Trial 2 (Titelbilder)

2. No contexto da publicidade opressiva, a publicação de fotos de acusados em capas de revistas e jornais de modo a execrar a sua imagem pode ser considerada uma violação?

2. In the context of overwhelming advertising, can the publishing photos of the accused on magazine covers and newspapers in order to execrate his image be considered a violation?

Kann die Publikation von Bildern eines Angeklagten auf den Titelseiten von Zeitungen und Zeitschriften eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten darstellen, wenn sie im Rahmen "negativer Publizität" und auf eine Weise geschieht, die sein Ansehen in der Öffentlichkeit herabsetzt?


Antwort

Die Titelseite ist der meistgesehene, meistgelesene und meist auch verkaufsentscheidende Teil einer jeden Zeitung oder Zeitschrift. Das Foto soll die Kunden ansprechen, die Schlagzeile soll sie neugierig machen, das Cover soll nach Möglichkeit zudem im Konkurrenzkampf bestehen und die Unverwechselbarkeit und besondere Qualität des Print-Produkts unterstreichen. Im Falle negativer Titelbilder geht von der Titelseite einer Zeitung oder Zeitschrift daher auch eine besondere Breitenwirkung aus. Das Stigmatisierungspotential ist hier außerordentlich hoch.

Es gibt durchaus Fälle, in denen speziell auf die Titelseite von Zeitungen oder Zeitschriften Bezug genommen wurde, um die Einstellung eines Strafverfahrens zu veranlassen.


1 bei Prinz nachsehen/nachfragen.

2 Im Falle des My Lai Massakers wurde ein Titelbild zum Anlass für die Einstellung des Prozesses genommen. Das ist kritisiert worden. Erstens weil die Wirkung des Titelbildes auf die Jury nicht geprüft wurde - die war möglicherweise sogar entlastend - und zweitens, weil die Dimension der Tat berechtigterweise eine breite Darstellung in den Medien zur Folge haben muss und damit bei ähnlichen Fällen es überhaupt nie zu einem Strafprozesse kommen könnte.

3 In Europa ist mir kein Fall bekannt.

4 Ethik der Justiz, sich die Risiken der Befangenheit bewusst zu machen; trotz Medienberichterstattung den Grundsatz in dubio pro reo zu beherzigen, und ggf. bei einem Schuldspruch die Belastungen durch die prejudicial publicity strafmildernd zu berücksichtigen.

Material

Der Geldentschädigungsanspruch soll dem Verletzten einen ideellen Ausgleich für die erlittene Beeinträchtigung seiner Persönlichkeit bieten. Die Geldentschädigung soll derart bemessen sein, dass der in seinen Persönlichkeitsrechten verletzte eine fühlbare Genugtuung für den widerrechtlichen Eingriff in seine durch das Grundgesetz geschützte Persönlichkeitssphäre erhält.

Zum anderen sollen der Verletzer und auch potentielle Nachahmer durch die Zahlungsverpflichtung abgeschreckt werden, ebensolche Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht Dritter künftig zu begehen. Diese Präventivfunktion wird nicht zuletzt seit den bekannten Entscheidungen zur Persönlichkeitssphäre Caroline von Monaco anerkannt. Voraussetzungen des Geldentschädigungsanspruch im Falle einer Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts

Der Geldentschädigungsanspruch entsteht nicht in jedem Fall einer Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts, da verhindert werden soll, dass Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts in eine Quelle zusätzlichen Gelderwerbs umgewandelt werden.

Eine Geldentschädigung setzt daher eine rechtswidrige und schuldhafte Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts voraus, die nicht auf andere Weise beseitigt werden kann. Schwerwiegender und rechtswidriger Eingriff

Der Eingriff in die Persönlichkeitsrechte muss schuldhaft erfolgen und im Rahmen einer Interessenabwägung zu dem Ergebnis führen, dass der Verletzter keinerlei berechtigte Interessen an der Äußerung, Bildveröffentlichung etc. haben konnte. Dies gilt es im Einzelfall zu prüfen. Besonders schwerwiegende Eingriffe können insbesondere vorliegen, wenn die Intimsphäre betroffen ist, die Persönlichkeit bzw. das Bild im gesamten gemindert wird, im Falle von Schmähkritik, bei Verletzungen des Rechts am eigenen Bild oder wenn es immer wieder zu der gleichen Art von Verletzung kommt. Das Verschulden wird stets angenommen, wenn grob fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt wurde. Im Falle der Medienberichterstattung ist dies der Fall, wenn die den Medien zugrunde liegenden Sorgfaltspflichten auf besonders grobe Art und Weise missachtet wurden (Bsp.:Fotograf dringt in ein Haus ein oder betritt fremdes Grundstück). Kein anderer Ausgleich der Beeinträchtigung – Subsidiarität

