Ein Typus (griechisch typos: Gepräge, Muster, Urbild, Vorbild) ist eine gedankliche Konstruktion, die Einheiten (z.B. menschliche Individuen) je nach Merkmalsausprägungen (z.B. Sehvermögen) gruppiert und bezeichnet (z.B. in Normalsichtige, Kurzsichtige und Weitsichtige - oder in Normalsehende, Halbblinde, Vollblinde). Oft bleibt es nicht bei der Klassifikation nach der Ausprägung eines Merkmals, sondern es werden Merkmalskombinationen gebildet. Der Ausdruck "typisch deutsch" verweist für denjenigen, der diesen Ausdruck benutzt, auf eine Kombination einer Vielzahl von Merkmalsausprägungen (evtl.: humorlos, gewissenhaft, autoritätshörig, pünktlich). Im Alltagsleben werden abstrakte und komplexe Typisierungen von Multi-Merkmals-Kombinationen häufig gebildet und dienen als Stereotype der vereinfachten Orientierung und der verallgemeinernden Erklärung, bzw. Prognose. Die empirische Basis von (Stereo-) Typen ist oft ebenso unklar wie die Berechtigung der Schlussfolgerungen auf andere Merkmalsausprägungen im Einzelfall. Hinzu kommt, dass (Stereo-) Type nicht zuletzt als Waffe im sozialen bzw. politischen Konflikt benutzt werden und sowohl der Mobilisierung als auch der Eskalation dienen. Die Typenbildung in der Wissenschaft, nicht zuletzt auch der Kriminologie, zeigt - wie die historische Erfahrung lehrt - vergleichbare Vor, vor allem aber auch Nachteile. Die Lehre von der Typenbildung ist daher ein zwar bis heute wichtiges und in der Praxis unverzichtbares, zugleich aber auch mit großer Umsicht und wissenschaftlichen Skrupeln zu behandelndes Gebiet der Kriminologie ebenso wie der Kriminalistik.

Der Typusbegriff wurde in die Sozialwissenschaften durch den Österreicher Carl Menger (1883) eingeführt. Max Weber verfeinerte die Lehre von der Typenbildung in der Soziologie. In der Kriminologie spielte die Unterscheidung von Tätertypen von Anfang an eine Rolle; daneben gab und gibt es Gruppenzuordnungen von Gefängnissen (nach dem Grad der Sicherheit oder Geschlossenheit der jeweiligen Anstalten), von Polizeibeamten (nach ihrer Berufsauffassung und ihrem Stil der Berufsausübung) und viele andere meist weniger beachtete Typenbildungen. Man denke an Straftyen (Körperstrafen, Freiheitsstrafen, Geldstrafen, andere Strafen) und ähnliches.


Typenbildung

Typenbildung ist ein Gruppierungsprozess, "bei dem ein Objektbereich anhand eines oder mehrerer Merkmale in Gruppen bzw. Typen eingeteilt wird" (Kluge 2000). Das Prinzip der Einteilung besteht meist darin, eine möglichst hohe interne Homogenität auf der Ebene des einzelnen Typus zu erzielen (so dass alle, die dieser Gruppe zugeordnet werden, sich möglichst ähnlich sind), aber eine möglichst hohe externe Heterogenität zwischen den Typen (so dass eine möglichst klare Unterscheidung zwischen den Typen möglich wird; vgl. Kluge 1999: 26 ff.).

Wissenschaftlich begründete Typenbildung sollte sich nach Kluge (1999; 2000) nicht in der Unterteilung nach Merkmalsausprägungen bzw. Kombinationen von Merkmalen erschöpfen, sondern darauf achten, dass zwischen den einzelnen Merkmalsausprägungen, die einem Typus zugeordnet sind, nicht nur empirische Regelmäßigkeiten bestehen (Kausaladäquanz), sondern auch inhaltliche Sinnzusammenhänge (Sinnadäquanz).

Darüber hinaus wäre es weniger riskant, wenn die Typenbildung rein deskriptiv vorgeht und nicht um Deckungsgleichheit zwischen deskriptiven Unterschieden und Wertungsunterschieden Kongruenz herzustellen.


Literatur

Kluge, Susann (2000, Januar). Empirisch begründete Typenbildung in der qualitativen Sozialforschung [20 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research [On-line Journal], 1(1), Art. 14g. Verfügbar über: http://www.qualitative-research.net/fqs-texte/1-00/1-00kluge-d.htm [08.01.2008].


Lazarsfeld, Paul F. & Barton, Allen H. (1951). Qualitative Measurement in the Social Sciences. Classification, Typologies, and Indices. In Daniel Lerner & Harold D. Lasswell (Eds.), The Policy Sciences (pp.155-192). Stanford University Press.