Volksverhetzung

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Der Straftatbestand § 130 I StGB sieht in Deutschland mindestens drei Monate und höchstens fünf Jahre Gefängnis vor für Personen, die sich der Volksverhetzung strafbar machen. Das erfordert eine Äußerung, die "in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,

  1. zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufstachelt oder zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordert oder
  2. die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er Teile der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet.

Absatz 3 bezieht Personen in die Strafandrohung ein, die eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs.1 Völkerstrafgesetzbuch bezeichneten Art - dies meint Verbrechen gegen die Menschlichkeit, vor allem Völkermord - in friedensstörender und menschenunwürdiger Weise billigen, leugnen oder verharmlosen (Holocaust-Leugnung; Thema "Auschwitz-Lüge"). Absatz 4 stellt die Billigung, Verherrlichung oder Rechtfertigung der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft unter Strafe, wenn sie den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise stört.

Dogmatik

Mit dem Strafrecht gegen die „Auschwitz-Lüge”? Anfangs war unter Juristen anfangs umstritten, ob § 130 StGB als „allgemeines“ Gesetz anzusehen sei, das Art. 5 (1) GG einschränken könne. Inzwischen hat sich aber eine herrschende Meinung gebildet, die den § 130 StGB als gerechtfertigt ansieht. Er diene dem Schutz des öffentlichen Friedens und der Menschenwürde. Die Meinungsfreiheit sei gleichsam durch den Schutz des öffentlichen Friedens nur reflexiv betroffen. So erklärte das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 90, 241) am 13. April 1994: "Bei § 130 StGB handelt es sich um ein allgemeines Gesetz im Sinn des Art. 5 Abs. 2 GG, das dem Schutz der Menschlichkeit dient [...] und seinen verfassungsrechtlichen Rückhalt letztlich in Art. 1 Abs. 1 GG findet."

§130 StGB sei daher kein Sonderrecht gegen bestimmte Meinungsinhalte. Eine direkt zu Hass, Gewalt oder Willkür aufstachelnde Äußerung sei keine vom Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gedeckte Meinung, sondern eine Straftat, die weiteres illegales Handeln bewirke, bzw. dazu aufrufe oder anstifte.

Geschichte

§130 StGB wird mit der Erfahrung des Nationalsozialismus begründet (Ermöglichung der Machtergreifung unter anderem durch zu langes rechtliches Dulden von Hetzpropaganda). Allerdings existieren entsprechende Straftätbestände auch in anderen Staaten.

Außerdem kannte schon das Reichsstrafgesetzbuch mit dem alten § 130 RStGB eine strukturell ähnliche Bestimmung ("Anreizung zum Klassenkampf"), die dann 1960 als Reaktion auf tagespolitische Aktualitäten unter dem Namen "Volksverhetzung" neu aufgelegt und 1994 (ebenfalls tagespolitisch motiviert) bis zu einem Punkt erweitert wurde, an dem ihr Verhältnis zum Ultima Ratio Prinzip und zum Bestimmtheitsgrundsatz (Artikel 103 Absatz 2 des Grundgesetzes) problematisch wurde.

Neu eingeführt wurde 1994 Absatz 3, der sich vor allem auf die Holocaustleugnung bzw. die Auschwitzlüge bezieht (da der Holocaust nach § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches - VStGB - als Völkermord definiert ist).

Unmittelbarer Anlass für die Erweiterung war ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts. In dem Urteil verneinte das Gericht, dass die "unwahre Tatsachenbehauptung", dass der Holocaust nicht stattgefunden habe, vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt sein könne. Die Leugnung könne nicht zur verfassungsmäßig vorausgesetzten Meinungsbildung beitragen.

Eine Mindermeinung hielt dem entgegen, dass damit unter Verletzung von Artikel 5 des Grundgesetzes die Äußerung einer bestimmten Meinung unter Strafe gestellt werde. Der erwähnte Absatz sei damit kein „allgemeines Gesetz“ im Sinne von Art. 5 Abs. 2 GG, sondern ein speziell auf einen Einzelfall bezogenes und somit unwirksam bei der Einschränkung eines Grundrechtes. Die Mehrheit der Richter sah hingegen eine Interessenkollision zwischen der Menschenwürde derjenigen, die durch die Meinungsäußerung verletzt würden und der Freiheit, seine eigene Meinung zu äußern, und hielt die Menschenwürde für das höhere Gut.

Bis dahin war die Holocaustleugnung bereits als einfache Beleidigung strafbar. Der Bundesgerichtshof hatte am 18. September 1979 (VI ZR 140/78) geurteilt, dass Menschen jüdischer Abstammung aufgrund ihres Persönlichkeitsrechts in der Bundesrepublik Anspruch auf Anerkennung des Verfolgungsschicksals der Juden unter dem Nationalsozialismus haben.

Der Historiker Ernst Nolte kritisierte die gesetzliche Festschreibung offenkundiger Wahrheiten: Geschichte sei kein Rechtsgegenstand. In einem freien Land sei es weder Sache des Parlaments noch der Justiz, geschichtliche Wahrheit zu definieren.