Der Geldentschädigungsanspruch kommt zudem nur dann in Betracht, wenn kein anderer Ausgleich der Beeinträchtigung möglich ist. Es ist daher zunächst zu prüfen, ob die Interessen der geschädigten Person möglicherweise bereits durch einen anderen Anspruch hinreichend ausgeglichen wurden. In Betracht kommen dabei insbesondere die Ansprüche auf Unterlassung und der Berichtigungsanspruch (Widerruf und/ oder Richtigstellung) bzw. die Gegendarstellung. Es muss im Einzelfall im Wege der Gesamtwürdigung geprüft werden, ob tatsächlich ein Ausgleich der Verletzung nicht allein mit der Unterlassung, dem Widerruf oder bspw. der Gegendarstellung erreicht werden kann. Die Geldentschädigung muss sich daher als unabwendbares Bedürfnis darstellen, dem Verletzten auch eine finanzielle Genugtuung zu verschaffen. Höhe der Geldentschädigung im Falle einer Persönlichkeitsrechtsverletzung

Die Bemessung der Höhe der Geldentschädigung wird von mehreren Faktoren beeinflusst. Hervorzuheben sind dabei insbesondere die Schwere der Verletzung und der möglicherweise durch die Verletzung erzielte Gewinn. Unerheblich bei der Bemessung des Geldanspruchs ist grundsätzlich die Prominenz der Person. Einer unbekannten Person können ebensolche Summen zugesprochen werden wie einem Prominenten im Falle einer Persönlichkeitsrechtsverletzung. Geldentschädigung wegen Verletzung von Persönlichkeitsrechten - Beispiele

rechtswidrige Berichterstattung der „Bild“ Fall Kachelmann, 635.000 Euro, LG Köln Az. 28 O 2/14 und 28 O 7/14

werbliche Nutzung eines Bildnisses ohne Zustimmung (Joschka Fischer), 200.000 Euro Geldentschädigung, LG Hamburg AfP 2006, 585.

Fotoveröffentlichung durch die Zeitschrift "Gala", 200.000 DM "Schmerzensgeld" Prinzessin Caroline von Monaco, OLG Hamburg, 3 U 60/93

Fotoveröffentlichung durch ”Bunte“ - Prinzessin Caroline von Monaco - 180.000 DM, OLG Hamburg 7 U 138/99

Veröffentlichung von Paparazzi-Fotos durch die Zeitschriften ”Die Aktuelle” & ”Die Zwei”. 5 Jahre alte Tochter von Prinzessin Caroline von Monaco - 150.000 DM Entschädigung, BGH VI ZR 255/03

hartnäckige Veröffentlichung von Babyfotos - 150.000 DM Entschädigung , BGHZ 160, 298

Veröffentlichung von Nacktfotos mit ihren Kindern und Lebensgefährten an abgelegenen Strand. Hera Lind - 150.000 DM Entschädigung, LG Hamburg, 324 O 68/01

sexuelle Anspielungen in einer TV-Sendung. 16-jähriges Mädchen hat „Lisa Loch“, aufgrund Namens mit Pornobranche in Zusammenhang gebracht - 70.000 EUR Entschädigung, OLG Hamm, Az.: 3 U 168/03

Sex-Spiel der „Bild“ im Internet „Klick die Ermakova“ - 90.000 DM Entschädigung, LG München I, 9 O 11617/01

persönlichkeitsrechtsverletzendes Computerspiel - 90.000 DM Entschädigung, LG München NJW-RR 2002, 689

Bezeichnung als "Kinderschänder" in den Medien trotz Freispruchs, 75.000 DM, LG Ansbach NJW RR 1997 978

