Universitätsgründung als Delikt?

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Fall: Eine Gruppe von promovierten und habilitierten Wissenschaftlern, die sich nicht mehr im aktiven Dienst an staatlichen Universitäten befinden, schließt sich in einem "Sokrates Universitäts-Verein e.V." zusammen und gründet eine "Sokrates-Universität". Als Aufgabe der Universität definiert sie das Betreiben unabhängiger Forschung und Lehre einschließlich der Vergabe von Leistungsnachweisen und akademischen Graden. Auf die Bezeichnung Universität wird großer Wert gelegt: Universitäten seien gerade keine Schulen und deshalb auch keine Hochschulen; sie verfolgten als Bildungseinrichtungen sui generis in erster Linie das Ziel der akademischen Persönlichkeitsentwicklung und das sei ein anderes Ziel als dasjenige der schulischen oder an Hochschulen betriebenen Wissensvermittlung vor dem Horizont der Berufsausbildung. Studieren sei ein wesentlich anderer Prozess als bloßes Lernen, gehe es doch um eine Veränderung des Studierenden und nicht um das bloße Vermitteln von Informationen. Die Gründer halten sich für befugt, den Gründungsakt vorzunehmen. Sie berufen sich auf den Wortlaut von Artikel 5 Absatz III Satz 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG), der da lautet: "Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei."

In dieser Skizze werden erste Überlegungen vorläufigen Charakters dazu angestellt, welche rechtlichen Probleme dabei auftauchen könnten und inwiefern die Frage der Verfassungsmäßigkeit/-widrigkeit von Bestimmungen des Hochschulrechts eine Rolle spielen könnte.


1. Umfasst die Wissenschaftsfreiheit auch die Freiheit zur Gründung einer Universität?

Allgemein wird in Artikel 5 III (1) GG sowohl ein subjektives Freiheitsgrundrecht des einzelnen Wissenschaftlers als auch eine Wertentscheidung bezüglich des Verhältnisses von Staat und Wissenschaft gesehen. Das Recht des einzelnen Wissenschaftlers, seiner Tätigkeit frei von staatlicher Bevormundung und Einmischung nachzugehen, soll den einzelnen Grundrechtsträger gegen jede freiheitsgefährdende Einwirkung der Staatsgewalt abschirmen. Zudem bedeutet die Wissenschaftsfreiheit aber auch eine Verpflichtung des Staates zur Einrichtung und Aufrechterhaltung von Institutionen, in denen - notwendigerweise mit einem gewissen Grad an Autonomie - freie Forschung und Lehre stattfinden kann.

Das subjektive Freiheitsrecht umfasst aber gerade nicht das Recht zur Universitätsgründung. Es ist ein Abwehrrecht zur ungestörten Ausübung von wissenschaftlicher Forschung und Lehre. Die Gründung von wissenschaftlichen Einrichtungen wird allgemein nicht als subjektiver Anspruch von Wissenschaftlern definiert, sondern als Verpflichtung als als Recht des Staates. Allerdings ist heute wohl unzweifelhaft, dass der Staat auch das Recht und die Pflicht besitzt, Privatleuten die Gründung von Privatuniversitäten zu ermöglichen.

Das Recht zur Gründung von Privatuniversitäten kann als Ausfluss der allgemeinen Handlungsfreiheit gesehen werden. Dieses in Artikel 2 Abs. I GG niedergelegte Prinzip lautet: "Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt."

Während Privatpersonen also aufgrund ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit das Recht zur Gründung einer Privatuniversität beanspruchen können, dürfte der Staat nach dem objektiven Gehalt von Artikel 5 III GG verpflichtet sein, solche Initiativen immer dann zu fördern (oder ihnen zumindest keine Steine in den Weg zu legen), wenn durch die Privatuniversität die Möglichkeiten zum Betreiben von wissenschaftlicher Forschung und Lehre im Geltungsbereich des Grundgesetzes erweitert würden.

Tatsächlich ist seit dem Ende der 1960er Jahre die anfängliche Skepsis gegenüber nichtstaatlichen Gründungs-Initiativen einer immer größeren Akzeptanz gewichen. Private Universitäten werden heute nicht mehr nur als argwöhnisch beäugte gelegentliche Ergänzung des staatlichen Bildungswesens toleriert, sondern als legitimer Teil der Bildungslandschaft grundsätzlich akzeptiert. 2011 gab es 13 private Universitäten und gleichgestellte Hochschulen, 82 private (Fach-) Hochschulen ohne Promotionsrecht und eine private Kunst- und Musikhochschule. Man denke an die:

  • 1982 als erste deutsche Privatuniversität anerkannte Universität Witten/Herdecke (UW/H) - nach wie vor die einzige deutsche Privat-Universität für Medizin (die auch traditionelle chinesische Medizin und Pflegewissenschaften sowie Business Economics und General Management sowie Philosophie anbietet; alle 1.400 Studierenden belegen zusätzlich ein kulturwissenschaftliches und künstlerisches studium fundamentale, das Wissen vermitteln soll; sehr gute Noten im CHE-Ranking für Human- und Zahnmedizin; ein Studium der Humanmedizin kostet rund 41.000, der Zahnmedizin 48.000 und ein Bachelor-Programm in Wirtschaft bis zu 33.600 Euro)
  • 1999 gegründete International University Bremen, die heute als Jacobs University Bremen firmiert und 40 Fächer aus den Bereichen Ingenieur-, Natur-, Sozial- und Geisteswissenschaften anbietet (1.400 Studenten aus über 100 Nationen; Unterrichtssprache Englisch; im CHE-Ranking Bestnoten in der Forschung in Biologie und Mathematik; 10.000 Euro pro Semester)
  • 2000 gegründete Bucerius Law School (mit Promotions- und Habilitationsrecht in Rechtswissenschaften; erstem Platz im CHE-Ranking; Studienabschluss mit erster Prüfung - ehem. Erstes Jur. Staatsexamen) - und Bachelor of Laws; Möglichkeit eines Philosophie-Zertifikats - „Philosophicum“; pro Trimester 4000 Euro).
  • 2003 gegründete Zeppelin Universität (ZU) in Friedrichshafen am Bodensee (Promotions- und Habilitationsrecht seit 2011; studiert werden können neben Wirtschaftswissenschaften auch Politik- und Verwaltungs-, Kultur-, Kommunikations- und Medienwissenschaften; CHE-Ranking Platz zwei für den BWL-Master und Platz vier für Politikwissenschaften; achtsemestriges Studium 30.000 Euro).