Fälle

Bauhelfer-Fall

(FAZ 10.11.2015: Wegen Volksverhetzung bestraft): "Ein 34 Jahre alter Bauhelfer ist wegen V. auf FB vom AG München zu einer Geldstrafe von 5000 Euro verurteilt worden. Das Urteil, das jetzt veröffenticht wurde, ist im Juli ergangen und noch nicht rechtskräftig. Der Mann hatte vom 2.-8. 8. 2014 im Rahmen einer Diskussion auf einer offenen FB-Gruppe über seinen Laptop antisemitische Äußerungen veröffentlicht. Er habe gewusst,dass diese Beiträge von anderen FB-Nutzern gelesen worden seien, urteilte das Gericht. Zu den Äußerungen gehören Angaben wie "nach all diesen Lügen zweifle ich langsam an der Wahrheit des Holocaust." Der Angeklagte ziehe .. den Massenmord an der jüdischen Bevölkerung Europas während des NS in Zweifel .. das könne zur Folge haben, dass "der öffentliche Friede" gestört werde. Der Angeklagge sagt, er habe nur auf die Provokationen von anderen FB-Nutzern reagieren wollen, die zuvor die 'schuldhafte' Tötung von Palästinensern durch Israelis geleugnet hätten. Er selbst zweifle nicht daran, dass es den Holocaust gab. - Das Gericht glaubte dem Angeklagten. In der Verhandlung wurden Screenshots vorgelegt, auf denen 'Troll-Beiträge' anderer Nutzer zu lesen waren, also Kommentare, die in er ster Linie provozieren sollten. Zudem hatte der Angeklagte am Ende seiner Beiträge 'Emoticons' in Form eines au´genzwinkernden Smileys gsetzt. Das könne auch als Beleg dafür geseehen werden, dass er seine Kommentare nichtwirklich ernst , sondern provozierend gemeint habt. Die Richterin berücksichtigte, dass der Angeklagte geständig und einsichtig gewesen und zu den Äußerungen provoziert worden sei. Wegen des 'geringen Verbreitungsgrades' (nur 34 Leser seiner Texte wurden dokumentiert) sei zudem das Potential für die "Störung des öffentlichen Friedens" gering gewesen."

Konkret-Ermittlung StA HH ermittelt gegen das Magazin 'Konkret': "Sie schickte dem Magazin „Konkret“ einen Brief, in dem sie um Geburtsname und Anschrift einiger Redakteure bat, da man gerade ein Verfahren wegen möglicher Volksverhetzung gemäß Paragraph 130 Strafgesetzbuch führe, und zwar wegen der Titelaufschrift „Kauft nicht bei Deutschen!“ Diese Titelaufschrift wiederum steht da nicht einfach aus Jux und Dollerei, sondern bezieht sich auf einen im Heft abgedruckten Text, den Leo Fischer, seines Zeichens ehemaliger „Titanic“-Chef, in der Novemberausgabe der „Konkret“ verfasste. Fischer parodiert darin die „BDS-Kampagne“, die für „Boycott, Divestment and Sanctions“ steht und dazu aufrufen soll, keine israelischen Produkte zu kaufen. Fischer ruft nun die SBD-Kampagne aus, die für „Stehenlassen – bemäkeln – dauernd runterputzen“ stehen soll und sich gegen Deutschland richtet, denn auch dieses Land ist nicht nur menschenfreundlich. Speziell angeprangert werden soll eine Politik, die Menschen diskriminiert, die „einfach nur Adorno lesen und Musik hören wollen“. Stattdessen werden diese mit dem „deprimierenden Anblick ihrer Landsleute“ bestraft. Fischer fordert außerdem „eine stufenweise Abschaltung Peter Sloterdijks, bis sein Reaktorkern abgekühlt ist“. Da kann man sich als Peter Sloterdijk schon einmal verhetzt fühlen, als Restvolk dann aber eher erleichtert. Weiterhin „sollte eine Lehre aus der deutschen Geschichte sein, so etwas wie deutsche Geschichte nie wieder zuzulassen“, ein wunderschönes Beispiel eines Paradoxon, das man in journalistischen Texten eher selten, in satirischen aber durchaus häufig antrifft."

Strafbarkeit von Auslandstaten in Deutschland

Vergehen, die gemäß § 130 StGB im Ausland begangen werden, gleich ob von deutschen Staatsangehörigen oder von Ausländern, können wie eine Inlandsstraftat verfolgt werden, wenn sie so wirken, als seien sie im Inland begangen worden, also den öffentlichen Frieden in Deutschland beeinträchtigen und die Menschenwürde von deutschen Bürgern verletzen. So reicht es z.B. aus, dass ein strafbarer Inhalt über das Internet, z.B. in Form einer HTML-Seite, von Deutschland aus abrufbar ist. Daraus ergibt sich z.B. die Zuständigkeit deutscher Gerichte für Volksverhetzungsdelikte des Revisionisten Ernst Zündel, die dieser von Amerika aus im Internet begangen hat, für die er durch das Landgericht Mannheim verurteilt wurde.

Kritik

  • 2007 Antrag der NPD in Mecklenburg-Vorpommern auf Abschaffung des § 130 StGB, um Rechtsstaat und Meinungsfreiheit wiederherzustellen.

ERSTES PROBLEM:

Die Meinungsfreiheit deckt grundsätzlich auch die vorsätzliche Verbreitung von objektiv falschen Tatsachenbehauptungen. Man darf sich also unbehelligt auf die Straße stellen und verkünden "Die Erde ist eine Scheibe." Es werden nach § 130 StGB nur einige bestimmte falsche Behauptungen bestraft, die seitens der Obrigkeit unerwünschzt sind. Die Volksverhetzung ist also ein reines Gesinnungsstrafrecht. Entweder müssen alle falschen Tatsachenbehauptungen bestraft werden oder gar keine.

