JVA Fuhlsbüttel

Aus Krimpedia – das Kriminologie-Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
JVA Fuhlsbüttel, Ansicht "Am Suhrenkamp"

JVA Fuhlsbüttel

Die Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel befindet sich im Hamburger Stadtteil Ohlsdorf. Im Jahre 2003 wurden die Haftanstalten "Suhrenkamp", "Am Hasenberge" und "Nesselstraße" zur "JVA Fuhlsbüttel" zusammengelegt. Die Anstalt bestand dann zunächst aus vier Hafthäusern und der Außenstelle Bergedorf als Teil des Hauses IV. Es wurde dann der Haftbetrieb des Hauses III geschlossen,nachdem Sanierungsarbeiten abgebrochen worden waren. Bis heute werden Teile des Hauses für die Verwaltung verwendet. 2009 wurde Haus IV mit der Außenstelle Bergedorf aus der JVA Fuhlsbüttel ausgegliedert, sie werden seither als selbstständige Sozialtherapeutische Anstalt Hamburg geführt. Im Herbst 2009 wurde auch Haus III stillgelegt. Aktuell sind nur noch im ehemaligen Haus II Inhaftierte untergebracht. In der JVA sind ausschließlich männliche erwachsene Inhaftierte untergebracht in den Bereichen Strafvollzug und Sicherheitsverwahrung. Dabei handelt es sich in allen Fällen um Anstalten des geschlossenen Vollzugs. Inhaftiert sind erwachsene männliche Gefangene mit Freiheitsstrafen, mit Ersatzfreiheitsstrafen im Anschluss an eine Freiheitsstrafe und Sicherheitsverwahrte.

Erreichbar ist sie unter

  • JVA Fuhlsbüttel - Suhrenkamp 92 - 22335 Hamburg - Tel. 040-428001-0 - Fax. 040-428001-480 - E-Mail: jvafbpoststelle@justiz.hamburg.de

Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel heute

Die JVA Fuhlsbüttel ist heute eine Strafvollzugsanstalt, die in ihrem Selbstverständnis gleichermaßen für die Sicherheit der Allgemeinheit vor Straftätern und für die Resozialisierung der Menschen im Vollzug steht.

Abteilungen

Häuser der JVA, Luftbild, abfotografiert in der Gedänkstätte am Suhrenkamp

Auf dem Gelände der JVA befinden sich vier Hauptgebäude:

  • In Haus I gab es Kapazitäten für die Unterbringung von 300 Insassen. In das Haus I kamen vorwiegend Inhaftierte, die Freiheitsstrafen von zwei bis vier Jahren hatten. Zusätzlich gab es durchschnittlich 50 Gefangene, die in Abschiebehaft waren. Die Unterbringung erfolgte in Einzelhafträumen, lediglich die Abschiebehaftgefangenen wurden in Gemeinschaftssälen inhaftiert.

Im Jahr 2009 gab es eine Umstrukturierung der Hamburger Haftanstalten. Die Abschiebehaftgefangenen sind seitdem in der JVA Billwerder untergebracht. Das Haus I der JVA Fuhlsbüttel wurde wegen sinkender Gefangenenzahlen in Hamburg insgesamt stillgelegt.

  • In Haus II gibt es Kapazitäten für bis zu 450 Insassen, davon 31 Plätze für Sicherungsverwahrte. Vorwiegend sind hier Inhaftierte untergebracht, die Freiheitsstrafen von mehr als vier Jahren haben.
  • In Haus III gab es Kapazitäten für ca. 50 Inhaftierte. Hier gab es, besonders für Insassen mit langen Haftstrafen, das Angebot der Drogentherapie. Haus III gibt es nicht mehr, s.o. .
  • Im Haus IV befanden sich 180 Plätze für besonders betreuungsbedürftige Insassen wie sehr junge Straftäter, Ersttäter und alte Strafgefangene. Das Haus IV bot eine intensive sozialtherapeutische Behandlung an, besonders für Sexualstraf- und Gewalttäter. Seit 2009 ist es selbstständig.

Mitarbeiter

In der JVA Fuhlsbüttel sind ca. 320 Mitarbeiter beschäftigt. Davon sind etwa 160 Beamte im allgemeinen Vollzugsdienst tätig. Sie sind die ersten Ansprechpartner für die Inhaftierten. Etwa 65 Bedienstete arbeiten in den Betrieben, ca. 15 Beamte sind im gehobenen Dienst für die Insassen der Stationen zuständig. Die anderen Bediensteten gehören den Fachdiensten und der Verwaltung an.

