Mobbing

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Mobbing oder Mobben ist nach dem schwedischen Psychologen Olweus „der Missbrauch sozialer Macht auf der Basis systematischer und wiederholter Attacken gegen Schwächere.“ (Schäfer/ Herpel, S. 27).

Etymologie

Der Begriff „Mobbing“ stammt von der lateinischen Bezeichnung „mobile vulgus“ -„wankelmütige Masse“. Ebenso könnte man den Begriff aber auch aus dem englischen Wort „the mob“ - „der Pöbel oder die Horde“ oder „to mob“ - „attackieren, über jemanden herfallen, bedrängen“ herleiten (Graf, S.6; Lenz, S. 3).

In England wird für Mobbing der Begriff „bullying“ verwendet. Das bedeutet soviel wie drangsalieren, piesacken, tyrannisieren und schikanieren (Graf, S. 6; Gasperl, S. 11).

Begriffsgeschichte

Der Erste der dem Begriff „Mobbing“ wohl Ausdruck verliehen hat, war der Verhaltensforscher Konrad Lorenz (1963). Er beschrieb damit die Gruppendynamik bei Tieren, mit der sie gemeinsam einen Gegner vertreiben konnten. Heinz Leymann hat Anfang der neunziger Jahre den Begriff in die Arbeitswelt eingeführt. Er erforschte die Ursachen für psychische Belastungen von Arbeitnehmern/-innen und kam zum Ergebnis, dass nicht die Persönlichkeit maßgeblich für diese Belastungen war, sondern oft das Arbeitsumfeld (Gasperl, S. 11; Lenz, S. 3; Gollnick, S. 35). Peter-Paul Heinemann untersuchte die Gruppengewalt von Kindern an Schulen und hat somit in den 60er und 70er Jahren den Begriff Mobbing im Bereich der Pädagogik eingeführt (Graf, S. 7).

Definition

1996 wurde im Duden der Begriff Mobbing aufgenommen. Demnach liegt Mobbing vor, „wenn jemand am Arbeitsplatz oder in der Schule von Vorgesetzten, Lehrern, Kollegen, Mitarbeitern oder Mitschülern und manchmal auch von Untergebenen drangsaliert, schikaniert oder gezielt benachteiligt wird.“ (Graf, S. 5). Aufgrund der unausgeglichenen Machtverhältnisse fällt es dem Betroffenen schwer sich zu verteidigen (Diezel, S. 9). Unter Mobbing versteht man eine bestimmte Form von offener oder versteckter, verbaler oder körperlicher Gewalt, die wiederholt und über einen längeren Zeitraum andauert. Dabei soll das Opfer aus der sozialen Gemeinschaft verdrängt werden (Diezel, S.10).

Erscheinungsformen:

Mobbing in der Schule

Mobbing in der Schule (auch Bullying genannt) ist dadurch gekennzeichnet, dass ein Schüler oder eine Gruppe von Schülern systematisch, wiederholt und über einen bestimmten Zeitraum hinweg indirekte oder direkte, verbale oder körperliche Angriffe eines anderen Schülers oder einer anderen Gruppe von Schülern erleidet (Diezel, S. 9).

Die Schule bietet aufgrund ihrer strukturellen Gegebenheiten den Grundstein dafür einer Mobbingsituation ausgesetzt zu sein. Interessenkonflikte und viele Menschen auf engem Raum erschweren den zwischenmenschlichen Umgang miteinander (Graf S. 3 ff.). Die Ursachen von Mobbing in der Schule können unterschiedlicher Art sein. Oft genügen ungelöste Streitigkeiten, die Andersartigkeit oder der Leitungsdruck als Anlass für die strategische Ausgrenzung (Köck, www.krimlex.de).

Mobbing am Arbeitsplatz

Unter Mobbing am Arbeitsplatz versteht man das systematisches Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte (auch Bossing genannt). Diese dem Betriebsklima schadenden Verhaltensweisen können die Persönlichkeitsrechte, sowie andere geschützte Rechte wie das Recht der Gesundheit und der Ehre verletzen (Struck/ Fleissner, S. 20).

Cybermobbing

Verweis auf Hauptartikel [1]

Beim Cybermobbing geschieht eigentlich das Gleiche wie beim Mobbing im realen Leben. Die Täter nutzen dabei digitale oder elektronische Medien, um ihre feindseligen und aggressiven Botschaften zu verbreiten (Kratzer, S. 60). Folgende Besonderheiten machen Cybermobbing besonders gefährlich:1. Die Täter bleiben anonym und es ist schwer sie zu identifizieren. 2. Das Internet ist öffentlich. Die Mobbing-Angriffe können schnell verbreitet werden und sind für jedermann sichtbar. 3. Alles was ins Internet eingestellt wird, kann nur noch schwer gelöscht werden. Die Angriffe existieren im schlimmsten Fall für immer. 4. Man ist überall angreifbar. Es gibt keinen Schutzraum mehr (Kratzer, S. 58ff.; Festl, S: 28ff.).