ZWEITES PROBLEM:

Die Leugnung von objektiv nachweisbaren Tatsachenbehauptungen: Kann man Glaubensauffassungen bestrafen? Auch der Glaube eines Menschen ignoriert oft Tatsachen. Glauben reduziert sich dabei auch nicht auf die Religion, Glauben kann man grundsätzlich an alles, woran man glauben will und was man sich einbildet. So kann man sich Krankheiten einbilden oder Julius Cäsar zu sein. Natürlich kann man sich auch einbilden, der NS Genozid hätte nicht stattgefunden. Der religiöse und nicht - religiöse Glaube des Menschen repräsentiert immer sein Wunschdenken und seine Distanzierung von Gegenteiligen. Dem zu Folge wäre die Leugnung des NS Genozids oder anderen Völkermorden "nur" eine Geschmacklosigkeit, aber nichts Verwerfliches.

DRITTES PROBLEM:

Was ist eine "Verharmlosung" der NS - Gewaltherrschaft zu verstehen? Wäre der NS - Genozid etwas "harmloser" gewesen, wenn an Stelle der ca. 6 Mio. Opfer "nur" ein paar hundertausend umgekommen wären?

VIERTES PROBLEM:

Die "Billigung und Befürwortung" der NS Gewaltherrschaft: Nun, Gewaltherrschaften jeglicher Couleur kann man auch mit den religiösen Schriften der Bibel, des Koran und des Talmud billigen und beförworten. Das ist nur eine Frage der Auslegung. Staat und Gesellschaft sind heute zum Glück reif genug, um das durchschauen und aushalten zu können. Die meisten Protagonisten der zu kritisierden Institutionen distanzieren sich von der Gewaltbereitschaft ihrer Ideologien, ob mehr oder weniger glaubwürdig sei dahingestellt...

FÜNFTES PROBLEM:

Darf man Zweifel bestrafen? Nicht nur die Leugnung sondern auch das Bezweifeln des NS Genozids wird bestraft. Mit 100 % Sicherheit lassen sich aber noch nicht einmal die Naturgesetze nachweisen. Nun, nach menschlichem Ermessen gibt es weder einen Zweifel am NS Genozid noch an den Naturgesetzen, dennoch darf man den Zweifel daran nicht verbieten.

SECHSTES PROBLEM:

Auch die Strafbarkeit der Volksverhetzung nach § 130 StGB setzt die Störung des öffentlichen Friedens voraus. Auch hier kann man also behaupten, was man will, solange sich dafür niemand interessiert...

SIEBTES PROBLEM:

Wie definiert man eigentlich den Begriff "Hass"? Eine bloße Intoleranz (Unduldsamkeit) ist sicherlich kein Hass, aber wie sieht es bei einer Missachtung oder Verachtung von Menschen aus? Ein wirklicher Hass würde aber noch deutlich darüber hinaus gehen. Wenn ich einen anderen Menschen verachte, wäre mir jener menschlich vollkommen gleichgültig, aber wenn ich jemanden hasse, dann würde ich mich über alles Übel, das ihm widerfahren würde, freuen. Ob man nun jemanden hasst oder "nur" verachtet, hängt massgeblich vom persönlichen Naturell des Einzelnen ab, ob er nun einmal gefühlsmäßig mehr oder weniger stark veranlagt ist. Dabei sind die Ursachen von Hass und Verachtung meist identisch. ABER: Wie will man als Außenstehender beurteilen, ob nun Hass oder Verachtung vorliegen? Nicht ein jeder zeigt es sehr deutlich. ...und selbst wenn es hassende Menschen gibt, darf man Menschen wegen ihrer (übertriebenen) Gefühle bestrafen? NEIN!

ACHTES PROBLEM:

Auch hier haben wir wieder das Problem der Grenze zwischen legitimer Kritik und der sicherlich in moralischer Hinsicht verwerflichen Herabsetzung anderer Menschen(gruppen). Das Gesetz fördert willkürliche Entscheidungen.

NEUNTES PROBLEM:

Das politische Strafrecht verhindert die bis jetzt unterbliebene seriöse historische Aufarbeitung der Geschichte des Nationalsozialismus und - schlimmer noch - die seriöse Auseinandersetzung mit den Problemen der Gegenwart. Die Obrigkeit wird dazu verführt unliebsame Kritiker zu kriminalisieren statt sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Damit werden alle gegenwärtige und zukünftige Probleme nur noch verschlimmert.

