Islam Holding

Eine Islam Holding ist eine Dachgesellschaft für unterschiedlichste Unternehmen, die sich unter dem Namen der gemeinsam gegründeten Holding zu einer Interessensgemeinschaft zusammenschließen.Sie heißen "Islam"- Holding da durch die Bildung einer Interessensgemeinschaft auf der Grundlage des so genannten "Konya-Modells", ein Geschäftsmodell entsteht, das mit der Lehre des Islam konform ist, somit wird das Zinsverbot umgangen. Islam Holdings wie z.B. Yimpas, Kombassan und Jetpa haben vor allem viele Auslandstürken um erhebliche Beträge gebracht. Viele Islam Holdings sind trotz ihrer Delikte und (nicht-vollstreckbaren) Strafurteile immer noch aktiv.

Geschäftsprinzip

Eine Islam Holding arbeitet mit dem „Konya-Modell“. Demnach sind Kapitalgeber und Kapitalnehmer eine Interessengemeinschaft, in der sowohl die Gewinnchancen als auch das Verlustrisiko geteilt werden. Durch dieses Modell welches erstmals von Necmettin Erbakan 1993 öffentlich gemacht wurde, wird das Zinsverbot im Islam umgangen.

Die Kombassan Holding war eine der ersten und jahrelang die erfolgreichste Holding des „Konya-Modells“. Sie galt Erbakan als Beweis für den Erfolg islamischer Geschäftsleute. Die futuristisch anmutende Zentrale des Konzerns am Rande des Necmettin-Erbakan-Parks in Konya war das erste gläserne Hochhaus der Stadt. Von Konya aus hatte sich Kombassan über die gesamte Welt ausgebreitet. Konya gilt in der Türkei als islamische Hochburg. Emissäre sollen dort Anfang der 90er Jahre angefangen haben, von Tür zu Tür gehend, den Menschen Anteilsscheine zu verkaufen. Die wirtschaftliche Entwicklungsdynamik der Unternehmen in der anatolischen Provinz wird oft auch „anatolische Tiger“ genannt in Anspielung an die „asiatischen Tiger.“

Betrugsschema

Das Prinzip ist einfach. Privatleute kaufen Anteilsscheine und werden zu Teilhabern der Holdingfirmen, die ihrerseits in verschiedenen Wirtschaftssektoren tätig sind. Den Teilhabern wird eine Gewinnbeteiligung versprochen. In den 90´er Jahren, vor allem nach 1996, wurden in Europa große Kampagnen gestartet. Mit großem Erfolg, denn Türkischstämmige „Gastarbeiter“ legten teilweise ihr gesamtes Vermögen bei den Islam-Holdings an. Gewinnversprechungen von bis zu 30% und pompöse Kaufhauseröffnungen in deutschen Städten, oft mit hohen politischen Gästen aus der Türkei, lockten viele leichtgläubige Anleger an. Und zunächst schien alles zu funktionieren. Den ersten Käufern von Anteilsscheinen wurden hohe Renditen ausgezahlt.

Doch bald stellte sich heraus, dass diese Auszahlungen auf dem Schneeballprinzip beruhten. Ziel der angeblichen Gewinnausschüttungen war es, weitere Anleger zu werben. Und somit immer mehr Einzahlungen zu kassieren. Auf dem Höhepunkt ihrer finanziellen Transaktionen hatten die Islam Holdings bereits bis zu 50 Mrd. Euro auf diesem Wege kassiert. Alleine bei Yimpas waren laut Firmenunterlagen auf diese Weise 2,9 Milliarden Euro eingesammelt worden. Ein tatsächlicher Gewinn durch die Unternehmen wurde jedoch gar nicht erwirtschaftet. Für die Anleger platzte der Traum von der gottgefälligen Geldanlage im Sommer 2002. Nach 9/11 und den Turbulenzen auf dem Finanzmarkt kam der anatolische Tiger ins Schwanken und die Anleger aus Europa bekamen keine Renditen mehr. Das Vertrauen und der Glaube viel weg, neue Anleger blieben aus und das Kartenhaus fiel zusammen. Das Geld der Anleger war gezielt veruntreut worden. Und den Betrogenen bleibt wenig Hoffnung, ihre Investitionen jemals wieder zurückzubekommen.


