Adolphe Quetelet: Unterschied zwischen den Versionen

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Seine Moralstatistik (auch als Sozialbehaviorismus zu bezeichnen) war eine Kombination aller drei statistischen Wissenszweige auf höherer Ebene. Von der amtlichen Tabellenstatistik erhielt sie das ziffernmäßige Material, von der politischen Arithmetik übernahm sie die Methode der Wahrscheinlichkeitsrechnung und mit der Universitätsstatistik teilte sie den Beobachtungsgegenstand.  
Seine Moralstatistik (auch als Sozialbehaviorismus zu bezeichnen) war eine Kombination aller drei statistischen Wissenszweige auf höherer Ebene. Von der amtlichen Tabellenstatistik erhielt sie das ziffernmäßige Material, von der politischen Arithmetik übernahm sie die Methode der Wahrscheinlichkeitsrechnung und mit der Universitätsstatistik teilte sie den Beobachtungsgegenstand.  
Die Frage die sich Quetelet stellte war wie folgend: „Sind die Handlungen des moralischen und geistigen Menschen Gesetzen unterworfen oder nicht?“ Er entdeckte dabei eine regelmäßige Wiederkehr bestimmter Erscheinungen. Diese Normalverteilung von Eigenschaften fasste Quetelet unter dem [[Idealtypus|Idealtyp]] des „mittleren Menschen“ (frz. homme moyen) zusammen. Seine Absicht war es das sittliche Leben in allen seinen Erscheinungen als gesetzmäßig zu verstehen somit statistische Gesetze zu begreifen die Phänomenen wie Verbrechensquoten, Eheraten oder [[Suizid|Selbstmord]]raten unterliegen. Die Frage inwieweit der mittlere Mensch den Strukturbedingungen einer Gesellschaft entspricht hat Quetelet nicht untersucht. Seine statistische Konstruktion des mittleren Menschen soll die Funktionsbedingungen in einer Gesellschaft aufzeigen, sie ist aber kein Funktionselement dieser Gesellschaft.