ZEHNTES PROBLEM:

Rein pragmatische Gründe: Der alte § 130 StGB des ersten Deutschen Reiches führte im Jahre 1871 aus: „Wer in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise verschiedene Klassen der Bevölkerung zu Gewaltthätigkeiten gegen einander öffentlich anreizt, wird mit Geldstrafe bis zu zweihundert Thalern oder mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft.“ In dieser Form war der alte § 130 StGB sicherlich noch rechtsstaatsgemäß, denn die Anstfitung zur Gewalttätigkeiten oder anderen strafbaren Handlungen muss selbstverständlich verboten werden. Dazu braucht man aber nicht den § 130 StGB, das wird bereits in anderen Paragraphen hinreichend geregelt. Später glaubte man das politische Strafrecht beibehalten zu müssen, weil die Nazis auch wegen ihrer ungehinderten Verbreitung ihrer "Hetzpropaganda" an die Macht gekommen wären. Nun, die Machtübernahme der Nazis hatte sicherlich zu 99 % andere Gründe als die Verbreitung von Hetzpropaganda, was etwa die Auswirkungen durch den Versailler Vertrag, dem Versagen der bürgerlich demokratischen Parteien, dem Versagen der Kommunisten, der Unterstützung durch die Kirchen, was ich ja schon an anderer Stelle beschrieben habe. Auch hier haben wir das Problem der Abgrenzung. Jeder muss das Recht haben, Werbung für seine Sache zu machen. Aber wann wird diese Werbung zur Hetzpropaganda? Alle Erfahrungen haben bewiesen, dass strafrechtliche Mittel ein untaugliches Mittel zur Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner sind. Dadurch schafft man neue Märtyrer und verleht jenem Auftrieb. Ich wiederhole es, Staat und Gesellschaft sind heute reif genug, um das aushalten zu können.

ELFTES PROBLEM:

§ 130 StGB richtet sich nicht nur gegen böse Nazis, damit können auch der Obrigkeit missliebige Mitmenschen jeder Art verfolgt werden. So könnte zum Beispiel auch eine "Gotteslästerung" gleichermassen nach § 130 StGB verfolgt werden, das Verlangen nach einer blossen Abschaffung des § 166 StGB reicht daher nicht aus. Selbst eine Aussage wie "Alle Radfahrer sind doof" könnte nach § 130 StGB verfolgt werden. Der Willkür und Masslosigkeit sind keine Grenzen gesetzt. Die in den vergangenen Jahren ständige betriebene weitere Verschärfung des § 130 StGB führt die Bundesrepublik langsam aber sicher in eine Gesinnungsdiktatur.

FAZIT:

Ein moralisch "richtiges" Denken läßt sich nicht durch Gesetze erzwingen, schon gar nicht durch Strafgesetze. An der inhaltlich ideologischen Auseinandersetzung führt kein Weg vorbei. Wer glaubt, im Besitze der "besseren Argumente" zu sein - und das glaub ja wohl jeder! - braucht davor keine Angst zu haben. Verbote, die Einschränkung der Meinungsfreiheit etc. sind die typischen Attribute eines totalitären Staatswesen, das wir ja alle nicht wollen. Auch wenn es seine Urheber noch so gut gemeint haben, der § 130 StGB verstößt gegen rechtsstaatliche Grundsätze und muss daher erstatzlos abgeschafft werden.

Antikritik

Gegen den Antrag der NPD wandte sich die Landtagspräsidentin und SPD-Abgeordnete Sylvia Bretschneider: "Wollen Sie, dass – wo auch immer – ungestraft Aufkleber mit der Aufschrift „Kauft nicht bei Juden” angebracht werden können? Wollen Sie, dass es straflos bleibt, wenn in Bezug auf bei uns lebende Ausländer bedauert wird, dass es keine Vernichtungslager der nationalsozialistischen Diktatur mehr gibt? Dies sind nur zwei Beispiele, die dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorlagen und belegen, dass es nationalsozialistische Hetze nicht nur bis 1945 gab. So sehr mich all dies anwidert, ich glaube wirklich, dass es Ihnen unter anderem darum geht. Da schaue ich mir nur die Texte der von Ihnen verteilten so genannten „Schulhof CD” an und weiß, worauf Sie hinauswollen. Kleine Kostprobe? Ich zitiere aus der von Ihrer Partei an unsere Kinder und Jugendlichen verteilten CD: Zitat: „Ich kenne deinen Namen, ich kenne dein Gesicht. Du bist die Faust nicht wert, die deine Nase bricht.”

oder

Zitat: „Lass Dich nicht von Blinden führen, von geistig Kranken kontrollieren, dann wirst Du Sieger sein und nie mehr verlieren.”

oder

Zitat: „Vermischung pur ist das Ende vom Lied und es eine Minderheit an Deutschen in Deutschland gibt” Sind solche Liedzeilen bereits unerträglich, so wollen Sie offenbar noch mehr. Gedeckt von Recht und Gesetz dieser Demokratie wollen Sie anscheinend unser Land mit noch unerträglicheren Ergüssen besudeln. Oder geht es Ihnen darum, dass Sie selbst Schriften verbreiten wollen, die zum Hass gegen Teile der Bevölkerung oder gegen eine, nach Ihrer so genannten Rassentheorie minderwertige, religiöse oder durch Ihre von nationalsozialistischer Volkstümelei bestimmte Gruppe aufstacheln, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen diese auffordern? Das wird nämlich in Absatz 2 des § 130 StGB unter Strafe gestellt. Um es noch einmal ganz deutlich festzuhalten: Sie wollen, dass es straflos sein soll, Schriften, Bilder und ähnliche Dinge zu verbreiten, die zu Willkürakten gegen Minderheiten, gegen Ausländer, gegen religiöse Gruppen, gegen Behinderte, gegen Andersdenkende oder gegen Menschen ohne Arbeit und Einkommen aufrufen. Ihre wirklichen Ziele, Ihre wahren Vorstellungen kommen mit diesem Antrag zum Ausdruck.

