Internationale Kriminalistische Vereinigung (IKV): Unterschied zwischen den Versionen

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== Rahmenbedingungen ==
== Rahmenbedingungen ==


Die Internationale Kriminalistische Vereinigung (IKV) wurde am 17. September 1888 in Brüssel von Franz von Liszt, Adolphe Prins und Gerardus Antonius van Hamel gegründet und war auch unter den Bezeichnungen International Union of Penal Law (I.U.P.L.) und Union Internationale de Droit Pénal (U.I.D.P.) bekannt. Am 1. Januar 1889 nahm die Vereinigung offiziell ihre Arbeit auf.
=== Gründer ===


Anstoß für die Gründung war der v.a. briefliche, aber auch persönliche Kontakt zwischen v. Liszt, Prins und Hamel. Dieser Kontakt zeugte von einer weitgehenden Übereinstimmung ihrer Ansichten und so sollten mit vereinten Kräften die gemeinsamen Anschauungen nach außen vertreten werden.
Die Gründer der Internationalen Kriminalistischen Vereinigung waren Franz von Liszt, Adolphe Prins und Gerardus Antonius van Hamel.  
Die IKV wurde als erste internationale Organisation auf dem Felde der Strafrechtspflege gegründet und war für alle Personen gedacht, welche die Aufgabe in einer zielbewussten Bekämpfung des Verbrechertums sahen und die bestehenden Einrichtungen in dieser Beziehung für verbesserungsbedürftig und –fähig hielten.
Die Zeit war reif für Reformen und Änderungen und das erzeugte eine internationale Stimmung. Wissenschaftler in aller Welt beobachteten und verfolgten frei von nationalen Zwängen die Entwicklungen im In- und Ausland mit wissenschaftlichem Interesse. Theoretiker und Praktiker der verschiedenen Länder konnten sich durch die Vereinigung zu gemeinsamer Arbeit zusammenfinden. Die gemeinsam errungenen Erkenntnisse wurden dann den Gesetzgebungen der einzelnen Länder, unter Berücksichtigung der jeweiligen nationalen Eigenarten, zur Verfügung gestellt.  


Organ der Vereinigung waren die „Mitteilungen der Internationalen Kriminalistischen Vereinigung“. Sie berichteten regelmäßig u.a. von den an den verschiedensten Orten Europas durchgeführten Kongressen. Die Mitteilungen wurden zunächst der „Zeitschrift für die gesamte Strafwissenschaft“ beigelegt (1889 – 1904). Ab 1904 wurden die Mitteilungen als eigenständige Literatur herausgegeben.  
''Franz von Liszt''  (* 2. März 1851 in Wien, † 21. Juni 1919)


Das Jubiläumsjahr 1914, in dem das 25jährige Bestehen der Vereinigung gefeiert wurde, sollte zeitgleich das Ende der IKV einläuten. Mit dem Ausbruch des ersten Weltkrieges wurde die internationale strafrechtliche Zusammenarbeit jäh unterbrochen. An eine wissenschaftliche Zusammenarbeit der verfeindeten Staaten war nicht mehr zu denken. Von nun an gab es nur noch die, während der IKV gegründeten, Landesgruppen.  
Der in Wien geborene Jurist war u.a. Professor für Strafrecht an Lehrstühlen in Gießen, Marburg, Halle und Berlin. Darüber hinaus war er Abgeordneter der Fortschrittlichen Volkspartei im Preußischen Abgeordnetenhaus und im Reichstag und einer der Mitbegründer des Liberalen Wahlvereins. Er gründete das „Kriminalistische Seminar“ und war Mitherausgeber der „Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft“. 1882 hielt er die, unter dem Namen „Marburger Programm“ bekannt gewordene, epochemachende Rede „Der Zweckgedanke im Strafrecht“. Er gilt als der Initiator und die treibende Kraft bei der Gründung der „Internationalen Kriminalistischen Vereinigung“ und prägte die sogenannte moderne Schule.
Nach Kriegsende wurde versucht, die IKV, auch in veränderter Gestalt, wieder aufleben zu lassen. Trotz mehrfacher Versuche gelang eine Wiederbelebung der IKV nicht mehr.  
 
Statt dessen wurde am 14.03.1924 die „Nachfolgeorganisation“ Association Internationale de Droit Pénal (A.I.D.P.) bzw. International Association of Penal Law (I.A.P.L.) in Paris gegründet. Die A.I.D.P. ist bis zum heutigen Tage aktiv und verfolgt die Ziele der strafrechtsdogmatischen und kriminologischen Forschung, ganz im Sinne der IKV, ohne für eine bestimmte Strafrechtstheorie Partei zu ergreifen.
''Adolphe Prins'' (* 2. November 1845 in Brüssel, † 29. September 1919)
 
Der belgische Rechtswissenschaftler und Soziologie war u.a. Generalinspekteur der belgischen Gefängnisse sowie zunächst Inhaber des Lehrstuhls für Strafrecht und später Rektor der Freien Universität Brüssel. Er war Mitglied der königlichen Akademie Belgiens sowie des obersten Arbeitsrates. Den nachhaltigsten Eindruck hatte er durch sein gesetzgeberisches Wirken als Präsident der Gesetzgebungskommission hinterlassen.
 
''Gerardus Antonius von Hamel'' (* 7. Januar 1842 in Haarlem, † 2. November 1917)
 
Der niederländische Strafrechtsprofessor war u.a. als stellverstretender Justiz-Offizier (Staatsanwalt) und Rechtsbeistand im Kriegsdepartment tätig. Er war Mitbegründer der Zeitschrift „Tijschrift voor Strafrecht“ sowie Vorstandsmitglied und Vorsitzender der Liberalen Union.
 