Fernsehbericht über Chefarzt - 80.000 DM Entschädigung, BGH NJW 1997, 1148

Andichtung eines sexuellen Verhältnisses, 70.000 DM Entschädigung, Oberlandesgericht Köln Urteil vom 18.05.1999 - 15 U 4/99

Veröffentlichung von Privatfotos von ihr auf der Titelseite durch „Bild“. Freundin von Herbert Grönemeyer - 25.000 Euro "Schmerzensgeld", LG Berlin13.01.200427 O 348/03

Veröffentlichung von Fotos einer Frau mit grobflächig verpixeltem Gesicht. Berichterstattung über Strafprozess über Mann wegen Veröffentlichung pornografischer Bilder im Internet. Frau hatte mit dem Geschehen aber nichts zu tun - 25.000 Euro Entschädigung,LG Hamburg, Urteil vom 20.10.2006 - 324 O 922/05

nachweislich falsche Zeitungsberichterstattung über Ermittlungsverfahren - 25.000 Euro Entschädigung, OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 15.05.2014, Az. 16 U 179/13.

„Caroline im Bett im Udo Jürgens“ - 20.000 Euro Entschädigung, BGH, NJW 2004, 1034

„Puff-Politiker“, 20.000 Euro Entschädigung, BGH VI ZR 227/07.

pornografische Fotomontage im Internet - 15.000 Euro "Schmerzensgeld", OLG Oldenburg 11.8.2015, 13 U 25/15.

Veröffentlichung eines Nacktfotos durch ”Focus”.Nina Hagen - 30.000 DM Entschädigung, LG Berlin, 27 O 533 / 00

unwahre Behauptung mit Namensnennung, 10.000 DM Entschädigung, OLG Karlsruhe NJW-RR 1996, 477

Vorzimmeraffäre – LG Berlin AfP 2004, 150 – 5.000 Euro

William Calley, 31, ehemaliger US-Oberleutnant, ist aus dem Militärgefängnis entlassen worden. Calley war im März 1971 als verantwortlicher Offizier für das Massaker an den Bewohnern des südvietnamesischen Dorfes My Lai zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Die Strafe wurde später auf zwanzig und dann auf zehn Jahre reduziert. Bezirksrichter J. Robert Elliott aus dem Bundesstaat Georgia hob jetzt auf einen Antrag Calleys hin das Kriegsgerichtsurteil gegen den Ex-Offizier auf: Es sei aus verfassungsrechtlichen Gründen "ungültig", weil die My-Lai-Affäre vor dem Verfahren gegen Calley eine der Prozeßführung abträgliche Publizität genossen habe. In einer persönlichen Erklärung fügte Richter Elliott hinzu: "Krieg ist Krieg, und es ist keinesfalls ungewöhnlich, daß unschuldige Zivilisten wie die Opfer von My Lai getötet werden ... Im Zweiten Weltkrieg befahl Churchill der Royal Air Force, deutsche Städte nächtens mit Bombenteppichen zu belegen, und Eisenhower ließ seine Bomber-Armada das Gemetzel hei Tag fortsetzen. Eine halbe Million Deutsche kamen dabei um, doch Churchill wurde als der große Mann des 20. Jahrhunderts gefeiert, und Eisenhower wurde zweimal zum Präsidenten gewählt." Die US-Armee, seinerzeit als Klägerin aufgetreten, will gegen die Freilassung Calleys Berufung einlegen.

Es ist ein Hickhack um wenige Tage. Altkanzler Gerhard Schröder sagt, es sei der 9. Dezember 2005 gewesen, als ihm ein Posten im Aufsichtsrat der neuen Gasprom-Tochter "NEGP Company" angeboten wurde. Der Journalist Jürgen Roth gab in seinem Buch "Der Deutschland-Clan" einen weit früheren Termin dafür an und berichtete dann, dass sich Gerhard Schröder am 1. Dezember mit Gasprom-Mitarbeitern getroffen habe. Prompt verlangen Schröders Anwälte per kostenpflichtiger Abmahnung von Roths Verlag Eichborn, die Behauptung künftig zu unterlassen. Die entsprechende Passage musste geschwärzt werden. Über das Treffen am 1. Dezember schreibt Jürgen Roth: "Die Teilnehmer mussten demnach schriftlich eine 'Verschwiegenheitsverpflichtung' unterschreiben." Ein Dilemma. "Für den gerichtlichen Beweis hätte ich meinen Informanten verraten müssen, das wäre ein elementarer Verstoß gegen unsere Berufsregeln - und hätte für die Quelle aus dem Gasprom-Imperium böse Folgen gehabt." So blieb nur, die Verfügung zu akzeptieren - und die Teilnehmer des geheimen Treffens bleiben, wenn es denn stattgefunden hat, - geheim.