Mit der Begründung seiner „sozialen Physik“ stellt Quetelet fest, dass es keinen Zufall, sondern nur Gesetzmäßigkeiten gibt und dies auch in den Gebilden gesellschaftlichen Zusammenlebens. Alles bisher als zweckmäßig angenommenen Handeln, alles was bisher als Äußerung des freien Willens betrachtet worden war, lag nun der mathematisch – biologischen Zergliederung frei.
Mit der Begründung seiner „sozialen Physik“ stellt Quetelet fest, dass es keinen Zufall, sondern nur Gesetzmäßigkeiten gibt und dies auch in den Gebilden gesellschaftlichen Zusammenlebens. Alles bisher als zweckmäßig angenommenen Handeln, alles was bisher als Äußerung des freien Willens betrachtet worden war, lag nun der mathematisch – biologischen Zergliederung frei.
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Quetelet ging des weiteren von der Idee aus, dass bestimmte Gesetzmäßigkeiten die Entwicklung des Menschen strukturieren. Nach seiner Auffassung fehlte es allerdings an einer genauen Kenntnis der Grundformen der körperlichen, moralischen und intellektuellen Entwicklung. Zur Klärung dieser Frage stellte er Untersuchungen über das Verbrechen, insbesondere der Morde an. Der Erfahrung nach müsste die Erscheinung des Verbrechens allenfalls eine aus der individuellen Psyche heraus erklärbare Handlung sein. Quetelet stellte konträr hierzu allerdings fest, dass Gleichläufigkeiten in der Entwicklung der Morde sowohl hinsichtlich iher Anzahl wie auch ihrer technischen Ausführung zu finden sind. Daraus folgerte er schließlich folgendes: „Es gibt ein Budget, das mit erschreckender Regelmäßigkeit bezahlt wird, nämlich das der Gefängnisse, Galeeren und Schafotte. Es gibt einen Tribut den der Mensch regelmäßiger bezahlt als denjenigen, welchen er der Natur oder dem Staatsschatze entrichtet; es ist derjenige, den er dem Verbrechen zollt! – trauriger Zustand des Menschengeschlechtes! Wir können im Voraus aufzählen, wie viele Fälscher, wie viele Giftmischer es geben wird, fast so, wie man im Voraus die Geburten und Todesfälle angeben kann, die einander folgen müssen.“
Quetelet ging des weiteren von der Idee aus, dass bestimmte Gesetzmäßigkeiten die Entwicklung des Menschen strukturieren. Nach seiner Auffassung fehlte es allerdings an einer genauen Kenntnis der Grundformen der körperlichen, moralischen und intellektuellen Entwicklung. Zur Klärung dieser Frage stellte er Untersuchungen über das Verbrechen, insbesondere der Morde an. Der Erfahrung nach müsste die Erscheinung des Verbrechens allenfalls eine aus der individuellen Psyche heraus erklärbare Handlung sein. Quetelet stellte konträr hierzu allerdings fest, dass Gleichläufigkeiten in der Entwicklung der Morde sowohl hinsichtlich iher Anzahl wie auch ihrer technischen Ausführung zu finden sind. Daraus folgerte er schließlich folgendes: „Es gibt ein Budget, das mit erschreckender Regelmäßigkeit bezahlt wird, nämlich das der Gefängnisse, Galeeren und Schafotte. Es gibt einen Tribut den der Mensch regelmäßiger bezahlt als denjenigen, welchen er der Natur oder dem Staatsschatze entrichtet; es ist derjenige, den er dem Verbrechen zollt! – trauriger Zustand des Menschengeschlechtes! Wir können im Voraus aufzählen, wie viele Fälscher, wie viele Giftmischer es geben wird, fast so, wie man im Voraus die Geburten und Todesfälle angeben kann, die einander folgen müssen.“


homme moyen!!!
Die Frage die sich Quetelet stellte war wie folgend: „Sind die Handlungen des moralischen und geistigen Menschen Gesetzen unterworfen oder nicht?“ Er entdeckte dabei eine regelmäßige Wiederkehr bestimmter Erscheinungen. Diese Normalverteilung von Eigenschaften fasste Quetelet unter dem [[Idealtypus|Idealtyp]] des „mittleren Menschen“ (frz. homme moyen) zusammen. Seine Absicht war es das sittliche Leben in allen seinen Erscheinungen als gesetzmäßig zu verstehen somit statistische Gesetze zu begreifen die Phänomenen wie Verbrechensquoten, Eheraten oder [[Suizid|Selbstmord]]raten unterliegen. Ihn interessierten nicht die individuellen Besonderheiten des Einzelmenschen.  Quetelet fand in seinem "mittleren Menschen" den sozialen Typus, der in der Gesellschaft als konkret-historisches Phänomen verstanden vorherrscht und der das Gespräge dieser Gesllschaft ausmacht. Die Frage inwieweit der mittlere Mensch den Strukturbedingungen einer Gesellschaft entspricht hat Quetelet nicht untersucht. Seine statistische Konstruktion des mittleren Menschen soll die Funktionsbedingungen in einer Gesellschaft aufzeigen, sie ist aber kein Funktionselement dieser Gesellschaft.


Klar wird hier, was Quetelet meinte: dass die gesellschaftliche Entwicklung durchaus beeinflusst werden kann, aber nicht durch individuelle Aktionen, sondern nur auf dem Wege kollektiver Veränderungen, durch die in die gesellschaftliche Grundstruktur eingegriffen wird.
Klar wird hier, was Quetelet meinte: dass die gesellschaftliche Entwicklung durchaus beeinflusst werden kann, aber nicht durch individuelle Aktionen, sondern nur auf dem Wege kollektiver Veränderungen, durch die in die gesellschaftliche Grundstruktur eingegriffen wird.
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