Organischer Intellektueller

Nach Antonio Gramsci, der den Begriff praegte, ist ein organischer Intellektueller ein Mensch, der die Ideen einer bestimmten Klasse vertritt und reartikuliert.

Gramsci dachte oft über die Rolle des Intellektuellen in der Gesellschaft nach. Berühmt ist seine Überzeugung, dass alle Menschen Intellektuelle seien. Seiner Einschätzung nach hat jede Person intellektuelle und rationelle Talente, aber nicht jeder hat auch die gesellschaftliche Funktion eines Intellektuellen. Gramsci erklärte, dass die modernen Intellektuellen nicht nur Redner, sondern auch Leiter und Organisatoren seien, die dabei helfen die Gesellschaft aufzubauen und eine Hegemonie zu produzieren, indem sie sich ideologischer Apparaturen wie der Bildung und der Medien bedienen.

Gramsci unterschied zwischen traditionellen Intellektuellen, dazu gehören der Schriftsteller, der Philosoph und der Künstler, sie sehen sich selber (fälschlicherweise) als eine Klasse außerhalb der Gesellschaft und den organischen Intellektuellen, die jede Klasse aus ihren eigenen Reihen hervorbringt. Eine soziale Gruppe, die die Hegemonie anstrebt, setzt alles daran, die traditionellen Intellektuellen zu assimilieren und für ihre Ideologien einzunehmen. Dies geht schneller und effizienter, wenn die Gruppe zugleich ihre eigenen organischen Intellektuellen herausbildet.

Diese organischen Intellektuellen beschreiben das gesellschaftliche Leben nicht nur mit wissenschaftlichen Regeln, vielmehr artikulieren sie durch die Sprache der Kultur, die Gefühle und Erfahrungen, die die breite Masse nicht selber vermitteln kann. Gramsci sah es als ein Bedürfnis, eine Kultur der Arbeiterklasse zu schaffen. Hierzu bräuchte es ein Bildungssystem, in dem sich Intellektuelle der Arbeiterklasse entwickeln können. Dieses Bildungssystem sollte nicht einfach nur in die Marxistische Ideologie einführen, sondern vielmehr den Status Quo, die bereits bestehenden intellektuellen Tätigkeiten der Massen, erneuern und kritisch hinterfragen. Seine Ideen zum Bildungssystem stimmen mit den Ansichten der kritischen Pädagogik und der Bildung von unten überein, wie sie später von Paulo Freire in Brasilien erprobt wurden.


„Die Intellektuellen dienen der herrschenden Klasse als ‚Angestellte‘. Sie sind für die Vielzahl subalterner Aufgaben der gesellschaftlichen Hegemonie und der politischen Regierung zuständig, d. h. 1. für die ‚spontane‘ Zustimmung der großen Masse der Bevölkerung zum gesellschaftlichen Leben der herrschenden Hauptgruppe, eine Zustimmung, die sich ‚historisch‘ aus dem Prestige (und damit dem Vertrauen) ableitet, das der herrschenden Gruppe aufgrund ihrer Position und Funktion im Produktionsbereich zufällt; und 2. für den staatlichen Zwangsapparat, der ‚gesetzlich‘ die Disziplinierung der Gruppen sicherstellt, die aktiv oder passiv ‚die Zustimmung verweigern‘ – dieser Apparat ist aber für die gesamte Gesellschaft geschaffen, in Voraussicht von Herrschafts- und Führungskrisen, in denen die ‚spontane‘ Zustimmung nachläßt.“

Gramsci (1930) ein sammelsurium, das auf fokussierung und kriminologifizierung wartet.