Rundfunkbeitrag

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Für den Empfang oder die Empfangsmöglichkeit von Radio- und/oder Fernsehsendungen zahlt man in einigen Staaten eine Rundfunkabgabe. Die ist unterschiedlich konzipiert: mal als Gebühr für die Inanspruchnahme vorhandener Geräte, mal als Beitrag, der unabhängig von Vorhandensein und Inanspruchnahme zu zahlen ist. In Deutschland wurde das System 2013 (und in der Schweiz wird das System 2019) von Gebühr auf einen Beitrag umgestellt, den jeder Haushalt zu zahlen hat, egal, ob Fernsehen geschaut oder Radio gehört wird oder nicht.


Internationaler Vergleich

Die Europäischen Rundfunkunion (EBU) beobachtet einen Trend zur Abschaffung der klassischen Gebühren. Nachdem es schon seit längerem in Spanien, Finnland und den Niederlanden keine Gebühren mehr gibt und die Sender über Steuern und öffentliche Mittel finanziert werden, hat 2017 auch Rumänien Gebühren abgeschafft. 2018 will Wallonien folgen. In den 28 europäischen Länder, wo Gebühren erhoben werden, beträgt der Durchschnitt 130 Euro im Jahr. Allerdings variiert die Höhe der Zahlungen erheblich.

In Deutschland kostet das (seit 2015) pro Haushalt und Jahr 210 Euro (17,50 mtl.) und bringt den Sendern wegen der hohen Zahl von Haushalten mehr als 8 Milliarden Euro im Jahr ein. In der Schweiz zahlt man umgerechnet 316 Euro, in Österreich je nach Bundesland zwischen 250 und 320 Euro, wovon zwei Drittel an den ORF und ein Drittel an Privatsender, in die Kulturförderung und das jeweilige Bundesland gehen. In Großbritannien umgerechnet rund 170 Euro.

Das Niveau der Sender ist vermutlich am höchsten in Großbritannien, Skandinavien und in der Schweiz. Deutschland schneidet wohl nicht so schlecht ab wie einige süd- und osteuropäische Staaten. Klagen über die Qualität gehören mit zu den Gründen, den öffentlichen Rundfunk infrage zu stellen.

Deutschland

In Deutschland wurde das System 2013 von "Gebühr" auf "Beitrag" umgestellt. Mussten vorher nur diejenigen zahlen, die tatsächlich entsprechende Geräte besaßen, so trifft die Zahlungspflicht seit 2013 alle Haushalte. Zweck der Abgabe war und ist es in beiden Systemen, zur inländischen "Grundversorgung" mit Medieninhalten durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten beizutragen. Die jährlich 8,324 Milliarden Euro finanzieren u.a. 22 Fernseh-, 67 Radiosender und eine Vielzahl von Online-Plattformen mit mehr als 25.000 festen Mitarbeitern. Nur die Deutsche Welle wird wegen ihrer Rolle als Instrument auswärtiger Kulturpolitik nicht durch Abgaben, sondern direkt aus Steuergeldern finanziert. Ob auch die Verwendung eines Teils des Rundfunkbeitrags zur Finanzierung der sog. Landesmedienanstalten durch den Begriff der Grundversorgung gedeckt ist, ist umstritten. Nicht ganz unstrittig ist, ob auch die Kosten für die Übertragungsrechte von Champions-League-Veranstaltungen und Schlagerfestivals legitimerweise als Teil der Grundversorgung anzusehen sind.

Grundidee der Beitragspflicht ist die Stärkung staatlich geförderter Medien, die unabhängig von Marktgesetzen berichten können. Möglicherweise handelt es sich aber bei dem Beitrag um eine versteckte Steuer. Das wäre in Deutschland verfassungswidrig. Für 2018 oder 2019 ist die Befassung des Europäischen Gerichtshofs mit dem Thema geplant.

Zahlungsverpflichtung

Die Abgabenpflicht ergibt sich aus dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBeitrStV). Der Rundfunkbeitrag wird gemäß § 2 Abs. 1 RBeitrStV als Pauschale von jedem beitragsschuldigen Inhaber einer Wohnung erhoben, unabhängig davon, ob und wie viele Rundfunkgeräte vorhanden sind. Eine Beitragsschuld ergibt sich allein aus der abstrakt-hypothetischen Möglichkeit des Rundfunkempfangs.