Meine Herren von der NPD, Sie lassen selbst die Maske fallen. Durch diesen Antrag können Sie die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes nicht länger glauben machen, dass in den Nadelstreifenanzügen und Zimmermannshosen der NPD-Landtagsabgeordneten und deren Mitarbeiter anständige Kerle stecken, die nun endlich die Probleme der Einwohner dieses Landes lösen könnten.

Der Begründung Ihres Antrages entnehme ich, dass Ihnen die Abschaffung von § 130 Absatz 3 StGB besonders am Herzen liegt. Damit wir auch hier genau wissen, wovon wir reden, will ich ihnen den entsprechenden Inhalt nicht vorenthalten. Nach § 130 Absatz 3 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost. Und in § 6 des Völkerstrafgesetzbuches geht es um Völkermord. Es geht um die Absicht, eine nationale, rassische, religiöse oder ethnische Gruppe zu zerstören. Es geht um Tathandlungen, die wir alle aus der Zeit des Nationalsozialismus kennen: Es geht um die Tötung von Menschen, die Zufügung schwerer körperlicher oder seelischer Schäden, es geht um die Einrichtung von Konzentrationslagern, Zwangssterilisationen und Geburtenverhinderung und die Verschleppung von Kindern.

Mit Ihrem Antrag verfolgen Sie also das Ziel, dass es straflos sein soll, wenn die schlimmsten Verbrechen des 20. Jahrhunderts verharmlost werden; wenn verharmlost wird, dass Juden oder Sinti und Roma planmäßig vernichtet wurden. Sie verfolgen das Ziel, dass ohne weiteres geleugnet werden darf, dass Homosexuelle oder Andersdenkende während der nationalsozialistischen Terrorherrschaft inhaftiert, gequält und getötet wurden, dass Menschen mit Behinderungen oder Menschen ohne Arbeit, Einkommen bzw. Wohnung – die Nationalsozialisten sprachen von Asozialen – misshandelt und vernichtet wurden. Und das ist noch nicht alles: Durch die Streichung des Paragraphen der Volksverhetzung wollen Sie sogar, dass es straflos sein soll, diese Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu billigen und gutzuheißen. Damit kommt zum Ausdruck, wes Geistes Kind Sie sind und was Sie wirklich wollen.

Was bezwecken Sie mit dem Antrag? Wollen Sie zum Rassenhass aufstacheln? Wollen Sie die Bevölkerung gegen Minderheiten aufwiegeln, gegen Ausländer, gegen Behinderte, gegen Homosexuelle, gegen Schwache?

Sie geben gern die Partei, die sich um die Schwächeren in unserer Gesellschaft kümmert; in Wirklichkeit ist die Ausgrenzung der Schwachen aus unserer Gemeinschaft ihr politisches Ziel. Ich zitiere aus dem Redebeitrag des Fraktionsvorsitzenden der NPD am 31. Januar dieses Jahres hier im Plenum:

„Unser erstes Augenmerk hat dem Gesunden und Starken zu gelten. Dieses ist zuallererst zu fördern und zu unterstützen. Das ist keine Selektion, sondern einfache Logik.”

Meine Herren von der NPD-Fraktion: Wir müssen also festhalten, dass Sie in Wirklichkeit nichts von vermeintlich Schwachen halten – ob sie nun körperlich, sozial oder materiell schwach sind. Ihr heutiger Antrag zielt offensichtlich darauf, dass Gruppen, die nicht zu Ihrem Weltbild passen, ungestraft beschimpft und herabgewürdigt werden dürfen. Vor allem geht es Ihnen wohl darum, Menschen einzuschüchtern – Menschen, die demokratische und humanistische politische Auffassungen haben. Menschen, die selbstständig denken.

Vielleicht geht es Ihnen mit Ihrem Antrag aber auch darum, Ihre Parteikader und Gefolgsleute vor strafrechtlicher Verfolgung zu schützen? Offensichtlich gibt es dafür aus Ihrer Sicht gute Gründe:

Noch im letzten Monat ist Hessens NPD-Chef zu einer Haftstrafe von vier Monaten verurteilt worden. Der Grund: Volksverhetzung wegen der Leugnung des Holocaust. Ich weiß, das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft hat Revision eingelegt, weil ihr das Urteil zu mild ist. Dieser Auffassung schließe ich mich an.

Oder geht es Ihnen um die Rehabilitierung Ihres ehemaligen Parteivorsitzenden Günter Deckert, der bereits 1994 wegen Volksverhetzung in der Form der Leugnung des Holocaust zu einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt wurde? All zu weit von dessen Position scheint Ihr jetziger Parteivorsitzender nicht entfernt zu sein.

Denn der Bundesvorsitzende der NPD, Udo Voigt, sagte auf einer Parteiveranstaltung in Senden in Bezug auf das Holocaust Mahnmal in Berlin:

„Für uns ist das kein Holocaust-Gedenkmal, sondern wir bedanken uns dafür, dass man uns dort jetzt schon die Fundamente der neuen deutschen Reichskanzlei geschaffen hat”, so Udo Voigt.

Das zeigt, wie es um Ihr Verhältnis zur deutschen Geschichte, zur nationalen und internationalen Verantwortung Deutschlands bestellt ist.