Haftbedingungen

Am 23. Dezember 2009 trat in Hamburg ein veränderter Vollstreckungsplan in Kraft. Damit soll den veränderten Gefangenenzahlen (im Jahre 2003 waren es über 3000 Inhaftierte in Hamburg, 2011 noch etwa 1750) angemessen Rechnung getragen werden. In der JVA Fuhlsbüttel werden untergebracht:

  • männliche, zu Freiheitsstrafen von mehr als drei Jahren Verurteilte,
  • männliche, zu Freiheitsstrafen Verurteilte, wenn Überhaft angeordnet ist, mit mehr als drei Jahren Haftzeit,
  • männliche Verhaftete in besonderen Fällen mit Zustimmung der Justizbehörde / Strafvollzugsanstalt.

In der Sozialtherapeutischen Anstalt Hamburg am Suhrenkamp befinden sich

  • männliche, wegen einer Straftat nach §§ 174 bis 180 oder 182 StGB zu einer Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren Verurteilte.

Es gibt dort das Angebot einer Sozialtherapie nach Auswahlverfahren gemäß § 10 Abs. 2 HmbStVollzG.

In der JVA Fuhlsbüttel sind die ausschließlich männlichen Inhaftierten in Einzelhafträumen untergebracht. Die Einzelhafträume dürfen von den Gefangenen im Rahmen der geringen Möglichkeiten individuell mitgestaltet werden. In den Hafträumen dürfen sich z.B. Radiogeräte, Fernseher, Bücher und Fotos befinden. Die Gefangenen haben ein breites Angebot an Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten in den JVA-eigenen Betrieben. Sie sind zur Arbeit verpflichtet. Es gibt ein Sportangebot (Tischtennis, Fußball, Yoga), die Fußballmannschaft Eintracht Fuhlsbüttel nimmt am Punktspielbetrieb teil und ist sehr erfolgreich. Die JVA war bis 2004 nach innen offen. Das hat sich nicht bewährt, seit 2004 wird der differenzierte Stationsvollzug durchgeführt. Der Mittelpunkt für die Gefangenen ist die Station. Nachts erfolgt der Einschluss in den Zellen.


besondere Angebote

  • Schilder, die die Auszeichnungen dokumentieren

Die JVA Fuhlsbüttel versteht sich als eine Anstalt, in der der Resozialisierungsgedanke Priorität hat. Es gibt in der Vollzugsanstalt 22 Betriebe, in denen die Inhaftierten arbeiten können, davon sind 17 in Eigenregie der JVA. Es wird aber auch für Privatfirmen gearbeitet. Die Inhaftierten sind zur Arbeit verpflichtet. Die hergestellten Waren werden z.T. direkt in der JVA verwendet. Die Arbeit kann u.a. in der Schlosserei, in einer Bäckerei, Küche, Wäscherei, Malerei, Druckerei, Buchbinderei, Holzverarbeitung, Elektrowerkstatt geleistet werden. Mehrere Betriebe bieten die Möglichkeit einer Ausbildung bis zum Erwerb eines Gesellenbriefes. In der 2009 erweiterten und modernisierten Bäckerei kann das Bäckerhandwerk erlernt werden. Die Bäckerei der JVA Fuhlsbüttel beliefert neben der JVA selbst auch Krankenhäuser und Behörden. Es gibt in der JVA zwei Lehrer, die Förderkurse für die berufliche Bildung anbieten. Gefangene können an Fernschul- und Fernstudienangeboten teilnehmen. Diese Maßnahmen sollen eine bessere Wiedereingliederung in die Gesellschaft nach Beendigung der Haftstrafe erleichtern. Die EU fördert dieses Integrationsprojekt unter dem Namen "Arbeit und Qualifizierung in Fuhlsbüttel". Zusätzlich zu diesen Angeboten zur beruflichen Qualifizierung gibt es eine psychologische und eine Ausländerberatung, ebenfalls mit dem Ziel der besseren Wiedereingliederung. Den Inhaftierten werden regelmäßig Arzt-, Zahnarzt- und Psychiatersprechstunden genauso zugänglich gemacht wie eine Drogenberatung (MAEX), Aktive Suchthilfe (AS) und Termine des Hamburger Fürsorgevereins.