Rolle der Religion

Die Einhaltung des Zinsverbots ist ein zentraler Bestandteil des Islam. Im Koran steht in Sure 3, Vers 130: „Ihr Gläubigen! Nehmt nicht Zins, indem ihr in mehrfachen Beträgen wiedernehmt, was ihr ausgeliehen habt!“ Somit ausgeschlossen sind sowohl festverzinsliche Wertpapiere wie Anleihen und Renten, als auch die Einnahme von Zinsen aus Girokonten und ähnlichen Bankprodukten. Die Logik des Konya-Models macht ein gottgefälliges Wirtschaften möglich, erstmalig ist der Zugang zum westlichen Kapitalismus durch die Islam Holdings ermöglicht worden, ohne das die Kursiver TextShariaKursiver Text Gesetze verletzt werden. Die Geburt des islamischen Calvinismus in Zentralanatolien.

Die Anteilsscheine der Islam-Holdings wurden nicht von Banken oder ansässigen Unternehmen ausgegeben, sondern in Gebetshäusern und Moscheen. Zuerst predigt der Imam, wie schlecht Zinsen sind und im Anschluss werden die Islamgerechten Beteiligungen gepriesen und gehandelt. Die Holdings akquirieren das „Grüne Kapital“ vorzugsweise unter gläubigen Muslimen als Zielgruppe. Als Vertriebspartner nutzten diese Holdings skrupellose Prediger in den Moscheen, die mit Engelszungen auf ihre frommen Landsleute einredeten, dass der Koran Zins verbiete und westliche Geldanlagen deshalb haram (verboten) seien. Auf Verkaufsveranstaltungen der Holdings – häufig von Milli Görüş(ebenfalls eine Organisation von Necmettin Erbakan, zufälligerweise zugleich der Erfinder des Konya-Models) in ihren Einrichtungen organisiert – wurde dann der frommen Gemeinde die Lösung für dieses Glaubensproblem präsentiert: die islamisch-korrekte Anlage der Ersparnisse in einer dieser Holdings. In der Folge fungierten einige Imame und ranghohe Mitglieder der Milli-Görüş-Moscheevereine als Geldeintreiber für die Holdings. So wurden die Moscheevereine in Deutschland zur Drehscheibe für eine Symbiose von Glaube und Geschäft, Religion und Rendite.

Rolle der Politik

Nach dem Militärputsch am 12.Sept.1980 wurden religiöse und nationalistische Werte genutzt um das Volk ideologisch zu lenken. Wirtschaftlicher Aufstieg und Islam im Kampf gegen den Kommunismus. So entstanden in den achtziger Jahren die Holdings aus Zentralanatolien. Der Einfluss westlicher Interessen ist in diesem Zusammenhang entscheident. Denn nur durch den Druck der NATO Partner konnten die streng laizistischen Militärs dazu gebracht werden, religiöse Werte als politisches Instrument zu nutzen.

Necmettin Erbakan gilt als Erfinder des „grünen Kapitals.“ Dieser so genannte „dritte Finanzmarkt“ der Türkei ist in Deutschland auch als Grauer Kapitalmarkt bekannt. Er hat bei der Entstehung der o.g. Islam Holdings eine entscheidene Rolle gespielt.

Necmettin Erbakan gründete 1970 die Milli Nizamet Partisi (MNP); 1971 wurde sie aber während des sog. zweiten Miliärputsches verboten. Die Milli Selamet Partisi (MSP) folgte prompt, 1973 gegründet war sie aktiv bis 1980. In dieser Zeit wird Erbakan 3 mal stellvertretender Ministerpräsident und seine Partei Koalitionspartner in mehreren Regierungsbündnissen. Der Militärputsch 1980 setzte der politischen Karriere Erbakans erneut einen Dämpfer. Doch die lange und erfolgreiche Karriere von Erbakan hatte zu dem Zeitpunkt noch längst nicht seinen Höhepunkt erreicht. Hier ein kleiner Einblick in die Biographie von Erbakan:

1980 - 1982 Haftstrafe, anschliesend 10 Jahre Politikverbot. 1987 - 1997 Politiksperre wird Aufgehoben im selben Jahr wird Erbakan Vorsitzender der (RP)- Refah Partisi 1996 - 1997 wird Erbakan Ministerpräsident und die Islam-Holdings kommen nach Europa 1997 „leiser Putsch“ durch das Militär à 5 Jahre Politikverbot 1998 - 2001 (FP) Fazilet Partisi entsteht, hat jedoch keinen nennenswerten Erfolg bei den Wahlen, sie scheitern an der türkischen 10 % Hürde. 2002 (SP) Saadet Partisi wird als Nachfolgepartei gegründet, Erbakan übernimmt nach Ablauf seiner Strafe den Vorsitz der Partei. 2003 Erbakan wird wegen Betrug und Veruntreuung angeklagt, der Reformflügel unter Recep-Tayip Erdogan spaltet sich erfolgreich ab (AKP) Adalet ve Kalkinma Partisi entsteht. 2004 Erbakan zieht sich aus allen politischen Ämtern zurück, nach Aufhebung der politischen Immunität wird er für Schuldig befunden, bekommt aber wegen gesundheitlichen Problemen keine Haftstrafe.