Härter als die Abmahnung, die man akzeptieren oder ignorieren kann, trifft die "Einstweilige Verfügung", eine vorläufige Gerichtsentscheidung, die binnen Stunden getroffen werden kann, meist ohne den Betroffenen anzuhören: er erfährt das, was er künftig zu tun oder zu lassen hat, aus dem Gerichtsbeschluss, den ihm der Gerichtsvollzieher zustellt. So geschehen bei der Juli-Ausgabe des Satiremagazins Titanic. Das Cover zeigt ein dpa-Foto von Kurt Beck im Halbprofil, darunter steht "Problembär außer Rand und Band - Knallt die Bestie ab!" Becks Anwälte der Kanzlei Redeker beantragten beim Landgericht Hamburg eine Einstweilige Verfügung. Das Cover musste aus dem Internet-Angebot verschwinden, Hefte dürfen nun nicht mehr mit diesem Titel ausgeliefert werden. Wer nicht sofort reagiert, im Urlaub oder auf Recherche-Reise ist, läuft Gefahr, ein hohes Ordnungsgeld zahlen zu müssen - im Fall Titanic ist es auf 250.000 EUR begrenzt. Wer nicht zahlen kann, geht in den Knast. Es gibt zwar das Instrumentarium der "Schutzschrift", in der man vorsorglich Position beziehen kann. Doch zum einen muss man dann schon genau wissen, welche Punkte jemand angreifen könnte. Und man muss die Schutzschrift an allen relevanten Landgerichten hinterlegen, da es keinen festen Gerichtsstand gibt. "Im Falle von Beck war ich der Ansicht, dass er sehr gut weg kommt mit dem Titelbild, sehr sympathisch", meint Titanic-Anwältin Gabriele Rittig. "Aber das ist unser Problem bei Satire wie Kunst und Presse insgesamt: wir können niemanden zum Verstehen zwingen, keinen Anwalt, keinen Richter." In Frankfurt, ist sich Rittig sicher, wäre die Einstweilige Verfügung nicht durchgekommen.

Einstweilige Verfügungen gegen journalistische Beiträge nehmen zu - und sie sind zu einer eigenen Profession geworden. "Gekoppelt mit Abmahnungen an andere Verfahrensbeteiligte ist das ein einträgliches Geschäft für Rechtsanwälte", sagt Rechtsanwalt Michael Schmuck, ein Presserechtler, der versichert, für seine Mandanten erstmal zum Telefon zu greifen und ein Problem im Gespräch aus der Welt schaffen zu wollen - ein Weg, der aber auch ohne Anwalt funktionieren kann. Schmuck: "Früher haben sich die großen Verleger eher persönlich gestritten - und anschließend sind sie gemeinsam zum Chinesen gegangen und haben den Streit beim Essen beigelegt." Wer die Fälle der letzten Jahre verfolgt, stößt immer wieder auf die selben Kanzleien - "Orkane der Rechtspflege" nennt Schmuck einzelne - und die selben Gerichte. Denn der Kläger - der bei der Einstweiligen Verfügung Antragsteller heißt - kann sich die Richter frei aussuchen - zuständig ist das Gericht, "in dessen Bezirk die Handlung begangen ist" (§ 32 ZPO) - und das ist bei einem bundesweit verbreiteten Pressebeitrag potenziell ganz Deutschland. Besonders beliebt sind die Landgerichte Hamburg und Berlin. So prägen zwei Vorsitzende Richter einen wesentlichen Teil des Presserechts. Auch deshalb wünschen sich einige Anwälte und ihre Mandanten, dass ein Hauptsacheverfahren mal bis zum Bundesverfassungsgericht durchgefochten wird. Jürgen Roth: "Die Gerichte haben noch überhaupt nicht verstanden, wie Wirtschaftskriminalität funktioniert, deren Köpfe sich bei uns juristisch auch über Persönlichkeitsrechte schützen." Merkwürdige Blüten treibt der Persönlichkeitsschutz in jedem Fall. So wird ein weltweit bekannt gewordener "Menschenfresser" durch einen Film, der auf seiner Tat basiert, in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt, weshalb der Film in Deutschland nicht gezeigt werden darf; wegen eines einzigen strittigen Eintrags in der Internet-Enzyklopädie Wikipedia wurde die deutsche Adresse vorübergehend stillgelegt; und zu Günther Jauchs Hochzeit dürfen keine Details wie "katholischer Pfarrer, Bläserchor, Einladungen, Polterabend im Restaurant, Feinkosthändler, Veranstaltungsagentur" berichtet

