Die Triaden

Chinesische Organisierte Kriminalität


Einleitung

Entstanden als politische Geheimgesellschaft "Tinadi-Hui" oder auch "Gesellschaft des Himmels und der Erde" um das Jahr 1670, verfolgten ihre Mitglieder das Ziel, die 1644 gegründete Qing Dynastie abzusetzen. Ihr wohl bekanntester Wahlspruch lautete: "Fan Qing Fu Ming - Nieder mit den Qing, hoch die Ming". Heute agiert die einst politische Geheimgesellschaft, als eine der bekanntesten Verbrechensorganisationen der Welt, der chinesischen Mafia.


Gliederung


1. Definition und Begriffserklärung


Triade: Der chinesische Name der Triade, Tiandi-Hui bezieht sich auf die Symbolik des Dreiecks, dessen Ecken den Himmel, die Erde und den Mensch symbolisieren. Man nennt sie deshalb auch Sanhe-Hui, die Drei-Harmonien-Gesellschaft oder auch Dreipunkt-Gesellschaft. Aufgrund dieser Symbolik gaben die Engländer ihr den Namen "Triad - Triade". Weitere Namen sind beispielsweise: - Hong-Jia: Familie der Hong - Hong-Bang: Gilde der Hong oder Rote Gilde - Hong-Men: Pforte der Hong oder Rote Pforte vgl. Chesneaux 1976, 28/29


2. Geschichte


Die Gründungslegende der Triaden: Nach einer Überlieferung boten buddhistische Mönche des Shaolin Klosters in der Provinz Fujian dem ersten Qing Kaiser ihre Dienste gegen einen aufständischen Stamm, die Eleuten, an. Da jedoch einer der Mönche die Missgunst eines Höflings auf sich zog, wurde das Kloster auf kaiserlichen Befehl in Brand gesteckt. Lediglich fünf Mönche überlebten und konnten fliehen. Nach einigen Abenteuern mit aufständischen Generälen, buddhistischen Gottheiten und Pferdehändlern, offenbarte sich ihnen in einer Vision der Wahlspruch: "Fan Qing Fu Ming - Nieder mit den Qing, hoch die Ming." Sie flohen daraufhin nach Myang, der "Stadt der Weiden" und gründeten dort auf dem "Markt des großen Friedens" eine geheime Vereinigung, die Triade. Es lässt sich nicht genau belegen, ob die Gründung tatsächlich nach dieser Überlieferung stattgefunden hat, dennoch bereiteten sowohl der "Weiße Lotus", wie auch die Triaden den mandschurischen Machthabern bereits im 17. Jahrhundert beträchtlichen Ärger, was zur Folge hatte, dass sie im Strafkodex der Qing namentlich aufgeführt wurden. In der Aufnahmezeremonie sprachen die Würdenträger der Triade (Wächter und Meister) einen rituellen Dialog und gaben dem Mitgliedsanwärter eine Mixtur aus Blut und Wein zu trinken. Die Mystik dieses Aufnahmerituals weist eine religiöse Symbolik des Taoismus und Buddhismus auf. vgl. Chesneaux 1976, 29


2.1 Der Weiße Lotus (Bailian-Hui)


Der Weiße Lotus ist eine der ältesten Geheimgesellschaften und besteht laut Überlieferung bereits seit dem 12. Jahrhundert. Eine große Rolle spielten sie bei der Mongolenvertreibung im 13. und 14. Jahrhundert. Auch ihr Ziel war, nach der Eroberung der Mandschus (Qing) in China, die Ming wieder einzusetzen. Ähnlich wie die Triade hat auch der "Weiße Lotus" eine Mischreligion inne, die aus taoistischen und buddhistischen Elementen besteht. vgl. Chesneaux 1976, 47


2.2 Die Qing-Dynastie (Mandschu)


Mit den Mandschus kam 1644-1911 ein nichtchinesisches Volk an die Macht, sie bezeichnete man als die Qing-Dynastie. Die letzte chinesische Dynastie -die der Ming- wurde durch den "Weißen Lotus" hervorgehoben, nachdem diese die Mongolen durch einen Bauernaufstand vertrieben hatten. Die Chinesen betrachteten die Mandschus als barbarische, fremde Rasse und so entflammte der Kampf gegen die Demütigung und Beherrschung durch "Fremde Teufel". vgl. Chesneaux 1976, 16


