Parecer 1

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1. Podemos considerar que se caracteriza como mídia opressiva a atuação dos meios de comunicação (TV, Jornal, Revistas) de forma intensiva e com (pré)julgamento contra um determinado acusado, mesmo que baseada em informações oriundas de atos / decisões judiciais, levando em conta os princípios de presunção de inocência e devido processo legal?

Die Berichterstattung der Massenmedien ist von fundamentaler Bedeutung für Demokratie und Rechtsstaat. Nicht umsonst nimmt das Geschwisterpaar der Meinungs- und der Pressefreiheit in allen Deklarationen und Konventionen über die Menschenrechte seit der Französischen Revolution einen prominenten Platz ein. Umwälzende technische Erfindungen (Radio, TV, Internet und soziale Medien) und problematische Prozesse des Strukturwandels der Öffentlichkeit (Konzentration des Eigentums in den Händen weniger "Medienmogule" etc.) beeinflussen allerdings den Inhalt der Pressefreiheit und erfordern eine ständige Reflexion veränderter politischer, sozialer und rechtlicher Rahmenbedingungendie. Einerseits drängen Akteure der neuen sozialen Medien in Richtung auf die Auflösung starrer Grenzen zwischen Sendern und Empfängern ganz im Sinne von Bertolt Brechts Radiotheorie und damit auf die Verallgemeinerung der einst für den kleinen Berufsstand der Journalisten geltenden Pressefreiheit in Richtung auf eine allgemeine Medienfreiheit. Andererseits ist kaum zu übersehen, dass das Grundrecht auf (äußere) Pressefreiheit, soweit es überhaupt existiert, heute durch homogenisierende Effekte der "Mainstream-Medien" und kollektive Phänomene wie "Kampagnen-Journalismus" gleichsam von innen her ausgehöhlt zu werden droht.

Dieser Hintergrund kann vielleicht dazu beitragen, das zu erklären, was man als Janusköpfigkeit oder Doppelcharakter der Massenmedien bezeichnen kann: einerseits durch ihre Berichterstattung über die Geschehnisse im öffentlichen Raum ein Wächteramt auszuüben - im Englischen spricht man ganz ungeniert von den Medien als "watchdog" - andererseits aber auch die Sensationslust eines breiten (zahlenden) Publikums auszubeuten, Feindbilder zu konstruieren und jedenfalls potentiell ganz schnell vom Wach- zum Jagdhund mutieren zu können, der diejenigen, deren Witterung er erst einmal aufgenommen hat, erst loslassen kann, wenn er sie zur Strecke gebracht hat.

Wegen ihrer demokratischen Funktion als "watchdog" werden die Medien oft als "Vierte Gewalt" bezeichnet. Dieser rhetorische Bezug auf Montesquieus Lehre von der Trennung der drei realen staatlichen Machtapparate hebt die auf ganz andere Weise - nämlich durch informellen Einfluss - wirkende Institution der Massenmedien zwar nur metaphorisch (und man möchte meinen: ironisch) auf eine Ebene mit Legislative, Exekutive und Judikative. Doch genau hier liegt auch der springende Punkt: in der Theorie ist die Bearbeitung von Kriminalfällen eine Angelegenheit der Justiz - und nur der Justiz. Dafür gibt es in der bürgerlichen Rechtstheorie sehr gute Gründe, die mit den gravierenden Folgen zu tun haben, die ein Strafurteil für den Bürger hat. Wer eines Verbrechens für schuldig befunden wird, wird gesellschaftlich degradiert, stigmatisiert, exkludiert. Das sind gravierende Statuspassagen, die aus einem angesehenen Bürger einen Menschen machen können, der gemieden wird und den man eines gleichberechtigten sozialen Umgangs nicht (mehr) für würdig hält. Die strenge Einhaltung formeller Verfahrensvoraussetzungen - auch als Justizgrundrechte bekannt - soll dafür sorgen, dass weder die unkalkulierbaren Sündenbock-Mechanismen einer aufgewühlten Menge noch die Missgunst der Mächtigen zur sozialen Sanktionierung und Exkludierung als "Krimineller" führen kann, sondern ausschließlich ein mit allen Garantien des Rechtsstaats versehenes ordentliches (und öffentliches) Strafverfahren. Selbst so lassen sich erfahrungsgemäß Fehlurteile nicht immer vermeiden, aber diesseits von nicht-punitiven Alternativen zum Strafrecht, um die es an dieser Stelle aber nicht geht, ist die strenge Einhaltung rechtsstaatlicher Verfahrensgarantien immer noch die beste Versicherung gegen Justizirrtümer, die wir besitzen.

