Thelma und Louise (Film)

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Thelma und Louise (USA 1991) ist ein Roadmovie mit Thrillerelementen von Ridley Scott (Regie) und Callie Khouri (Drehbuch) mit Susan Sarandon und Geena Davis in den Hauptrollen.

Film

Setting

Die endlos erscheinenden Straßen, der blaue Himmel, der wilde Westen Amerikas, der zu Abenteuern verleitet - normalerweise sind wir diese Art von Landschaft nur bei Filmen mit Männern in der Hauptrolle gewohnt, doch diesmal sind es zwei Powerfrauen, die den wilden Westen bestreiten. Wie es für Roadmovies typisch ist, spielt "Thelma und Louise" die meiste Zeit auf den Highways Amerikas. Diese symbolisieren die Sehnsucht nach Freiheit und Unabhängigkeit, nach der die Freundinnen streben. Gleiches gilt für die Landschaft des Wilden Westens, die das Gegenteil der Zivilisation mit ihren Regeln und Zwängen widerspiegelt, die Thelma und Louise so satt haben. Während der Film in Oklahoma beginnt, verschiebt sich die Kulisse im Laufe des Films von Texas bis hin nach Arizona. Die Wahl, die Schlussszene am Grand Canyon zu inszenieren, kann so verstanden werden, dass der Grand Canyon gleiche Charakterzüge aufweist, wie Thelma und Louise. Thelma und Louise sind Verbrecherinnen, zu denen sie wegen den Umständen geworden sind. Ebenso ist der Canyon eine unbarmherzige Natur - heiß, trocken, lebensfeindlich. Aber auch erhaben, schön und majestätisch und ewig, die Sorgen der Menschen scheinen hier unbedeutend. So sind auch Thelma und Louise würdevolle Pioniere, die die frauenfeindliche Attitüde der US-Provinz ablehnen und dagegen ankämpfen.

Handlung

Im Mittelpunkt des Films steht die Freundschaft von Thelma Dickinson und Louise Sawyer, die unterschiedlicher nicht sein können. Thelma ist eher zurückhaltend und lässt sich von ihrem herrschsüchtigen Ehemann zu sehr einschränken. Außerdem ist es ihr in ihrem Hausfrauen-Dasein nicht möglich, sich zu entfalten. Louise wirkt temperamentvoll und schlagfertig, dennoch ist sie sowohl in ihrem Berufsleben als Kellnerin als auch in ihrem Privatleben unzufrieden. Somit verbindet die beiden das Verlangen nach neuen Lebensperspektiven.

Frustriert von ihrem Leben, beschließen die beiden Freundinnen, ein Wochenende außerhalb der Zivilisation zu verbringen. Während Thelma sich unsicher ist und daher einen Revolver ihres Ehemannes ins Gepäck schmuggelt, diesen aber weder wegen der Reise noch wegen der Pistole um Erlaubnis fragt, geht die forsche Louise optimistischer an die Sache heran. Nachdem die beiden mit dem Auto losfahren, vermitteln ihnen die weiten Highways sofort das Gefühl von Freiheit und Unabhängigkeit, das sie so sehr in ihrem Leben vermissen. Euphorisch machen die zwei Frauen einen Zwischenstop an einer Bar.

Plötzlich wendet sich das Blatt und die brave Thelma genießt den Alkohol und die Blicke der Männer in der eher heruntergekommenen Bar in Arkansas. Louise, die ihre Freundin nicht wieder erkennt, ist entsetzt und versucht, ihr zuzureden. Vor allem, als Thelma von dem ungehobelten Harlan angesprochen wird. Thelma, die erstens im Umgang mit Männern naiv und unerfahren ist und es zweitens als Kompliment auffasst, endlich mal wieder von einem Mann umgarnt zu werden, geht auf Harlans Annäherungsversuche sofort ein. Schließlich zieht es sie auf die Tanzfläche mit ihrem Verehrer und Louise versucht, sich so weit es geht zu entspannen und auch zeitweise mit einem fremden Mann zu tanzen. Schließlich geht sie kurz auf die Toilette und verpasst, dass Thelma, die schon vollkommen betrunken ist, von Harlan überredet wird, an die frische Luft zu gehen.

