Korruption: Unterschied zwischen den Versionen

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Korruption kann als Musterbeispiel dafür gelten, wie [[abweichendes Verhalten]] durch [[soziale Kontrolle]] erst konstruiert wird, dies ergibt sich daraus, dass die Grenzen zwischen Korruption, legitimer Einflussnahme, Lobbyismus und Interessenpolitik fließend sind. Was als korrupt gilt, unterliegt zudem einer hohen kulturspezifischen und rechtlichen Variabilität, insofern kann das Thema „Korruption“ als Anwendungsfall des [[Labeling|Labeling-Approaches]] dienen.<br>
Korruption kann als Musterbeispiel dafür gelten, wie [[abweichendes Verhalten]] durch [[soziale Kontrolle]] erst konstruiert wird, dies ergibt sich daraus, dass die Grenzen zwischen Korruption, legitimer Einflussnahme, Lobbyismus und Interessenpolitik fließend sind. Was als korrupt gilt, unterliegt zudem einer hohen kulturspezifischen und rechtlichen Variabilität, insofern kann das Thema „Korruption“ als Anwendungsfall des [[Labeling|Labeling-Approaches]] dienen.<br>
Auch im Hinblick auf andere Kriminalitätstheorien kann Korruption als Probierstein Schwächen und Stärken verdeutlichen. Insbesondere Kontrolltheorien, Lerntheorien und der ökonomische Ansatz zur Erklärung kriminellen Verhaltens sind hier gefragt. Sicherlich kann keiner dieser Theorien ausschließliche Gültigkeit für die Erklärung von Korruption zugesprochen werden, zu denken wäre eher an einen multifaktoriellen Ansatz. Am wenigsten erklärungskräftig ist aber wohl die Hypothese einer geringen Selbstkontrolle nach [[Michael R. Gottfredson|Gottfredson]] und [[Travis Hirschi|Hirschi]], denn der typische Korruptionstäter ist der sozial angepasste, ehrgeizige Aufsteiger mit hohem Einkommen, hoher Bildung und in geordneten beruflichen/familialen Verhältnissen lebend (Vgl. Bannenberg 2002, S.341f.) Anstelle einer personalen Orientierung der Korruptionserforschung wäre sicherlich auch die organisationssoziologisch orientierte Perspektive fruchtbar, eine, wie sie von Braithwaite vertreten wird und die sie sich im Konzept des „Corporate Crime“ niederschlägt. Kriminologisch schließlich noch kaum zur Anwendung gekommen ist bislang der Ansatz der Systemtheorie, der es erlauben würde, korruptive Delinquenzmuster zumindest analytisch unter Absehung von individuellen Motivationen oder Einstellungen zu untersuchen. Besonders in den Fällen, wo sich korruptive Netzwerke über mehrere Jahre hinweg etabliert haben, obwohl die verantwortlichen Akteure ausgewechselt wurden, könnte die selbstreferentielle Eigendynamik, die „Rückkopplungs- oder Spiralwirkung“ korruptiver Handlungsmuster im Kontext der Logik gesellschaftlicher Systeme erklärt werden. (Vgl. Boers 2001) Korruption wäre so auch als „eine `normale` Reaktion auf bestimmte gesellschaftliche Strukturprämissen“ darstellbar. ([[Christian Pfeiffer|Pfeiffer]]/[[Sebastian Scheerer|Scheerer]] 1979, S.11)
Auch im Hinblick auf andere Kriminalitätstheorien kann Korruption als Probierstein Schwächen und Stärken verdeutlichen. Insbesondere Kontrolltheorien, Lerntheorien und der ökonomische Ansatz zur Erklärung kriminellen Verhaltens sind hier gefragt. Sicherlich kann keiner dieser Theorien ausschließliche Gültigkeit für die Erklärung von Korruption zugesprochen werden, zu denken wäre eher an einen multifaktoriellen Ansatz. Am wenigsten erklärungskräftig ist aber wohl die Hypothese einer geringen Selbstkontrolle nach [[Michael R. Gottfredson|Gottfredson]] und [[Travis Hirschi|Hirschi]], denn der typische Korruptionstäter ist der sozial angepasste, ehrgeizige Aufsteiger mit hohem Einkommen, hoher Bildung und in geordneten beruflichen/familialen Verhältnissen lebend (Vgl. Bannenberg 2002, S.341f.) Anstelle einer personalen Orientierung der Korruptionserforschung wäre sicherlich auch die organisationssoziologisch orientierte Perspektive fruchtbar, eine, wie sie von Braithwaite vertreten wird und die sie sich im Konzept des „Corporate Crime“ niederschlägt. Kriminologisch schließlich noch kaum zur Anwendung gekommen ist bislang der Ansatz der Systemtheorie, der es erlauben würde, korruptive Delinquenzmuster zumindest analytisch unter Absehung von individuellen Motivationen oder Einstellungen zu untersuchen. Besonders in den Fällen, wo sich korruptive Netzwerke über mehrere Jahre hinweg etabliert haben, obwohl die verantwortlichen Akteure ausgewechselt wurden, könnte die selbstreferentielle Eigendynamik, die „Rückkopplungs- oder Spiralwirkung“ korruptiver Handlungsmuster im Kontext der Logik gesellschaftlicher Systeme erklärt werden. (Vgl. Boers 2001) Korruption wäre so auch als „eine `normale` Reaktion auf bestimmte gesellschaftliche Strukturprämissen“ darstellbar. ([[Dietmar Pfeiffer|Pfeiffer]]/[[Sebastian Scheerer|Scheerer]] 1979, S.11)


===Literaturhinweise===
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