Zahlungs-Empirie

Die Umstellung vom Gebühren- auf das Beitragssystem im Jahre 2013 führte zu zahlreichen Reibungen, Prozessen und Verweigerungen.

In Hamburg ergab eine Kleine Anfrage der FDP an den Senat: 113.237 Haushalte zahlen nicht und schulden dem sog. Beitragsservice (früher GEZ, Stand 2017) 26,3 Millionen Euro. Allein im Jahr 2017 seien außerdem 30863 Zwangsvollstreckungen angekündigt worden. Bei knapp 7000 Haushalten kam es zu Forderungspfändungen. „Immer mehr Bürger haben das öffentlich-rechtliche Programm satt“, so die FDP-Bürgerschaftsabgeordnete Christel Nicolaysen in der MOPO (16.02.2018: 8). Quelle: https://www.mopo.de/29711518 ©2018

Kritik

Nach h.M. kann der Anspruch des deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf Finanzierung durch Rundfunkgebühren unmittelbar aus der Verfassung abgeleitet werden (so auch die ARD-Vorsitzende Karola Wille, in "Eine Koalition für die Medienfreiheit", FAZ 28.12.2017).

Allerdings musste sich das BVerfG einst vor allem wegen der Knappheit der Übertragungskanäle und der Kosten des Sendens um die deutsche Rundfunkordnung kümmern. Die Zulassung von privaten Sendern in den 1980er Jahren setzte die Existenz öffentlich-rechtlicher Sender voraus, die z.B. größeren Meinungspluralismus als Privatsender bieten sollten und dies auch taten. Inzwischen haben sich die Zeiten aber geändert. Vor allem bedarf es der Berücksichtigung der unbestrittenen Tatsache, dass Zeitungen und Zeitschriften mit ihren berichtenden und argumentierenden Texten und Artikeln für die Information und Meinungsbildung mindestens genauso wichtig sind wie audio-visuelle Unternehmen, die aber (verfassungs)rechtlich schon deswegen bei weitem nicht so eng geregelt sind wie Radio und Fernsehen.

"Heute ist die Existenz vieler Unternehmen der geschriebenen Presse, vor allem auch lokale und regionale Zeitungen mit ihren Redaktionen, durch viele Angebote, Strukturen und Nutzungsformen im Internet stark bedroht" (Henn 2018). Die Angebote "gebühren"-finanzierter öffentlich-rechtlicher Sender mit ihren für den Nutzer scheinbar kostenfreien audiovisuellen Beiträgen passen zu den neuen Nutzungsformen des Internets und seiner Gratiskultur, Lokal- und REgionalzeitungen mit zu kaufenden Blättern oder Tablet-Angboten aber weniger.

Bernhard Henne (2018): "Für die unbedingt nötige Informations- und Meinungsproduktion der Zeitungen müssel also fördernde Strukturen ausgebaut (viel mehr als die aktuelle Presseförderung) und bedrängende Strukturen (alles Prsseähnliche von öffentlich-rechtlichen Anbietern) begrenzt werden. Dieses Bewusstsein auch bei Politikern und Verfassungsrechtlern wäre aktuell weitaus wichtiger als eine Betonung des Verfassungsrangs des Rundfunkbetrages von 17,50 Euro, mit dem ja auch teure Champions-League-Übertragungen und Schlagerfestivals finanziert werden."