2.: Bedarf eine Privatuniversität der Anerkennung durch den Staat?

Nach gängiger juristischer Begrifflichkeit gehört eine Privatuniversität zur Kategorie der - nichtstaatlichen und nichtkirchlichen - "privaten Hochschulen". Private Hochschulen benötigen nach der Gesetzeslage (HRG § 70; LHG) eine staatliche Anerkennung. Zuständig ist die Regierung desjenigen Bundeslandes, in dem die Einrichtung ihren Sitz hat.


3.: Was wird im Hinblick auf die staatliche Anerkennung der neuen Einrichtung geprüft?

Geprüft wird unter anderem,

  • ob die Finanzierung für einen dauerhaften Betrieb gesichert ist
  • ob Ausbildung und Prüfungen denjenigen an staatlichen Hochschulen gleichwertig sind und
  • welchen hochschultypischen Charakter die neue Einrichtung hat (Rang einer Fachhochschule oder einer Universität).

4. Wer prüft? Die Prüfung erfolgt als Begutachtung seitens externer Professoren, die das Ergebnis ihrer Prüfung dem Ministerium melden.

5. Wie läuft so ein Anerkennungsverfahren zum Beispiel im Bundesland Bayern ab?

Das ist in den Artikeln 76-87 des Bayerischen Hochschulgesetzes geregelt.

Art. 76: (1) 1 Einrichtungen des Bildungswesens, die nicht staatliche Hochschulen (Art. 1 Abs. 2) sind und Aufgaben nach Art. 2 Abs. 1 wahrnehmen, können auf Antrag des Trägers durch das Staatsministerium als Hochschule staatlich anerkannt werden (nichtstaatliche Hochschule). 2 Mit der staatlichen Anerkennung werden Name, Sitz und Träger der Hochschule sowie die anerkannten Studiengänge und die mit deren Abschluss zu verleihenden akademischen Grade festgelegt. 3 Nachträgliche wesentliche Änderungen, insbesondere die Erweiterung des Studienangebots oder der Wechsel des Trägers, setzen eine Änderung der staatlichen Anerkennung nach Satz 2 voraus.

(2) 1 Die staatliche Anerkennung kann erteilt werden, wenn

  • die finanziellen Verhältnisse des Trägers erwarten lassen, dass die notwendigen Mittel zum Betrieb der Hochschule und für eine staatlichen Hochschulen gleichwertige Ausbildung dauerhaft bereitgestellt werden,
  • eine Mehrzahl von Studiengängen vorgesehen ist, die zu einem ersten berufsqualifizierenden Abschluss führen; dies gilt nicht, wenn innerhalb einer Fachrichtung die Errichtung einer Mehrzahl von Studiengängen durch die wissenschaftliche Entwicklung oder das entsprechende berufliche Tätigkeitsfeld nicht nahe gelegt wird,
  • nur Personen das Studium aufnehmen dürfen, die die Voraussetzungen für die Aufnahme in eine entsprechende staatliche Hochschule erfüllen,

die Lehraufgaben der Hochschule überwiegend von hauptberuflichen Lehrkräften wahrgenommen werden und die Lehrenden die Einstellungsvoraussetzungen erfüllen, die für entsprechende Tätigkeiten an staatlichen Hochschulen gefordert werden,

  • die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der hauptberuflichen Lehrkräfte gesichert ist,
  • die Angehörigen der Einrichtung an der Gestaltung des Studiums in sinngemäßer Anwendung der für staatliche Hochschulen geltenden Grundsätze mitwirken und
  • sichergestellt ist, dass die Einrichtung ihre Aufgaben im Rahmen der durch das Grundgesetz und die Verfassung des Freistaates Bayern gewährleisteten staatlichen Ordnung erfüllt.

2 Für kirchliche Einrichtungen kann das Staatsministerium Ausnahmen von Satz 1 Nrn. 2, 5 und 6, für theologische Studiengänge auch von Satz 1 Nr. 3, zulassen, wenn gewährleistet ist, dass das Studium dem Studium an einer staatlichen Hochschule gleichwertig ist. (3) Die staatliche Anerkennung kann zur Erprobung befristet erteilt werden.

ART. 77. RECHTSWIRKUNGEN DER ANERKENNUNG (1) 1 Mit der staatlichen Anerkennung erhält die Hochschule das Recht, im Rahmen der Anerkennung Hochschulprüfungen abzunehmen, Hochschulgrade zu verleihen und Zeugnisse zu erteilen; diese verleihen die gleichen Berechtigungen wie Hochschulprüfungen, Zeugnisse und Hochschulgrade gleicher Studiengänge an staatlichen Hochschulen. 2 Das an einer nichtstaatlichen Hochschule abgeschlossene Studium ist ein abgeschlossenes Hochschulstudium im Sinn dieses Gesetzes. - (2) Nichtstaatliche Hochschulen können mit staatlichen Hochschulen zusammenwirken; Art. 16 gilt entsprechend.

Art. 78 Erlöschen, Rücknahme und Widerruf der Anerkennung (1) 1 Die staatliche Anerkennung erlischt, wenn die Hochschule 1. nicht innerhalb eines Jahres seit Zustellung des Anerkennungsbescheids den Studienbetrieb aufnimmt, 2. ohne Zustimmung des Staatsministeriums länger als ein Jahr nicht betrieben wird oder 3. der Studienbetrieb endgültig eingestellt wird. 2 Die Frist nach Satz 1 Nr. 1 kann vom Staatsministerium verlängert werden. (2) Die staatliche Anerkennung ist zurückzunehmen, wenn die Voraussetzungen für die Anerkennung im Zeitpunkt der Erteilung nicht gegeben waren und diesem Mangel trotz Aufforderung des Staatsministeriums innerhalb einer gesetzten Frist nicht abgeholfen wird. (3) Die staatliche Anerkennung ist zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für die Anerkennung weggefallen sind und diesem Mangel trotz Aufforderung des Staatsministeriums innerhalb einer gesetzten Frist nicht abgeholfen wird. (4) 1 Eine Rücknahme oder ein Widerruf der Anerkennung nach den Vorschriften des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes bleibt unberührt. 2 Im Fall der Rücknahme oder des Widerrufs der staatlichen Anerkennung oder der Einstellung des Betriebs der Hochschule soll den Studierenden die Beendigung ihres Studiums ermöglicht werden.


