Strafvollzug in Russland

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In Russland hat zwischen 1992 und 2007 fast ein Viertel der erwachsenen männlichen Bevölkerung im Gefängnis gesessen: "Der russische Rechtsexperte Wladimir Radtschenko sagte der staatlichen Zeitung 'Rossiskaja Gaseta', mehr als 15 Millionen Russen seien in diesem Zeitraum zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Derzeit sind in Russland 895 000 Menschen inhaftiert. Das russische Strafgesetzbuch sei noch härter als das der ehemaligen Sowjetunion und habe einen 'repressiven Charakter', sagte der frühere Vizepräsident des Obersten Gerichtshofs weiter. Der große Anteil an Häftlingen, der fast doppelt so hoch sei wie in den letzten Jahren der Sowjetunion, habe Einfluss auf die Struktur der Gesellschaft und auch auf die militärische Schlagkraft Russlands. Die russischen Gefängnisse sind überfüllt. Immer wieder gibt es Berichte über Übergriffe des Wachpersonals auf Häftlinge" (FAZ 03.09.08: 8).

"Russland ist mit seinen 850.000 Häftlingen (bei 145 Millionen Einwohnern) nach den USA das Land mit der weltweit größten Zahl von Häftlingen pro Einwohner. Der Großteil der russischen Gefängnis- und Lagerinsassen sitzt wegen Alltagsverbrechen. Bisher verhängte man extrem lange Strafen. Während die durchschnittliche Haftzeit in Russland fünf Jahre beträgt, liegt sie in Europa bei zwei bis drei Jahren.

Im Strafvollzug gibt es jedoch erste Reformen. In den letzten Jahren wurde die Zahl der Häftlinge von fast einer Million um 100.000 gesenkt. Dahinter stehen ganz pragmatische Überlegungen. Die Justizverwaltung hat kein Geld, um die immense Zahl der Häftlinge zu versorgen. Ein großer Teil der Häftlinge leidet an gefährlichen Krankheiten. Zehn Prozent der Gefängnisinsassen leiden an Tuberkulose, 30.000 Häftlinge sind an der gefürchteten multiresistenten TBC erkrankt, welche eine besondere Behandlung erfordert. TBC und HIV grassieren.

Schuld an der hohen Krankheitsrate sind schlechte Ernährung und ungenügende medizinische Versorgung in den Untersuchungsgefängnissen, wo oft bis zu 40 Menschen in einer Zelle sitzen. Dazu kommt das Aids-Problem. Heute leben in russischen Gefängnissen 36.000 HIV-Positive. Pro Jahr steigt die Zahl der HIV-Erkrankten in den Gefängnissen um 20 Prozent, erklärte kürzlich der stellvertretende russische Justizminister Juri Kalinin" (Heyden 2004).


Quellen

  • Russisches Strafrecht (2008) FAZ 03.09.08: 8 (Meldung der Nachrichtenagentur AFP).