Heiner Barz (2018): "Siebzig Prozent der Deutschen halten Rundfunkgebühren laut Repräsentativumfragen nicht mehr für zeitgemäß." Das Meinungsbild, das sie Sendungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk darstellen, lässt aber praktisch nur Befürworter der Gebühren zu Wort kommen, bemängelt Professor Barz aus eigener Anschauung: "Wenn ich es nicht selbst gesehen hätte, würde ich es glatt als Fake News einordnen: In einer vielfach, zum Beispiel beim Spartenkanal 'Tagesschau 24', wiederholten Sendung (ab rufbar in der ARD-Mediathek) unter dem offenbar ironisch gemeinten Titel 'mal ehrlich' über die Rundfunkgebühren und die Frage, ob wir den öffentlich-rechtlichen Rundfunk noch brauchen, kommen fast ausschließlich mehr oder weniger glühende Verehrer der Gebührenfinanzierung zu Wort. Stimmen aus dem Publikum? - Allesamt singen sie das Loblied auf das Öffentlich-Rechtliche. Und dann kommt Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Der AfD-Politiker Meuthen darf drei kritische Sätze sagen - und dann kommen wieder der Intendant und der Justitiar des SWR an die Reihe. Bin ich im falschen Film? Meuthen, der als Einziger eine kritische Stimme gegen die 'Zwangsgebühr' verkörpern darf, dient hier ganuz offenbar vor allem einem Zweck: dem Zuschauer zu suggerieren, dass nur die Durchgeknallten von der AfD etwas gegen Staatsfunk und Zwangsgebühren hätten. - Natürlich kann man die Abschaffung oder Liberalisierung der Gebühreneinzugs-Regularien für falsch oder für kurzsichtig oder für sonst was halten. Aber dass das öffentlich-rechtliche Fernsehen uns zum Thema Gebührenstreit ein Publikumsspektrum rpäsentiert, das zu 99 Prozent aus glühenden Verehrern der GEZ-Gebühr besteht, spricht natürlich dem Anspruch Hohn, den Frau Wille als ARD-Vorsitzende formuliert, wenn sie vom 'vielfältigen Angebot, mit dem wir differenziert und differenzierende alle Menschen erreichen können', schwadroniert."

Ziviler Ungehorsam

"Der Fall von Sieglinde Baumert hat vor einigen Wochen für Aufsehen gesorgt. Die Thüringerin hatte 61 Tage im Gefängnis gesessen, weil sie die Rundfunkgebühren nicht gezahlt hatte. Doch was passiert genau, wenn man die Abgabe nicht entrichtet?" (Die Welt online, 6.4.2016)

Was, wenn man nicht zahlt?

"Auf der Informationswebsite zum Rundfunkbeitrag gibt es eine Liste mit sehr vielen Fragen und ebenso vielen Antworten. „Kann der Rundfunkbeitrag monatlich entrichtet werden?“, lautet eine Frage. Eine andere: „Welche Regelungen gelten für Gartenlauben?“ Eine Frage „Kann ich ins Gefängnis kommen, wenn ich den Beitrag nicht zahle?“ gibt es aber nicht.

Bis Ende 2014 waren 4,5 Millionen Beitragskonten, rund zehn Prozent aller Konten, nicht ausgeglichen. Diese Haushalte waren mit ihren Zahlungen im Rückstand. Derzeit liegt der Beitrag bei 17,50 Euro im Monat für ARD, ZDF und Deutschlandradio. Diese Haushalte wurden entweder angemahnt, oder es wurde bereits ein Vollstreckungsersuchen eingeleitet. Die Zahl hat der Beitragsservice selbst kommuniziert. Aktuelle Zahlen gibt es erst im Juni, wenn der Geschäftsbericht des Beitragsservice für 2015 veröffentlicht wird.

Für Aufsehen sorgt derzeit der Fall von Sieglinde Baumert, einer 46-Jährigen aus Thüringen. Sie saß seit dem 4. Februar im Frauengefängnis der JVA Chemnitz, weil sie den Rundfunkbeitrag nicht zahlt und sich einer Vermögensaufstellung durch einen Gerichtsvollzieher verweigert. Nach einem Bericht der „Welt am Sonntag“ wurde sie am Montagabend freigelassen. Der Beitragsservice teilte der „Welt“ am Mittwoch mit, die Haft sei nicht verhältnismäßig gewesen.

Was kann Rundfunkbeitragsverweigerern alles drohen – Gefängnis, Pfändung, Eintrag ins Schuldenregister? Die „Welt“ beantwortet die wichtigsten Fragen.

Muss der Rundfunkbeitrag wirklich gezahlt werden?

Der Rundfunkbeitrag muss von jedem Haushalt in Deutschland gezahlt werden. Es sei denn, man lässt sich befreien. Was unter bestimmten Umständen möglich ist. Dazu mehr in der nächsten Antwort. Sowohl das Bundesverwaltungsgericht wie das Bundesverfassungsgericht haben nach Klagen von Bürgern bisher immer die Rechtmäßigkeit der Abgabe bestätigt.

Der Rundfunkbeitrag für private Haushalte ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Der Beitrag von 17,50 Euro muss auch von jenen gezahlt werden, die keinen Fernseher oder Radio besitzen.

Es handele sich eben nicht um eine unrechtmäßig erhobene Steuer, wie Kläger monieren, sondern um einen Beitrag, der ausschließlich zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks eingesetzt werde. Es gilt die Regel „Eine Wohnung – ein Beitrag“.

