Junges Bosnien

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Zu der revolutionären Organisation Junges Bosnien (Mlada Bosna), die sich im Namen des Jugoslawismus zu Beginn des 20. Jahrhunderts für die staatliche Unabhängigkeit der Bosnier und der anderen Südslawen von Österreich-Ungarn engagierte, gehörten auch die Attentäter des Anschlags auf den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand (1914). Tatsächlich entstand nach dem durch dieses Attentat ausgelösten Ersten Weltkrieg ein jugoslawischer Staat, der allerdings nach einer wechselvollen Geschichte ab 1991 wieder in seine Bestandteile zerfiel.

Das Junge Bosnien war eine Vereinigung von Schülern und Studenten, die gegen die österreichisch-ungarische Fremdherrschaft kämpften und unter starkem Einfluss der serbischen Geheimorganisation Crna ruka (Schwarze Hand) auch politische Attentate durchführte. Allerdings entsprachen die Mitglieder nicht dem Stereotyp gewalttätiger Anarchisten, versuchten sie sich doch fast alle auch als Schriftsteller, Literaturkritiker oder Übersetzer (etwa von Strindberg, Kierkegaard, Ibsen, Wilde oder Poe). Der Schriftsteller und spätere Nobelpreisträger Ivo Andrić stand Mlada Bosna nahe und verkehrte persönlich mit Gavrilo Princip. Werke des Schriftstellers Petar Kočić und des Intellektuellen Vladimir Gaćinović waren von besonderer Bedeutung für die Bewegung. Von der Rückständigkeit und Passivität der Bevölkerung enttäuscht, riefen sie zum Widerstand gegen die autoritäre Machtstruktur und das jesuitische Schulwesen Österreich-Ungarns auf, traten für die Gleichberechtigung von Frauen ein und orientierten sich u.a. an Giuseppe Mazzinis Jungem Italien und an Thomas Masaryk, darüber hinaus aber auch an Revolutionären wie Michail Alexandrowitsch Bakunin und Pjotr Alexejewitsch Kropotkin.

Nach dem Bauernaufstand gegen die Osmanen 1875-1878, der in die Balkankrise mündete, wurde Bosnien-Herzegowina am Berliner Kongress 1878 von den Großmächten der österreichisch-ungarischen Verwaltung unterstellt. 1908 wurde es anlässlich des 60. Thronjubiläums von Kaiser Franz Joseph I. annektiert und die Provinz Sandschak Novi Pazar zwischen Serbien und Montenegro geteilt, was die Bosnische Annexionskrise auslöste. Die Bosnier lehnten eine Besatzung Bosnien-Herzegowinas ab, und hätten eher einen Zusammenschluss mit den Königreichen Serbien und Montenegro oder die Bildung eines unabhängigen Staates vorgezogen. Die Beibehaltung des als ausbeuterisch empfundenen osmanischen Feudalsystems nach 1878, die Unmöglichkeit einer Teilnahme am politischen System der Monarchie und die Stellung Bosniens und der Herzegowina als k. und k. Kronkolonien trugen zum Unmut der ärmeren Bevölkerung bei. Die Provinzen dienten Österreich-Ungarn in erster Linie als Eisenbahn-Transitstrecke, Warenmarkt, Rohstofflager und Lieferanten billiger Arbeitskraft. 1910, nach rund 20 Jahren österreichisch-ungarischer Verwaltung, waren 88 % der Bevölkerung Bosniens und der Herzegowina Analphabeten. Aufgrund von repressiven polizeilichen Maßnahmen war eine auf Reform oder Revolution ausgerichtete politische Betätigung nur im Geheimen möglich. Bosnischen Gymnasiasten, die sich politisch betätigten, drohte der Schulverweis.

Am 28. Juni 1914 wurde der Thronfolger Österreich-Ungarns, Erzherzog Franz Ferdinand, bei seinem angekündigten Besuch in Sarajevo von etwa zehn Mitgliedern von Mlada Bosna erwartet. Nachdem der Erzherzog einen ersten Anschlag unverletzt überstanden hatte, wurden er und seine Frau Sophie von Gavrilo Princip getötet. Daraufhin stellte Österreich-Ungarn Serbien ein Ultimatum, dem Serbien nicht bedingungslos nachkam, was zur Julikrise von 1914 führte, die ihrerseits den Ersten Weltkrieg auslöste, der den Weg zur erstrebten Unabhängigkeit der Südslawen innerhalb eines Staates für etwa zwei Generationen ebnete.


Literatur

  • Princip, Gavrilo (1926) Ein geschichtlicher Beitrag zur Vorgeschichte des Attentates von Sarajevo. Gavrilo Princips Bekenntnisse. Zwei Manuskripte Princips, Aufzeichnungen seines Gefängnispsychiaters Dr. Pappenheim aus Gesprächen von Feber bis Juni 1916 über das Attentat, Princips Leben und seine politischen und sozialen Anschauungen. Wien: R. Lechner & Sohn.

Weblinks

  • Mlada Bosna, in: de.wikipedia [[1]]
  • Young Bosnia, in: en.wikipedia [[2]]
  • Dieser Beitrag ist weitgehend identisch mit dem Beitrag in de.wikipedia [[3]]. Er wartet auf kriminologische Vertiefung.