JVA München

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Die JVA Münchenist eine von 36 bayerischen Justizvollzugsanstalten. Als Anstalt für Männer, Frauen und Jugendliche ist sie für zahlreiche bayerische Amts- und Landgerichtsbezirke zuständig. Wegen ihrer Lage in der Stadelheimer Straße wird die JVA München umgangssprachlich auch als "St. Adelheim" bezeichnet.

Anschriften

  • Männeranstalt Stadelheim: JVA München, Stadelheimer Straße 12, 81549 München (Stadtteil Giesing)
  • Frauenabteilung und Jugendarrestanstalt: JVA München, Frauenanstalt/Jugendarrestanstalt, Schwarzenbergstraße 14, 81549 München
  • Freigängerabteilung für Männer: JVA München, Freigängerabteilung, Leonrodstraße 53, 80636 München

Die Geschichte der JVA München

JVA München-Stadelheim

1894-1932

Auf Grund von Überfüllung und schlechten hygienischen Zuständen in den Münchner Gefängnissen Baaderstraße, Gruftstraße, Lilienberg und Anger beschloss 1891 eine Kommission unter der Leitung des königlichen Staatsministers der Justiz, Freiherr von Leonrod, die Neueinrichtung eines Zentralgefängnisses. Die Wahl des Standortes fiel auf das 70.000 qm große landwirtschaftliche Gut Stadelheim vor den Toren Münchens. 1894 erfolgte die Fertigstellung des "Königlichen Strafvollstreckungsgefängnisses" mit 405 Haftplätzen für weibliche und männliche Inhaftierte. Die Gesamtkosten für Grunderwerb und Bauführung dieses Nordbaus beliefen sich auf 1,1 Mio. Mark. Nur vier Jahre nach Errichtung des Nordbaus wurde mit dem Südbau begonnen. Dieser Erweiterungsbau diente als Zentraluntersuchungsgefängnis und wurde 1905 fertig gestellt. Sowohl der Nordbau als auch der Südbau wurden in Hufeisenform errichtet. In April und Mai 1919, im Zuge der politischen Auseinandersetzungen während der Münchner Räterepublik, wurde das Münchner Gefängnis von den Regierungstruppen als Gefangenensammelstelle eingesetzt. (vgl. Stadelheimer Hefte 2004:8ff.)

1933-1945

Unter dem nationalsozialistischen Regime kam es 1933 zur gewaltsamen Befreiung nationalsozialistischer Untersuchungshäftlinge aus den damals in München bestehenden Teilanstalten in der Corneliusstraße und am Neudeck. Nach dem sog. Röhm-Putsch wurden Ernst Röhm und weitere SA-Leute im Gefängnis Stadelheim hingerichtet. Im Januar 1935 wurde das Strafgefängnis Stadelheim dem Reichsjustizministerium unterstellt. Fortan war Stadelheim die zentrale Stelle für politische Gefangene. 1938 erfolgte die Errichtung von Luftschutzräumen auf dem Gelände des Gefängnisses. Nach der teilweisen Zerstörung des Justizpalastes dienten diese auch dem Volksgerichtshof für Hauptverhandlungen. Bis 1942 war die JVA Berlin-Plötzensee die zentrale Hinrichtungsstätte für alle vom Volksgerichthof zum Tode Verurteilten. Auf Grund der Vielzahl der Todesurteile wurde der Vollzug der Todesstrafe dezentralisiert. Die JVA Stadelheim wurde somit zur Vollzugsstätte der Todesstrafen für das südöstliche Reichsgebiet sowie für Teile der besetzten Gebiete. Im Oktober 1943 begannen die Luftangriffe der Alliierten auf das Gefängnis Stadelheim, die sich bis ins Jahr 1944 erstreckten. Die Übergabe der Leitung des Gefängnisses Stadelheim an die amerikanischen Truppen geschah am 2. Mai 1945 auf friedliche Weise; bereits am 1. Mai 1945 übernahmen die amerikanischen Militärbehörden die Dienstaufsicht über das Gefängnis. Die genaue Anzahl der Hinrichtungen zwischen 1933 und 1945 ist nicht bekannt; 1.399 Hinrichtungen in diesem Zeitraum sind nachgewiesen, davon mindestens 945 zwischen 1943 und 1945. (vgl. Stadelheimer Hefte 2004:24ff., Stuiber 2004:22)