Wer muss nicht zahlen?

Ausgenommen von der Beitragspflicht sind Bürger, die Sozialleistungen wie beispielsweise das Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe oder die Grundsicherung im Alter beziehen. Asylbewerber, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten, müssen ebenfalls nicht zahlen. Menschen mit bestimmten Behinderungen, beispielsweise Taubblinde, können sich aus nachvollziehbaren Gründen befreien lassen.

Ist eine Person allerdings „nur“ blind oder „nur“ gehörlos, wird ein Drittel des Beitrags pro Monat veranschlagt. Wer eine Ausbildung macht oder im Studium steckt und dafür eine staatliche Förderung wie etwa BAföG erhält, kann sich ganz befreien lassen.

Was passiert nun, wenn man den Beitrag nicht bezahlt?

Nimmt jemand nicht am Lastschriftverfahren des Beitragsservice teil und überweist die vierteljährlich fällige Summe auch nicht, kommt erst einmal eine Zahlungserinnerung ins Haus. Darauf folgt, erläutert Christian Greuel von der Beitragskommunikation, eine Mahnung.

Wer dann immer noch nicht zahlt, bekommt mehrfach Beitragsbescheide übermittelt. Zur ausstehenden Summe kommen Säumniszuschläge hinzu. Gegen den abschließenden Festsetzungsbescheid kann innerhalb eines Monats schriftlich Widerspruch eingelegt werden.

Welche Argumente können dann zum Erfolg führen?

Mit einem Widerspruch kommt man nur durch, wenn beispielsweise keine Anmeldepflicht gegeben ist oder der zu zahlende Betrag nicht korrekt ist. Grundsätzliche Einwände gegen die Festsetzung eines „Zwangsbeitrags“, der auch zu entrichten ist, wenn gar kein Fernseher, Radio oder mit dem Internet vernetzter Computer im Haushalt steht, mögen angebracht sein, sind aber in diesem Verfahren formal zwecklos.

Und wenn man einfach nichts tut, so wie Sieglinde Baumert?

Dann richtet die jeweilige Landesrundfunkanstalt, im Fall Baumert der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR), ein Vollstreckungsersuchen an die zuständige Behörde oder einen Gerichtsvollzieher. Die Vollstreckung wird eingeleitet.

Dann kann beispielsweise der Gerichtsvollzieher pfänden – das Gehalt, die Rente, ein Kontoguthaben, auch Schmuck oder andere Wertsachen. Verweigert sich jemand einer Vermögensauskunft, wie es Baumert tat, folgt in der Regel die Eintragung ins Schuldnerverzeichnis.

Beatrix von Storch macht Bekanntschaft mit dem „Kuckuck“: Der Beitragsservice von ARD und ZDF hat das Konto der Politikerin gepfändet, weil sie sich weigerte, die Rundfunkgebühren zu zahlen.

War der Weg ins Gefängnis danach alternativlos?

Der MDR habe nach dem erfolglosen Versuch, eine Vermögensauskunft zu erhalten, einen Antrag auf Haftbefehl gestellt. Das sagte Hans-Otto Burschel, Direktor des Amtsgerichts Bad Salzungen, der „Welt“. Der Haftbefehl wurde von einem Richter unterzeichnet.

Baumert ging darauf in die sogenannte Erzwingungshaft. Wohlgemerkt nicht, weil sie ihren Beitrag nicht bezahlt, sondern die verlangte Auskunft verweigert hatte. Als Alternative wäre gegebenenfalls eine Lohnpfändung in Betracht gekommen, sagte Burschel. Die Frau hatte einen Job als Hilfsarbeiterin.

Warum der MDR den Haft-Weg gewählt habe, könne das Gericht nicht beantworten, sagt Burschel. Dem Vernehmen nach gibt es in den ARD-Anstalten eine interne Ansage, mit Haft könne säumigen Zahlern durchaus gedroht werden, durchgesetzt werden solle diese aber nicht.

Was sagt der MDR zum Fall Baumert?

Der Antrag auf Erlass des Haftbefehls wurde am Montag vom MDR zurückgezogen. Rechtmäßig war die Erzwingungshaft, die bis zu sechs Monate dauern darf, auf jeden Fall. Die Zivilprozessordnung nennt die Voraussetzungen. Ob die Haft allerdings verhältnismäßig war, angesichts einer ausstehenden Zahlung von 190 Euro?