Der türkischer Staat hat seine Bürger im Ausland schon immer als Geldquelle gesehen, die so genannten Kursiver TextalmancisKursiver Text(türk. Bezeichnung für die Gastarbeiter aus Deutschland) waren wichtige Geldgeber. Die Devisen der Auslandstürken wurden bis Mitte der 90er Jahre mit bis zu 15% von der türkischen Zentralbank verzinst, auf diesem Wege soll die Türkei nach Schätzungen bis zu 35 Mrd. Euro im laufe der Jahre gesammelt haben. Nach 1995 verädert sich der Zinssatz schlagartig (er fiel auf 3%), die Weltbank hat zu diesem Zeitpunkt günstige Kredite vergeben und somit war der türkische Staat nicht mehr auf die Devisen der Auslandstürken angewiesen. Diese Lücke wurde durch die Islam Holdings genutzt und durch Erbakans Regierungszeit im Jahre 1996 mit staatlichen Hilfen (in Form von neuen Richtlinien für Auslandsgeschäfte) unterstützt.

Durch die Wirtschaftskrise im Jahre 2001 kamen die "anatolischen Tiger" ins Schwanken, die Anleger verloren ihr blindes Vertrauen und der Traum einer gottgefälligen Anlage mit hohen Gewinnen platzte.

Situation heute

In der europäischen Diaspora haben sich trotz aller Schwierigkeiten überall Klägergemeinden organisiert. Aber wahre Erfolge bleiben bisher aus.

2005 wurde der Aufsichtsratvorsitzende von Yimpas-Holding A.S. Dursun Uyar mit Rechtswirkung in Deutschland in Abwesenheit Verurteil. Bis heute ist die Türkei nicht bereit ihn Auszuliefern und bricht damit den geltenden internationalen Haftbefehl gegen Uyar. 2006 wird er sogar von Erdogans Regierung mit einem Preis für seine Bemühungen in Südostanatolien ausgezeichnet.

Im EU Entschliessungsantrag von Ria Oomen-Ruijten im Fortschrittsbericht zur Türkei, welcher 2008 der europäischen Kommission vorgelegt wurde konnte folgende Formulierung durch die Klägergemeinden eingebracht werden:

Auf Seite 11 unter Forderung Nr. 50 heisst es:

„fordert die türkische Regierung und die Justizbehörden auf, bei Strafsachen, bei denen EU-Bürger und in der EU wohnhafte Personen Opfer von Betrug geworden sind, beispielsweise im Fall der so genannten Islamischen Holdings (islamische Investmentfonds mit Sitz in der Türkei) sowie der in Deutschland ansässigen Wohltätigkeitsorganisation Deniz Feneri besser mit den EU-Mitgliedstaaten und den Behörden zusammenzuarbeiten;“

Seit dem Jahre 2001 wurden keine Geschäftsberichte durch die Vorstände der Holdings veröffentlicht. Die Besitzer der Anteilsscheine werden mit Entschuldigungen hingehalten. Das Geschäft des Handelskonzerns wächst und gedeiht während dessen, zumindestens wenn man den Medienberichten der Holdinginternen TV-Sender Glauben schenkt.

Zahlreiche Anleger haben ihre Existenzen verloren ca. 500.000 Geschädigte in Europa werden von Experten geschätzt. Allein in Deutschland gibt es ca. 200.000 registrierte Geschädigte. Geschätzte Summe an Gelder - bis zu 50 Mrd. Euro die Veruntreut worden sind.

Das Geschäftprinzip der Islam-Holdings hat sich in dem letzten Jahrzehnt in vielen islamisch geprägten Ländern verbreitet, mit wachsendem Erfolg. Der Betrug im Namen Gottes hat in der islamischen Welt Hochkonjunktur aktuelles Bsp.:

„Weltweit kämpft die Bankenbranche mit den Folgen des Finanzbebens - doch ein Sektor ist auf Wachstumskurs: Islambanken, die Geschäfte nach den Regeln der Scharia betreiben, expandieren. Sie füllen die Lücken, die große Institute durch ihren Rückzug aufreißen.“

(Spiegel Online 2. Mai 2009)

Weblinks