Die Menschen in der JVA haben eigene Markenprodukte entwickelt. Diese sind in ausgesuchten Geschäften und über den Online-shop www.santafushop.de oder www.santa-fu.de erhältlich.

heiße Ware aus dem Knast

Handtuch "Bleib sauber" aus der Produktion der kreativen Zellen

"SANTA FU-kreative Zellen" ist ein erfolgreiches Projekt. Der Online-Shop bietet Kleidung mit Aufschriften wie :"Ich will hier raus", "Schuldig" oder "Auf Bewährung" ebenso wie das Ausbrecher-Spiel "ALAARM" oder ein Kochbuch "Huhn in Handschellen". Mit einem Teil des Erlöses durch den Verkauf der SANTA FU-Produkte wird die Arbeit des WEISSEN RINGs unterstützt, einem Verein, der sich um die Opfer von krimineller Gewalt kümmert. Die Gefangenen leisten durch ihre Arbeit somit auch eine persönliche Wiedergutmachung. Im Jahr 2007 wurde dies Projekt vom derzeit amtierenden Bundespräsidenten im Rahmen der Initiative "Deutschland - Land der Ideen" ausgezeichnet.

Was es sonst noch gibt

  • Über den "Querulant im Knast" berichtet der Spiegel im Jahr 2009. Dr. jur. Hans-Jürgen Hausmann hat es sich zur Aufgabe gemacht, den "Rechtsstaat hinter Gittern" zu verteidigen und "gegen die verlotterte Justiz" zu kämpfen. Der inhaftierte promovierte Jurist mache fast täglich Eingaben, Klagen, Widersprüche und moniere z.B. den Ton der Wachhabenden oder Disziplinarmaßnahmen, die er als Schikane erachte. Hausmann helfe auch den Mitgefangenen und setze sein Fachwissen für das Wohl der Inhaftierten ein. Das Ziel des Ex-Anwaltes sei lt. Spiegelbericht, den Behörden so lästig zu werden, dass sie ihn freilassen.
  • Das Hamburger Straßenmagazin "Hinz und Kunz" meldet in seiner Ausgabe 228 im Februar 2012, dass die Beamten der Hamburger Justizvollzugsanstalten häufiger krank werden. Im Zeitraum von 2004 bis 2010 stieg die Zahl der Krankentage um 67%. Laut der vom Senat in Auftrag gegebenen zitierten Studio kamen die Beamten im Jahr 2010 im Schnitt an 36 Tagen / Jahr nicht zur Arbeit. Die Studie zeigte außerdem, dass die Beamten über schlechte Aufstiegschancen, ein schlechtes Betriebsklima und mangelnde Wertschätzung klagten.

Revolten und Ausbrüche

  • In den siebziger Jahren gab es einige spektakuläre Ausbrüche, die der JVA den Beinamen "Santa Fu" einbrachte. Eine Zeitung titelte damals "Santa Fu - und raus bist du".
  • 1972 kam es in der JVA zu einer Meuterei. Zwei Inhaftierten war es gelungen, sich auf das Anstaltsdach zu begeben. Sie weigerten sich, dieses zu verlassen und drohten beim gewaltsamen Versuch, sie vom Dach zu holen, sowohl sich als auch die beteiligten Beamten vom Dach zu stürzen oder mit Benzin zu übergießen und anzustecken. Als einer der Gefangenen ohne Fremdverschulden vom Dach stürzte, gelang es 20 weiteren Insassen während der Nachtschicht, z.T. bewaffnet auf das Dach zu gelangen. Die Gefangenen erkämpften sich deutlich verbesserte Haftbedingungen.
  • 1990 gab es eine erneute Meuterei, bei der die Gefangenen mit einer selbst gebastelten Leiter auf das Dach der Anstalt gelangten und für bessere Haftbedingungen protestierten. Sie wehrten sich z.B. gegen einen Anstaltsleiter, der keine Gespräche führte.
  • 1994 kam es zu einer Flucht von zwei Gewaltverbrechern aus der JVA. Ihnen war es gelungen, die Gitterstäbe ihrer Zellen zu durchsägen, sich aus dem fünften Stock abzuseilen und bei dichtem Nebel über die Gefängnismauer zu klettern. In Folge dieser Flucht wurden modernste elektronische Sicherheitsanlagen angebracht.