2.3 Die Ming-Dynastie


Die Ming-Dynastie dauerte von 1368-1644 bis zur Übernahme durch die Mandschus im Jahre 1644 an. Unter der Ming-Dynastie erlebten die Chinesen eine Periode des wirtschaftlichen Wiederaufbaus und der Einrichtung neuer, eigenständiger Institutionen. Es entstand eine militärische Expansion in die Mongolei, nach Südostasien, in den Indischen Ozean und nach Zentralasien. Im 15. und 16. Jahrhundert erlebte die Ming eine Periode des Rückzugs und der Verteidigung. Um 1520 kommt es zu einer neuen Reihe wirtschaftlicher, sozialer und geistiger Veränderungen, welche zu einer späteren Krise des Handels und des städtischen Handwerks und schließlich in politischen Aufständen endete. vgl. Gernet 1989, 328

Der erste Kaiser der Ming-Dynastie trug den Titel "Hung-Wu", aus diesem Wortstamm ergab sich die "Hung-Men" was von den Triadengründern zu Ehren des ersten Kaisers der Ming übernommen wurde. vgl. Thamm 1996, 37


3. Codex der Triade


Die Triade bekämpfte viele politische Ordnungssysteme, sie verachteten die Gesetze und die gesellschaftliche Ordnung. Im 19. Jahrhundert beklagten sich Mandarine bei ihrem Kaiser, dass die Triade Reiche und Kaufleute entführe, um diese mit Lösegeld zu erpressen. Ihre Opfer wurden gezwungen Mitglieder zu werden, was sie aufgrund ihrer Angst auch nicht wagten abzulehnen. Die Reichen trafen die Übergriffe der Triaden stärker als die Armen, was man in Artikel 7 des Eids der Triade auch nachlesen kann. Der Artikel besagt, dass es verboten ist, die Schwachen mit Hilfe der Starken oder die Armen mit Hilfe der Reichen zu unterdrücken. Die Triade hatte ihre eigene, rigorose Ordnung. Im 19. Jahrhundert hatte ihr malayischer Zweig eine eigene Gerichtsbarkeit, an die sich nicht nur Mitglieder, sondern auch Außenstehende hielten. Sie hatten eine starke Solidarität innerhalb der Gesellschaft, welche beispielsweise den Widerstand gegen die Staatsorgane (Art. 3 des Eides), gegenseitige Hilfe (Art. 8) oder die Verpflichtung, eine Stellung bei den Behörden nicht zum Schaden anderer Mitglieder auszunutzen, in ihrem Eid festhielt (Art. 15,17). vgl. Chesneuax 1976, 37ff.

Die Mitglieder der Triade wandten eine eigene Geheimsprache an, um sich vor Außenstehenden nicht erkennen geben zu müssen. So hießen beispielsweise die kaiserlichen Truppen "Sturm", einer Loge anzugehören wurde "geboren werden" genannt, den Ausdruck für einen geplanten Straßenraub bezeichnete man "Rebhühner schießen". vgl. Chesneaux 1976, 44


4. Beginn des Umbruchs


Die Triaden beteiligten sich im Laufe des 19. Jahrhunderts mehr und mehr an wichtigen weltpolitischen Ereignissen. Sie nutzten ihre Organisation und Macht, um ihrem Ziel, der Absetzung der Qing näherzukommen.


4.1 Die Opium Kriege (1839-1842 und 1857-1860)


Durch die Profitabilität des Opiumgeschäftes wurde der Druck der Kaufleute immer größer, weitere Teile Chinas für den Opiumhandel zu öffnen. Da die chinesische Regierung sich jedoch weigerte, diesbezüglich mit den Engländern zu kooperieren, verstand die Triade die Lage für sich zu nutzen und unterstützte die Engländer bei der illegalen Einfuhr des Opiums, was sich als sehr lukratives Geschäft erwies und somit als der Beginn des Drogengeschäftes der Triade verstanden werden kann. Um den Kampf gegen den Opiumschmuggel zu forcieren, entsandte die chinesische Obrigkeit Sonderkommissar Lin Zexu nach Kanton zur Durchsetzung des kaiserlichen Edikts. Lin beschlagnahmte 20000 Kisten (1400 Tonnen) Opium, im Wert von einigen Millionen Pfund und ließ diese am 7. Juni 1839 ins Meer werfen. Daraufhin erklärte England am 1. Oktober 1839 den Krieg gegen China. Während des zweiten Opium Krieges kooperierte die Triade nun auch militärisch mit den Engländern und entsandte das sogenannte Bamboo Corps (ca. 800 Triaden Mitglieder) um gegen das herrschende System und gegen die Qing vorzugehen. vgl. Stanton 1900, 26.

Hongkong wurde nach dem Sieg der Engländer zur annektierten Insel und galt fortan als größter Umschlagplatz für Opium. Vor allem "Walled City" (die ummauerte Stadt), wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts, Anlaufstelle für Kriminelle und Spione aus aller Welt. Führende Köpfe von Geheimbanden, so auch der Triade, versammelten sich in der britischen Kronkolonie, um von dort aus ihre Geschäfte zu führen. vgl. Thamm 1996, 100ff.