Art. 79: LEHRKRÄFTE, HONORARPROFESSOREN UND HONORARPROFESSORINNEN

(1) 1 Die Beschäftigung von hauptberuflichen Lehrkräften bedarf der Genehmigung durch das Staatsministerium, die vom Träger, vom Leiter oder von der Leiterin der nichtstaatlichen Hochschule beantragt werden kann. 2 Dem Antrag ist insbesondere ein Gutachten über die fachliche, pädagogische und persönliche Eignung des Bewerbers oder der Bewerberin beizufügen. 3 Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn das Staatsministerium nicht innerhalb einer Frist von zwei Monaten gegen die Erteilung der Genehmigung Bedenken erhebt oder diese ablehnt. 4 Das Staatsministerium kann die Beschäftigung von Lehrkräften untersagen, wenn schwerwiegende Gründe vorliegen, insbesondere die Lehrtätigkeit nicht den Erfordernissen des Studiums und der Studien- und Prüfungsordnungen entspricht. 5 Hauptberufliche Lehrkräfte, die die Voraussetzungen des Art. 7 BayHSchPG erfüllen, können für die Dauer ihrer Beschäftigung die Berufsbezeichnung „Professor“ bzw. „Professorin“ führen. 6 Der Bezeichnung sind folgende Zusätze anzufügen: 1. Lehrkräfte an Hochschulen in kirchlicher Trägerschaft oder an Ordenshochschulen: „im Kirchendienst“ oder „im Ordensdienst“, 2. Lehrkräfte an privaten Hochschulen: „an der (Name der Hochschule)“ oder „im Privatdienst“. 7 Lehrkräfte, die wegen Erreichens der Altersgrenze oder Dienstunfähigkeit ausscheiden, dürfen die bisherige Berufsbezeichnung mit dem Zusatz „a.D.“ (= außer Dienst) weiterführen. 8 Bei einem Ausscheiden aus sonstigen Gründen darf die bisherige Berufsbezeichnung nach den Sätzen 6 und 7 geführt werden, wenn die Lehrkraft die entsprechende Tätigkeit mindestens zehn Jahre ausgeübt hat; die Führung bedarf der Zustimmung der Hochschule. (2) 1 An nichtstaatlichen Hochschulen können Honorarprofessoren und Honorarprofessorinnen unter den Voraussetzungen des Art. 25 BayHSchPG bestellt werden. 2 Die Bestellung bedarf der Genehmigung durch das Staatsministerium; Abs. 1 Sätze 2 und 3 gelten entsprechend. 3 Art. 26 und 27 Abs. 2 BayHSchPG gelten entsprechend. 4 Für den Widerruf der Genehmigung ist Art. 27 Abs. 1 BayHSchPG entsprechend anzuwenden.

Art. 80: Anwendung von Vorschriften für staatliche Hochschulen (1) Für nichtstaatliche Hochschulen gelten Art. 41 Abs. 2, Art. 42 bis 51 mit Ausnahme des Art. 42 Abs. 1, Art. 43 Abs. 8, Art. 46 Nr. 4 und Art. 47, 54 bis 58 mit Ausnahme des Art. 57 Abs. 3, Art. 60 bis 62 mit Ausnahme des Art. 61 Abs. 8 Satz 1 sowie Art. 64 bis 66 im Rahmen der staatlichen Anerkennung entsprechend. (2) Soweit nichtstaatliche Hochschulen in der Trä- gerschaft einer kirchlichen juristischen Person des öffentlichen Rechts Studienbeiträge nach den Grundsätzen von Art. 71 Abs. 1 bis 6 erheben, kann das Staatsministerium auf Antrag des Trägers die entsprechende Anwendung von Art. 71 Abs. 7 zulassen. (3) 1 Die für nichtstaatliche Hochschulen nach Abs. 1 erforderlichen Regelungen bedürfen des Einvernehmens mit dem Staatsministerium. 2 Die vor dem 1. Oktober 1993 vom Staatsministerium erlassenen Vorschriften bleiben in Kraft, solange und soweit die erforderlichen Regelungen nicht nach Satz 1 getroffen wurden. 3 Nichtstaatliche Hochschulen können zusätzliche Immatrikulationsvoraussetzungen festlegen.

ART. 81 PROMOTIONSRECHT UND HABILITATIONSRECHT. 1 Der Hochschule für Philosophie München, Philosophische Fakultät S. J., sind das Promotionsrecht und das Habilitationsrecht im Bereich der Philosophie verliehen. 2 Der Augustana-Hochschule Neuendettelsau sind das Promotionsrecht und das Habilitationsrecht im Bereich der Evangelischen Theologie verliehen. 3 Der Philosophisch-Theologischen Hochschule der Salesianer Don Boscos sind das Promotionsrecht und das Habilitationsrecht im Bereich der Katholischen Theologie verliehen. 4 Die Promotionsordnungen werden im Einvernehmen mit dem Staatsministerium erlassen. 5 In den Promotionsordnungen kann die Zuziehung eines Universitätsprofessors des Fachgebiets der Dissertation vorgesehen werden; im Übrigen gilt Art. 64 Abs. 1 entsprechend. 6 Das Habilitationsverfahren wird nach Maßgabe der im Einvernehmen mit dem Staatsministerium erlassenen Habilitationsordnung durchgeführt; die Vorschriften des Art. 65 Abs. 1 bis 9 gelten entsprechend. 7 Der Träger der Hochschule erteilt auf deren Antrag auf Grund der Feststellung der Lehrbefähigung die Lehrbefugnis; Art. 65 Abs. 10 sowie Art. 29 BayHSchPG gelten entsprechend. 8 Satz 7 gilt auch für die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt. 9 Im Übrigen kann nichtstaatlichen Hochschulen das Promotionsrecht und Habilitationsrecht durch Gesetz verliehen werden.

ART. 82. UNIVERSITÄT DER BUNDESWEHR MÜNCHEN. 1 Der Universität der Bundeswehr München sind das Promotionsrecht und Habilitationsrecht für die universitären Studiengänge im Rahmen der staatlichen Anerkennung verliehen. 2 Auf Antrag des Trägers kann das Staatsministerium das Recht einräumen, in bestimmten Studiengängen auch zivile Studierende auszubilden. 3 Die Art. 76 bis 80, 81 Satz 7 und Art. 85 gelten mit Ausnahme der Vorschriften des Art. 76 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 7 über die Anerkennung, des Art. 80 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 48 Abs. 2 und 3 sowie für die Überschreitung von Fristen gemäß Art. 80 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 61 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 und Abs. 6. 4 In den Hochschulprüfungsordnungen sind die Fristen für die Meldung zu Prüfungen, die Überschreitungsfristen und die Folgen einer von Studierenden zu vertretenden Überschreitung dieser Fristen zu regeln.