Geschichte der JVA

Anstaltsleiter

  • Koch, Christian 1920-1933 Der Name Ch. Koch steht für herausragende Veränderungen im Hamburger Strafvollzug. Koch war ein Verfechter des humanen Strafvollzugs. Er schaffte die körperliche Züchtigung in der Strafanstalt ebenso ab wie alle Maßnahmen, die auf die Demütigung und Zerstörung der Persönlichkeit eines Gefangenen abzielten. Er leitete den Erziehungsvollzug ein. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten konnte Koch seine Ideen des humanen Strafvollzuges nicht mehr verwirklichen. Laut §4 eines am 07.04.1933 neu erlassenen Gesetzes wurde Christian Koch am 28.06.1933 in den Ruhestand versetzt. Im Anschluss war er vorübergehend sogar Gefangener in dem vormals von ihm geleiteten Gefängnis.
  • Ellerhusen, Paul Sept. 1933- Juni 1934 P. Ellerhusen leitete das Konzentrationslager Fuhlsbüttel. Er war für die Organisation des Lagers verantwortlich und Vorgesetzter für das KZ Personal. Er war den Gefangenen gegenüber unbeherrscht brutal.
  • Vermächtnis Dr. Solmitz, fotografiert in der Gedenkstätte "Suhrenkamp".
  • Dusenschön, Willi, war Stellvertreter von Ellerhusen und ebenso brutal wie dieser. 1962 wird ihm in einem Hamburger Gericht der Prozeß für die begangenen Verbrechen im Polizeigefängnis und KZ Fuhlsbüttel gemacht, unter anderem der Mord an Dr. Fritz Solmitz. Es bleibt der einzige Mordprozeß vor einem Hamburger Gericht für die Morde in Fuhlsbüttel. Willi Dusenschön wird freigesprochen.
  • Rode, Johannes Juli 1934 - Frühjahr 1943; Rode untersagte den Wachmännern das willkürliche Schikanieren der Inhaftierten. Er selbst leitete die Anstalt mit großer Brutalität, schlug und misshandelte Häftlinge. Sein Hass galt besonders den Juden, den Transvestiten und den Homosexuellen.
  • Tessmann, Willi ab April 1943 war er stellvertretender Kommandant im Polizeigefängnis Fuhlsbüttel. Ab November 1943 war er Kommandant, diese Funktion behielt er bis zum Kriegsende 1945. Er beteiligte sich an Vernehmungen durch die Gestapo und unterstützte grausame Behandlungen der Gefangenen durch das KZ Personal. Er beteiligte sich aktiv an Schikanen und Misshandlungen. Zahlreiche Häftlinge kamen während der Jahre unter seiner Verantwortung ums Leben. Tessmann wurde am 24. September 1947 vom britischen Militärgericht zum Tode verurteilt und am 29. Januar 1948 in Hameln hingerichtet.
  • Schaarschmidt, Paula Leiterin der Frauenabteilung des Polizeigefängnisses bis 1943
  • Schulz, Ella, 1943-1945 Leiterin der Frauenabteilung des Polizeigefängnisses. Schulz galt als eine brutale Wachtmeisterin.

Ellerhusen, Dusenschön, Rode, Tessmann und Schulz sind verantwortlich für ungezählte Misshandlungen, Schikanen und Verbrechen mit Todesfolge, die sie sowohl unterstützt und gebilligt als auch selbst begangen haben

  • Düsedau, von ? bis ?
  • Dr. Stark 1972 - 1981 Dr. Stark war Psychologe und wurde nach der erfolgreichen Gefängnismeuterei im Jahr 1972 als Anstaltsleiter eingesetzt. Es gab unter seiner Leitung erstmalig eine Gefangenenvertretung, eine Öffnung der Anstalt nach Innen (tagsüber "offene Zellentüren"), Gemeinschaftsräume für die Freizeitgestaltung, Erlaubnis von Spiel und Sport und die Erlaubnis, den Haftraum individuell auszugestalten.
  • Sarodnick, Wolfgang 1981 - ? W.Sarodnick war bereits von 1972-1979 Anstaltspsychologe u. psychologischer Referent der JVA Fuhlsbüttel. Nachdem er zwei Jahre die Jugendanstalt Vierlande leitete, kehrte er 1981 an die JVA Fuhlsbüttel zurück und übernahm die Leitung. In seiner Zeit entstand das Buch "Leben im Knast-Selbstzeugnisse. Die unbekannte Welt von Santa Fu".
  • Behm, Dr. Andreas 2003-2006
  • Gross, Andreas 2006-2013
  • Röhrig, Dr. Lars ist der derzeitige Anstaltsleiter