Dann ist es auch kein Wunder, dass Sie gerade hier in Mecklenburg-Vorpommern diesen Antrag stellen. Denn hier hat für die NPD offensichtlich der Schutz vor strafrechtlicher Verfolgung Ihrer Parteigänger natürlich absolute Priorität. Wie viele Ihrer Parteimitglieder, Kader und Mitläufer können Sie eigentlich nicht als Fraktionsmitarbeiter oder Wahlkreismitarbeiter einstellen, weil sie vorbestraft sind, unter anderem wegen Volksverhetzung gemäß § 130 StGB? Wahrscheinlich fällt es Ihnen leichter, die Zahl derer zu beziffern, auf die das nicht zutrifft.

Ich frage mich nur, ob sie dann als nächstes fordern, die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung und schweren Raub oder Körperverletzung straflos zu stellen. Denn das sind z.B. einige der Delikte, wegen der Ihr Mitglied des Bundesvorstandes und Leiter des Ordnungsdienstes Manfred Börm rechtskräftig verurteilt wurde. Es ist bezeichnend, dass Sie sich diesen Mann heute auch noch als Gast in Ihre Fraktion eingeladen haben.

Sie haben in Ihrer Begründung des Antrages ausgeführt, dass es Ihnen um die Wiederherstellung der Meinungsfreiheit gehe. Die Meinungsfreiheit gibt es bei uns. Jeder kann seine Meinung für Hartz IV kundtun oder dagegen. Man kann sich für oder gegen den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan aussprechen. Man kann für oder gegen die Errichtung neuer Windparks sein.

Aber man kann nicht für die Vernichtung von Menschengruppen sein, man kann nicht für Rassenhass sein, man kann sich nicht für das Quälen und Töten von Schwachen, Menschen mit Behinderungen oder Homosexuellen aussprechen! Wer glaubt, das sei von der Meinungsfreiheit in unserem Staat zu umfassen, der verkennt die grundlegenden Werte des menschlichen Zusammenlebens. Unmenschlichkeit hat nichts mit Meinungsfreiheit zu tun.

In der Begründung ihres Antrages haben sie wahllos Zitate herausgegriffen und um das wesentliche verkürzt. Etwa die Äußerungen des ehemaligen brandenburgischen Innenministers Alwin Ziel. Ich will hier einmal deutlich sagen, was Sie aus dem Zitat bewusst weggelassen haben. Ziel sagte an der Stelle: „Die Alliierten haben die Wiedervereinigung doch nur in dem Bewusstsein zugelassen, dass von deutschem Boden nie wieder eine solche Katastrophe wie der Nationalsozialismus ausgeht. Wir sind deshalb verpflichtet, noch ernster als bisher den braunen Ungeist zu bekämpfen – und zwar an seinen Wurzeln.” Und da stimme ich Herrn Ziel uneingeschränkt zu. Auch soweit Sie die in der rechtwissenschaftlichen Literatur geführte Diskussion heranziehen, dass es problematisch sei, die Gefährdung des öffentlichen Friedens durch Äußerungen zu beweisen, verkürzen Sie die Diskussion in unvertretbarer Weise. Denn niemand außerhalb des rechtsextremistischen Spektrums kommt zu dem Schluss, dass § 130 StGB deshalb gestrichen werden sollte. Es geht in § 130 nicht um die Bestrafung offenkundiger Dummheit oder der falschen Meinung. Es geht darum, andere Menschen vor Verhöhnung, Hetze und Ausgrenzung zu schützen. Das ist auch die Argumentation der Rechtswissenschaftler, die auf das Problem hinsichtlich des unbestimmten Rechtsbegriffs des öffentlichen Friedens hinweisen.

Zu Recht wird in den Kommentierungen darauf hingewiesen, dass § 130 in der Praxis ganz überwiegend ein Delikt politisch motivierter rechtsextremistischer Täter ist, die bevorzugt durch Hetze gegen gesellschaftliche Minderheiten hervortreten. Es geht darum, zu verhindern, dass bei uns ein Klima entsteht, in dem zur Erlangung politischer Macht bestimmte Menschen zunächst ausgegrenzt und letztlich physischer Gewalt ausgesetzt werden.

Sie begründen Ihren Antrag unter Hinweis auf die Artikel 3 (Gleichheit vor dem Gesetz) und 5 (Meinungsfreiheit) des Grundgesetzes – vermutlich in der Hoffnung dem einen oder anderen Leser bzw. Zuhörer Sand in die Augen zu streuen – getreu dem Motto: „Wir von der NPD argumentieren streng rechtsstaatlich.” Sie sind unendlich weit von diesem Anspruch entfernt, lehnen die Demokratie wie auch unser Grundgesetz ab und wollen beides letztlich beseitigen. Herr Pastörs – ich darf Ihnen die Passage Ihrer Rede, gehalten Anfang März dieses Jahres im brandenburgischen Halbe in Erinnerung rufen: Und ich zitiere:

„Das System, das sich BRD nennt, ist irreparabel. Lasst uns diese ganze verfaulte Republik unterwühlen. Und wir haben ja schon auch den ein oder anderen politischen Tunnel gegraben, um dieses Konstrukt der Siegermächte zum Einsturz zu bringen.”

Und gleichzeitig mimen Sie hier die Unschuld vom Lande, die dauerhaft verfolgt und in unserem Rechtsstaat ungerecht behandelt wird. All das ist mehr als mimosenhaft. Wer wie Sie unsere Demokratie, unsere Gesellschaftsordnung und unseren Rechtsstaat vernichten will, muss damit leben, dass es rechtsstaatliche Vorkehrungen gibt, dies zu verhindern.

