Strafmündigkeitsgrenze

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Bis zum Erreichen der Strafmündigkeitsgrenze ist ein Kind vor Strafverfolgung sicher - auch wenn es Handlungen begeht, die im Falle eines Erwachsenen zum Beispiel eine staatliche Freiheitsstrafe nach sich zögen.

Strafmündigkeitsgrenzen im europäischen Vergleich

In den europäischen Ländern bestehen z.T. sehr unterschiedliche Altersgrenzen für eine Strafmündigkeit (und damit für eine Anwendung strafrechtlicher Regeln). Das europäische Jugendkriminalrecht wird von zwei Konzepten bestimmt: Das sog. Wohlfahrtsmodell konzentriert sich auf Jugendhilfe und ist duch ein spätes Strafmündigkeitsalter gekennzeichnet.Maßnahmen sollen als Ziel einen Erziehungserfolg erreichen und sind zeitlich eher unbestimmt. Das sog. Justizmodell reagiert im Sinne des allgemeinen Strafrechts auf auffälliges Verhalten, Sanktionierung orientiert sich hierbei an einer Tatschuld und ist zeitlich begrenzt. In neuerer Zeit findet sich weiterhin ein sog. Konfliktlösungsmodell, hierbei sollen Konflikte, die sich in einer Straftat ausdrücken oder auf einer Straftat beruhen, in der Gemeinschaft geschlichtet oder gelöst werden (z.B. restorative justive approach oder Täter-Opfer-Ausgleich). In einigen Ländern finden sich sehr hohe Altersgrenzen für die Strafmündigkeit (z.B. in Belgien, 18 Jahre, oder Rumänien, Litauen, Slowenien, 16 Jahre). Länder mit sehr niedrigen Altersgrenzen für eine Strafmündigkeit sind z.B. die Länder des Vereinigten Königreiches, Frankreich, Griechenland und die Schweiz. Dabei ist zu beachten, dass in diesen Ländern nicht mit dem Überschreiten der Altersgrenze Kriminalstrafen zur Anwendung kommen. Bezogen auf z.B. Griechenland (8 Jahre) oder Frankreich (10 Jahre) bezeichnen die Altersgrenzen den Zeitpunkt, ab dem überhaupt Reaktionen aufgrund von Straftaten erfolgen, die zunächst erzieherischer Natur sind. In einigen Ländern des Vereinigten Königreichs sind z.B. stationäre Maßnahmen auch für Kinder ab 10 bzw. 12 Jahren möglich, wenn z.B. das Gericht der Ansicht ist, dass die Allgemeinheit anders nicht vor dem Kind geschützt werden kann oder das Kind als Intensivtäter eingeordnet wird. Gegen Kinder unter 10 Jahren sowie gegen ihre Eltern können Anordnungen wie z.B. eine Ausgangssperre für Kinder oder eine Beratungsverpflichtung für Eltern (im Zusammenhang mit einer auf das Kind bezogenen Anordnung, die das Kind unter die Aufsicht eines Mitarbeiters des Jugendamtes stellt) ergehen. Es finden sich auch zwischen den Ländern des Vereinigten Königreichs noch Unterschiede in der Festlegung von Altersgrenzen bzw. in der Anwendung von strafrechtlichen Reaktionsweisen gegenüber Kindern.

Literatur

Brunner- Kirschbaum, Vera (1939): Die Strafmündigkeit im schweizerischen Strafrecht.Diss. Universität Zürich.

Fischer, Alexander (2000): Strafmündigkeit und Strafwürdigkeit im Jugendstrafrecht. Diss. Lang, Frankfurt/M.

Fuch. Martin (1906): Das Problem der Strafmündigkeit und die deutsche Strafgesetzgebung. Ein Beitrag zur Reform der §§ 55, 56 und 57 des Reichsstrafgesetzbuches. Reprint. Keip, Frankfurt/M.

Heitlinger, Carola (2004): Die Altersgrenze der Strafmündigkeit. Eine Untersuchung entwicklungspsychologischer und kriminalpolitischer Aspekte unter Brücksichtigung der neueren Rechtsentwicklung in Europa. Kovac, Hamburg.

Horn, Hans (1924): Die absolute und relative Strafmündigkeit des Jugendgerichtsgesetzes und deren prozessuale Wirkungen. Diss. Universität Greifswald.

Luther, Gerhard (1961): Ehemündigkeit, Volljährigkeit, Strafmündigkeit. Rechtsvergleichende Studie zur Vereinheitlichung der Altersstufen im Zivil- und Strafrecht. Luchterhand. Berlin.

Michalke, Günther (1952): Blutrachegedanken und ihre Nachwirkungen bei Straftaten Strafunmündiger und bedingt Strafmündiger. Diss. Universität Münster.

Nissen, Gerhardt (Hg.) (1973): Strafmündigkeit. Juristische, jugendpsychiatrische und theologische Aspekte. Beiträge zum Symposion der Deutschen Vereinigung für Kinder- und Jugendpsychiatrie am 16./17. Juni 1972 auf dem Jugendhof Rheinland in Königswinter von Franz Böckle. Luchterhand, Berlin.

Seeliger, Martina (2003): Entwicklung der Kinderdelinquenz und Folgerungen im Hinblick auf eine Änderung der Strafmündigkeitsgrenze. Diss. Lang, Frankfurt/M.

Woweries, Kersten (1990): Zur Strafmündigkeit Vierzehn- und Fünfzehnjähriger. Diss. Humboldt-Universität Berlin.