Draußen auf dem Parkplatz wird Harlan noch aufdringlicher und versucht, Thelma zu vergewaltigen. Dies kann in letzter Sekunde verhindert werden, als Louise mit dem mitgebrachten Revolver vor ihm steht. Harlan lässt von Thelma ab und beleidigt und provoziert die Frauen. Dies führt dazu, dass Louise ihn im Affekt erschießt. Da eine Vielzahl von Kneipengästen Thelma mit Harlan hat tanzen sehen, gehen Thelma und Louise davon aus, dass niemand ihnen den tatsächlichen Tatverlauf glauben würde. Panisch fliehen sie und beschließen, nicht die Polizei zu verständigen.

Thelma und Louise fassen den Entschluss, nach Mexiko zu flüchten. Louise weigert sich partout, über Texas zu fahren, da sie dort, wie man später erfährt, selber einmal Opfer sexueller Gewalt wurde. Auf dem Weg nach Mexiko gerät die naive Thelma erneut an den falschen Mann und lässt sich nach einer gemeinsamen Nacht von ihm bestehlen. Louise, die das Geld für die Flucht aufgetrieben hat, ist am Ende ihrer Kräfte, als sie von dem Diebstahl erfährt.

In dieser Szene wird deutlich, was für eine enorme Entwicklung die beiden Freundinnen miteinander und durcheinander durchlaufen - auch in Beziehung zu den männlichen Hauptfiguren Kommissar Hal, Kleinganove JD und Louise Freund Jimmy. Die abgebrühte Louise zeigt Thelma gegenüber erstmals Schwäche und lässt ihre Gefühle zu. Vor allem aber ist Thelmas Entwicklung außergewöhnlich. Vom ängstlichen Heimchen entwickelt sie sich zu einer starken und mutigen Frau. Von jetzt an übernimmt die zuvor sensible Thelma die Führung. Um an das dringend benötigte Geld zu kommen, beginnen die beiden, kriminell zu werden. Hierbei macht Thelma den Anfang bei einem Überfall auf einen Laden. Von nun an führt die Flucht vor der Polizei Thelma und Louise in immer abenteuerlichere Situationen und immer tiefer in die Kriminalität.

Nach und nach werden sich Thelma und Louise ddarüber klar, dass es keinen Weg mehr zurück in ihr altes Leben gibt. Doch es erweckt den Anschein, als wollten sie es auch nicht. Nach einer Verfolgungsjagd mit der Polizei stürzen sich die umzingelten Frauen samt ihrem Wagent der Freiheit (dem Tod) entgegen und den Grand Canyon hinunter.

Kriminologische Theorie

Feministische Kriminologie

Kriminologische Theorien wurden bislang überwiegend von Männern für Männer entwickelt. Die Frage, warum Menschen Verbrechen begehen, wurde lediglich als Frage gemeint, warum Männer Verbrechen begehen. Frauenkriminalität wurde von Kriminologen als eine Art krankhaftes Benehmen gewertet, während Männer bei einem Gesetzbruch eher als Opfer der Gesellschaft angesehen wurden.

Feministische Kriminologen gehen davon aus, dass Kriminalität von „sex“ (biologische Geschlechtsmerkmale) und „gender“ (geschlechtsspezifische Charaktereigenschaften) beeinflusst wird. So ist es erforderlich, sowohl die weibliche als auch die männliche Kriminalität auf ihre verschiedenen Merkmale hin einzeln zu beleuchten.

