Steven Pinker

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Weblinks

  • The Better Angels of Our Nature (Pinker), Buchkritik von Foseti
  • Gewalt (Pinker), Buchkritik von Herfried Münkler, FAZ 18.10.11: "Alle Kurven weisen auf den ewigen Frieden"
  • Gewalt (Pinker), Walter Kuhl über eine Buchkritik von Benjamin Ziemann, Sendemanuskript-Exzerpt: "Pinkers These läuft darauf hinaus, daß es noch keine historische Epoche gegeben habe, die so wenig gewalttätig gewesen sei wie die jetzige. Dies untermauert er mit mannigfaltigem statistischen Material und Annahmen, die seinem psychologischen Weltbild entsprechen. „Statistisch“ bedeutet in diesem Fall jedoch auch, Mord- und Kriegsopfer auf die jeweils gegebene Population zu berechnen. Um dies zu verdeutlichen: wenn in der Jungsteinzeit eine Person auf welche Weise auch immer umgebracht worden ist, in einer lokalen Entität von sagen wir einhundert Menschen innerhalb eines Jahres, dann müßten, global betrachtet, jährlich 70 Millionen Menschen Opfer von Kriegen und tödlich endenden Gewalt­tätigkeiten werden, was vermutlich nicht der Fall ist. Doch schon hier, im Bereich der Zahlen, fangen die Probleme an, denen der Historiker Benjamin Ziemann in seiner Besprechung nachgegangen ist. Denn Fakt ist: es gibt keine verläßlichen Zahlen, die älter als etwa zweihundert Jahre sind, und selbst diese sind von unterschiedlicher Genauig- und Vergleichbarkeit. Bis heute. (...) selbst ein ober­flächlicher Blick erlaubt die Feststellung, daß sich das mörderische 20. Jahrhundert gewiß nicht als Gradmesser für eine Richtung tödlicher Gewalt eignet. Ohnehin wäre, was auch der Rezensent unterschlägt, danach zu fragen, ob nicht die jährlich verhungernden oder an leicht heilbaren Krankheiten bewußt sterben gelassenen zehn Millionen Kinder oder die dem automobilen Wahn geopferten jährlich mehr als eine Million Verkehrstoten weltweit als Gewaltopfer kapitalistisch verfaßter Gesellschaft anzurechnen sind. Doch Steven Pinker scheint es noch um etwas anderes zu gehen, nämlich um eine soziokulturelle Evolution der Gewalt zu mehr Friedfertigkeit. Nun ist dies schon in historischer Perspektive schwer zu belegen, weil auch seine eigene Argumentation auf die wenigen Bruchstücke Bezug nehmen muß, über die wir zur Beschreibung früherer Gesellschaften in schriftlicher oder mündlicher Überlieferung verfügen. Erst recht sind sie aus dem jeweiligen Kontext heraus zu begreifen und damit ist Quellenkritik unerläßlich. Pinker scheint sich zur Darlegung seiner Thesen auf die aufkommende Brief- und Romankultur seit dem 18. Jahrhundert zu stützen, um Wesenszüge wie Mitleid oder die Empathie gegenüber dem Leid Dritter zu begründen, die darin vorzufinden ist. Und Empathie führt zu weniger Gewalt. Nun ist seither auch der Mord wachsender Bestandteil der Belletristik und feiert ausgerechnet heutzutage seine gruselige Vermarktung in Buch und Film. Ginge es nach den unzähligen derartigen Schwarten, dann müßte Jahr für Jahr eine mitteldeutsche Kleinstadt verschwunden sein, woraus zu schließen ist, daß eine Korrelation zwischen Romanfiktion und der rauhen Wirklichkeit nicht besteht. Vielmehr müssen wir uns danach fragen, wieviel Gewalt im anheimelnden Genuß von Kriminalromanen oder Computerspielen, wie sie auch auf diesem Sender mit Inbrunst am Mittwoch­nachmittag feilgeboten werden, schlummert und nur auf ihre Wirk­mächtigkeit wartet. Meine Beobachtung sagt mir, daß Empathie, sofern überhaupt vorhanden, begrenzt vorkommt und sich allenfalls im Almosenablaß zur spendenfreudigen Jahresend­kaufrauschorgie äußert. Es besteht ein innerer Zusammenhang zwischen KZ-Wärter und rührendem Familienvater oder zwischen geselligem Kneipengänger und Ekel auf der Autobahn, der so gar nicht in das Pinkersche Weltbild passen wird. Dieser Gedanke ließe sich auch soziologisch und psychologisch untermauern, zumal der Neoliberalismus als eine Variante entfesselten Kapitalismus verstärkt autistische und selbstgefällige Individuen erzeugt, die im Standortkrieg Aller gegen Alle verheizt werden und auch selbst sich und Andere verheizen."