die wichtigsten Daten im Überblick

  • Bereits im Jahr 1869 wird der Bau des "Centralgefängnisses" begonnen, das am
  • 15. August 1879 erstmalig mit einer Belegungsfähigkeit von 800 Inhaftierten in Betrieb genommen wird. Das Gefängnis ist nur für Männer. (heute Haus I)
  • 1879 wurde das Torhaus am Suhrenkamp als Eingangsgebäude zu den Fuhlsbütteler Strafanstalten erbaut. (jetzige Gedenkstätte)
  • 1891 schließt sich die Fertigstellung und Inbetriebnahme einer Anstalt für 350 weibliche Gefangene an. (heute Haus IV)
  • Im Jahr 1892 folgt der Bau und die Inbetriebnahme des heutigen Hauses III, gebaut für 115 jugendliche Gefangene. Auch ein Krankenhaus mit 89 Plätzen wird errichtet.
  • 1906 wird eine Anstalt als Zuchthaus für 726 männliche Gefangene in Betrieb genommen, spätere Namen sind "Anstalt Am Hasenberge" und "Santa Fu". (heute Haus II)
  • Ende der1920-er-Jahre waren die Gebäude bereits veraltet und es wurde der Abriss geplant.
  • Im Jahr 1933 sind die Gebäude leer und es beginnt der Abriss der Fuhlsbüttler Haftanstalten. Durch die Machtübernahme der Nationalsozialisten werden die Abrisspläne gestoppt. Die Haftanstalt wird wieder in Betrieb genommen und ist nach kurzer Zeit überbelegt.
  • Im März 1933 kommt es zur Errichtung eines ersten Konzentrationslagers im Gebäude des Hauses II; Bereits im
  • September 1933 erfolgt die Übergabe des Konzentrationslagers an die SS. Es entsteht der Name "KoLa-Fu", dieses wird durch die SS verlagert in Haus IV.
  • Zwischen dem 25. Oktober 1944 und dem 15. Februar 1945 gibt es die kurzzeitige Einrichtung eines Außenlagers des KZ Neuengamme.
  • Im April 1945 wird das Polizeigefängnis Fuhlsbüttel geräumt. Viele Menschen sterben an Erschöpfung, werden erschossen oder auf andere Weise exekutiert.
  • Seit 1945 werden die Gebäude als Justizvollzugsanstalt genutzt.

Die JVA "Am Suhrenkamp" diente als Gefängnis, die JVA "Am Hasenberge" wurde bis 1975 als Zuchthaus genutzt. In der JVA "Nesselstraße" wurde der Jugendvollzug untergebracht.

  • 1970 wird das Haus IV (Anstalt V), das als Jugendgefängnis diente, geschlossen.
  • 1983 folgt die Errichtung des Werkhofes.
  • 1991 kommt es nach umfangreichen Renovierungsarbeiten zur erneuten Belegung des Hauses IV (Anstalt V).
  • 2003 werden die Vollzugsanstalten "Am Suhrenkamp", "Am Hasenberge" und "Nesselstraße" zur JVA Fuhlsbüttel zusammengelegt.
  • 2009 kommt es zu einer Umstrukturierung der Hamburger Gefängnisse, da die Gefangenenzahlen stark rückläufig sind.

Konzentrationslager und Polizeigefängnis

Am 28. Februar 1933 wurde durch Reichspräsidenten Hindenburg eine Verordnung zum "Schutz von Volk und Staat" erlassen, in der Grundrechte aufgehoben wurden. Damit war die Grundlage zur staatlich organisierten Verfolgung von Gegnern des Naziregimes gelegt. Die Gestapo (geheime Staatspolizei) konnte nun auf unbeschränkte Zeit eine Schutzhaft erlassen. Ab März 1933 wurden diese "Schutzhaftgefangenen" in den Gebäuden der JVA Fuhlsbüttel untergebracht, es entstand das Konzentrationslager Fuhlsbüttel (KoLa-Fu). Am 04. September 1933 wurde die Leitung des Konzentrationslagers an die SA und SS übertragen. NSDAP-Gauleiter Karl Kaufmann und andere angesehene Funktionsträger der Stadt Hamburg sorgten dafür, dass besonders brutalen und skrupellosen SS- und SA-Angehörigen die Leitung des KZ übertragen wurde. Das Hamburger Gefängnis, bis dahin für seinen humanen Strafvollzug bekannt, wurde zu einem Synonym für das Grauen, Leiden und Sterben. Der Eingangsbereich des KZ am "Suhrenkamp" wurde für Tausende das "Tor zur Hölle" (heutige Gedenkstätte). Ab August 1934 wurden im Konzentrationslager auch Frauen inhaftiert und kamen dort ums Leben. Frauen machten zwischen 10 und 20% der Häftlingszahlen aus. Ab 1936 durfte sich das KZ nur noch als Polizeigefängnis bezeichnen. Die Hamburger Staatspolizei (Stapo), die im Jahr 1935 in die "Gestapo" -geheime Staatspolizei- umbenannt wurde, nutzte die Gefängnisgebäude bis zum Kriegsende als Haftort für Voruntersuchungen und Folterungen. Das Konzentrationslager diente der Inhaftierung von politischen Gegnern und damit gleichzeitig der Einschüchterung der Bevölkerung. Mit Beginn des zweiten Weltkriegs wurden auch Zeugen Jehovas, Bettler und Obdachlose, Homosexuelle und Prostituierte, Sinti, Roma, Vorbestrafte und Behinderte inhaftiert. Dies geschah überwiegend durch die Hamburger Kriminalpolizei. Juden wurden ebenfalls in großer Zahl inhaftiert, um von Fuhlsbüttel aus in andere Konzentrationslager gebracht zu werden. Es kam vermehrt zu Inhaftierungen von Ausländern. Jugendliche wurden festgenommen, weil sie englische und amerikanische Musik hörten ("Swing-Jugend"). In der Zeit zwischen 1933 und 1945 starben im Konzentrationslager Fuhlsbüttel mehr als 250 Menschen durch Misshandlungen, Folterungen oder wurden in den Selbstmord getrieben. 82 Häftlinge aus Fuhlsbüttel wurden außerhalb der Gefängnismauern durch Angehörige der Gestapo umgebracht.