Prävention/ Intervention

Um Mobbing erfolgreich zu stoppen, muss es rechtzeitig erkannt werden und schnell, wenn nicht sogar schon präventiv gehandelt werden. Dabei ist es wichtig zu überprüfen, ob die angewendeten Maßnahmen zur Beendigung der Angriffe überhaupt wirksam waren (Köck, www.krimlex.de).

In der heutigen Zeit gibt es einen sehr großen und vielfältigen Markt an Präventions- und Interventionsmöglichkeiten bei Mobbing. Aufgrund dieser enormen Vielfalt stelle ich hier kurz zwei Strategien gegen Mobbing vor.

No Blame Approch

Verweis auf Hauptartikel [2]

No Blame Approch heißt soviel wie der „Ansatz ohne Schuldzuweisung“ und dient vor allem der Intervention bei Mobbingproblemen an Schulen. Das Einzigartige an diesem Ansatz ist, dass man sich nicht mit der Schuldfrage und den in Betracht kommenden Bestrafungen beschäftigt, sondern mit den Schülern zusammen Ideen und Lösungen erarbeitet, um bisherige Verhaltensweisen zu ändern und somit einen besseren Umgang miteinander zu ermöglichen (http://www.no-blame-approach.de/no_blame_approach.html).

Dieser Lösungsansatz erfolgt in 3 Schritten: 1. Gespräch mit den Mobbing-Betroffenen Dabei soll Vertrauen gewonnen werden und Zuversicht gegeben werden, dass sich das Problem lösen lässt (Blum/ Beck, S. 95ff.). 2. Die Unterstützergruppe Hier wird zunächst eine Unterstützergruppe (6-8 Schüler) gebildet: 50% Akteure und 50% unbeteiligte Schüler. Diese sollen das Problem erkennen ohne dass jemanden die Schuld zugewiesen wird und sie sollen Ideen zur Verbesserung der Situation finden. Anschließend wird die Verantwortung für die Problemlösung der Gruppe überlassen (Blum/ Beck, S. 123ff.). 3. Nachgespräche einzeln mit allen Beteiligten. Nach 1-2 Wochen finden Nachgespräche mit den Beteiligten zur Beurteilung Situation statt (Blum/ Beck S. 159ff.; Diezel, S. 30ff.). Der No-Blame-Approch ist für keine Schulform oder Altersgruppe beschränkt.

Klick-Safe

Klick-Safe - Die EU-Initiative für mehr Sicherheit dient der Förderung der Medienkompetenz im Umgang mit dem Internet und mit neuen Medien. Die Internetseite informiert und klärt über verschiedene Aspekte von Internetsicherheit, problematische Themen, kompetente Nutzung und Chancen des Internets auf. Hauptziele der Kampagne sind die Kriminalprävention und der Jugendschutz. Im Unterpunkt Cyber-Mobbing gibt es Rubriken wie Cyber-Mobbing - Was ist das? Cyber-Mobbing – Was sagt das Gesetz? Cyber-Mobbing – Was kann ich tun, wenn man betroffen ist? Die Sensibilisierungskampagne ist eine Möglichkeit Cyber-Mobbing präventiv zu begegnen, indem auf ihrer Internetseite umfassende Informationen und Materialien zum Thema Cyber-Mobbing zur freien Verfügung bereitstellt werden. Die Cyber-Mobbing „Erste Hilfe App“ bietet Schüler*innen die Möglichkeit für konkrete Verhaltenstipps, sie spricht ihnen Mut zu und begleitet sie dabei gegen Mobbing vorzugehen.

rechtliche Situation/ kriminologische Relevanz

Bei der Betrachtung der einschlägigen Gesetze bei Mobbing wird leider deutlich, dass aufgrund der mangelnden Beweisbarkeit der Mobbinghandlungen es oft nicht zur Sanktionierung kommt. In Deutschland ist Mobbing gesetzlich noch nicht als eigener Straftatbestand normiert. Gleichwohl können aber durch Mobbing Tatbestände aus dem Zivil-, Arbeits- und Strafrecht verletzt werden (Köck,www.krimlex.de).

