Propaganda

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Propaganda (lat. propagare - verbreiten, ausdehnen, fortpflanzen) bezeichnet eine strategische Kommunikation zur Beeinflussung politischer Einstellungen. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts wird der Begriff mit absichtlichen Fehlinformationen assoziiert und daher kaum noch zur Selbstbezeichnung benutzt.

Definition

"Propaganda ist systematische, medial vermittelte persuasive Kommunikation politischer Akteure, deren Intention es ist, Wahrnehmungen, Einstellungen und Verhalten der Zielgruppe zu verändern" (Kutz 2011: 299).

Geschichte

  • In der Französischen Revolution soll ein mysteriöser Club de la propagande - angeblich eine Geheimgesellschaft der Jakobiner zur Verbreitung revolutionärer Ideen in ganz Europa - eine Rolle gespielt haben. Nach Randolph (1796) soll die Gruppe der Jakobiner selbst am 21.10.1789 zunächst unter diesem Namen entstanden sein. Auch in der konterrevolutionären Literatur der damaligen Zeit spielte die Figur dieses Clubs eine Rolle (vgl. Pelzer 1998).
  • Vorbereitung und Führung von Kriegen sind regelmäßig ein Anlass für intensive Propagandatätigkeiten.
  • Lenin unterschied zwischen Agitation (= Appell an die Massen zu bestimmten konkreten Aktionen) und Propaganda (= allgemeine Überzeugungsarbeit von Kommunisten). Beides zusammen hieß dann "Agitprop". Agitprop war dann auch ein Mittel der Herrschaftssicherung in der Deutschen Demokratischen Republik. Ihr Ziel bestand u. a. in der Diskreditierung der Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland. Sie richtete sich allgemein gegen Kapitalismus und „westlichen Imperialismus“. Da alle Medien vom Staat zensiert und gesteuert wurden, war dessen Propaganda allgegenwärtig. Als permanente politisch-ideologische Indoktrination wurde sie bereits in den staatlichen Kindergärten praktiziert und im Schulunterricht (Staatsbürgerkunde) fortgesetzt. Massenorganisationen wie Junge Pioniere, FDJ, FDGB und andere waren integraler Bestandteil des staatlichen Propagandaapparates. Das Eindringen mittels Propaganda in Familien, die Unterdrückung der Opposition und die versuchte Einflussnahme auf die gesamte Gesellschaft sind typische Kennzeichen einer totalitären Herrschaft.
  • Joseph Goebbels war "Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda"
  • In der Bundesrepublik Deutschland wurde Propaganda in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten und privaten Medien sowie in vielen übrigen Bereichen des täglichen Lebens eingesetzt, oft mit starker Wendung gegen die DDR. Eine tragende Rolle hatte das Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen und privat-rechtliche Propaganda-Organisationen wie z. B. der Volksbund für Frieden und Freiheit, aber auch die politischen Parteien, die oftmals mit ihrer antikommunistischen Haltung Angst schürten und Wahlkampf betrieben. Neben der offenen Propaganda im alltäglichen Leben gab es auch verdeckte staatliche Aktionen, die vom Bundesministerium für Verteidigung als operative Information systematisch durchgeführt wurde. Der damalige Verteidigungsminister Franz Josef Strauß richtete 1958 ein Referat für Psychologische Kampfführung ein, in dem u. a. der frühere Mitarbeiter im Reichspropagandaministerium Eberhard Taubert führend mitwirkte. Neben der Schulung von Bundeswehrsoldaten, des Betriebs von Radiostationen und der Produktion von Propagandasendungen wie „Südwind“ war der Abwurf von aufklärerischen Flugblättern über dem Staatsgebiet der DDR Hauptaufgabe. Die Flugblätter wurden in Auflagen von 500.000 bis 32 Mio. gedruckt, bis zu 770 Soldaten waren für die Ausbringung per Wetterballon zuständig. Die vorhandenen „Flugblattraketenwerfer“ wurden dagegen nicht eingesetzt, sondern waren dem Kriegsfall vorbehalten. An der Schule der Bundeswehr für Öffentlichkeitsarbeit wurden Soldaten und Zivilisten in die Methoden der Psychologie und deren Einsatz als Waffe unterwiesen. Im Rahmen einer „Institution der politischen Erwachsenenbildung“ und u. a. als Studiengesellschaft für Zeitprobleme getarnt, versuchte das PSK auch auf die bundesdeutsche Zivilbevölkerung einzuwirken. An Lehrer, Studenten und Schüler, aber auch an Sportvereine und christliche Jugendorganisationen gerichtet stand „die Einpassung und Integration der Seminarteilnehmer in die bestehenden Staats- und Gesellschaftsstrukturen der Bundesrepublik“ im Mittelpunkt der angebotenen Seminare.
  • Propaganda im Irakkrieg: Am 5. Februar 2003 führte US-Außenminister Colin Powell als Hauptgründe für den Irakkrieg vor dem UN-Sicherheitsrat an, dass Saddam Hussein über Massenvernichtungswaffen verfüge und dass er in die Terroranschläge am 11. September 2001 verwickelt gewesen sei. Beide Behauptungen waren falsch. Im November 2005 behaupteten die „Chicago Tribune“ und die „Los Angeles Times“, dass das US-Militär im Irakkrieg manipulierte Nachrichtenmeldungen in die irakischen Medien eingeschleust habe. Durch diese gefälschten Meldungen sollte ein gutes Licht auf die Handlungen der Vereinigten Staaten geworfen und gleichzeitig die Aufständischen demoralisiert werden. Oberstleutnant Barry Johnson, der militärische Pressesprecher im Irak, sagte, dass das Programm ein wichtiger Teil sei, um Falschinformation, die von den Aufständischen in den Medien veröffentlicht wurden, entgegenzuwirken. Dagegen gab der Pressesprecher des ehemaligen Verteidigungsministers Donald H. Rumsfeld bekannt, dass die Anschuldigungen der Manipulation sehr beunruhigend seien, sollten sie der Wahrheit entsprechen; das US-Verteidigungsministerium bestätigte die Existenz eines solchen Programms. - Die „New York Times“ veröffentlichte einen Artikel darüber, wie das Pentagon Auftragnehmer mit geringer journalistischer Erfahrung benutzte, um gezielt Artikel in der irakischen Presse zu platzieren. Die veröffentlichten Artikel wurden üblicherweise von amerikanischen Soldaten geschrieben, die entweder einer nicht existenten Organisation namens „International Information Center“ angehörten oder freiberuflich arbeiteten.