Hinrichtungen im Polizeigefängnis

  • Am 13. März 1942 kommt es zur ersten öffentlichen Hinrichtung eines KoLa-Fu-Häftlings. Ondrzaj Szablewski wurde im Juni 1941 inhaftiert, sein Verbrechen bestand in einer Liebesbeziehung zu der Frau eines deutschen Soldaten. Auf Befehl des Reichsführers der SS, Heinrich Himmler, wird Ondrzaj Szablewski vor den Augen zahlreicher polnischer Arbeitskollegen (Zwangsarbeitern) an seinem Arbeitsplatz öffentlich an einem Baum erhängt.

In der Folge kommt es zur Exekution ganzer Gruppen von ausländischen Zwangsarbeitern.

  • Graf Bassewitz-Behr, SS- und Polizeiführer, entschied willkürlich über Leben und Tod der Inhaftierten. Er verhängte als Strafmaßnahmen "Vernichtung durch Arbeit" oder "Sonderbehandlung", beides endete mit dem Tod.

Auch deutsche Soldaten, die keinen Sinn im Fortführen des Krieges sahen, waren betroffen.

  • Noch am 20. April 1945 wurden sechs Wehrmachtsangehörige erschossen, die vorher vermutlich in Fuhlsbüttel inhaftiert waren.
  • Im April 1945 wurde das Polizeigefängnis Fuhlsbüttel aufgelöst. Beim Transport der Häftlinge in ein "Arbeitserziehungslager" wurden Häftlinge erschossen, weil sie versuchten zu fliehen oder zu schwach zum Weitergehen waren.
  • 71 Menschen, darunter 13 Frauen, wurden am 20. April 1945 auf Befehl von Polizeiführer Graf Bassewitz-Behr in das KZ Neuengamme transportiert und dort ermordet. Sie hatten im Hamburger Widerstand gekämpft oder waren ausländische Häftlinge. Sie alle starben ohne einen Prozeß oder ein Gerichtsurteil.

Gefängnis und Zuchthaus

Allein im Februar 1934 gab es in Hamburg eine Vielzahl von Prozessen gegen über 1300 Angeklagte, z.B. wegen Hochverrates. Viele der Verurteilten wurden in das Gefängnis oder das Zuchthaus Fuhlsbüttel gebracht. Bis zum Jahr 1939 war die Behandlung der Gefangenen im Gefängnis und Zuchthaus Fuhlsbüttel deutlich besser als die im Konzentrationslager. Es gab zwar einen Arbeitszwang, aber nicht die im KoLa-Fu üblichen täglichen Misshandlungen und Schikanen. Die Inhaftierten waren vor allem Ausländer, die wegen politischer Delikte, aber auch wegen verbotener Liebesbeziehungen zu Deutschen oder Homosexualität gefangen genommen wurden. Während des Krieges wurden die Verpflegung, Arbeits- und Unterbringungsverhältnisse sehr schlecht. Trotz der im Verhältnis zum Konzentrationslager besseren Bedingungen wurden die Namen von 58 Insassen ermittelt, die in den Jahren zwischen 1933 und 1945 im Gefängnis und Zuchthaus Fuhlsbüttel ums Leben kamen.

