Rechtsbeugung

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Rechtsbeugung ist die bewusst falsche Anwendung des Rechts durch Richter, Staatsanwälte, Amtsträger oder Schiedsrichter bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache zugunsten oder zum Nachteil einer Partei (§339 StGB). Jedoch ist Grobe Fahrlässig, ausgeübt im Beruf, im Fall von Richtern oder Staatsanwälten im Gegensatz zu allen anderen Berufsgruppen nicht strafbar.

Wenn die Staatsanwaltschaften Anzeigen gegen Richter oder Staatsanwälte wegen des Verdachtes der Rechtsbeugung so behandeln würde, wie sie dies bei mutmaßlich straffälligen Normalbürgern tun, dann müsste es angesichts des bedenklichen Zustandes unserer Justiz zu wesentlich mehr Anklagen kommen. Jedenfalls gebietet dies Art. 3 Abs. 1 GG, wonach vor dem Gesetz alle Menschen gleich sind. Günter Spendel, emeritierter Professor für Strafrecht, vertritt im Leipziger Kommentar zum Strafgesetzbuch, 10. Auflage 1982, § 336 (jetzt §339 Rechtsbeugung) Rdnr.3, die begründete Auffassung, dass die Behauptung, Rechtsbeugung sei ein sehr selten begangenes Delikt, eine fromme Selbsttäuschung ist.

Dass es zu sehr wenigen Anklagen und nur in sehr seltenen Ausnahmefällen auch zu Verurteilungen wegen Rechtsbeugung kommt, ist auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Straftat der Rechtsbeugung zurückzuführen. Gemäß ständiger Rechtssprechung des BGH soll nur der schwerwiegende, das heißt der elementare Rechtsbruch Rechtsbeugung sein! Die Professoren Günther Bemmann, Manfred Seebode und Günter Spendel belegen in der „Zeitschrift für Rechtspolitik“ (ZPR) 1997, Seite 307 ff, dass diese Auslegung des BGH gesetzwidrig ist, weil sie den Gesetzeswortlaut missachtet. Damit die gesetzwidrige Auslegung und Anwendung des § 339 Strafgesetzbuch nicht mehr möglich wird, gaben die Professoren ihren ZRP - Artikel aus guten Gründen den Titel „Rechtsbeugung – Vorschlag einer notwendigen Gesetzesreform“ und schlugen darin vor, auch die minder schwere Rechtsbeugung unter Strafe zu stellen, und zwar mit einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten. Bei einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten müsste der verurteilte Richter nicht aus dem Richterdienst ausscheiden. Derzeit ist die Strafe für Rechtsbeugung Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr. Gemäß Bundesbeamtengesetz muss ein Richter, der zu einer solchen Freiheitsstrafe verurteilt worden ist, aus dem Richterdienst ausscheiden und verliert alle Pensionsansprüche. Dies dürfte der Hauptgrund sein, warum sich Richter schwer damit tun, einen Kollegen wegen Rechtsbeugung zu verurteilen. Damit die vielen Fälle von Rechtsbeugung geahndet werden können, ist der Gesetzgeber aufgerufen, den Reformvorschlag der drei Professoren umzusetzen.

Art 20 GG gibt jedem Bürger das Recht gegen Rechtsbeugung, sofern Staatsanwaltschaft und Strafsenat im Klageerzwingungsverfahren Strafvereitelung erzwingen, selbst vorzugehen:

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, DIE VOLLZIEHENDE GEWALT UND DIE RECHTSPRECHUNG SIND AN GESETZ UND RECHT GEBUNDEN.

(4) GEGEN JEDEN, DER ES UNTERNIMMT, DIESE ORDNUNG ZU BESEITIGEN, HABEN ALLE DEUTSCHEN DAS RECHT ZUM WIDERSTAND, WENN ANDERE ABHILFE NICHT MÖGLICH IST.