ART. 83. KIRCHLICHE HOCHSCHULEN. 1 Das Recht der Kirchen, ihre Geistlichen auf eigenen kirchlichen Hochschulen (einschließlich Ordenshochschulen) aus- und fortzubilden, bleibt unberührt. 2 Auf diese Hochschulen findet dieser Abschnitt mit Ausnahme des Art. 79 Abs. 2 keine Anwendung; Art. 81 bleibt unberührt. 3 Studiengänge, die nicht oder nicht nur die Aus- und Fortbildung von Geistlichen zum Gegenstand haben, können an kirchlichen Hochschulen nur auf Grund staatlicher Anerkennung eingerichtet werden.

ART. 84. ZUSCHÜSSE. (1) Träger von nichtstaatlichen Hochschulen haben keinen Anspruch auf staatliche Finanzhilfe. (2) 1 Auf Antrag gewährt der Freistaat nach Maßgabe des Staatshaushalts einer Kirche oder kirchlichen Stiftung des öffentlichen Rechts Zuschüsse zur Errichtung und zum Betrieb einer nichtstaatlichen Fachhochschule oder von Fachhochschulstudiengängen an einer staatlich anerkannten Universität. 2 Der Zuschuss zum laufenden Betrieb beträgt 80 v.H. des tatsächlichen nachgewiesenen Personal- und Sachaufwands, soweit dieser dem an vergleichbaren staatlichen Hochschulen entstehenden Aufwand entspricht. 3 Das Nähere wird durch Rechtsverordnung geregelt, in der auch eine Pauschalierung vorgesehen werden kann. 4 Im Übrigen können sonstigen Hochschulen in der Trägerschaft einer kirchlichen juristischen Person des öffentlichen Rechts Zuschüsse nach Maßgabe des Staatshaushalts gewährt werden.

ART. 85. AUFSICHT. (1) 1 Das Staatsministerium führt die Aufsicht über die nichtstaatlichen Hochschulen, über kirchliche Hochschulen nur, soweit sie staatlich anerkannte Studiengänge betreiben. 2 Es überwacht die Einhaltung der Voraussetzungen des Art. 76 Abs. 2. -(2) Im Rahmen seiner Aufsicht stellt das Staatsministerium sicher, dass die Prüfungen unter Beachtung der jeweils geltenden Rechtsvorschriften abgenommen werden; die Aufsicht schließt das Recht ein, den Prüfungsvorsitz zu bestimmen. - (3) 1 Der Träger sowie die Leiter und Leiterinnen der staatlich anerkannten Hochschulen sind verpflichtet, dem Staatsministerium Auskünfte zu erteilen und alle Unterlagen zugänglich zu machen, die zur Durchführung der Aufsicht erforderlich sind. 2 Das Staatsministerium kann im Benehmen mit der nichtstaatlichen Hochschule Besichtigungen und Besuche der Lehrveranstaltungen durchführen. 3 Art. 75 findet entsprechende Anwendung. -(4) Auf Verlangen des Staatsministeriums sind auf Kosten des Trägers die bei der Erfüllung der Aufgaben nach Art. 2 erbrachten Leistungen entsprechend Art. 10 zu bewerten.

ART. 87. UNTERSAGUNG, ORDNUNGSWIDRIGKEITEN.

(1) 1 Das Staatsministerium kann den Betrieb einer Einrichtung untersagen, soweit diese ohne Anerkennung nach Art. 76 oder ohne Feststellung oder Gestattung nach Art. 86 1. Hochschulstudiengänge durchführt, 2. Hochschulprüfungen abnimmt oder 3. akademische Grade verleiht. 2 Führt eine Einrichtung, ohne dazu berechtigt zu sein, die Bezeichnung Universität, Universitätsklinikum, Hochschule, Fachhochschule, Kunsthochschule, Gesamthochschule oder eine Bezeichnung, die damit verwechselt werden kann, ist vom Staatsministerium die Führung der Bezeichnung zu untersagen. 3 Die Führung eines akademischen Grades, der von einer Einrichtung im Sinn des Satzes 1 verliehen wurde, ist untersagt.

(2) Mit Geldbuße bis zu einhunderttausend Euro kann belegt werden, wer 1. unbefugt die Bezeichnung Universität, Universitätsklinikum, Hochschule, Fachhochschule, Kunsthochschule, Gesamthochschule oder eine Bezeichnung führt, die damit verwechselt werden kann, 2. eine Einrichtung, die Aufgaben nach Art. 2 Abs. 1 wahrnimmt, ohne staatliche Anerkennung nach Art. 76 errichtet oder betreibt, 3. ohne staatliche Anerkennung nach Art. 76 oder Feststellung oder Gestattung nach Art. 86 Hochschulstudiengänge durchführt, Hochschulprüfungen abnimmt oder akademische Grade oder Bezeichnungen, die akademischen Graden zum Verwechseln ähnlich sind, verleiht. (3) Mit Geldbuße bis zu fünftausend Euro kann belegt werden, wer unbefugt eine Berufsbezeichnung nach Art. 79 Abs. 1 Sätze 5 bis 8 führt.


6. Gibt es eine Möglichkeit, trotz verweigerter Anerkennung eine Privatuniversität zu betreiben?

Wenn die Einrichtung ohne Anerkennung tätig wird und z.B. akademische Grade verleiht, übertritt sie ein Verbot. Denn es ist verboten, ohne staatliche Anerkennung eine Bildungseinrichtung beispielsweise als "Universität" zu betreiben, Prüfungen abzunehmen und akademische Grade zu verleihen. Wer es trotzdem tut, begeht ein Delikt und kann entsprechend zur Rechenschaft gezogen werden.

7. Was könnte man nach einer verweigerten Anerkennung tun, um trotzdem noch zu einer Anerkennung zu gelangen?

Man kann

  • erstens alles tun, um die im Begutachtungsprozess festgestellten Mängel zu beheben
  • zweitens trotz drohender Sanktionen die Privatuniversität betreiben und dann gegen die Sanktionen klagen, um in einer Art Musterprozess die Rechtsgrundlagen der Verweigerung zu problematisieren
  • drittens die Verweigerung der Anerkennung - die ja einen Verwaltungsakt darstellt, gegen den Widerspruch eingelegt werden und gegen den auch geklagt werden kann - direkt angreifen, notfalls bis zur Verfassungsbeschwerde wegen Verletzung von Grundrechten (Artikel 2 I und 5 III GG?) vor dem Bundesverfassungsgericht..