Ihr Versuch, die wahre Absicht des Antrages zu verschleiern, wird auch dadurch belegt, dass sie das Fundament unserer Gesellschaftsordnung – festgeschrieben in Artikel 1 des Grundgesetzes – ganz bewusst mit keiner Silbe erwähnen. „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.”, heißt es dort. Ich wiederhole es für Sie gern noch einmal: Die Würde des Menschen ist unantastbar.

Daraus folgt – und das, meine Herren von der NPD, schreibe ich Ihnen hier und jetzt ins Stammbuch: Die Würde von Menschen mit und ohne Behinderungen ist unantastbar! Die Würde und das Selbstbestimmungsrecht von Frauen und Männern sind unantastbar! Die Würde politisch Andersdenkender ist unantastbar! Die Würde von Menschen mit und ohne Konfession ist unantastbar! Die Würde alter und gebrechlicher Menschen ist unantastbar! Die Würde von Menschen, egal welcher Hautfarbe ist unantastbar. Und auch die Würde sozial schwacher Menschen ist unantastbar.

Das, was Sie mit Ihrem Antrag wollen, legt die Axt an zentrale Werte unserer Gesellschaft. Sie wollen entweder selbst oder stellvertretend über Ihnen nahe stehende Gruppen diese Werte mit Füßen treten dürfen. Anders ist Ihr Antrag nicht zu verstehen. Sie wollen das, was unser Land im Kern zusammenhält, verächtlich machen. Auf diese Weise soll unsere Gesellschaft, die die Freiheit aller garantiert, nach und nach sturmreif geschossen werden. Über Hetze und Aufstachelung verschiedener Gruppen zielen Sie zunächst auf ein Klima der Angst und letztlich auf Unruhen in unserer Gesellschaft, an deren Ende Chaos stehen soll. Chaos, aus dem Sie Nutzen ziehen und zur Macht gelangen wollen. Ein Chaos, an dessen Ende Ihr totalitärer Führerstaat stehen soll, in dem der Einzelne nichts gilt und kein Platz sein würde für Schwache und Andersdenkende.

Meine Herren von der NPD, dieser Antrag zeigt, wohin Sie wirklich wollen! Und ich finde, dass wir es den Menschen in Mecklenburg-Vorpommern schuldig sind, Ihre wahren Absichten zu entlarven und nicht zuzulassen, dass Sie sich hinter einem biederen Gewand verstecken können. Wer heute zur Sozial- oder Hartz IV-Beratung in Ihren Bürgerbüros vorbeischaut, der soll wissen, dass Sie ihn tief in Ihrem Innern verachten! Schließlich ist er Ihrer Definition nach schwach! Und dass Sie, so Sie es könnten, diese Menschen sortieren würden nach deren Wert für Ihre Weltordnung. Sie missbrauchen die Bürgerinnen und Bürger, in dem Sie mit deren Ängsten spielen und daraus Kapital zu schlagen versuchen.

Jede und Jeder, der sich offen und ehrlichen Herzens zur Demokratie bekennt, und jeder anständige Mensch wird verhindern, dass ein solches Klima bei uns Fuß fassen kann, dass Ihre Absichten jemals auch nur in die Nähe der Wirklichkeit geraten können.

Ihre menschenverachtenden Positionen haben in diesem Haus, in Mecklenburg-Vorpommern und in Deutschland nichts zu suchen."

Ähnliche Gesetze im Ausland

Österreich

Die österreichische Gesetzgebung definiert in § 283 des Strafgesetzbuches (StGB) Verhetzung: (1) Wer öffentlich auf eine Weise, die geeignet ist, die öffentliche Ordnung zu gefährden, zu einer feindseligen Handlung gegen eine im Inland bestehende Kirche oder Religionsgesellschaft oder gegen eine durch ihre Zugehörigkeit zu einer solchen Kirche oder Religionsgesellschaft, zu einer Rasse, zu einem Volk, einem Volksstamm oder einem Staat bestimmte Gruppe auffordert oder aufreizt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen. (2) Ebenso ist zu bestrafen, wer öffentlich gegen eine der im Abs. 1 bezeichneten Gruppen hetzt oder sie in einer die Menschenwürde verletzenden Weise beschimpft oder verächtlich zu machen sucht.

Gemäß § 33 Z. 5 StGB gilt es in Strafrechtsfällen als besonderer Erschwerungsgrund, wenn jemand aus rassistischen, fremdenfeindlichen oder anderen besonders verwerflichen Beweggründen gehandelt hat.

Weitere inhaltlich verwandte Regelungen sind in verschiedenen Verfassungsbestimmungen und Gesetzen enthalten.

Der Artikel 6 („Menschenrechte“) des Österreichischen Staatsvertrages vom 15. Mai 1955 stellt fest:

Österreich wird alle erforderlichen Maßnahmen treffen, um allen unter österreichischer Staatshoheit lebenden Personen ohne Unterschied von Rasse, Geschlecht, Sprache oder Religion den Genuß der Menschenrechte und der Grundfreiheiten einschließlich der Freiheit der Meinungsäußerung, der Presse und Veröffentlichung, der Religionsausübung, der politischen Meinung und der öffentlichen Versammlung zu sichern.