4.2 Der Taiping Aufstand


Die Taiping Bewegung, auch genannt Tàipíng Tiānguó (太平天囯) (Himmlisches Reich des Großen Friedens) richtete sich gegen die Mandschus, die als Fremde und Barbaren angegriffen wurden. Die Taiping weigerten sich einen Zopf zu tragen, so wie es die Qing angeordnet hatte. Es verschmolzen archaische, chinesische Volksreligionen und christliche Elemente. Die Taiping gaben an, keine Verbündeten der Triade zu sein, wenngleich sie zugaben, sich im Kampf gegen die Mandschus der Triade angeschlossen zu haben. Sie bestanden jedoch darauf, dass sie eigene politische und religiöse Ziele mit dem Kampf gegen die Mandschus verfolgt hätten. vgl. Chesneaux 1976, 91ff.


4.3 Kooperation der Mandschus und der Triade


Während des Boxer Aufstands zum Ende des 19. Jahrhunderts kam es zu einem Bündnis der Geheimgesellschaften, allen voran der Yihetuan (Gesellschaft für Rechtschaffenheit und Harmonie) mit den Qing. Die Qing-Dynastie forderte ihr Volk auf, gemeinsam mit den Ming Anhängern für die Unabhängigkeit Chinas zu kämpfen. Nicht alle Geheimgesellschaften kamen den Forderungen nach, gemeinsam mit den Mandschus gegen die modernen Europäer zu kämpfen. Dennoch kann dies als Kehrtwende der Triade im Kampf gegen die Mandschus gesehen werden. Ihr vordergründiges Ziel war nun die "weißen Teufel" (Europäer) aus dem Land zu jagen. vgl. Chesneaux 1976, 116ff.


5. Der Wandel zu einer der kriminellsten Geheimgesellschaften der Welt - Der chinesischen Mafia


Zu Beginn des 20. Jahrhunderts endete auch die Dynastie der Qing. Die Erkenntnis, dass es nicht mehr realisierbar ist, die Ming zurück an die Macht zu bringen, verfestigte sich spätestens, nachdem 1911 der letzte Kaiser abgesetzt wurde. Die mittlerweile international ausgerichtete Triade, führte ihre Geschäfte nun als anerkannte kriminelle Organisation weiter, der chinesischen Mafia.


6. Strukturen, Aufbau, Organisationen


Die Triade teilte sich u.a. in die "Gilde der Hong" (Hong-Bang), später "Rote Gilde" und die "Gilde der Qing" (Qing-Bang) oder auch "Grüne Gilde" genannt, auf. Die Grüne Gilde verschiffte ursprünglich Getreide nach Peking. Nachdem sich die Organisation vergrößert hatte, änderte sich auch ihr Betätigungsfeld. Die früheren sozialen Züge verloren sich und die Grüne Gilde wurde zunehmend zu einer politischen Vereinigung und in den 1920er Jahren, insbesondere in Shanghai, zu einer der großen kriminellen Vereinigungen. Die Mitgliederzahlen der chinesischen Geheimgesellschaft wuchsen im 19. und 20. Jahrhundert rapide an, so dass man bei der Triade von mehr als einer Million Anhänger sprach. Durch die hohe Anzahl an Mitgliedern wurde es umso wichtiger, eigenständige Kommunikationsformen zu entwickeln, die für die Nichteingeweihten unverständlich blieb. In der Hoffnung auf ein besseres Leben, schlossen sich viele Chinesen der Triade an und wanderten in die europäischen Kolonien, Singapur, Hongkong, Malaysia oder Indonesien aus, um dort in den Häfen, Bergwerken und Plantagen zu arbeiten. Die Mitglieder der Triade verstanden sich als Brüder, welche in verschiedenen Aufnahmeritualen versprachen, sich gegenseitig zu helfen und zu unterstützen. vgl. Thamm 1996, 39 ff.

Seit der ersten Hälfte der 1950er Jahre wurde klar, dass nicht eine einzige Triade die chinesische Unterwelt beherrschen kann. Es mussten kooperierende Bündnisse mit asiatischen und nicht-asiatischen Tätergruppen eingegangen werden. Sogar mit den geheimen Nachrichtendiensten bestanden Arbeitsverhältnisse. Große Kooperationen bestehen zu den ost- und südostasiatischen Tätergruppen, beispielsweise der Yakuza in Japan. Auch europäische Verbindungen, beispielsweise zu den korsischen Syndikaten oder der italienischen "La Cosa Nostra" wurden eingegangen. vgl. Thamm 1996, 172ff.