Wenn die Medien vom Wachhund zum Jagdhund werden, treten sie in gewisser Weise in Konkurrenz zum Gerichtsverfahren. Gegenstand ist in beiden Fällen die Person, die einer Straftat verdächtigt wird und nun dem Risiko von Degradierungszeremonien ausgesetzt ist. Am Ende einer erfolgreichen Degradierungszeremonie vor Gericht steht die formelle Sanktionierung, an die sich in unterschiedlichem Maße weitere informelle Sanktioen anschließen können. Am Ende einer erfolgreichen Degradierungszeremonie durch die Medien steht der Ansehensverlust in der Öffentlichkeit. Wenn in solch einer Situation Medienprozesse schneller und skrupelloser sind als Justizverfahren, dann kann die für den Strafprozess erforderliche Unbefangenheit und Handlungsfähigkeit der am Prozess Beteiligten stark reduziert werden. Im Extremfall steht das Urteil der Medien schon vor Beginn der gerichtlichen Beweiswürdigung fest - und beeinflusst dann so viele Verfahrensbeteiligte direkt oder indirekt, bewusst oder unbewusst, dass eine unbefangene Beweiswürdigung in der Hauptverhandlung erschwert, wenn nicht sogar verunmöglicht wird. Wo aber der Gang des Justiz beeinträchtigt wird, da werden die Interessen des Staates als Inhaber des Gewaltmonopols und als Rechtsstaat verletzt - und damit die Interessen all derer, die auf das ordnungsgemäße Funktionieren der Verfahren, auf prozedurale Gerechtigkeit, angewiesen sind, und dabei natürlich in erster Linie die Interessen des Beschuldigten, bzw. Angeklagten.

Dieser Konflikt zwischen einem oppressiv und präjudizierend wirkenden informellen (Skandalisierungs-) Prozess auf der einen und dem hochformalisierten (Straf-) Prozess auf der anderen Seite, der in den USA vor allem als prejudicial publicity und damit als contempt of court thematisiert wird, stellt zugleich eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte derjenigen dar, die aufgrund intensiver negativer Berichterstattung bereits lange vor dem Abschluss eines Gerichtsverfahrens als schuldig dargestellt werden. Derartige "öffentliche Vorverurteilungen" stellen zwar mangels direkter Grundrechtsbindung der Massenmedien keine unmittelbare Verletzung der Unschuldsvermutung dar, sind aber deswegen auch nicht gleich unproblematisch - und gefährden auf jeden Fall die Voraussetzungen für ein faires Verfahren, auf das jeder Betroffenen einen Rechtsanspruch hat.

In den USA ist diese Gefährdung aufgrund der Bedeutung von Laienrichtern im dortigen Jury-System mit Händen zu greifen, während Berufsrichter sich die relative Autonomie ihrer Überzeugungsbildung wohl im Allgemeinen besser zu bewahren wissen - doch alle Ergebnisse der empirischen Forschung weisen darauf hin, dass öffentlicher Meinungsdruck auch bei ihnen nicht völlig folgenlos bleibt.

Insofern ist die Eingangsfrage, ob man eine intensive, durch informelle Vorverurteilungen gekennzeichnete Berichterstattung über einen Angeklagten als "oppressive Medien(berichterstattung)" bezeichnen kann, uneingeschränkt zu bejahen. Weder die Tatsache, dass sie sich selbst eventuell (nur) auf Informationen aus der Justiz bezieht, noch die Tatsache, dass das Justizgrundrecht der Unschuldsvermutung keine unmittelbare Bindungswirkung gegenüber den Medien entfalten kann, spricht gegen die Verwendung des Ausdrucks "oppressive Medien". Das Adjektiv "oppressiv" erscheint auch deshalb angemessen, weil es - wiewohl selbst kein terminus technicus der Rechtssprache und damit (bislang jedenfalls) nicht subsumtions- und rechtsfolgenfähig - die bedrückende Auswirkung der zwar wenig konturierten und kaum operationalisierbaren, aber doch allgemein verspürten Breitenwirkung massenmedialer Beeinflussung widerspiegelt.