Kathleen Daly, eine wichtige feministische Kriminologin, und Meda Chesney-Lind definieren „gender“ nicht als einen natürlichen Faktor, sondern als eine komplexe soziale Konstruktion, welche in allen Lebensbereichen eine zentrale Rolle spielt. In unserer patriarchalischen Gesellschaft herrscht eine Unausgeglichenheit zugunsten der Männer, die in sozialen, ökonomischen und politischen Bereichen dominieren. Sie nennt vier Hauptkriterien der geschlechtsspezifischen Verbrechen aus einer Studie:

  • Unterschiede in der männlichen und weiblichen Natur sind dafür entscheidend, dass Frauen eine deutlich geringere Kriminalitätsrate haben
  • Männer und Frauen haben verschiedene Beweggründe, um gegen das Gesetz zu verstoßen
  • Verschiedene Arten des Verbrechens lassen sich geschlechtsspezifisch zuordnen
  • Die Aufteilung der Geschlechterrollen in den verschiedenen Lebensbereichen spielen ebenfalls eine Rolle

Weiterhin setzt sich die feministische Kriminologie mit der Rassenangehörigkeit auseinander, da sowohl das Geschlecht als auch die ethnische Zugehörigkeit Einfluss darauf haben, in welchen sozialen Strukturen das Individuum angesiedelt ist und welche Erfahrungen dieses mit Verbrechen und mit der Justiz gemacht hat. Nicht nur das Geschlecht und die ethnische Zugehörigkeit, sondern auch das Alter, die soziale Klasse und selbst die Region haben Einfluss auf das Verbrechen und die Strafe. Der zentrale Aspekt der feministischen Kriminologie richtet sich auf die Gewalt gegenüber Frauen, meistens ausgeführt von Männern.

Die Theoretikerinnen Freda Adler (Sisters in Crime 1975) und Rita Simon (Women and Crime 1975) formulierten die These, dass mit der Emanzipation der Frauen auch die Kriminalitätsrate der Frauen ansteigt. Je mehr Rechte die Frauen bekommen, also je ähnlicher sie den Männern in dieser Hinsicht werden, umso mehr wird auch ihr kriminelles Verhalten zunehmen. Diese Theorie brachte den negativen Effekt mit sich, dass die Emanzipation für die Verbrechen verantwortlich gemacht wurde. Die nachfolgenden Theoretiker formulierten ihre Thesen vorsichtiger.

Einige Kriminologen stellten sich die Frage, welche Arten von Verbrechen von Frauen und Männern häufig begangen werden. So sieht man auch bei der Kriminalität, inwiefern die Rolle des Geschlechts die Art des Verbrechens beeinflusst. Während Männer häufiger Raubüberfälle oder sexuelle Übergriffe begehen, findet man Frauen öfter in der Prostitution wieder.

Der Kriminologe James Messerschmidt vertritt die These, dass Männer stets ihre Maskulinität unter Beweis stellen müssen. Hierbei werden besonders die traditionellen Werte eines Mannes, wie das Verrichten einer Arbeit, die Unterlegenheit der Frau und die „Hypersexualität“ demonstriert. Ist es Männern nicht möglich, diese Werte zu demonstrieren, müssen sie einen anderen Weg finden, um sich zu beweisen. Hierbei ist das Verbrechen, besonders das Gewaltverbrechen, eine Alternative, um sich selbst wie ein „echter Mann“ fühlen zu können.

Die Kriminologin Jody Miller betrachtet Verbrechen bei Frauen als eine Art Ausdruck, um sich von dem vorherrschenden kulturellen Stereotyp abzuwenden und sich zu befreien. Eine weitere Studie hat ergeben, dass die meisten weiblichen Verbrecher einst ebenfalls Schaden zugefügt bekommen haben. Sie waren oftmals Opfer der Unterdrückung aufgrund ihres Geschlechts, Rassenzugehörigkeit oder Ethnizität und Armut. Viele Frauen, die auf emotionale, sexuelle oder physische Art missbraucht worden sind, fliehen in die Kriminalität und die Abhängigkeit.

Bezug zum Film

Thelma und Louise sind Frauen, die in einer männerdominierenden Gesellschaft Unterdrückung erfahren. Thelma, die von ihrem Mann unterworfen und gedemütigt wird, entzieht sich mit dem Wochenend-Trip seiner „patriarchalischen Herrschaft“. Louise wurde einst selbst Opfer eines sexuellen Verbrechens, weshalb sie den Glauben an die Männer verloren hat.

