Internationaler Strafgerichtshof

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Ein Internationaler Strafgerichtshof (International Criminal Court; ICC) als ständige Einrichtung zur Ahndung schuldhaften Handelns von Personen bei der Begehung großer Menschheitsverbrechen sollte eine Idealvorstellung erfüllen: die Existenz einer auf Dauer existierenden Institution, die auf der Grundlage vorher festgelegter Normen und Prozeduren ohne Ansehen der Person dafür sorgt, dass Großverbrechen - egal, wer sie wo begangen hat - nicht ungesühnt bleiben. Der 1998 auf der Grundlage des Statuts von Rom aus der Taufe gehobene ICC, der gegen viele Widerstände 2002 seine Arbeit aufnahm, gilt allgemein als ein Schritt auf diesem Weg. Immer dann, wenn der zuständige Staat zur Strafverfolgung nicht willens oder nicht in der Lage ist, soll der ICC einspringen.

Bislang darf der ICC allerdings nur in solchen Fällen tätig werden, in denen sich der betreffende Staat der Jurisdiktion des ICC durch Ratifizierung des Statuts von Rom unterworfen hat - was bei 114 Staaten der Fall ist, aber bei so wichtigen Ländern wie China, Israel, Russland, Libyen und den USA nicht - oder wenn der UN-Sicherheitsrat dies ausdrücklich genehmigt hat (Libyen 2011).

Die USA haben mit dem American Service-Members' Protection Act von 2002 ein rechtliches Instrument geschaffen, das ihnen erlaubt, Angehörige der US-Streitkräfte oder auch der Regierung mit Gewalt aus den Händen des ICC zu befreien.

Präsident des ICC ist seit 2009 der koreanische Richter Sang-Hyun Song. Chefankläger ist Luis Moreno-Ocampo. Bis Mai 2011 hatte der ICC 12 Haftbefehle erlassen und drei Hauptverhandlungen eröffnet. Das erste Strafverfahren vor dem ICC war und ist der Prozess gegen Thomas Lubanga.


Vom Antrag auf Haftbefehl zum Urteil

Am 15.05.2011 stellte der Chef-Ankläger des ICC, Luis Moreno-Ocampo, den Antrag, den libyschen Staatsführer Gaddafi wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Haft zu nehmen. Obwohl Libyen das Statut von Rom nicht ratifiziert hat, war eine Zuständigkeit des ICC dadurch gegeben, dass der UN-Sicherheitsrat dem Strafgerichtshof diesen Fall am 26.02.2011 einstimmig zur Überprüfung zugewiesen hatte. Das Gericht erhielt dadurch die Zuständigkeit für diesen Fall. Im Fall Baschir dauerte es von diesem (ersten) Antrag auf Haftbefehl (gegen ein amtierendes Staatsoberhaupt überhaupt) bis zu dessen Ausstellung durch die Richter des ICC rund acht Monate. Danach vergingen Jahre, in denen Baschir u.a. auch in Staaten des Rom-Statuts reiste, dort aber (rechtswidrig) nicht festgenommen wurde.

Kritik am ICC

  • Der ICC untersucht selektiv und insofern ungerecht: viele Delikte, die in seine Zuständigkeit fallen, ignoriert er.
  • Der ICC verzettelt sich trotz seiner Selektivität: er untersucht im Verhältnis zu seinen ausgesprochen knappen personellen und finanziellen Ressourcen zu viele Fälle gleichzeitig - und ohne ersichtliche Wirkung. Das schadet seinem Ansehen.
  • Aus Afrika ist gelegentlich zu hören, der ICC sei ein "Baby der Eruopäischen Union" (so der stellvertretende libysche Außenminister Khalid Kaim), das insbesondere zur Disziplinierung Afrikas diene. Tatsächlich wurde (Stand: Mai 2011) hauptsächlich gegen afrikanische Bürger ermittelt: wegen Verbrechen im Sudan (Darfur), in der Zentralafrikanischen Republik, in Kongo, Uganda und Kenia. Daneben werden aber auch Fälle in Afghanistan, Kolumbien, Georgien, Palästina und Südkorea untersucht.
  • Andere Stimmen (Nils Christie) kritisieren den ICC wegen der möglichen kontraproduktiven Folgen: er erschwere Verhandlungslösungen und koste unter Umständen viel ansonsten vermeidbares Blutvergießen.
  • Bischof Tutu kritisierte die Selektivität der Strafverfolgung und forderte im September 2012, dass auch die Hauptverantwortlichen für den Angriff auf den Irak (Bush und Blair) vor Gericht gestellt würden.

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