Fälle

gute Darstellung der Polyvalenz von Titelbildern. Lt. Calley Titelbild und seine unterschiedliche Rezeption. (Kritik der Erklärung eines Richters, wegen Verletzung der Unschuldsvermutung sei ein faires Verfahren nicht mehr möglich und das Verfahren müsse daher eingestellt werden.


Der Moderator Kachelmann ist aus der U-Haft entlassen. Der Skandal an dem Fall: Die Geltungssucht von Staatsanwälten trägt zur Entwürdigung zweier Menschen bei. Ein Kommentar Von Peter von Becker Immer häufiger nämlich werden Informationen aus laufenden Verfahren nicht etwa von bedrängten Polizeipressestellen halb offiziell weitergereicht (oder durchgestochen), sondern von geltungssüchtigen Staatsanwälten selbstherrlich publik gemacht. Darauf antworten dann die Verteidiger ebenfalls öffentlich mit angeblichen Gegenbeweisen. So findet bereits lange vor einem möglichen Prozessbeginn eine Art Schaukampf zwischen Ankläger und Anwalt statt, den man sonst eher aus amerikanischen Gerichtsfilmen kennt.


Im Gegensatz zu diesem erklärten Ziel verletzen die Beklagten fortgesetzt und sogar zunehmend die Menschenrechte von mehr als der Hälfte der Bevölkerung, nämlich der Frauen. In eklatanter Weise verstoßen sie gegen deren Recht auf Menschenwürde und auf Gleichbehandlung, was zugleich das Recht auf Freiheit vor Diskriminierung beinhaltet. Die Klägerinnen legen eine Auswahl von Titelblättern des Magazins "Stern" aus der Zeit vom Januar bis Juni 1978 vor. Nicht nur die Art und Weise der Darstellung, sondern auch ihre Summierung deutet darauf hin, dass System dahintersteckt. Durch derartige Abbildungen werden Frauen nicht nur als Objekt männlicher Lust dargeboten, sondern darüber hinaus als Mensch erniedrigt.
Die „Titanic“ ist berühmt-berüchtigt für ihren bissigen Humor. Dieses Mal aber hatte sie offensichtlich den Toleranzbogen des katholischen Kirchenoberhauptes überspannt. Unter dem Titel „Halleluja im Vatikan – Die undichte Stelle ist gefunden!“ und mit einer Fotomontage, die den Papst in besudelter Soutane zeigt, spielt das Magazin auf dem Titelblatt auf die „Vatileaks“ genannte Enthüllungsaffäre an, bei der mehrfach geheime Dokumente aus dem Vatikan publik geworden waren. Der Kammerdiener des Papstes war festgenommen worden, weil er eine Reihe vertraulicher Dokumente entwendet haben soll, die dann durch Medien öffentlich wurden. Die Rückseite des Magazins präsentiert den Papst mit braunem Fleck am Gesäß.
Schröders Anwälte per kostenpflichtiger Abmahnung von Roths Verlag Eichborn, die Behauptung künftig zu unterlassen. Die entsprechende Passage musste geschwärzt werden. Härter als die Abmahnung, die man akzeptieren oder ignorieren kann, trifft die "Einstweilige Verfügung", eine vorläufige Gerichtsentscheidung, die binnen Stunden getroffen werden kann, meist ohne den Betroffenen anzuhören: er erfährt das, was er künftig zu tun oder zu lassen hat, aus dem Gerichtsbeschluss, den ihm der Gerichtsvollzieher zustellt.
