Opiumhöhlen in Hamburg

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Nachdem sich 1910 in Hamburg 207 amtlich gemeldete Chinesen befanden, die vor allem als Seeleute gekommen waren und sich auf Sankt Pauli angesiedelt hatten - eine Zahl, die nach dem Ersten Weltkrieg sank und dann bis 1927 wieder auf 150 anstieg - gab es bald Gerüchte über illegale Opiumhöhlen in Hamburg - vor allem in der Gegend der Hafenstraße.

Ausmaß

Dem Hamburger Heimatdichter Ludwig Jürgens waren anscheinend noch keine handfesten Belege für die Existenz von Opiumhöhlen bekannt. Er schrieb: „Niemand weiß, was diese Menschen unter sich in den Wohnungen treiben. Ob sie wirklich dem Opium fröhnen oder der zweiten großen Nationalleidenschaft, dem Glücksspiel nachgehen, keiner vermag es zu sagen. Überraschende Razzien der Polizei sind immer fruchtlos".

Spätestens 1921 war jedoch die Existenz von Opiumhöhlen in Hamburg erwiesen. Jedenfalls hieß es in einer Polizeimeldung vom 4. August dieses Jahres nicht nur, dass der Polizei die Existenz "einer Reihe von Opiumhöhlen" bekannt sei,

„in denen nicht nur die in Hamburg zahlreich weilenden Kulis und anderen Chinesen, sondern auch Japaner und Deutsche sich dem Genuss dieses Giftes hingeben", sondern auch, dass es gelungen sei, "zwei dieser gefährlichen Stätten ausfindig zu machen, und zwar Hafenstrasse 126 und Pinnasberg 77. Unter dem Deckmantel eines Grünwarengeschäftes beziehungsweise einer Wäscherei waren versteckte Lasterhöhlen aufgeschlagen worden und erfreuten sich größten Zuspruchs. Bei der Überhohlung wurden in beiden Kellern etwa 50 Personen vorgefunden. Die Betreffenden lagen bereits im tiefsten Opiumrausch oder wurden opiumrauchend angetroffen. In beiden Opiumhöhlen wurde eine Anzahl Pfeifen, Opiumlampen und Opium selbst vorgefunden und beschlagnahmt. Gegen die Inhaber der beiden Opiumhöhlen ist eine Untersuchung eingeleitet worden. Die Aufdeckung weiterer Lokale steht bevor".

Aus Polizeisicht erschienen die Hamburger Chinesen insgesamt allerdings gelegentlich wie eine einzige verschworene kriminelle Gemeinschaft. Auch gab es Gerüchte über geheime Gänge und Tunnel, die die - meist aus Kostengründen sowieso in kleinen Kellerwohnungen hausenden - Chinesen unter Sankt Pauli für ihre Schmuggelgeschäfte und Opiumhöhlen angelegt haben sollten. Nachgewiesen wurde derlei allerdings nie.

Ende

Der Druck auf die Hamburger Chinesen nahm nicht schon 1933 sprunghaft zu. Zwar lebte das Stereotyp von den kriminellen Chinesen weiter - in einem in Hamburg spielenden Kriminalroman von Alfons Zech (Mitte der Dreißiger Jahre) wird die 20-jährige Ausreißerin Veronika von chinesischen Kriminellen als Drogenkurier benutzt und soll schließlich als Sexsklavin nach China verkauft werden - doch nahm die Repression erst aufgrund der verschärften Devisenpolitik seit 1936/37 zu. Die Zollfahndung schrieb über einen Festgenommenen: »Er ist ein Teil einer über ganz Groß-Deutschland verzweigten, organisatorisch genauestens ausgerichteten Bande, die sich nicht scheut, Devisen auf die raffinierteste Art und Weise aufzutreiben, um von Deutschland aus den Kampf der Komintern in Ostasien zu finanzieren.«

Das Ende kam dann mit der sogenannten Chinesenaktion vom 13.05.1944, bei der alle (mindestens 130) noch in Hamburg lebenden Chinesen verhaftet, für mehrere Monate in das Polizeigefängnis Fuhlsbüttel eingeliefert und sodann in das sog. Arbeitserziehungslager Langer Morgen überstellt wurden.

Literatur

  • Amenda, Lars (2009) Das "Chinesenviertel" in St. Pauli und die "Chinesenaktion" vom 13. Mai 1944 / Woo Lie Kien, in: Christiane Jungblut/Gunhild Ohl-Hinz, Stolpersteine in Hamburg-St. Pauli. Biographische Spurensuche, Hamburg, S. 187-190.
  • Bernd Eberstein:, Hamburg-China Geschichte einer Partnerschaft, Christians, Hamburg 1988
  • Helmut Ebeling:, Schwarze Chronik einer Weltstadt-Hamburger Kriminalgeschichte 1919 bis 1945,Ernst-Kabel-Verlag,1980

Weblinks