Als Naxaliten bezeichnet man in Indien bewaffneten Gruppen von Maoisten - der Begriff erinnert an den Ort eines Aufstands (Naxalbari im nördlichen Westbengalen).

Geschichte

Die Naxaliten, wie die indischen Maoisten genannt werden, entstanden in den späten 60er Jahren und sind nach dem Ort Naxalbari bei Darjeeling in Westbengalen benannt. Dort fand ein Aufstand armer Landarbeiter unter der Führung einiger Mitglieder des linken Flügels der Communist Party of India (Marxist) (CPI(M)) gegen Ungerechtigkeit, Unterdrückung und Ausbeutung statt und gab der linksextremistischen Bewegung ihren Namen. Den massiven Vergeltungsmaßnahmen der indischen Sicherheitskräfte fielen Tausende Naxaliten zum Opfer.

Hauptursache für die Kämpfe der Naxaliten zwischen 1967 und 1970 die inzwischen das gesamte Gebiet zwischen dem im Südosten Indiens gelegenen Unionsstaat Andhra Pradesh und der nepalesischen Grenze im Norden erfasst haben, waren die Konzentration der Ländereien in den Händen weniger Großgrundbesitzer, die sich unter der britischen Kolonialherrschaft und nach dem Erwerb der Unabhängigkeit fortgesetzt hat. Dadurch hat die Mehrheit der Bevölkerung in den betroffenen Orten keinen oder nur geringen Zugang zu ihrer Haupteinnahmequelle, dem Ackerland.

Nach dem Niederschlag der naxalistischen Bewegung zwischen 1972 und 1977 sind die Naxaliten wieder aktiv geworden. In den Siebziger Jahren konnten sie viele Intellektuelle für sich gewinnen. In ihren Reihen kämpfen für südasiatische Verhältnisse auch ungewöhnlich viele Frauen.

Die Naxaliten teilten sich in mehrere einflussreiche Fraktionen. Die beiden größten Gruppen People´s War Group (PWG) und Maoist Communist Centre (MCC) haben sich im September 2004 zur Communist Party of India – Maoist (CPI-Maoist) zusammengeschlossen. Anbei können unter den ca. 20 größeren Naxalitenorganisationen zwei Hauptrichtungen unterschieden werden: Ein Teil der Bewegung hat sich inzwischen, ohne den revolutionären Anspruch aufzugeben, auf die Arbeit im legalen Rahmen bis hin zur Teilnahme an Wahlen konzentriert, ein anderer Teil verbindet die Basis- und Massenarbeit mit klassischen Guerillakampfmethoden.

Das Ziel der Naxaliten ist die Erlangung der Staatsmacht und die Unterstützung der Landlosen, Armen und Angehörigen niedriger Kasten.

Im April 2006 bezeichnete der indische Premierminister Manmohan Singh die Naxaliten als die größte Sicherheitsherausforderung in der Geschichte Indiens.

Die naxalitische Ideologie basiert auf historischen Dokumenten von Charu Majumders. Sie beruft sich auf die kreative Anwendung des Marxismus, des Leninismus und der Lehre Mao-Mao Testungs.

Bedeutende Naxalitenorganisationen

• Communist Party of India (Marxist-Leninist) Liberation: 1974 gegründet, stärkste Naxaliten-Organisation, arbeitet seit Beginn der 1980er Jahre in der Legalität, (Bihar, Assam und Jharkhand), präsentiert kritische Haltung zu Stalin und teilweise auch zu Mao.

• Communist Party of India (Marxist-Leninist) New Democracy: 1988 gegründet, (Andhra Pradesh), Schwerpunkt liegt in der dortigen Bauernbewegung, orientiert am klassischen Maoismus.

• Communist Party of India (Marxist-Leninist) [Kanu Sanyal]: 2005 aus der Vereinigung von CPI(ML) [Kanu Sanyal] und CPI(ML) Red Flag hervorgegangen, kombiniert legale und illegale Kampfformen, war mit einem Abgeordneten im Parlament von Bihar vertreten.

• Communist Party of India (Maoist): Ging 2004 aus der Vereinigung von CPI(ML) People's War Group (Adivasi-Regionen in Andhra Pradesh) und Maoist Communist Centre of India (Süden von Bihar und in Jharkhand). Die CPI(Maoist) ist für verschiedene Übergriffe (bis hin zu Morden) auf Zivilisten und Anhänger konkurrierender (auch maoistischer) Parteien verantwortlich.

• Communist Party of India (Marxist-Leninist) Janashakti: 1992 gegründet als Zusammenschluss von sieben kleineren Gruppen, (Andhra Pradesh), gewann dort bei den Wahlen 1994 einen Sitz im Regionalparlament, Ende der 1990er Jahre stärkere Orientierung auf bewaffnete Untergrundarbeit, 2004 erfolglose Friedensgespräche mit der Regionalregierung.

• Provisional Central Committee, Communist Party of India (Marxist-Leninist): 1971 gegründet, (Bodo-Region in Assam), dort über Vorfeldorganisation United Reservation Movement Council of Assam hohe Wahlergebnisse erzielt.

Opfer

Im Rahmen des so genannten Volkskrieges (“people's war”) werden Menschen, die den Naxaliten im Wege stehen, eigenmächtig bedroht, eingeschüchtert, geschlagen, verschleppt, gefoltert, bestraft oder exekutiert.

Betroffen sind davon die Führungskräfte (Bürgermeister als offizielle staatliche Vertreter, Großgrundbesitzer, Stammesführer, Priester), Sicherheitskräfte, verdächtige Polizeispitzel und Verräter sowie deren Familien.

Auch gegen Deserteure gehen sie gnadenlos vor.

Dafür, dass sie für die Bevölkerung kämpfen, nehmen sie Geld, Nahrung und Unterkunft. Auch die Kinder werden nicht verschont. Sie werden rekrutiert für verschiedene Dienste, einschließlich für bewaffnete Kämpfe gegen die Sicherheitskräfte.

Literatur

• Satya Sivaram: Echo auf das Donnergrollen. Aufbruch, Niederlage und Neubeginn der Naxaliten-Bewegung in Indien. In: Fantômas, Winter/Frühjahr 2005/2006 (Nr. 8), S. 21-23.

• Gerhard Klas: Es begann in Naxalbari. Naxaliten, Maoisten und der bewaffnete Kampf in: SÜDASIEN (Zeitschrift des Südasienbüro e.V), 26. Jahrgang, Nr 4/2006, Seite 31-33

Weblinks

http://www.bpb.de/themen/J14K6T,0,Naxaliten:_Gr%F6%DFte_Herausforderung_f%FCr_die_innere_Sicherheit.html

  • Wolfgang Schreiber: Das Kriegsgeschehen 2006

http://books.google.de/books?id=_fyyTmmPlBkC&pg=PA56&lpg=PA56&dq=geschichte+naxaliten&source=bl&ots=YRiU50FW1E&sig=MPTmtWaAbOxZRhgOkGz8Yn9KFdQ&hl=de&ei=5B1TSs_5EIuPsAbb0PjEBw&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=7

  • Christian Wagner: Das politische System Indiens

http://books.google.de/books?id=Y0s6bIsrA78C&pg=PA227&lpg=PA227&dq=geschichte+naxaliten&source=bl&ots=MeqCdMfaCY&sig=TY8WUnt4GtrTH6aEFUDLaV-gKvU&hl=de&ei=5B1TSs_5EIuPsAbb0PjEBw&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=10