In Artikel 7 („Rechte der slowenischen und kroatischen Minderheiten“) ist festgehalten:

Österreichische Staatsangehörige der slowenischen und kroatischen Minderheiten in Kärnten, Burgenland und Steiermark genießen die selben Rechte auf Grund gleicher Bedingungen wie alle anderen österreichischen Staatsangehörigen.
Die Tätigkeit von Organisationen, die darauf abzielen, der kroatischen oder slowenischen Bevölkerung ihre Eigenschaft und ihre Rechte als Minderheit zu nehmen, ist zu verbieten.

Das Verbotsgesetz 1947 enthält – neben den Bestimmungen zur Auflösung aller nationalsozialistischen Organisationen und der Registrierung österreichischer Mitglieder der NSDAP – in § 3 die Regelungen betreffend NS-Wiederbetätigung. Es ist demnach untersagt, sich, sei es auch außerhalb dieser Organisationen, für die NSDAP oder ihre Ziele irgendwie zu betätigen.

§ 3d bestimmt den Strafrahmen (5 bis 20 Jahre) für denjenigen, der die Ziele der NSDAP, ihre Einrichtungen oder Maßnahmen verherrlicht oder anpreist. Dieser ist auch gemäß § 3h auf denjenigen anzuwenden, der öffentlich auf eine Weise, daß es vielen Menschen zugänglich wird, den nationalsozialistischen Völkermord oder andere nationalsozialistische Verbrechen gegen die Menschlichkeit leugnet, gröblich verharmlost, gutheißt oder zu rechtfertigen sucht.

Europäische Union

Nach sechsjährigen vergeblichen Anläufen haben sich die Justizminister der 27 EU-Staaten am 19. April 2007 in Luxemburg unter dem Vorsitz der deutschen Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) auf einen „Rahmenbeschluss gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit“ geeinigt. Danach soll rassistische und fremdenfeindliche Hetze, die den öffentlichen Frieden stört, europaweit einheitlich mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden können.

Zu den strafbaren Tatbeständen soll vor allem Hasspropaganda von Neonazis gegen Ausländer und die öffentliche Leugnung von Völkermorden gehören. Darin, so betonte die deutsche Delegation, ist die nicht ausdrücklich genannte Holocaustleugnung eingeschlossen. Diese wurde bisher in vielen Staaten Europas gar nicht strafverfolgt, in manchen nur dann, wenn sie von Aufrufen zur Gewalt begleitet wird. Daher gelangen immer wieder in Deutschland verbotene Hetzschriften vom Ausland her dorthin.

Der Beschluss war erst zustande gekommen, nachdem Litauen auf seine Forderung verzichtet hatte, auch Verbrechen des Stalinismus unter die strafbaren Tatbestände aufzunehmen. Fraglich ist, ob Litauen den Rahmenbeschluss ohne deren ausdrückliche Einbeziehung in nationales Recht umsetzen wird, da dies eine Bedingung des litauischen Parlaments für seine Zustimmung war. Diplomaten hatten erklärt, die Verbrechen des Stalinismus seien zwar schrecklich, aber kein Völkermord im Sinne des Internationalen Strafgerichtshofs gewesen.

Auch Großbritannien und Dänemark hatten bis zuletzt Vorbehalte gegen den Beschluss. Die Briten setzten sich damit durch, Hassreden gegen religiöse Gruppen von der EU-Strafbarkeit auszunehmen, da diese im Nordirland-Konflikt alltäglich und nur schwer konsequent zu verfolgen seien. Ein Aufruf „Tötet alle Christen“ bliebe demnach anders als „Tötet alle Juden“ straffrei. Auch die Verbreitung des Hakenkreuzes und anderer einschlägiger Symbole von Rechtsextremisten soll nicht europaweit verfolgt werden.[3]

USA

Das US-Bundesrecht kennt keinen vergleichbaren Straftatbestand. Jedoch wurden unter US-Präsident Bill Clinton die sogenannten Hate Crime Laws eingeführt, deren Ausgestaltung den einzelnen Bundesstaaten obliegt. Gemeint sind Verbrechen mit ethnischem, kulturellem, sexistischen oder religiösen Hintergrund. Auch „Hassreden“ (hate speeches), die dazu anstiften können, sind damit unter Umständen strafbar. Rassistisch, sexistisch und religiös motivierte Äußerungen können in einzelnen US-Bundesstaaten härter bestraft werden als gewöhnliche Verleumdung oder Beleidigung. Dies unterbleibt aber meist, sofern sie keinen direkten Aufruf zu einer Straftat beinhalten.

Denn das in der Verfassung der Vereinigten Staaten garantierte Grundrecht der Rede- und Meinungsfreiheit wird in der Regel sehr weit ausgelegt. Dieses Grundrecht ist in den USA nur durch Sondergesetze im Bereich der Nationalen Sicherheit, zum Schutz der Würde des Präsidentenamtes und von ausgewählten staatlichen Symbolen der USA eingeschränkt. Somit ist auch eine öffentliche Holocaustleugnung in den USA straffrei. Einige Menschenrechtsgruppen, wie die Anti-Defamation League, drängen darauf, Holocaustleugnung unter die Einschränkungen der Meinungs- und Redefreiheit in den USA aufzunehmen und damit generell strafbar zu machen.

Einzelbelege 1. ↑ BVerfGE 7, 198 [209f.] 2. ↑ BVerfGE 90, 241, 1 BvR 23/94, Absatz-Nr. 40 3. ↑ Netzeitung, 19. April 2007: Rassistische Hetze wird europaweit strafbar

Literatur

Weblinks

  • § 130 StGB (D)
  • § 6 VStGB (D)