Gustav Radbruch: Unterschied zwischen den Versionen

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== Leben ==  
== Leben ==  
Der in einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie aufgewachsene Gustav Radbruch war ein sehr guter Schüler (Klassenprimus) und erfolgreicher Jurastudent (München, Leipzig, Berlin). Der Schüler Franz v. Liszts legte 1901 das Erste Staatsexamen ab und wurde 1902 mit einer Arbeit über die adäquate Verursachung (magna cum laude) promoviert. Sein im Jahre 1902 ebenfalls aufgenommenes Rechtsreferendariat brach er aus mangelnder Begeisterung für die juristische Praxis ab und habilitierte sich stattdessen im Jahre 1903 in Heidelberg mit einer Arbeit zum strafrechtlichen Handlungsbegriff. Während seiner Zeit als Privatdozent in Heidelberg gehörten zu seinen Freunden u.a. Karl Jaspers, Emil Lask und Hermann Kantorowicz. Der Kreis um Max Weber brachte ihm zudem den Neukantianismus nahe. Nach einer Zeit als Lehrbeauftragter an der Handelshochschule in Mannheim (ab 1906) und einer bereits nach einem Jahr wieder geschiedenen Ehe (die 1915 eingegangene zweite war erfolgreicher) folgten zwei außerordentliche Professuren (Heidelberg 1910, Königsberg 1914)und die freiwillige Teilnahme am Ersten Weltkrieg (1915-1918).
Der in einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie aufgewachsene Gustav Radbruch war ein sehr guter Schüler (Klassenprimus) und erfolgreicher Jurastudent (München, Leipzig, Berlin). Der Schüler [[Franz von Liszt|Franz v. Liszts]] legte 1901 das Erste Staatsexamen ab und wurde 1902 mit einer Arbeit über die adäquate Verursachung (magna cum laude) promoviert. Sein im Jahre 1902 ebenfalls aufgenommenes Rechtsreferendariat brach er aus mangelnder Begeisterung für die juristische Praxis ab und habilitierte sich stattdessen im Jahre 1903 in Heidelberg mit einer Arbeit zum strafrechtlichen Handlungsbegriff. Während seiner Zeit als Privatdozent in Heidelberg gehörten zu seinen Freunden u.a. Karl Jaspers, Emil Lask und [[Hermann Kantorowicz]]. Der Kreis um [[Max Weber]] brachte ihm zudem den Neukantianismus nahe. Nach einer Zeit als Lehrbeauftragter an der Handelshochschule in Mannheim (ab 1906) und einer bereits nach einem Jahr wieder geschiedenen Ehe (die 1915 eingegangene zweite war erfolgreicher) folgten zwei außerordentliche Professuren (Heidelberg 1910, Königsberg 1914) und die freiwillige Teilnahme am Ersten Weltkrieg (1915-1918).
Von 1919 bis 1926 wirkte Radbrauch als ordentlicher Professor an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.
Von 1919 bis 1926 wirkte Radbrauch als ordentlicher Professor an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.
Radbruch war Mitglied der SPD und für diese von 1920 bis 1924 Abgeordneter des Reichstags. Ein Antrag von Radbruch und 54 Mitgliedern der SPD-Fraktion auf die Reform des Abtreibungsrechts im Sinne einer Fristenlösung fand 1920 keine Mehrheit, war aber gewissermaßen das Vorbild für die Jahrzehnte später erfolgte Reform.[1]
Radbruch war Mitglied der SPD und für diese von 1920 bis 1924 Abgeordneter des Reichstags. Ein Antrag von Radbruch und 54 Mitgliedern der SPD-Fraktion auf die Reform des Abtreibungsrechts im Sinne einer Fristenlösung fand 1920 keine Mehrheit, war aber gewissermaßen das Vorbild für die Jahrzehnte später erfolgte Reform.[1]
Zweimal war Radbruch Justizminister: von Oktober 1921 bis November 1922 (Kabinett Wirth) und von August bis November 1923 (Kabinett Stresemann). Bemerkenswert waren einerseits der Entwurf eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuchs (1922) und andererseits die durch die Ermordung Rathenaus veranlasste Ausarbeitung des "Gesetzes zum Schutze der Republik" (Republikschutzgesetz; 1922).[2]
Zweimal war Radbruch Justizminister: von Oktober 1921 bis November 1922 (Kabinett Wirth) und von August bis November 1923 (Kabinett Stresemann). Bemerkenswert waren einerseits der Entwurf eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuchs (1922) und andererseits die durch die Ermordung Rathenaus veranlasste Ausarbeitung des "Gesetzes zum Schutze der Republik" (Republikschutzgesetz; 1922).[2]