 
=== Gründung und Entwicklung ===
 
Die Internationale Kriminalistische Vereinigung (IKV) wurde am 17. September 1888 in Brüssel und war auch unter den Bezeichnungen International Union of Penal Law (I.U.P.L.) und Union Internationale de Droit Pénal (U.I.D.P.) bekannt. Am 1. Januar 1889 nahm die Vereinigung offiziell ihre Arbeit auf.
 
Anstoß für die Gründung war der v.a. briefliche, aber auch persönliche Kontakt zwischen v. Liszt, Prins und Hamel. Dieser Kontakt zeugte von einer weitgehenden Übereinstimmung ihrer Ansichten und so sollten mit vereinten Kräften die gemeinsamen Anschauungen nach außen vertreten werden. Die IKV wurde als erste internationale Organisation auf dem Felde der Strafrechtspflege gegründet und war für alle Personen gedacht, welche die Aufgabe in einer zielbewussten Bekämpfung des Verbrechertums sahen und die bestehenden Einrichtungen in dieser Beziehung für verbesserungsbedürftig und –fähig hielten.
Die Zeit war reif für Reformen und Veränderungen. Wissenschaftler in aller Welt beobachteten und verfolgten frei von nationalen Zwängen die Entwicklungen im In- und Ausland mit wissenschaftlichem Interesse. Dies, und die Entstehung neuer Organisationsformen mit zunehmend internationaler Ausrichtung erzeugten eine „internationale Stimmung“. Ein optimales Forum zum Meinungs- und Interessenaustausch sowie zur Interessenvertretung war dabei die Internationale Kriminalistische Vereinigung. Die gemeinsam errungenen Erkenntnisse wurden dann den Gesetzgebungen der einzelnen Länder, unter Berücksichtigung der jeweiligen nationalen Eigenarten, zur Verfügung gestellt.
 
Organ der Vereinigung waren die „Mitteilungen der Internationalen Kriminalistischen Vereinigung“. Sie berichteten regelmäßig u.a. von den an den verschiedensten Orten Europas durchgeführten Kongressen. Die Mitteilungen wurden zunächst der „Zeitschrift für die gesamte Strafwissenschaft“ beigelegt (1889 – 1904). Ab 1904 wurden die Mitteilungen als eigenständige Literatur herausgegeben.
 
Das Jubiläumsjahr 1914, in dem das 25jährige Bestehen der Vereinigung gefeiert wurde, sollte zeitgleich das Ende der IKV einläuten. Mit dem Ausbruch des ersten Weltkrieges war an eine wissenschaftliche Zusammenarbeit der verfeindeten Staaten nicht mehr zu denken. Von nun an gab es nur noch die, während der Existenz der gesamten IKV gegründeten, Landesgruppen. Diese setzten ihre Arbeit weiterhin fort. Die deutsche Landesgruppe existierte beispielsweise bis ins Jahr 1937 und arbeitete bis dahin vor allem an der deutschen Straferechtsreform.
Nach Kriegsende wurde versucht, die Gesamtvereinigung wieder aufleben zu lassen. Trotz mehrfacher Versuche gelang eine Wiederbelebung der IKV jedoch nicht mehr. Statt dessen wurde am 14.03.1924 die „Nachfolgeorganisation“ Association Internationale de Droit Pénal (A.I.D.P.) bzw. International Association of Penal Law (I.A.P.L.) in Paris gegründet. Die A.I.D.P. ist bis zum heutigen Tage aktiv und verfolgt die Ziele der strafrechtsdogmatischen und kriminologischen Forschung, ganz im Sinne der IKV, ohne für eine bestimmte Strafrechtstheorie Partei zu ergreifen.
 
 
=== Mitglieder ===
 
Die IKV begann ihre Arbeit im Jahr der Gründung mit 75 Mitgliedern. Seitdem konnte sie einen stetigen Anstieg verzeichnen. Im letzten schriftlichen Verzeichnis aus dem Jahre 1904 zählte die Vereinigung 1.122 Mitglieder.
 
Die Herkunft der Mitglieder erstreckte sich über Deutschland, Russland, Dänemark, Norwegen, Schweden, Frankreich, Portugal, Spanien, Österreich, Ungarn, Kroatien, Niederlande, Belgien, Schweiz, Italien, Großbritannien, Vereinigte Staaten, Balkanstaaten, Finnland, Ägypten, Brasilien, Argentinien, Venezuela, Australien und Japan. Die Reihenfolge der Aufzählung entspricht in etwa der Reihenfolge der Anzahl der Mitglieder des jeweiligen Landes.
 
Die Jahresversammlung der IKV wurde an wechselnden Orten in verschiedenen Ländern abgehalten. Diese Versammlungen hatten auffälligerweise anschließend in dem jeweiligen Gastgeberland sowohl das Anwachsen der Mitgliederzahl als auch die Bildung eigener Landesgruppen zur Folge. Eigene Landesgruppen entstanden in Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Kroatien, Norwegen, Portugal, Russland, Ungarn und der Schweiz.
 
Die Mitglieder bestanden hauptsächlich aus Juristen (Richter, Rechtsanwälte, in der Verwaltung tätige Juristen), Strafanstaltsbeamten und Medizinern (v.a. Psychiater). Dabei waren die Praktiker deutlich mehr vertreten als die Theoretiker, die vornehmlich aus Universitätsprofessoren bestanden. Im Gegensatz dazu, waren die Professoren aber sowohl im Vorstand als auch als Redner auf den Kongressen deutlich überproportional vertreten. 
An den Versammlungen und Kongressen der IKV konnten auch Nicht-Mitglieder gegen ein Entgelt teilnehmen. Dies waren v.a. Geistliche, Lehrer und Mitglieder von Fürsorgevereinen.


== Gründer ==
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