Im Bereich des Arbeitsrechtes kommen vor allem Beschwerden in Betracht. § 84 Betriebsverfassungsgesetz normiert die Beschwerde beim Arbeitgeber. Dieser muss den Beschwerdeinhalt überprüfen. Weiterhin kann man sich nach § 17 Abs. 2 Arbeitsschutzgesetz bei externen Stellen oder nach § 85 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz beim Betriebsrat beschweren. In dem laufenden Beschwerdeverfahren kann man gleichzeitig eine Versetzung beantragen(Stock S. 89).

Falls die Beschwerden keinen Erfolg liefern, bleibt die Möglichkeit zivil- oder strafrechtlich zu klagen. Gemäß §§ 12, 862, 1004 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) besteht die Möglichkeit soweit Persönlichkeitsrechte betroffen sind, zivilrechtlich Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche geltend zu machen (Stock, S. 90).

Im Strafgesetzbuch kommt unter anderem eine Verletzung der Äußerungsdelikte in Betracht. Dazu zählen § 185 Strafgesetzbuch (StGB) „Beleidigung“, § 186 StBG „Üble Nachrede“ und § 187 StGB „Verleumdung“. Dafür muss durch die Tathandlung die Ehre eines anderen verletzt worden sein. Mobbinghandlungen sind aber auch oft Nötigungen (§240 StGB), Bedrohungen (§ 240 StGB), Körperverletzungen (§223 StGB) und Erpressungen (§ 253 StGB). Wenn jemand beabsichtigt und wiederholt verfolgt und bedroht wird, könnte der Straftatbestand des Stalking gemäß § 238 Strafgesetzbuch "Nachstellung" in Betracht kommen. (Grimm/ Rhein/ Clausen-Muradian, S. 319ff.) Durch Cybermobbing entstehen oft Eingriffe in den persönlichen Lebensbereich, so dass Persönlichkeits- und Freiheitsrechte beeinträchtigt werden. Beispielsweise kann durch das Einstellen von Fotos der höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen ( § 201a StGB) und das Rechtes am eigenen Bild nach §§ 22, 33 Kunsturhebergesetz verletzt sein.

Weblinks

http://www.krimlex.de/artikel.php?BUCHSTABE=&KL_ID=122

http://lexikon.stangl.eu/445/formen-des-mobbing/

https://de.wiktionary.org/wiki/Mobbing

http://www.klicksafe.de/

http://www.no-blame-approach.de/

Literatur

Blum, Heike; Beck, Detlef (2012): No Blame Approch – Mobbing: Hinschauen, Handeln.Köln. ISBN 978-3-000277-55-9

Diezel, Alexander (2012): Mobbing in der Schule - Ein Konstrukt im alltäglichen Leben eines Schülers Methoden und Möglichkeiten einer Intervention – eine kritische Analyse.Vechta

Festl, Ruth (2014): Täter im Internet – Eine Analyse individueller und struktureller Erklärungsfaktoren von Cybermobbing im Schulkontext. Münster. ISBN 978-3-658-09238-2

Gasperl, Eva (2013): Mobbing & Cybermobbing: Eine empirische Untersuchung an drei Polythechnischen Schulen zum Mobbingverhalten unter Schülern/-innen. Hamburg. ISBN 978-3-8428-8791-7

Gollnick, Rüdiger (2006): Schulische Mobbing-Fälle – Analysen und Strategien. Münster: ISBN 3-8258-8357-4

Graf, Alexander (2007): Mobbing: theoretische und empirische Untersuchung von Konflikten im Bereich des Berufsschulwesens und Ableitung von Handlungsempfehlungen für Schule und Individuum. Kassel. ISBN 978-3-89958-317-5

Grimm, Petra; Rhein, Stefanie; Clausen-Muradian, Elisabeth (2008): Gewalt im Web 2.0. Der Umgang Jugendlicher mit gewalttätigen Inhalten und Cyber-Mobbing sowie die rechtliche Einordnung der Problematik. Berlin. ISBN 978-3891584941

Kratzer, Catarina (2014): Cybermobbing – Wenn das Internet zur Waffe wird. Köln. ISBN 978-3-642-37671-9

Lenz, Karsten (2008): Mobbing und Recht – Mobbing vor dem Hintergrund geltender Gesetze. Düsseldorf

Schäfer, Mechthild; Herpel, Gabriela (2012): Du Opfer! - Wenn Kinder Kinder fertig machen. Reinbeck bei Hamburg. ISBN 978-3-499-62658-6

Stock, Christian (2011): Mobbing - Taschenguide. Freiburg. ISBN 978-3-648-01110-2

Struck, Dieter; Fleissner, Alfred (2005): 45 Mobbing-Antworten – Ein Leitfaden für Betroffene, Arbeitgeber, Betriebs- und Personalräte sowie sonstige Interessenvertreter und Berater. Münster. ISBN 3-8258-8952-1