Schulmassaker

Aus Krimpedia – das Kriminologie-Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Definition

Tätertypen

Der US-amerikanische Psychologe Peter Langman (2009) analysierte zehn jugendliche Amokläufer in den USA. Er glaubt, dass sich die Täter drei Gruppen zuordnen lassen:

  • psychopathische Täter (keine Vorstellung von gut und böse, keine Schuld oder Reue; Narzissmus und Empathielosigkeit; Sadismus; Machtgenuss) Beispiele: Eric Harris und Andrew Golden.
  • psychotische Täter (Wahnvorstellungen; Stimmenhören; Dämonen; Auserwähltsein)
  • traumatisierte Täter (Missbrauchserfahrungen; Eltern problematisch, kriminell, substanzabhängig).

Einzelfälle

Deutschland

  • Emsdetten (NRW) 20.11.2006. Ein 18jähriger Mann verletzt 37 menschen bei einem mit Gewehren, Sprengfallen und Rauchbomben durchgeführten Überfall auf seine frühere Schule. Danach erschießt er sich.
  • Coburg (BY) 02.07.2003. Ein 16-Jähriger schießt im Unterricht auf seine Klassenlehrerin (die unverletzt bleibt) und verletzt eine Schulpsychologin. Danach tötet er sich.
  • Erfurt (TH) 26.04.2002. Ein 19-Jähriger erschießt in seiner ehemaligen Schule acht Lehrerinnen, vier Lehrer, eine Schülerin, einen Schüler, die Sekretärin und einen Polizisten. Danach tötet er sich selbst.
  • Eching und Freising bei München (BY) 19.02.2002. Ein mit zwei Pistolen, drei Rohrbomen und einer Handgranate bewaffneter 22-Jähriger tötet den Rektor seiner früheren Wirtschaftsschule und zwei weitere Personen.
  • Brannenburg (BY) 16.03.2000. Einen Tag nach seinem Verweis vom Realschulinternat schießt ein 16-Jähriger den Leiter in den Kopf (der sechs Tage später stirbt) und verletzt sich selbst schwer.
  • Meißen (SA) 09.11.1999. Nach Vorankündigung ersticht ein maskierter 15-Jähriger seine Gymnasial-Lehrerin in der Schule.
  • Eppstein-Vockenhausen (HE) 03.06.1983. Ein 34-Jähriger erschießt in einer Schule zwei zwölfjährige Schülerinnen, einen elfjährigen Schüler, einen Lehrer und einen Polizisten. Danach tötet er sich selbst.
  • Volkhoven bei Köln (NRW) 11.06.1964. Ein 42-Jähriger tötet mit einem Flammenwerfer acht neun- bis elfjährige Kinder, ersticht zwei Lehrerinnen mit einer Lanze und verletzt weitere 20 Kinder schwer. Danach vergiftet er sich.


Finnland

  • 2007. "The Jokela High School Massacre" - Am 6.11. um die Mittagszeit tötet ein 18 Jahre alter Schüler, der auch Mitglied in einem Sportschützen-Verein war und für die Tatwaffe seit dem 18.10.07 einen Waffenschein hatte, sieben Schüler und die Direktorin seiner Schule (Schulzentrum Jokela) in der Kleinstadt Tuusala bei Helsinki. Kurz vor der Tat hatte der Täter ein mit aggressiver Musik - "Stray Bullet" (= Verirrte Kugel) unterlegtes Video mit der Absenderkennung "Sturmgeist 89" (Sturmgeist war der Name einer norwegischen Rockband) über ein "Jokela High School Massacre" in das Internetportal Youtube eingestellt. Der Song "Stray Bullet" hatte sich auch auf der Internetseitevon Eric Harris gefunden, einem der Attentäter des Massakers an der Columbine High School in Littleton (1999). Der Verfasser des Videos erklärt, er wolle "nicht zu derselben Rasse wie die miserable, arrogante und selbstsüchtige menschliche Rasse gehören". Er bezeichnet sich selbst als "zynischen Existentialisten, antihumanen Humanisten, antsozialen Sozialdarwinisten, realistischen Idealistenund gottähnlichen Atheisten". Er erklärte weiter: "Die Verbrecher, die jetzt die Gesellschaft regieren, werden das bekommen, was sie verdienen." Die westlichen Gesellschaften hätten nichts mit Freiheit oder Gerechtigkeit zu tun, seien stattdessen totalitär und korrupt: "Lang lebe die Revolution gegen das System, das nicht nur die schwachsinnigen Zurückgebliebenen zu Sklaven macht, sondern auch die kleine Minderheit der intelligenten und scharfsinnigen Leute." Der Attentäter (und Autor), der sich auch als "Gott und Teufel meines eigenen Lebens" bezeichnete, erklärte weiterhin, dass er das menschliche Leben nicht heilig finde und dass der Mensch nur eine Art unter anderen Tieren sei: "Tod ist keine Tragödie, er geschieht dauernd in der Natur unter allen Arten. Nicht alles menschliche Leben ist wichtig oder wert, dass es gerettet wird." Es gebe keine anderen Gesetze als die universellen Gesetze der Natur und der Physik" (Thielbeer 2007). Der Attentäter hatte rund drei Wochen vor der Tat begonnen, seine Gewaltphantasien im Internet zu veröffentlichen. Er versuchte, sich nach der Tat das Leben zu nehmen.

Ursachen

Versagte Anerkennung - in den USA etwa durch Erfolge im Sport oder in den wichtigen Schulfächern - sind nach Katherine Newman (Princeton) eine notwendige, aber noch lange nicht hinreichende Bedingung für die Begehung von Schulmassakern.


Literatur

  • Das Gefühl von Allmacht. FAZ 12.03.09: 2.
  • Langman, Peter (2009) "Amok im Kopf". Warum Schüler töten. Weinheim und Basel: Beltz.
  • Robertz, Frank J. (2004) School Shootings. Über die Relevanz der Phantasie für die Begehung von Mehrfachtötungen durch Jugendliche. Frankfurt: Verlag für Polizeiwissenschaft.
  • Robertz, Frank J. & Ruben Wickenhäuser (2007) Der Riss in der Tafel. Amoklauf und schwere Gewalt in der Schule. Berlin: Springer. (http://www.igak.org/tafel/ Zugriff: 20.03.09)
  • Thielbeer, Siegfried: "'Dass niemand des Lebens würdig ist' - Ein Achtzehnjähriger hat in Finnland sieben Schüler und die Direktorin seiner Schule erschossen. Im Internet hatte er zuvor seinen Hass auf die Gesellschaft kundgetan". FAZ v. 8.11.2007: 11.