Außenlager des KZ Neuengamme

In der Zeit vom 25. Oktober 1944 bis 15. Februar 1945 war Fuhlsbüttel als Arbeitslager eine Außenstelle des Konzentrationslagers Neuengamme. Im Zuchthaus "Am Hasenberge" waren etwa 1500 Menschen inhaftiert. Sie wurden als billige Arbeitskräfte in Hamburger Firmen eingesetzt. Durch die schwere körperliche Arbeit und unzureichende Nahrung, schlechte Unterbringung und die mangelnden hygienischen Verhältnisse erkrankten die Menschen schnell. Wer krank wurde, wurde in das KZ Neuengamme gebracht und gegen einen Gesünderen getauscht. Es muss davon ausgegangen werden, dass die Kranken den Krieg nicht überlebt haben. Aber auch in Fuhlsbüttel selbst gab es viele Tote. Es sind 187 Namen von Menschen, die nach ihrem Tod im Ohlsdorfer Krematorium verbrannt oder in Einzel- und Massengräbern beigesetzt wurden, bekannt. Es ist davon auszugehen, dass nicht alle Todesfälle dokumentiert wurden und die Zahl der Opfer weitaus größer ist.

Bau und Architektur

  • Gebäudeplan der Haftanstalten JVA Fuhlsbüttel

Die Haftanstalt Fuhlsbüttel ist zum überwiegenden Teil im wilhelminischen Backsteinbaustil des 19. Jahrhunderts erbaut worden. Sie bietet eine wuchtige, mittelalterliche Optik. Es gibt schwere, eisenbeschlagene Türen aus massivem Holz, ohne "Gucklöcher". Die Türen sind gerahmt von rotbraunen Backsteinen, die Wände geweißt. Das sternförmig angelegte Gebäude D (s. Gebäudeplan rechts) hat fünf Stockwerke, deren Flure aus dem verglasten Überwachungszentrum in der Mitte des Baus gut einsehbar sind. Es entspricht damit dem "Sternengefängnis", das bereits im Jahr 1829 in Philadelphia von friedliebenden Quäkern gegründet wurde. Der Grundriss geht vermutlich zurück auf die Idee des "Panopticons", das bereits von Jeremy Bentham (1748-1832) entworfen wurde. Er erstellte den Plan für ein Gefängnis, in dem die Zellen kreisförmig angelegt sind. Auch der Bau von Einzelzellen geht auf eine Innovation zurück, die bereits im Jahr 1796, ebenfalls von den Quäkern, gemacht wurde: das "seperate system". Bei Eröffnung im Jahr 1906 war die Anstalt für damalige Verhältnisse technisch herausragend ausgestattet: Es gab Wasserspülklosetts, elektrische Alarmanlagen gegen Ausbrüche und Meutereien, Gasglühlicht und eine Niederdruckdampfheizung. Die Skizze erklärt sich (in Kurzform) wie folgt:

  • Gebäude A wird 1879 als Gefängnis für Männer fertiggestellt, es hat einen kreuzförmigen Grundriss.
  • Gebäude B wurde 1891 in E-Form erbaut, es diente als Gefängnis für Frauen.
  • Gebäude C, der kleinste L-förmige Bau, schließt sich im Jahr 1892 als Gefängnis für Jugendliche an.
  • Gebäude D hat einen sternenförmigen Grundriss. Es wird im Jahr 1906 als Zuchthausgebäude errichtet.

Gedenkstätte Fuhlsbüttel

  • Gedenkstätte "Konzentrationslager und Strafanstalten Fuhlsbüttel 1933-1945"

Seit dem 06. November 1987 ist das "Torhaus am Suhrenkamp" (s. Foto) eine Gedenkstätte für die Opfer aus dem Konzentrationslager, dem Gestapogefängnis und der KZ-Außenanlage Fuhlsbüttel. Die Gedenkstätte dokumentiert im Schwerpunkt die unterschiedlichen Nutzungen des Gebäudes in der Zeit von 1933-1945 und erinnert an mehrere hundert Opfer der national- sozialistischen Gewaltherrschaft. Durch eine Fuhlsbüttler Bürgerinitiative wurde im Jahr 1982 erstmalig die Forderung nach einer Gedenkstätte zum KZ Fuhlsbüttel gestellt. Am 27. Februar 1983 wurde von der Bürgerinitiative eine provisorische Gedenktafel aufgestellt, die man später an einer Mauer (Wegkreuzung "Am Hasenbere/Maienweg") fest angebrachte. Es ist eine Liste mit den Namen vieler ermordeter Widerstandskämpfer und der Opfer aus dem KZ Fuhlsbüttel in der Zeit zwischen 1933 und 1945. Im März 1985 beschloss der Hamburger Senat die Errichtung der heute existierenden KZ Gedenkstätte Fuhlsbüttel im Torhaus am Suhrenkamp. Für diese Gedenkstätte wurde von Herbert Diercks und Mitarbeitern der KZ-Gedenkstätte Neuengamme umfangreich recherchiert. Heute beherbergt das Torhaus am Suhrenkamp eine Text- und Fotoausstellung, unterstützt von Audiomedien, die das Leben und Leiden der Gefangenen im Zeitraum von 1933 bis 1945 auf eindrückliche Weise dokumentiert und die Opfer unvergessen machen. Im Eingangsbereich befinden sich drei Tafeln, zwei davon mit den bekannten Opfern, die mittlere als Mahntafel mit folgendem Text:

