamen Anschauungen nach außen vertreten werden. Die IKV wurde als erste internationale Organisation auf dem Felde der Strafrechtspflege gegründet und war für alle Personen gedacht, welche die Aufgabe in einer zielbewussten Bekämpfung des Verbrechertums sahen und die bestehenden Einrichtungen in dieser Beziehung für verbesserungsbedürftig und –fähig hielten.  
Anstoß für die Gründung war der v.a. briefliche, aber auch persönliche Kontakt zwischen v. Liszt, Prins und van Hamel. Dieser Kontakt zeugte von einer weitgehenden Übereinstimmung ihrer Ansichten und so sollten mit vereinten Kräften die gemeinsamen Anschauungen nach außen vertreten werden. Die IKV wurde als erste internationale Organisation auf dem Felde der Strafrechtspflege gegründet und war für alle Personen gedacht, welche die Aufgabe in einer zielbewussten Bekämpfung des Verbrechertums sahen und die bestehenden Einrichtungen in dieser Beziehung für verbesserungsbedürftig und –fähig hielten.  
Die Zeit war reif für Reformen und Veränderungen. Wissenschaftler in aller Welt beobachteten und verfolgten frei von nationalen Zwängen die Entwicklungen im In- und Ausland mit wissenschaftlichem Interesse. Dies, und die Entstehung neuer Organisationsformen mit zunehmend internationaler Ausrichtung erzeugten eine „internationale Stimmung“. Ein optimales Forum zum Meinungs- und Interessenaustausch sowie zur Interessenvertretung war dabei die Internationale Kriminalistische Vereinigung. Die gemeinsam errungenen Erkenntnisse wurden dann den Gesetzgebungen der einzelnen Länder, unter Berücksichtigung der jeweiligen nationalen Eigenarten, zur Verfügung gestellt.
Wissenschaftler in aller Welt beobachteten und verfolgten damals frei von nationalen Zwängen die Entwicklungen im In- und Ausland mit wissenschaftlichem Interesse. Dies, und die Entstehung neuer Organisationsformen mit zunehmend internationaler Ausrichtung erzeugten eine „internationale Stimmung“. Ein optimales Forum zum Meinungs- und Interessenaustausch sowie zur Interessenvertretung war dabei die Internationale Kriminalistische Vereinigung.  


Organ der Vereinigung waren die „Mitteilungen der Internationalen Kriminalistischen Vereinigung“. Sie berichteten regelmäßig u.a. von den an den verschiedensten Orten Europas durchgeführten Kongressen. Die Mitteilungen wurden zunächst der „Zeitschrift für die gesamte Strafwissenschaft“ beigelegt (1889 – 1904). Ab 1904 wurden die Mitteilungen als eigenständige Literatur herausgegeben.
Organ der Vereinigung waren die „Mitteilungen der Internationalen Kriminalistischen Vereinigung“. Sie berichteten regelmäßig u.a. von den an den verschiedensten Orten Europas durchgeführten Kongressen. Die Mitteilungen wurden zunächst der „Zeitschrift für die gesamte Strafwissenschaft“ beigelegt (1889 – 1904). Ab 1904 wurden die Mitteilungen als eigenständige Literatur herausgegeben.


Das Jubiläumsjahr 1914, in dem das 25jährige Bestehen der Vereinigung gefeiert wurde, sollte zeitgleich das Ende der IKV einläuten. Mit dem Ausbruch des ersten Weltkrieges war an eine wissenschaftliche Zusammenarbeit der verfeindeten Staaten nicht mehr zu denken. Von nun an gab es nur noch die, während der Existenz der gesamten IKV gegründeten, Landesgruppen. Diese setzten ihre Arbeit weiterhin fort. Die deutsche Landesgruppe existierte beispielsweise bis ins Jahr 1937 und arbeitete bis dahin vor allem an der deutschen Straferechtsreform.
Das Jubiläumsjahr 1914, in dem das 25jährige Bestehen der Vereinigung gefeiert wurde, sollte zeitgleich das Ende der IKV einläuten. Mit dem Ausbruch des ersten Weltkrieges war an eine wissenschaftliche Zusammenarbeit der verfeindeten Staaten nicht mehr zu denken. Von nun an gab es nur noch die, während der Existenz der gesamten IKV gegründeten, Landesgruppen. Die deutsche Landesgruppe existierte beispielsweise bis ins Jahr 1937 und arbeitete bis dahin vor allem an der deutschen Strafrechtsreform.
Nach Kriegsende wurde versucht, die Gesamtvereinigung wieder aufleben zu lassen. Trotz mehrfacher Versuche gelang eine Wiederbelebung der IKV jedoch nicht mehr. Statt dessen wurde am 14.03.1924 die „Nachfolgeorganisation“ Association Internationale de Droit Pénal (A.I.D.P.) bzw. International Association of Penal Law (I.A.P.L.) in Paris gegründet. Die A.I.D.P. ist bis zum heutigen Tage aktiv und verfolgt die Ziele der strafrechtsdogmatischen und kriminologischen Forschung, ganz im Sinne der IKV, ohne für eine bestimmte Strafrechtstheorie Partei zu ergreifen.  
Nach Kriegsende wurde versucht, die Gesamtvereinigung wieder aufleben zu lassen. Trotz mehrfacher Versuche gelang eine Wiederbelebung der IKV jedoch nicht mehr. Statt dessen wurde am 14.03.1924 die „Nachfolgeorganisation“ Association Internationale de Droit Pénal (A.I.D.P.) bzw. International Association of Penal Law (I.A.P.L.) in Paris gegründet. Die A.I.D.P. ist bis zum heutigen Tage aktiv und verfolgt die Ziele der strafrechtsdogmatischen und kriminologischen Forschung - ganz im Sinne der IKV - ohne für eine bestimmte Strafrechtstheorie Partei zu ergreifen.  




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