7. Kriminalitätsbereiche


Deutschen Presseberichten zufolge, sollen die Triaden weltweit ca. 100 Milliarden Dollar erzielen (Stand 1991). Alleine in Deutschland setzte die "Gelbe Mafia", wie sie auch genannt wird, geschätzte 300 Millionen DM um. Zu den ältesten und einflussreichsten Geschäften der Triade zählen politische und zivile Korruption, Wucherzins- und Schutzgelderpressung, sowie Prostitution und Glücksspiel. Menschenhandel, wie das Entführen von jungen Mädchen und Knaben, die anschließend an thailändische Banden zum Zwecke von Kinderpornographie verkauft werden, gehört ebenfalls zu den Geschäften der Triade. Zu den neueren Kriminalitätsbereichen zählt beispielsweise die Geldwäsche.

Kriminalitätsbereiche der Chinesischen Organisierten Kriminalität:

• Drogenhandel und Herstellung, vor allem Heroin • Waffenhandel und Schmuggel • Menschenhandel • Menschenschmuggel • Glücksspiel (Kontrolle über die Casinos) • Prostitution • Schutzgelderpressung • Kredithai/Wucherzinsgeschäfte • Fälschung von Münz- und Papiergeld • Fälschung von Reiseschecks • Fälschung von Ausweispapieren und Urkunden • Fälschung von Markenprodukten (Produktpiraterie) • Gewerbsmäßiger Betrug mit Kreditkarten • Geldwäsche • Politische und zivile Korruption • Auftragstötungen (Mord)

Häufig werden die China-Restaurants zur Mehrfachnutzung der chinesischen organisierten Kriminalität missbraucht. So finden dort beispielsweise, neben der Nutzung der Immobilie (Geldanlage) auch Schleusungen oder Geldwäsche statt. vgl. Thamm 1996, 213ff. Es ist anzunehmen, dass sich im Laufe der vergangenen zwei Jahrzehnte (1996-2016) neue kriminelle Entwicklungen ergeben haben, über die noch nicht berichtet wurde, beispielsweise Organhandel oder kriminelle Internetgeschäfte.


8. Möglichkeiten der polizeilichen Eingrenzung


Die Royal Hongkong Police (RHKP) beschäftigt sich wie keine andere Polizei, seit nunmehr über 150 Jahren mit der Eingrenzung der geheimen chinesischen Bündnisse (Triaden). Interpol beschreibt die Triaden wie ein Gebäude: "Die Triaden hingegen operieren auf verschiedenen Ebenen. Ein Geheimbund ist wie ein mehrgeschossiges Gebäude, in dem die Bewohner eines Stockwerkes nicht wissen, wo die Treppe zum nächsthöheren ist- bis auf den Großen Bruder auf der jeweiligen Etage, der jeder von ihnen sein kann, den aber keiner kennt." Die polizeiliche Bekämpfung der Triade gestaltet sich schwierig, bislang waren die Unternehmungen bis in die obere Riege vorzudringen, faktisch unmöglich, erst recht für die europäische Polizei. In den USA fing die Bekämpfung der Triade erst in den 1980er Jahren an intensiver zu werden. Dennoch bereitet sowohl den Amerikanern, als auch den Europäern die Identifikation chinesischer Schrift- und des Geheimcodexes immer wieder große Probleme bei der Bearbeitung der polizeilichen Ermittlung. Mit der Rückgabe Hongkongs und Macao an die Volksrepublik China in den 1990er Jahren, entwickelten sich neue, unüberschaubare, kriminelle Strukturen, welche der Generalstaatsanwalt der USA, als stärker und einflussreicher als die italo-amerikanische "La Costa Nostra" beschreibt. vgl. Thamm 1996, 240ff.


9. Die kriminologische Relevanz


Die kriminologische Relevanz ergibt sich aus den beschriebenen Kriminalitätsstrukturen. Die Triade zählt zu einer der kriminellsten Vereinigungen der Welt. Sie wird aufgrund ihrer professionellen Aufstellung weiterhin schwer einzugrenzen sein. Für die polizeiliche und kriminologische Arbeit bedeutet dies auch zukünftig eine große Hürde.


Literatur


Chesneaux, Jean (1976): Weisser Lotus, Rote Bärte-Geheimgesellschaften in China, Zur Vorgeschichte der Revolution. Verlag Klaus Wagenbach Berlin

Gernet, Jacques (1989): Die Chinesische Welt. Insel Verlag Frankfurt am Main

Stanton, William (1900): The Triad Society Or, Heaven and Earth Association. Kelly & Walsh, Ltd. Queens Road and Duddel Street, Hongkong

Thamm, Berndt Georg (1996): Drachen bedrohen die Welt, Chinesische Organisierte Kriminalität Triaden. Verlag Deutsche Polizeiliteratur GmbH, Hilden