  • Gedenktafel mit Namen der Opfer des KZ Fuhlsbüttel

"Um eines bitte ich: / Ihr, die ihr diese Zeit überlebt,/ vergeßt nicht./ Sammelt geduldig die Zeugnisse über die Gefallenen./ Eines Tages wird das Heute Vergangenheit sein,/ wird man von der großen Zeit / und von den namenlosen Helden sprechen,/ die Geschichte gemacht haben. / Ich möchte, daß man weiß, / daß es keine namenlosen Helden gegeben hat./ Daß es Menschen waren,/ die ihren Namen, ihr Gesicht, ihre Sehnsucht/ und ihre Hoffnung hatten,/ und daß deshalb der Schmerz / auch des letzten unter ihnen nicht kleiner war/ als der Schmerz des ersten, dessen Name erhalten bleibt. / Ich möchte,/ daß sie alle euch immer nahe bleiben,/ wie Bekannte, wie Verwandte,/ wie ihr selbst." Dies sind die Worte auf der "Ehrentafel für die Ermordeten" im Eingangsbereiches der Gedenkstätte "Konzentrationslager und Strafanstalten Fuhlsbüttel 1933-1945", aufgeschrieben vermutlich im September 1943 von Julius Fucik, einem tschechischem Widerstandskämpfer. Er wurde am 08.September 1943 hingerichtet.

  • Ausstellungshinweis Gedenkstätte

Die Gedenkstätte ist sonntags zwischen 10.00 und 17.00 Uhr und nach Vereinbarung geöffnet. Sonntags gibt es regelmäßige Führungen, man kann die Gedenkstätte aber auch allein besuchen.

  • Informationen erhält man unter Tel.:040-428131500 - Führungen können unter der Tel.Nr. 040- 4281310 vereinbart werden.

Literatur

  • Benz, Wolfgang und Distel, Barbara (Hrsg.): Terror ohne System; Die ersten Konzentrationslager im Nationalsozialismus 1933-1935, Bd. 1, Metropol Verlag, Berlin 2001
  • Diercks, Herbert u.a.: Gedenkbuch "KoLa-Fu" - Für die Opfer aus dem Konzentrationslager, Gestapogefängnis und KZ-Außenlager Fuhlsbüttel; KZ-Gedenkstätte Neuengamme (Hrsg.), Hamburg 1987
  • Findbuch 242-2/1, Staatsarchiv Hamburg: Frauenstrafanstalt Fuhlsbüttel [1]
  • Gennat, Dr.Georg: Das Gefängniswesen Hamburgs: Kurze Mitteilungen; Hamburg 1905
  • Hamburg JVA Fuhlsbüttel: 100 Jahre Santa Fu, Druckerei JVA Fuhlsbüttel, Hamburg, 2006
  • Hamburg Porträt: vergessen ; Heft 24/88 , Museum für Hamburgische Geschichte,(Hrsg.)
  • Herget, Wolfgang: Leben im Knast: Selbstzeugnisse; die unbekannte Welt von Santa Fu, Rasch und Röhring Verlag, Hamburg 1984
  • "Hinz&Kunzt", Das Hamburger Stadtmagazin, Nr.228, Hinz&Kunzt gemeinnützige Verlags- und Vertriebs GmbH, Hamburg, Februar 2012
  • Justizbehörde Freie und Hansestadt Hamburg (Hrsg.): Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel; Strafvollzugsamt Hamburg, Hamburg 2006
  • Pécic, Denis: Die Entwicklung der Strafen und des Strafvollzugs vom Mittelalter bis zur Gegenwart in Hamburg. Eine Fotoausstellung der Gefangenen von "SANTA FU", Hamburg 1982
  • "Zellenspiegel" Nr. 2 vom 16.02.1981, (zensierte) Gefangenenzeitung, Hamburg, 1981
  • weitere Quelle: Besuch der Ausstellung "Gedenkstätte am Suhrenkamp"
  • alle Fotos: Linda Güthling / Dörte Gröfke-Güthling
  • Fotos, die innerhalb der Gedenkstätte am Suhrenkamp aufgenommen wurden, verwendet mit freundlicher Genehmigung von Herrn Herbert Dierks. Danke schön!

weblinks