Verwandte Begriffe

  • Weniger vorbelastet sind die Begriffe News Management und Public Relations. Unterscheidet man zwischen weißen, grauen und schwarzen public relations (nach dem Grad der Wahrhaftigkeit der Informationen), dann liegt es nahe, den heutigen Begriff der Propaganda mit schwarzen public relations zu identifizieren.
  • Was in der Politik die Propaganda, ist in der Wirtschaft Werbung und in der Religion Missionierung. Allerdings steht dort das prekäre Verhältnis zur Wahrheit nicht in dem Maße im Vordergrund der Begriffskonnotationen.


Literatur

  • Bussemer, Thymian (2005) Propaganda. Konzepte und Theorien. Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden, ISBN 3-8100-4201-3.
  • Gries, Rainer & Schmale, Wolfgang, Hg. (2005) Kultur der Propaganda. Überlegungen zu einer Propagandageschichte als Kulturgeschichte. Winkler, Bochum, ISBN 3-89911-028-5.
  • Jahrmarkt, Steffen (2004) Die Befreiung des Irak und freedom fries. Wesen, Struktur und Funktionsweise von Propaganda am Beispiel der psychologischen Kriegführung Amerikas im Golfkrieg 2003. Shaker, Aachen, ISBN 3-8322-3007-6.
  • Keil, Lars-Broder, Kellerhoff, Sven Felix (2006) Gerüchte machen Geschichte. Folgenreiche Falschmeldungen im 20. Jahrhundert. Ch. Links, Berlin, ISBN 978-3-86153-386-3.
  • Kutz, Magnus-Sebastian (2011) Moderne Kriegspropaganda? Diss. phil. FB Sozialwissenschaften Univ. Hamburg.
  • Schieder,Wolfgang & Dipper, Christof (2004) Propaganda. In: Otto Brunner, Werner Conze, Reinhart Koselleck (Hg.): Geschichtliche Grundbegriffe. Bd 5, Klett-Cotta, Stuttgart, ISBN 3-608-91500-1, 69–112.
  • Tönnies, Ferdinand (2002) Kritik der öffentlichen Meinung, 1922. In: Ferdinand Tönnies Gesamtausgabe. Band 14, Walter de Gruyter, Berlin/New York.
  • Martin Jung, Propaganda for War, in: Nigel Young (Hrsg.), The Oxford international encyclopedia of peace, 2010, ISBN 978-0-19-533468-5
  • Anne Morelli: Die Prinzipien der Kriegspropaganda, zu Klampen, 2004, ISBN 978-3-934920-43-9.
  • Gerald Diesener, Rainer Gries (Hrsg.): Propaganda in Deutschland. Zur Geschichte der politischen Massenbeeinflussung im 20. Jahrhundert. Primus, Darmstadt 1996, ISBN 3-89678-014-X.
  • Klaus Körner: Die rote Gefahr. Antikommunistische Propaganda in der Bundesrepublik 1950–2000. Konkret, 2002, ISBN 3-89458-215-4.
  • Norstedt u. a.: From the persian Gulf to Kosovo – War Journalism and Propaganda. In: European Journal of Communication 15 (2000), S. 383–404.
  • Christian Schwendinger, Was ist Propaganda? Begriffsgeschichte, Definition und das „Wesen“ der Propaganda, Januar 2007
  • Lenin, Was tun? Brennende Fragen unserer Bewegung, 1902, bes. Kapitel 3b: Die Geschichte darüber, wie Plechanow von Martynow vertieft wurde
  • Pelzer, Erich (1998) Die Wiederkehr des girondistischen Helden. Bonn: Bouvier (126 ff.)
  • Monika Gibas, Propaganda in der DDR, Erfurt 2000.
  • Gerald Diesener, Rainer Gries (Hrsg.), Propaganda in Deutschland. Zur Geschichte der politischen Massenbeeinflussung im 20. Jahrhundert. Darmstadt 1996.
  • Harro Segeberg (Hrsg.): Mediale Mobilmachung. Das Dritte Reich und der Film. Fink, Paderborn 2004, ISBN 3-7705-3863-3.
  • Christian Schwendinger: Was ist Propaganda? Begriffsgeschichte, Definition und das „Wesen“ der Propaganda

Filme

  • Parolen und Polemik – die Geschichte der deutschen Wahlwerbefilme, Dokumentarfilm, 112 Minuten, Tacker Film. Trailer
  • Kinder, Kader, Kommandeure – 40 Jahre DDR Propaganda – Dokumentarfilm, 90 min. Ein Kompilationsfilm, der die Geschichte der DDR anhand ihrer eigenen Propagandafilme nacherzählt (deutsch und englisch).

Weblinks

Gekürzt und bearbeitet aus: Propaganda in: de.wikipedia