Seit 1945

Die amerikanische Militärregierung leitete das Gefängnis vom 1. Mai bis zum 30.September 1945. Unter ihrer Führung begannen Bau- und Wiederherstellungsmaßnahmen um das Gefängnis auszubauen und Kriegsschäden zu beseitigen. Am 1. Dezember 1946 übernahm das bayerische Staatsministerium der Justiz als Aufsichtsbehörde die volle Verantwortung für die JVA München. In den Folgejahren wurden zahlreiche Erweiterungsbauten errichtet. 1964 wurde der Westbau fertig gestellt, vier Jahre später folgte der Ostbau. Seit der Erweiterung der JVA München 1981 um ein weiteres Gebäude, den Neubau, verfügt das Gefängnis heute über fünf Haftbauten. Seit 1945 wurden darüber hinaus das Dampfheizwerk, die Kfz-Werkstatt, die Zu- und Abgangsgebäude, der Verwaltungsbau, das Versorgungszentrum, das Arbeitsgebäude, der Werkhof und die Beobachtungstürme erbaut. Die JVA München an der Stadelheimer Straße erstreckt sich heute über 144.000 qm. (vgl. Stadelheimer Hefte 2004:36ff.)

Die Frauenabteilung und die Jugendarrestanstalt

Nachdem 1901 das Zuchthaus in der Au, zuständig für Kettensträflinge, Züchtlinge, Arbeitshaussträflinge und Zwangsarbeiter, geschlossen und abgerissen worden war, wurden auf diesem Gelände zwischen 1902 und 1904 das Strafgefängnis München-Au und das Untersuchungsgefängnis Neudeck neu erbaut. Seit 1968 sind beide der Anstaltsleitung der JVA München-Stadelheim unterstellt. In den Jahren 1969 bis 2009 befanden sich in dem Gebäudekomplex die Frauenabteilung sowie die Jugendarrestanstalt. Von 2007 bis 2009 wurde in der Schwarzenbergstraße eine neue Justizvollzugsanstalt für Frauen mit 150 Haftplätzen, einer Mutter-Kind-Abteilung mit zehn Plätzen und einer Jugendarrestanstalt mit 60 Plätzen errichtet. Der Bezug des neuen Gebäudekomplexes erfolgte 2009; das Neudeck wurde als Gefängnis aufgegeben. (vgl. Stadelheimer Hefte 2004:44f., Beschreibung der JVA München)

Die Freigängerabteilung

Die Freigängerabteilung an der Leonrodstraße wurde am 31. Januar 1990 eröffnet und verfügt über 45 Haftplätze für Freigänger. (vgl. Stadelheimer Hefte 2004:46)

Die Anstaltskirche St. Maria Consolatrix Afflictorum

Seit 1884 standen den Gefangenen ein Betsaal für die Katholiken sowie ein protestantischer Betsaal zur Verfügung. Im April 1899 fand die Grundsteinlegung für die Anstaltskirche St. Maria Consolatrix Afflictorum (Maria Trösterin der Verzweifelten) statt, im September 1899 die Weihe der Kirchenglocken. Damals waren die katholischen und protestantischen Teile der Kirche noch voneinander getrennt. Während eines Bombenangriffs der Alliierten 1944 wurde die Kirche bis auf die Grundmauern zerstört. Seit der Weihe des neuen Kirchenbaus 1951 kann die Kirche von beiden christlichen Konfessionen genutzt werden. Nach ihrer Renovierung 1966 bietet sie Platz für 400 Gefangene. (vgl. Stadelheimer Hefte 2004:19ff.)