8. Wie ließe sich eine Klage gegen die Verweigerung der staatlichen Anerkennung begründen?

Entweder man könnte die fehlerhafte Anwendung der Prüfkriterien durch die Prüfer behaupten (man erfülle die Kriterien, aber die Prüfer hätten Fehler gemacht) oder aber die Kriterien selbst als unangemessen angreifen (nicht die Gutachter haben Fehler gemacht, wohl aber der Gesetzgeber, als er die Kriterien aufstellte).

9. Ist die staatliche Anerkennung gleichbedeutend mit der Akkreditierung der Privatuniversität?

Die institutionelle Akkreditierung (Achtung: nicht die Akkreditierung einzelner Studiengänge) ist von der staatlichen Anerkennung zu unterscheiden.

Die Zuständigkeit für die institutionelle Akkreditierung der nichtstaatlichen Hochschulen liegt beim Wissenschaftsrat (WR).

Der WR berät die Bundesregierung und die Regierungen der Länder in Fragen der inhaltlichen und strukturellen Entwicklung der Hochschulen, der Wissenschaft und der Forschung. Wenn der WR einer von einem Bundesland staatlichen anerkannten Hochschule eine überzeugende Gesamtentwicklung attestiert, spricht er ihr eine (evtl. vorläufige) Akkreditierung aus.

Die Länder regeln dies explizit und ausnahmslos in ihren Landeshochschulgesetzen.

10. Hat das Bundesverfassungsgericht schon jemals eine Bestimmung des Hochschulrechts für verfassungswidrig erklärt?

Gar nicht so selten. Wenn das BVerfG zur Prüfung hochschulrechtlicher Bestimmungen aufgefordert wurde, hat es durchaus nicht immer alles abgenickt. Für verfassungswidrig hat es zum Beispiel erklärt:

  • im Jahre 1973 die Reduzierung der Professorenrechte in den Universitätsgremien, wie sie im Niedersächsischen Vorschaltgesetz vorgesehen war
  • im Jahre 2004 und im Jahre 2005 die 5. und 6. HRG-Novelle wegen Kompetenzanmaßung des Bundes in Angelegenheiten, die zur Sphäre der Länder gehörten. Die 5. HRG-Novelle wurde am 27.07.2004 mit 5 zu 3 Stimmen als Kompetenzüberschreitung in der Rahmengesetzgebung des Bundes beurteilt und ex tunc für nichtig erklärt (Juniorprofessur; Abschaffung der Habilitation). Geklagt hatten Bayern, Sachsen und Thüringen; die 6. HRG-Novelle (Art. 1 Nr. 3 und 4 des 6. HRGÄndG) wurde am 26.01.2005 mangels Gesetzgebungsrechts des Bundes für nichtig erklärt (Gebührenfreiheit des Studiums und Bildung verfasster Studierendenschaften). Geklagt hatten die Länder Bayern, Baden-Württemberg, Hamburg, Saarland, Sachsen und Sachsen-Anhalt.
  • im Jahre 2010 diejenigen Bestimmungen des Hamburgischen Hochschulgesetzes, welche die Kompetenzverteilung zwischen Dekanen und Fachbereichsräten betrafen. Die Bündelung grundlegender wissenschaftsrelevanter Kompetenzen beim Dekanat verletze die Wissenschaftsfreiheit. Den Wissenschaftlern, so das Gericht, seien durch das Hamburgische Hochschulgesetz wesentliche Entscheidungs-, Mitbestimmungs-, Kontroll- und Sanktionsbefugnisse insbesondere bei Berufungen und bei der Wahl und Abwahl der Dekanin vorenthalten worden.
"Die Wissenschaftsfreiheit fordert, die Hochschulorganisation und damit auch die hochschulorganisatorische Willensbildung so zu regeln, dass in der Hochschule freie Wissenschaft ungefährdet betrieben werden kann. Die Teilhabe der Wissenschaftler als Grundrechtsträger an der Organisation des Wissenschaftsbetriebs dient dem Schutz vor wissenschaftsinadäquaten Entscheidungen und ist daher grundrechtlich garantiert, soweit ihre Freiheit, zu forschen und zu lehren durch hochschulorganisatorische Entscheidungen gefährdet werden kann. Daher verlangt die Sicherung der Wissenschaftsfreiheit durch organisatorische Regelungen, dass die Träger der Wissenschaftsfreiheit sich durch ihre Vertreter in Hochschulorganen gegen Gefährdungen der Wissenschaftsfreiheit wehren und ihre fachliche Kompetenz zur Verwirklichung der Wissenschaftsfreiheit in die Universität einbringen können. Der Gesetzgeber muss ein hinreichendes Niveau der Partizipation der Grundrechtsträger gewährleisten. Zur Klärung der Frage, ob eine Regelung Strukturen schafft, die sich gefährdend auswirken können, sind nicht die zugewiesenen Kompetenzen im Einzelnen maßgebend, sondern das Gesamtgefüge der Hochschulverfassung. Dieses kann insbesondere dann verfassungswidrig sein, wenn dem Leitungsorgan substantielle personelle und sachliche Entscheidungsbefugnisse im wissenschaftsrelevanten Bereich zugewiesen werden, dem mit Hochschullehrern besetzten Gremium im Verhältnis hierzu jedoch kaum Kompetenzen und auch keine maßgeblichen Mitwirkungs- und Kontrollrechte verbleiben.
1. Verfassungsrechtlich unbedenklich sind solche Kompetenzen des Dekanats, bei denen dieses in weitem Umfang rechtliche Vorgaben und Beschlüsse von Kollegialorganen vollzieht. (... Was die Kompetenz des Dekanats angeht,) über die vom Berufungsausschuss vorgelegten Berufungsvorschläge zu beschließen, (...) ist allerdings auf verfassungskonforme Auslegung zu achten: der Fakultätsrat hat es selbst in der Hand, in der von ihm zu beschließenden Fakultätssatzung zu bestimmen, dass die die Berufungsausschüsse vom Fakultätsrat und nicht vom Dekanat eingesetzt werden. Das Dekanat entscheidet zwar über die Berufungsvorschläge, ohne formal an den vom Berufungsausschuss aufgestellten Berufungsvorschlag gebunden zu sein; es wird jedoch bei verfassungskonformer Auslegung nur in besonderen Ausnahmefällen vom Vorschlag des Berufungsausschusses abweichen dürfen. Zudem hat das Hochschulpräsidium bei seiner endgültigen Entscheidung nicht nur den Dekanatsvorschlag, sondern auch das Votum des Berufungsausschusses zu berücksichtigen.
2. Demgegenüber sind die Kompetenzen des Dekanats, die der Fakultät vom Präsidium zugewiesenen Haushaltsmittel zu bewirtschaften und über die Zuordnung von Stellen innerhalb der Fakultät zu entscheiden (§ 90 Abs. 5 Nr. 1 HmbHG) sowie die zukünftige Verwendung der Stelle bei freien oder frei werdenden Professuren und Juniorprofessuren auf der Grundlage des Struktur- und Entwicklungsplans der Hochschule zu überprüfen (§ 90 Abs. 5 Nr. 2 1. Alternative HmbHG), in Verbindung mit der subsidiären Auffangzuständigkeit des Dekanats nach § 90 Abs. 5 Nr. 7 HmbHG nicht mit der Wissenschaftsfreiheit vereinbar.
Dem Dekanat werden in diesen Bereichen weitreichende Steuerungsmöglichkeiten zugewiesenen, die nicht hinreichend durch Mitwirkungs-, Einfluss-, Informations- und Kontrollrechte des Fakultätsrats als kollegialem Vertretungsorgan der Grundrechtsträger in den §§ 90, 91 HmbHG kompensiert werden.
So fehlt dem Fakultätsrat ein Recht zur Mitwirkung an der Struktur- und Entwicklungsplanung, die die Grundlage zur Überprüfung der Stellenverwendung bildet. Es ist gesetzlich nicht vorgesehen, dass der Struktur- und Entwicklungsplan der Hochschule aus den Fachbereichen heraus entwickelt wird. Dieser wird vielmehr vom Hochschulrat beschlossen, in dem der Einfluss der Hochschullehrer stark begrenzt ist. Die einzelne Fakultät hat nach Maßgabe des § 91 Abs. 2 HmbHG rechtlich keine Möglichkeit, auf die Gestaltung des Struktur- und Entwicklungsplans einzuwirken. - Die Kontrollmöglichkeit des Fakultätsrats ist lediglich auf eine nicht näher konkretisierte „Kontrolle des Dekanats“ sowie ein Recht zur „Stellungnahme zu allen Angelegenheiten der Fakultät“ begrenzt. Selbst ein die sinnvolle und wirksame Ausübung dieses Kontrollrechts ermöglichendes umfassendes Informationsrecht gegenüber dem Dekanat steht ihm nach § 91 Abs. 2 HmbHG nicht zu.
Dieses Ungleichgewicht im Verhältnis von Leitungsorgan und Kollegialorgan wird auch nicht durch die Möglichkeit einer wirkungsvollen Einflussnahme auf die Zusammensetzung des Dekanats ausgeglichen. Der Fakultätsrat hat nach dem Hamburgischen Hochschulgesetz nur ein beschränktes Mitwirkungsrecht bei der Wahl des Dekans (§ 90 Abs. 1 Satz 3 HmbHG). Der Fakultätsrat hat den vom Präsidium ausgewählten Dekan, der nicht einmal Mitglied der Hochschule gewesen sein muss, lediglich zu bestätigen. Zwar ist durch das Bestätigungsrecht sichergestellt, dass niemand gegen den Willen des Fakultätsrats zum Dekan bestellt werden kann. Die Regelung begegnet aber dann Bedenken, wenn das Wahlrecht des Fakultätsrats für dieses Kollegialorgan ein notwendiges Kontrollinstrument ist, weil ihm im Übrigen zugunsten des Leitungsorgans nahezu alle wesentlichen Kompetenzen entzogen sind.
Die Verfassungswidrigkeit des durch die §§ 90, 91 HmbHG konstituierten hochschulorganisatorischen Gesamtgefüges ergibt sich jedenfalls aus den unzureichenden Rechten des Fakultätsrats bezüglich der Abwahl des Dekans. Dem Fakultätsrat kommt lediglich das Recht zu, mit einer Mehrheit von drei Vierteln seiner Mitglieder dem Präsidium die Abwahl des Dekans vorzuschlagen (§ 90 Abs. 4 Satz 3 HmbHG), und ist nicht selbst befugt, über die Abwahl zu entscheiden (§ 90 Abs. 4 Satz 2 HmbHG). An seinen Vorschlag ist das Präsidium auch nicht gebunden, so dass der Fakultätsrat keine Möglichkeit hat, sich selbstbestimmt von einem Dekan zu trennen, der nicht mehr als Leitungsorgan akzeptiert wird. Das ist deshalb im hochschulorganisatorischen Gesamtgefüge besonders schwerwiegend, weil der Fakultätsrat nach dem Hamburgischen Hochschulgesetz auch nicht über andere Einfluss-, Kontroll-, Veto- und Informationsrechte verfügt, so dass das Fehlen einer Befugnis zur Abwahl des Dekans eine Kontrolle des Dekanats durch den Fakultätsrat faktisch unmöglich macht.

11. Gibt es Ansatzpunkte für eine verfassungsrechtliche Kritik der aktuellen staatlichen Anerkennungs- und institutionellen Akkreditierungsverfahren? könnten verfassungsrechtlich bedenklich sein?

11.1 Die staatliche Anerkennung

Denkbar wäre eine prinzipielle Argumentation gegen das Recht des Staates zur Anerkennung oder Nichtanerkennung einer privaten Universität. Dem Staat komme dieses Recht aufgrund von Art. 5 Abs. 3 GG gar nicht zu. Das gemäß Art.1 Abs. 3 GG als unmittelbar geltendes Recht alle drei Staatsgewalten bindende Freiheitsrecht stehe einer staatlichen Alleinzuständigkeit in Anerkennungsdingen entgegen.


Eine andere Möglichkeit: einzelne hochschulrechtliche Kriterien des Anerkennungsverfahrens könnten unangemessen sein und die allgemeine Handlungsfreiheit nach Artikel 2 I GG und die Wissenschaftsfreiheit aus Artikel 5 III 1 GG in Verbindung mit Artikel 1 III GG ("Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht") verletzen. Denkbar wäre, dass einige Regelungen des HRG und der LHG dann ex tunc oder ex nunc nichtig wären oder zumindest im Wege einer verfassungskonformen Auslegung anders als bisher zu interpretieren wären.