Das erste Verbrechen, nämlich das Erschießen von Harlan, verwandelt Louise vom Opfer zum Täter. Die Vergewaltigung ist als Unterdrückung des Mannes gegenüber der Frau zu sehen. Sie hat diese Unterdrückung am eigenen Leib zu spüren bekommen und wollte ihre Freundin nicht dasselbe durchmachen lassen. Auf zahlreiche Beleidigungen seitens Harlan, die noch mehr Unterdrückung bedeuten, erschießt sie ihn. Das ist als Rache für ihr damaliges Leid anzusehen. Thelma hört seit dem Vergewaltigungsversuch nicht mehr auf, alkoholische Getränke zu sich zu nehmen. Sie flieht somit in die Abhängigkeit. Außerdem fängt sie an zu rauchen, was Louise schon länger tut. Das Rauchen kann man sowohl als eine Flucht in eine Sucht sehen, als auch als Befreiung vom Stereotyp der damaligen Frau und die Gleichstellung zum Mann.

Thelma und Louise begegnen auf ihrer Fahrt einem jungen Mann, der Thelmas Vertrauen gewinnt und sie sodann bestiehlt. Nachdem Thelma gutgläubig einem weiteren Verbrechen zum Opfer wird, begeht sie selber ein Verbrechen – sie überfällt einen Laden. Was ihr genommen wurde, holt sie sich woanders zurück – von einem anderen Mann, dem Ladenbesitzer.

Auf ihrer Reise nach Mexiko begegnen die Frauen zwei Mal einem Truckfahrer, der ihnen obszöne Sachen zeigt und zuruft. Er sieht die beiden Frauen lediglich als Sexobjekte an, was wiederum für sie Unterdrückung bedeutet. Als die Freundinnen ihn das dritte Mal treffen, entschließen sie sich, sich an ihm zu rächen. Zunächst locken sie ihn zu sich hin und werfen ihm zahlreiche Dinge vor, die er ihrer Ansicht nach falsch gemacht hat. Als der Truckfahrer sich auf Nachfrage nicht entschuldigt und die beiden Frauen dazu noch anfängt, zu beleidigen, bringen sie seinen Truck zum explodieren, indem sie den Wagen beschießen. Auch hier werden beide Frauen vom Opfer zum Täter und rächen sich an einem weiteren Mann.

Als den beiden Freundinnen am Ende nur noch die Möglichkeit bleibt, sich zu ergeben oder sich in den Tod zu stürzen, entscheiden sie sich gemeinsam für das Zweite. Aus ihrer Sicht ist es besser, in Freiheit zu sterben, als von Männern in einer Männergesellschaft zur Strafe eingesperrt und eventuell hingerichtet zu werden. Mit diesem Sturz in den Tod befreien sich die beiden Frauen endgültig von der Unterdrückung seitens aller Männer.

An dem Film "Thelma und Louise" wird klar deutlich, dass die Frauen nicht von Anfang an Verbrecherinnen waren, sondern erst durch zahlreiche Umstände zum Gesetzbruch verleitet wurden. Aus einstigen Opfern wurden Täter.

Auszeichnungen

  • Oscar für bestes Originaldrehbuch an Callie Khouri
  • Golden Globe Award an Callie Khouri
  • David di Donatello an Geena Davis und Susan Sarandon
  • Boston Society of Film Critics Award an Geena Davis
  • National Board of Preview Award an Geena Davis und Susan Sarandon
  • London Critics Circle Film Award an Susan Sarandon und Ridley Scott
  • Bodil (dänischer Preis) an Ridley Scott
  • Espiga de Oro (Hauptpreis) des Valladolid International Film Festivals an Ridley Scott
  • National Society of Film Critics Award an Harvey Keitel

Literatur

  • Nicole Rafter, Michelle Brown (2011) Criminology Goes To The Movies

Weblinks

http://de.wikipedia.org/wiki/Thelma_%26_Louise

http://de.wikipedia.org/wiki/Roadmovie

http://www.grin.com/de/e-book/21776/thelma-louise-analyse-des-showdown

http://www.tnt-film.de/tnt-filmblog/thelma-louise