Die Gedenkstätte für die Opfer der Gewaltherrschaft von 1933 bis 1945

Im Juli 1974 wurde die öffentlich zugängliche Gedenkstätte zur Erinnerung an die in Stadelheim getöteten Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft eröffnet. (vgl. Stadelheimer Hefte 2004:35)

Zuständigkeit nach Gerichtsbezirken

Die JVA München mit ihren Teilanstalten ist für verschiedene bayerische Land- und Amtsgerichtsbezirke zuständig. (vgl. Beschreibung der JVA München)

Die Männeranstalt

  • Amtsgerichtsbezirke: Dachau, Ebersberg, Fürstenfeldbruck, Garmisch-Partenkirchen, Miesbach, München, Rosenheim, Starnberg, Weilheim und Wolfratshausen
  • Landgerichtsbezirke: München I, München II

Die Frauenabteilung

Landgerichtsbezirke Ingolstadt, Landshut, München I, München II und Traunstein

Die Jugendarrestabteilung

  • Amtsgerichtsbezirk Pfaffenhofen
  • Landgerichtsbezirke: Deggendorf, Kempten, Landshut, München I, München II, Passau und Traunstein

Haftformen

In der JVA München sind Männer, Frauen und Jugendliche inhaftiert. (vgl. Beschreibung der JVA München)

Männer und Frauen

Untersuchungshaft, Ordnungshaft, Sicherungshaft, Zwangshaft, Erzwingungshaft, Auslieferungshaft, Durchlieferungshaft und Abschiebungshaft

Männer

Strafhaft im Erstvollzug bis zu einem Jahr und im Regelvollzug bis zu drei Monaten

Frauen

Strafhaft im Erst- und Regelvollzug bis zu zwei Jahren

Jugendliche

Freizeitarrest, Kurzarrest und Dauerarrest

Belegung

Belegungsfähigkeit

Insgesamt verfügt die JVA München über 1.182 Haftplätze. Davon stehen 962 Haftplätze in der Stadelheimer Straße für die Zellenbauten und die Sozialtherapeutische Abteilung für Sexualstraftäter, sowie für die Freigängerabteilung in der Leonrodstraße zur Verfügung. Die Frauenabteilung hat 160 Haftplätze und die Jugendarrestanstalt 60, davon 14 für weibliche Arrestanten. (vgl. Beschreibung der JVA München)

Tatsächliche Belegung

Die tatsächliche Belegung der JVA stellte sich am 31. Dezember 2009 folgendermaßen dar: (vgl. Beschreibung der JVA München)

  • männliche Gefangene: 1.086
  • weibliche Gefangene: 111
  • männliche Arrestanten: 34
  • weibliche Arrestanten: 2
  • Belegung insgesamt: 1.233

Arbeit und Ausbildung der Gefangenen

Arbeit

Die Gefangenen haben die Möglichkeit, während ihrer Inhaftierung in den verschiedenen Arbeitbetrieben der JVA München zu arbeiten. Die Arbeitspflicht wird im Strafvollzugsgesetz (StVollzG), in der Jugendarrestvollzugsordnung (JAVollzO) und in der Untersuchungshaftvollzugsordnung (UVollzO) geregelt. Zur Arbeit verpflichtet sind nur jugendliche und erwachsene Strafgefangene sowie junge Untersuchungsgefangene. Inhaftierte der JVA München sind in folgenden Eigenbetrieben tätig: Schuhmacherei/Polsterei, Schreinerei, Schlosserei, Elektrobetrieb, Schneiderei, Buchbinderei/Druckerei, Gas- und Wasserinstallationsbetrieb, Malerei, Lohnküche, Bäckerei, Lohnwäscherei, Baubetrieb, Kfz-Betrieb, Gärtnerei und Instandhaltungsbetrieb. Darüber hinaus arbeiten einige Inhaftierte in einem Unternehmerbetrieb innerhalb der Anstalt mit Lohnarbeiten für Firmen, sowie als Freigänger bei Firmen und Behörden oder in einem freien Beschäftigungsverhältnis. Andere sind in betriebliche und außerbetriebliche Bildungsmaßnahmen, in arbeitstherapeutische Beschäftigung, in sozialtherapeutischer Behandlung oder als Hausarbeiter mit Tätigkeiten für die Vollzugsanstalt eingebunden. (vgl. Stadelheimer Hefte 2004:54, Beschreibung der JVA München)

Berufsausbildung

Erwachsene Gefangene können während ihrer Haft in folgenden Berufsfeldern ausgebildet werden: Bäckerei, Elektroinstallation, Mechatronik, Malerei, Schneiderei. (vgl. Beschreibung der JVA München)