11.2 Die institutionelle Akkreditierung

Der Wissenschaftsrat wäre hinsichtlich seiner Qualifikation für seine zentrale Rolle im Prozess der Akkreditierung einer Privatuniversität zu analysieren. Das größte Hemmnis gegen eine freie Selbstorganisation der Wissenschaftler aber geht vom Wissenschaftsrat aus, der schon am 5. Sept. 1957 durch den grundgesetzwidrigen Vertrag zwischen dem Bund und den Ländern etabliert worden ist. Die mit dem Wissenschaftsrat verbundene Grundgesetzverletzung ist bereits an der Zwecksetzung des Wissenschaftsrats zu erkennen, die nach der Fassung vom 1.1.2008 wie folgt bestimmt ist: „Der Wissenschaftsrat hat die Aufgabe, im Rahmen von Arbeitsprogrammen übergreifende Empfehlungen zur inhaltlichen und strukturellen Entwicklung der Wissenschaft, der Forschung und des Hochschulbereichs zu erarbeiten sowie zur Sicherung der internationalen Konkurrenzfähigkeit der Wissenschaft in Deutschland im nationalen und europäischen Wissenschaftssystem beizutragen.“ Dieser Wissenschaftsrat ist demnach nur ein Feigenblatt, um dem Staat die grundgesetzlich nicht erlaubte Steuerung von Wissenschaft, Forschung und Lehre in Form von Empfehlungen aus der Hand von Wissenschaftlern angetragen zu bekommen. Die Zusammensetzung und Arbeitsweise des Rates ist im Vertrag diktatorisch festgelegt, und eine Qualifikationssicherung nicht vorgesehen. Darum konnte es geschehen, dass im derzeitigen Wissenschaftsrat die Disziplinen, die die Wissenschaft selbst zu ihrem Forschungsgegenstand machen, die Philosophie und die Wissenschaftstheorie, gar nicht im Rat vertreten sind. Durch diesen Qualifikationsmangel des Wissenschaftsrats konnte der absurde Gedanke in das Hochschulrecht eindringen, den Fakultäten vorzuschreiben, ihre Studiengänge von privaten, minderqualifizierten aber amtlich befugten Büros akkreditieren zu lassen und keine Freiheit zur Einheit von Forschung und Lehre mehr zuzulassen. Wissenschaftliche Qualifikation wird nur durch Habilitationen in den Fakultäten nachgewiesen. Qualitätssicherung von Studiengängen kann nur von Habilitierten ausgehen, und nicht von Akkreditierungsbüros.


Welche Institution könnte mit besserer Qualifikation an die Stelle des Wissenschaftsrats bei Fragen der Akkreditierung treten? Was spräche für eine Allgemeine deutsche Wissenschaftskammer und welche Merkmale müßte sie aufweisen?

Die Kammer soll nach dem Willen des Sokrates-Universitäts-Vereins die einzige Institution sein, die das Recht hat, wissenschaftliche Bildungs- und Forschungseinrichtungen als Universitäten anzuerkennen.


Wenn dann der Sokrates-Universitäts-Verein e.V. nach den von der Wissenschaftskammer aufgestellten Bedingungen für die Zuerkennung des Prädikates 'Universität' bei dieser Kammer den Antrag auf Zuerkennung des Universitäts-Prädikates stellt und den Zuschlag erhält, weil er die dazu erforderlichen Bedingungen erfüllt hat, dann wird sich der bisherige Sokrates-Universitäts-Verein e.V. nach seiner eigenen Satzung in die Sokrates Universität verwandeln.

Das Bundesland, in dessen Gebiet die Bildungs- und Forschungseinrichtung, die sich dann Sokrates Universität nennt, angesiedelt ist, müßte nach dessen Hochschulgesetz eine Geldbuße androhen oder verhängen. Käme es zu einem Rechtsstreit, dann ginge es um die Ungültigkeit des LHG. Das hätte unabsehbare rechtliche Konsequenzen. Auch drohte den Antragstellern die Entziehung ihrer Grundrechte nach Art. 18 GG, der da lautet: "Wer die Freiheit der Meinungsäußerung, insbesondere die Pressefreiheit (Artikel 5 Absatz 1), die Lehrfreiheit (Artikel 5 Absatz 3), die Versammlungsfreiheit (Artikel 8), die Vereinigungsfreiheit (Artikel 9), das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis (Artikel 10), das Eigentum (Artikel 14) oder das Asylrecht (Artikel 16a) zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung mißbraucht, verwirkt diese Grundrechte. Die Verwirkung und ihr Ausmaß werden durch das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen."

Nach Erschöpfung des Rechtswegs ginge das Verfahren zum Bundesverfassungsgericht. Dort ginge es um die Grundgesetzwidrigkeit der Länderhochschulgesetze.

Diese Feststellung ist bisher nicht erfolgt, weil es dazu eines Geschädigten bedürfte. Der Geschädigte wäre dann die Sokrates Universität, die dann auch beim Bundesverfassungsgericht antragsberechtigt wäre.

Denkbar wäre, daß die Landeshochschulgesetze (nach denen eine staatliche Anerkennung für Bildungseinrichtungen, die sich ohne staatliche Anerkennung 'Universität' nennen, gefordert wird) grundgesetzwidrig wären - eventuell sogar null und nichtig, weil es hier um die grobe Verletzung eines Grundrechts geht, von dem eine bindende Wirkung auf die drei Staatsgewalten als "unmittelbar geltendes Recht" ausgeht.

Die Wissenschaftsfreiheit bedeutet, dass insbesondere alle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Bundesrepublik Deutschland aufgerufen sind, sich demokratisch selbst zu organisieren, um alles, was allgemein in Bezug auf einen geordneten Wissenschafts-, Forschungs- und Lehrbetrieb zu regeln ist, in Formen zu bringen, durch die ein erfolgreiches wissenschaftliches Fortschreiten in Freiheit zum Wohl der Menschheit sichergestellt wird.

Diese Selbstorganisation der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zur Sicherung von Art. 5 Abs. 3 GG hat seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland durch ihr Grundgesetz nicht stattgefunden.

Es hat nur die Gründung verschiedenster Wissenschaftler-Organisationen gegeben, die weitgehend staatlich oder von anderen mächtigen und kapitalstarken Organisationen beherrscht werden oder die lediglich für demokratische Gesellschaftsformen eintreten, so dass speziell die Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre gemäß Art. 5 Abs. 3 GG nicht gesichert worden ist.

