Lewis Paul Bremer III

Lewis Paul Bremer III, auch als Jerry Bremer bekannt (* 30.09.1941 in Hartford, Connecticut, USA, als Sohn des Präsidenten der Christian Dior Perfumes Corporation und einer Professorin für Kunstgeschichte), studierte an den Unviersitäten Yale und Harvard und am Institut d´Études Politiques in Paris. Nach Tätigkeiten an den US-Botschaften in Kabul und Malawi wurde er (1972-1976) persönlicher Assistent von US-Außenminister Henry Kissinger, dann Botschafter in den Niederhlanden. Nach dem Eintritt in den Ruhestand übernahm er die Leitung von Kissinger and Associates, einer großen Beratungsfirma seines früheren Chefs. 1999 machte ihn der US-Kongress zum Vorsitzenden der Nationalen Kommission über den Terrorismus. Im Februar 2001 erklärte er über die neue Regierung unter G.W. Bush: "Diese neue Regierung schenkt dem Problem des Terrorismus keine Aufmerksamkeit; sie wird nichts tun, bis ein schwerwiegendes Ereignis eintritt, und dann wird man beklagen, dass man sich nicht darauf vorbereitet hatte" (González 2008: 4). Als der Irak nach der amerikanischen Besetzung im Frühjahr 2003 unter der Zivilverwaltung durch den pensionierten General Jay Garner - der gegenüber dem von Donald Rumsfeld und Paul Wolfowitz geführten Pentagon keinerlei Autorität erringen konnte - in Plünderungen und Chaos unterzugehen drohte, entschied der US-Präsident, dass die Zivilverwaltung in die Hände eines starken Mannes übergehen müsse. Aus einer Liste mit sechs Kandidaten, darunter Rudy Giuliani, entschied sich der Präsident auf Anraten seines Vizepräsidenten für Bremer. Der kurz zuvor zum Katholizismus konvertierte Bremer ergriff, als er von dem Angebot hörte, die Hand seiner Ehefrau, betete mit ihr zusammen und sagte sofort zu. Er kam am 11. Mai 2003 nach Bagdad voller Tatendrang, stand morgens um 5 Uhr auf, betrieb Sport, arbeitete 12 Stunden und legte sich gegen Mitternacht zur Ruhe. Er reiste viel und bemühte sich um ein Verständnis des Landes, das ihn von Anfang an und weit über das Ende seiner Dienstzeit hinaus zutiefst irritierte, weil es die Amerikaner nicht als Befreier begeistert begrüßte (Bremer 2006).

Bremer traf in eigener Verantwortung zwei folgenschwere Entscheidungen, die den Irak in eine jahrelange chaotische Krise stürzten. Erstens löste die irakischen Streitkräfte und Nachrichtendienste in dem Moment auf, in dem sie (die sich während der Invasion, u.a. durch die CIA unterstützt, gleichsam unsichtbar gemacht hatten) in ihre Kasernen und Dienststellen zurückkehren wollten. Mit einem Federstrich trieb Bremer damit (gegen den Rat der CIA) den Aufständischen Tausende von Ex-Armeeangehörigen und Ex-Nachrichtendienstlern in die Arme. Zweitens löste er die Baath-Partei auf und entließ alle Parteimitglieder aus ihren öffentlichen Ämtern. Das führte zum Zusammenbruch der öffentlichen Verwaltung, zu Armut und Verbitterung unter den Betroffenen und verschlimmerte die Situation im Irak dauerhaft und erheblich.

Nach González (2008: 4) lag der wichtigste Grund für diese Entscheidungen in der Gleichsetzung von Saddam Hussein mit Hitler und der Baath-Partei mit der NSDAP. "La obsesión con Hitler y la desnazificación provocó los dos errores por los que Bremer pasará a la história."


Literatur

Bremer III., Lewis Paul (2006) My Year in Iraq: The Struggle to Build a Future of Hope (with Malcolm McConnell). New York: Simon & Schuster.

González, Enric (2008) El `virrey`de Bagdad desencadenó el desastre. Entre mayo de 2003 y junio de 2004, Paul Bremer disolvi´0 las fuerzas iraquíes y hundió la economía. El País, 20.03.2008: 4-5.