Schulische Bildungsmaßnahmen

Abgesehen von den Arbeits- und Berufsausbildungsmaßnahmen stehen den Gefangenen diverse schulische Bildungsmaßnahmen zur Verfügung. Diese umfassen einen Hauptschulkurs sowie Analphabetenunterricht, ein breites Literaturangebot, Berufschulunterricht, begleitende Hilfen für Auszubildende, EDV-Schulungen, Deutsch für Ausländer, Kunsterziehung, musik- und maltherapeutische Gruppen, Arbeitstherapie für Gefangene der Betreuungsabteilungen, einen Kurs für EIB, die Betreuung von Teilnehmern an Fernlehrgängen, den Qualifizierenden Hauptschulabschluss und Allgemeinunterricht für Frauen. (vgl. Beschreibung der JVA München)

Personal

Leitung

Geleitet wird die JVA München seit Mai 2009 von Michael Stumpf, Leitender Regierungsdirektor.

Beschäftigte

In der JVA München sind 596 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Angestellten- und Beamtenverhältnis beschäftigt. Sie arbeiten in der Verwaltung, im Werkdienst, im allgemeinen Vollzugsdienst, im Krankenpflegedienst sowie in den Fachdiensten. Dazu kommen noch 25 externe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von anderen sozialen oder kirchlichen Einrichtungen. (vgl. Stumpf 2011:6)

Besondere Angebote

Die Sozialtherapeutische Abteilung der JVA München

Seit 1972 verfügt die JVA München über eine Sozialtherapeutische Abteilung für Sexualstraftäter. Sie ist für maximal 24 Sexualtäter mit verbleibenden Haftstrafen von höchstens drei Jahren eingerichtet. Das Ziel besteht darin, diese Häftlinge auf ein straffreies Leben nach ihrer Entlassung vorzubereiten. (vgl. Stadelheimer Hefte 2004:58)

Die Betreuungsabteilung für junge Gefangene

Gemäß Nr. 1 UVollzO soll bei Gefangenen unter 21 Jahren die Untersuchungshaft erzieherisch gestaltet werden. Dieser Vorschrift kommt die JVA München mit ihrer Betreuungsabteilung, in der Psychologen, Sozialpädagogen und speziell ausgebildete Jugendvollzugsbeamte arbeiten, nach. (vgl. Stadelheimer Hefte 2004:58)

Der sozialtherapeutisch orientierte Wohngruppenvollzug

Gefangene im Wohngruppenvollzug werden von Psychologen, Sozialpädagogen, allgemeinen Vollzugsbeamten und externen Mitarbeitern betreut. Diese Form des Vollzugs bietet den Insassen die Möglichkeit, sich während der Haft mit persönlichen Problemen und ihrer Tat intensiv auseinanderzusetzen. Auch der Wohngruppenvollzug soll die Gefangenen auf ein straffreies Leben nach ihrer Entlassung vorbereiten. (vgl. Stadelheimer Hefte 2004:60)

Prominente Inhaftierte

  • Ludwig Thoma, bayer. Schriftsteller, verbüßte 1906 eine sechswöchige Gefängnisstrafe in der JVA München
  • Gustav Landauer, Volksbeauftragter für Volksaufklärung der Räterepublik Bayern, 1919 in Stadelheim hingerichtet
  • Ernst Toller, Schriftsteller, 1919 zu fünf Jahren Festungshaft wegen Hochverrats verurteilt
  • Adolf Hitler verbüßte 1922 eine vierwöchige Freiheitsstrafe wegen Landfriedensbruchs
  • Ernst Röhm, deutscher Offizier und Politiker der NSDAP, hingerichtet 1934
  • Hans und Sophie Scholl, Mitglieder der "Weißen Rose", hingerichtet 1943
  • Alexander Schmorell, Mitglied der "Weißen Rose", hingerichtet 1943
  • Konstantin Wecker, Musiker, Untersuchungshaft 1995
  • Karl-Heinz Wildmoser sen., Präsident des TSV 1860 München, Untersuchungshaft 2004
  • John Demjanjuk, mutmaßlicher Kriegsverbrecher, Untersuchungshaft 2009

Literatur

Weblinks

Zugriff auf die aufgeführten Seiten am 3. März 2012