12. Denkbare Forderungen

Die akademische Forderung unserer Zeit muß darum lauten: Dem Grundgesetz wieder Geltung verschaffen: Befreiung der Deutschen Universitäten von der Zuchtmeisterei des Wissenschaftsrats! Selbstverantwortete Freiheit für Forschung und Lehre! Alle deutschen Wissenschaftler, die sich an einer Fakultät einer deutschen Universität promoviert oder habilitiert haben -- Die Deutschen Universitäten sind durch staatliche Gängelung des grundgesetzwidrigen HRG’s zerstört worden. Wie können sie wiederbelebt und gesichert werden? Durch den sogenannten „Bologna-Prozeß“, der im HRG festgeschrieben wurde, sind die deutschen Universitäten zu Berufsschulen degradiert worden. Nicht nur die deutschen Universitäten, sondern alle europäischen Universitäten sind historisch gewordene Vereinigungen von Wissenschaftlern, in denen der Begriff der Wissenschaft entwickelt und diesem gemäß Forschung und Lehre zum Wohle der ganzen Menschheit gepflegt und betrieben wurde. Die deutschen Universitäten waren insbesondere wesentlich durch das Humboldt’sche universitäre Bildungs-Ideal der Einheit von Forschung und Lehre miteinander vereint, das nun durch den Bologna-Prozeß zerstört ist. Wir brauchen zur Verwirklichung der grundgesetzlich garantierten Freiheit von Forschung und Lehre ein Gesetz zur Einrichtung von Wissenschaftskammern für Bund und Länder, von denen Forschung und Lehre an den Universitäten koordiniert werden, denen die Anerkennung als Universitäten obliegt und die Vereinbarung und Anerkennung von Universitätsabschlüssen. Unsere Universitäten sind uralte gewachsene Strukturen von Forschung und Lehre mit eigenen Gesetzmäßigkeiten, und darum sind Universitäten keine Schulen und mithin keine Hochschulen im Sinne höherer Berufsschulen. Das sind die Hochschulen, aber nicht die Universitäten. Durch das HRG wird der Art. 5, Abs.3 GG in vielfältiger Weise verletzt. Das Grundrecht der Freiheit von Forschung und Lehre nach Art. 5, Abs. 3 gilt nicht nur für die einzelnen wissenschaftlichen Forscher und Lehrer, sondern gemäß Art. 19, Abs. 3 GG auch für die Universitäten. Dies sind die historisch gewordenen Selbstorganisationsformen der Wissenschaftler, um wissenschaftliche Forschung und Lehre in Freiheit betreiben zu können. Diese Freiheit ist eine unabdingbare Voraussetzung insbesondere für die Grundlagenforschung, wie sie schon von Kant in seinem letzten großen Werk „Der Streit der Fakultäten“ für alle Wissenschaften der damaligen Philosophischen Fakultät gefordert und für die theologische, die juristische und die medizinische Fakultät angedacht wurde. Durch das HRG wird den Universitäten ein Schulstatus aufgezwungen, Art. 5, Abs. 3 GG außer Kraft gesetzt und die Universitäten gemäß Art. 7, Abs. 1 GG so wie alle Schulen der staatlichen Aufsicht unterstellt. Die Universitäten sind aber autonome kulturelle Lebewesen, die ihre Existenz durch die Habilitation in ihren Fakultäten erhalten, indem durch die Habilitation sie selbst ihre Mitglieder als Universitätslehrer hervorbringen. Als autonome Einrichtungen der Forschung und der Lehre darf der Staat die Mitglied-schaft an den Universitäten gemäß Art. 5 Abs.3 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG nicht durch die Anstellungsverhältnisse bestimmen, wie es in § 36 Abs. HRG datgestellt wird, was freilich keine Rechtskraft besitzen kann, weil dies dem Grundgesetz widerspricht. Der nötige Schritt zur Verwirklichung der Wiederherstellung der Autonomie der Universitäten ist eine kleine Änderung im HRG, indem in dessen § 1 zwei Worte und ein Komma, nämlich die beiden Worte „die Universitäten“ und das nachfolgende Komma gelöscht werden, so daß der § 1 HRG in seiner grundgesetzkompatiblen Form lautet: „§ 1 Anwendungsbereich Hochschulen im Sinne dieses Gesetzes sind die Pädagogischen Hochschulen, die Kunsthochschulen, die Fachhochschulen und die sonstigen Einrichtungen des Bildungswesens, die nach Landesrecht staatliche Hochschulen sind. Dieses Gesetz betrifft, soweit dies in § 70 bestimmt ist, auch die staatlich anerkannten Hochschulen.“ Die durch diese Änderung des HRG notwendig gewordenen Regelungen für den Betrieb der deutschen staatlichen und privaten Universitäten sollten in einem Gesetz zur Errichtung einer deutschen Wissen-schaftskammer niedergelegt und vom Deutschen Bundestag beschlossen werden. Die Bewältigung der Aufgabe, die dazu nötigen Gesetzesformulierungen zu erarbeiten, wird der Sokrates-Universitäts Verein e.V. auf seinen wissenschaftlichen Tagungen und in besonderen Fachgruppen vorantreiben.


Literatur

Albrecht, Peter-Alexis (2004) Die Vernichtung des Individuellen. Vom Ende der universitären Freiheit in Forschung und Lehre. In: Forschung und Lehre 12.2004: 650 ff.

Heckel, Martin (1986) Die theologischen Fakultäten im weltlichen Verfassungsstaat. Tübingen: Mohr

Hoymann, Tobias (2010) Der Streit um die Hochschulrahmengesetzgebung des Bundes. Politische Aushandlungsprozesse in der ersten großen und der sozialliberalen Koalition. VS-Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden.

Illich, Ivan (1971) Deschooling Society

Mühl-Jäckel, Margarethe (2010) Ist das Akkreditierungsverfahren verfassungswidrig? FAZ 8. August

Pautsch, Arne & Anja Dillenburger (2011) Kompendium zum Hochschul- und Wissenschaftsrecht. De Gruyter, Berlin, ISBN 978-3-89949-715-1.

Thieme, Werner (2004) Deutsches Hochschulrecht. Das Recht der Universitäten sowie der künstlerischen und Fachhochschulen in der Bundesrepublik Deutschland. 3. Auflage. Heymanns, Berlin, München, ISBN 3-452-24763-5.

Wissenschaftsrat (2012) Private und kirchliche Hochschulen aus Sicht der Institutionellen Akkreditierung

Wissenschaftsrat (2013) Perspektiven des deutschen Wissenschaftssystems