Beitragsservice-Sprecher Greuel sagt dazu: „Im Fall von Frau Baumert ist der MDR nach routinemäßiger Überprüfung und Bewertung zu dem Schluss gekommen, dass die Verhältnismäßigkeit nicht mehr gewahrt war.“ Verzichten könne die Rundfunkanstalt auf die „notfalls auch zwangsweise Durchsetzung von Beitragsforderungen“ aber „grundsätzlich nicht“.

Was heißt das konkret?

Sieglinde Baumert muss die rückständigen Beiträge weiterhin zahlen; sie muss aber nicht mehr in Haft. Die Kosten des Verfahrens müsse ebenfalls die Schuldnerin zahlen, heißt es auf Nachfrage beim Beitragsservice. In diesem Fall ist höchstwahrscheinlich der MDR in Vorkasse gegangen. Wie es mit dem Fall Baumert weitergeht, ist also offen.

Offen bleibt auch, wer letztendlich die Entscheidung getroffen hat, die Frau ins Gefängnis zu stecken. Die Haft sei nicht mit dem MDR, sondern mit dem Beitragsservice abgestimmt gewesen, heißt es. Das widerspricht der Darstellung des Amtsgerichts in Bad Salzungen. Unwahrscheinlich ist, dass der Fall Baumert „routinemäßig“ überprüft worden ist – die Entlassung folgte direkt auf den Bericht der „Welt am Sonntag“.

Und wenn jemand zahlen will, aber nicht kann?

Gibt es eventuell die Möglichkeit einer Ratenzahlung oder einer Stundung. In extremen Notlagen kann ein Teil der Schulden oder die komplette Summe erlassen werden. Dazu braucht es aber hieb- und stichfeste Nachweise. Etwa, dass die betreffende Person beispielsweise die Dienste einer Schuldnerberatung in Anspruch nimmt und/oder zahlungsunfähig ist. Ist allerdings die Vollstreckung bereits angekündigt, ist all das nicht mehr möglich.

Wie viele der Mahnverfahren sind Vollstreckungen?

Ende 2014 gab es 4,5 Millionen Mahnverfahren; es seien knapp 900.000 Vollstreckungsersuchen gestellt worden, schlüsselt der Beitragsservice auf. Der „Tagesspiegel“ nannte vor Kurzem die mögliche Zahl von 2,2 Millionen Ersuchen für 2015 – also mehr als eine Verdoppelung. Warum die Ersuche vermutlich stark gestiegen sind, lässt sich vermuten.

Nach der Einführung des Haushaltsbeitrags 2013 wurden die Daten des Beitragsservice mit den Daten der Einwohnermeldeämter abgeglichen – und somit deutlich mehr Haushalte als bisher erfasst. Warum und wieso die säumigen Zahler im Rückstand sind, ist nicht bekannt.

Gibt es weitere Fälle wie den von Sieglinde Baumert?

Dazu macht der Beitragsservice auf Nachfrage keine Angabe. Unwahrscheinlich ist das allerdings nicht. In einschlägigen Internetforen wurde bereits 2014 über die Erzwingungshaft berichtet.

Warum überhaupt die Aufregung?

Der Haushaltsbeitrag wurde 2013 eingeführt. Gegen die Finanzierung liefen und laufen mehrere Klagen. Zuletzt bestätigte das Bundesverwaltungsgericht die Rechtmäßigkeit. Das Bundesverfassungsgericht wird sich erneut mit dem Rundfunkbeitrag beschäftigen müssen.

Auch die alte Rundfunkgebühr war stets von obersten Gerichten bestätigt worden. Der Bundesgerichtshof urteilte seinerseits zuletzt im vergangenen Oktober, Vollstreckungsverfahren im Zusammenhang mit dem Rundfunkbeitrag seien rechtmäßig.

Und wenn jemand stirbt?

Geht die Pflicht zur Zahlung an einen anderen Mitbewohner über. Gibt es diesen nicht und die Wohnung wird aufgelöst, muss das Konto abgemeldet werden. Der Beitragsservice bittet hierfür um eine Kopie der Sterbeurkunde.

Hinweis: In einer früheren Fassung des Artikels hieß es, das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten greife im Fall von Sieglinde Baumert. In ihrem Fall greift die Zivilprozessordnung, Buch 8, Zwangsvollstreckung."

Weblinks und Literatur