Radbruch wollte die Vergeltungsstrafe abschaffen und durch eine Besserungsstrafe ersetzen. Er war deshalb gegen die Todesstrafe und das Zuchthaus. Die Resozialisierung wurde neben der Sicherung zum Hauptziel der Strafe erklärt. In der Weimarer Republik wurde der Entwurf nur eingeschränkt umgesetzt, er gewann dann aber für die Strafrechtsentwicklung der jungen Bundesrepublik an Bedeutung.[3] Eine dritte Minister-Berufung lehnte Radbruch ab. Er folgte 1925 einem Ruf nach Heidelberg, wo zu seinen StudentInnen neben Anne-Eva Brauneck, die später die erste deutsche Professorin für Strafrecht wurde und Helga Einsele, spätere Leiterin der Frauenhaftanstalt Frankfurt-Preungesheim gehörten.
Radbruch wollte die [[Vergeltung]]sstrafe abschaffen und durch eine Besserungsstrafe ersetzen. Er war deshalb gegen die [[Todesstrafe]] und das [[Zuchthaus]]. Die [[Resozialisierung]] wurde neben der Sicherung zum Hauptziel der Strafe erklärt. In der Weimarer Republik wurde der Entwurf nur eingeschränkt umgesetzt, er gewann dann aber für die Strafrechtsentwicklung der jungen Bundesrepublik an Bedeutung.[3] Eine dritte Minister-Berufung lehnte Radbruch ab. Er folgte 1925 einem Ruf nach Heidelberg, wo zu seinen StudentInnen neben [[Anne-Eva Brauneck]], die später die erste deutsche Professorin für Strafrecht wurde und [[Helga Einsele]], spätere Leiterin der Frauenhaftanstalt Frankfurt-Preungesheim, gehörten.


Am 8. Mai 1933 wurde Radbruch als erster deutscher Professor aufgrund des "Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" aus dem Staatsdienst entlassen.
Am 8. Mai 1933 wurde Radbruch als erster deutscher Professor aufgrund des "Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" aus dem Staatsdienst entlassen.


Seine Reaktion bestand in der Befassung mit der Rechtsgeschichte. 1934 erschien in Wien seine Biographie des Paul Johann Anselm Feuerbach. Da ihm Lehrtätigkeit im Ausland verboten war, konnte er nur zu Studienzwecken (1935/36) nach England. Aus dem Aufenthalt am University College in Oxford entstand "Der Geist des englischen Rechts" (1946).
Seine Reaktion bestand in der Befassung mit der Rechtsgeschichte. 1934 erschien in Wien seine Biographie des Strafrechtlers [[Paul Johann Anselm Feuerbach]]. Da ihm eine Lehrtätigkeit im Ausland verboten war, konnte er nur zu Studienzwecken (1935/36) nach England reisen. Aus dem Aufenthalt am University College in Oxford entstand "Der Geist des englischen Rechts" (1946).


Bei einem Skiunfall verunglückte Radbruchs Tochter Renate 1939 tödlich, sein Sohn Anselm fiel drei Jahre später bei der Schlacht um Stalingrad.
Bei einem Skiunfall verunglückte Radbruchs Tochter Renate 1939 tödlich, sein Sohn Anselm fiel drei Jahre später bei der Schlacht um Stalingrad.
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Die Differenz zwischen positivem Recht und gerechtem Recht ist in Deutschland durch die Problematik des Befehlsnotstands bei den Mauerschützenprozessen wieder in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt. In diesem Zusammenhang wurden Radbruchs Theorien gegen die von Hans Kelsen und teilweise auch von Georg Jellinek vertretene rechtspositivistische Reine Rechtslehre ins Feld geführt.
Die Differenz zwischen positivem Recht und gerechtem Recht ist in Deutschland durch die Problematik des Befehlsnotstands bei den Mauerschützenprozessen wieder in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt. In diesem Zusammenhang wurden Radbruchs Theorien gegen die von Hans Kelsen und teilweise auch von Georg Jellinek vertretene rechtspositivistische Reine Rechtslehre ins Feld geführt.


=== Kriminalpolitik ===
=== Strafrechtsreform ===
 
=== Der "Überzeugungsverbrecher" ===
=== Der "Überzeugungsverbrecher" ===


=== Abolitionismus oder: "negative Kriminalpolitik" ===
=== Abolitionismus oder: "negative Kriminalpolitik" ===
=== "Geschichte des Verbrechens: Versuch einer historischen Kriminologie" ===


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
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