Jürgen Roth: "Die Gerichte haben noch überhaupt nicht verstanden, wie Wirtschaftskriminalität funktioniert, deren Köpfe sich bei uns juristisch auch über Persönlichkeitsrechte schützen." Merkwürdige Blüten treibt der Persönlichkeitsschutz in jedem Fall. So wird ein weltweit bekannt gewordener "Menschenfresser" durch einen Film, der auf seiner Tat basiert, in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt, weshalb der Film in Deutschland nicht gezeigt werden darf; wegen eines einzigen strittigen Eintrags in der Internet-Enzyklopädie Wikipedia wurde die deutsche Adresse vorübergehend stillgelegt; und zu Günther Jauchs Hochzeit dürfen keine Details wie "katholischer Pfarrer, Bläserchor, Einladungen, Polterabend im Restaurant, Feinkosthändler, Veranstaltungsagentur" berichtet werden.
Auch der Börsenverein des deutschen Buchhandels, zentraler Verband für Verlage und Buchhändler, beobachtet in den letzten Jahren eine deutlich härtere Verteidigung von Persönlichkeitsrechten, "ganz überwiegend von Prominenten", wie der stellvertretende Justitiar Kristian Müller von der Heide sagt, und ergänzt: "Nicht selten bleibt das Gefühl, dass es in Wahrheit um Publicity ging."
Definition und Umfang der Persönlichkeitsrechte der Antragsteller - die keineswegs nur durch Paparazzi-Bilder verletzt werden können - leiten sich vor allem aus dem ersten Artikel des Grundgesetzes ab. Werner Rügemer beispielsweise hat einen "ungebetenen Nachruf" auf den Kölner Bankier Alfred Freiherr von Oppenheim veröffentlicht. Gegen den Nomen-Verlag - und sieben Tage später gegen den Autor - ergingen Einstweilige Verfügungen, 22 bzw. 21 einzelne Textstellen nicht mehr zu veröffentlichen. Werner Rügemer: "Die angegriffenen Passagen betreffen nur Kleinigkeiten und Randbemerkungen, gegen die wesentlichen Aussagen des Buches konnte die Bank offenbar nichts aufbieten." Randbemerkungen, die überwiegend aus anderen Veröffentlichungen stammen und dort bisher keinen Unmut ausgelöst hatten.
Stefan Söder von der Kanzlei Prof. Schweizer beobachtet einen Trend, bereits vor Veröffentlichung durch "presserechtliche Informationsschreiben" in die Berichterstattung einzugreifen: durch Abschreckung. "Aus Sicht eines Betroffenen ist das verständlich, denn eine Unterlassungsverpflichtung nach bereits erfolgter Berichterstattung befriedigt nicht vollständig", sagt der promovierte Anwalt, der unter anderem Burda vertritt. "In vielen Fällen zielen solche Schreiben aber auf eine Einschüchterung der Redaktionen und damit auf die Verhinderung unliebsamer, aber rechtmäßiger Berichterstattung." So wurde den Redaktionen des Landes bereits vorsorglich mit rechtlichen Schritten gedroht, sollten sie über Jauchs Hochzeitsplanungen berichten.
Besser nicht. Denn Prozesse sind teuer. Laut "Welt" geht man in der Branche davon aus, dass die gerichtlichen Auseinandersetzungen bereits 10 Prozent des Redaktionsbudgets verschlingen. Wie weit das Damokles-Schwert der Einstweiligen Verfügung die Berichterstattung behindert, bleibt Spekulation. Jürgen Roth jedenfalls ist sicher, dass freie Autoren abgeschreckt werden: "Das Kostenrisiko ist einfach zu bedrückend." Das weit verbreitete Argument, Journalisten müssten nur sauber arbeiten, um unangreifbar zu sein, bringt ihn in Rage: "Blödsinn - es gibt genug Möglichkeiten, eidesstattliche Versicherungen praktisch unangreifbar zu machen. Dieses Argument wird gerne von jenen ins Feld geführt, die zu feige sind den Mächtigen auf die Finger zu schauen. Zitieren Sie doch mal aus einem Telefongespräch oder aus Dokumenten des BKA oder BND und belegen das gerichtsfest, ohne schon wieder etwas Verbotenes zu tun."