Illegale Einwanderung: Afrika - Europa

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Begriff

Illegale Einwanderung ist gesetzwidriges Überschreiten einer Staatsgrenze in der Absicht eines längeren oder dauernden Aufenthalts. Nicht gemeint ist damit das gesetzwidrige Überschreiten einer Staatsgrenze im Rahmen eines Krieges zwecks Besetzung des Landes. Personen, die sich ohne Erlaubnis in einem Land aufhalten, werden als illegale Einwanderer bzw. Immigranten bezeichnet.

Die illegale Einwanderung in ihrer Gesamtheit wird in verschiedene Kategorien unterteilt. Diese Unterteilung findet sowohl im Hinblick auf die betroffenen Personen als auch im Bezug auf die Muster der illegalen Einreise und des illegalen Aufenthaltes in der EU statt. Es handelt sich insbesondere um folgende Gruppen:

  • Personen, die illegal in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates eingereist sind, entweder ohne Dokumente oder mit gefälschten oder verfälschten Dokumenten
  • Personen, die zwar mit einem gültigen Visum beziehungsweise Aufenthaltstitel eingereist, jedoch über dessen Gültigkeitsdauer hinaus geblieben sind
  • Personen, deren zunächst legaler Aufenthalt illegal wird, sobald sie eine unselbstständige Erwerbstätigkeit ausüben
  • Personen mit einer Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis, die länger bleiben als ihnen gestattet ist, bzw. auf andere Weise die aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen verletzen.

In Deutschland und in der Begriffswahl der Europäischen Union wird in der Regel von „illegalen Einwanderern“ gesprochen, im Französischen spricht man von den „Sans Papiers“ („ohne Papiere“). Weitere Bezeichnungen sind „irreguläre Einwanderung“, „unerlaubte Einwanderung“ bzw. „illegale Migration“, „irreguläre Migration“ oder „unerlaubte Migration“.

Insbesondere Afrika - Europa

Europa bzw. die Europäische Union grenzen seit der EU-Osterweiterung „geschlossen“ an Länder, die ein deutlich niedrigeres Wohlstandsniveau haben. Dies macht die Europäische Union zu einem besonders beliebten Einwanderungsziel. Viele Menschen kommen aus Osteuropa und Zentralasien. Einen Großteil nehmen jedoch Menschen aus Afrika ein.

Dies hat zum einen mit der geographischen Nähe Europas und Afrikas zu tun, zum anderen mit dem Bevölkerungswachstum und den Lebensumständen in Afrika. Man kann von einer regelrechten „Explosion“ der afrikanischen Bevölkerung sprechen. Während die europäische Bevölkerung zurückgeht, steigt die afrikanische weiter an. Viele Menschen leiden unter Hunger, Durst, Armut, Krieg und Verfolgung. Vor allem immer jüngere Menschen zieht es deshalb nach Europa.

Umfang - Entwicklung

Zum Ausmaß der illegalen Einwanderung existieren keine verlässlichen Zahlen. Der damit deckungsgleiche Begriff „undokumentierte Einwanderung“ verdeutlicht das Problem: Menschen, die keinen geregelten Aufenthaltstitel besitzen, sind auch von keiner Statistik umfasst. Schätzungen zu diesem Bereich beruhen daher ebenso wie bei Kriminalstatistiken auf der Basis von Aufgriffszahlen.

Die Europäische Kommission schätzt, dass sich allein sieben bis acht Millionen überwiegend afrikanische Einwanderer irregulär in der EU aufhalten. In Deutschland sind es schätzungsweise 1 Million Illegale. Es wird davon ausgegangen, dass jährlich etwa 350.000 bis 500.000 illegale Einwanderer hinzukommen. Allein auf den Kanarischen Inseln landeten im Jahr 2006 über 31.000 Migranten. 22.000 Einwanderer erreichten im selben Jahr die Küsten Italiens. Auch Griechenland und Zypern sind mit hohem Einwanderungsdruck von der türkischen Küste aus konfrontiert. Griechenland sprach im Juli 2008 von 112.000 Migranten in den vergangenen 12 Monaten.

Diese steigende Zahl illegaler Einwanderer kann unter anderem mit der Einführung strengerer Asylsysteme in der EU erklärt werden. Mit der Einführung höherer Barrieren in den Asylsystemen ist seit Anfang der 1990er Jahre ein Rückgang an Asylbewerbern zu verzeichnen. Nachdem die Asylbewerberzahl im Jahr 1992 einen Höhepunkt in der EU erreichte, kam es bis 2002 zu einer Reduzierung um mehr als die Hälfte. In den Folgejahren blieb dieser Abwärtstrend bestehen. Eine Folge dieser Entwicklung ist jedoch die Zunahme der illegalen Einwanderer in allen EU-Staaten. Die Betroffenen versuchen die höheren Barrieren zu umgehen und gelangen so als illegale Einwanderer nach Europa.

Die Tatsache, dass die EU ihre Außengrenzen immer effektiver gegen illegale Einwanderung schützt, führt nicht zu einem Sinken der Zahl Einreisewilliger. Vielmehr nehmen sie zunehmend Risiken in Kauf und versuchen trotz der immer gefährlicher werdenden Einreise nach Europa zu gelangen. In den letzten Jahren kam es zu einer Mehrung tödlich endender Versuche. Schätzungen zufolge verloren allein im Jahr 2006 bis zu 6.000 Menschen bei Einwanderungsversuchen (nur) auf dem Seeweg ihr Leben. Allein im Oktober 2007 starben nachweislich 51 Menschen im Kanal von Sizilien, 33 in Griechenland, 200 vor den Kanaren. In einem einzigen Boot, das Ende Oktober vor den Kanaren entdeckt wurde, befanden sich ein Überlebender und 57 Tote. Insgesamt sind seit 1988 11.098 Flüchtlinge, hauptsächlich im Mittelmeer und Atlantik aber auch an der Ägäis und den Landgrenzen gestorben.

Vor allem die Maghreb-Staaten sind Herkunfts- und Transitländer illegaler Einwanderung. Immigranten aus den Maghreb-Staaten stellen die größte ausländische Gruppe in Südeuropa dar. Diese Zahl wird europaweit nur von Einwanderern aus der Türkei übertroffen. Im Jahr 2000 kamen von 3,4 Millionen aus Afrika stammenden und in der EU lebenden Ausländern zwei Drittel aus den nordafrikanischen Ländern Marokko, Algerien und Tunesien. Aus den Staaten südlich der Sahara sind Einwanderer aus dem Senegal, Ghana, Nigeria und Kap Verde mit jeweils ca. 100.000 in Europa lebenden Angehörigen am stärksten vertreten.

Push- und Pull-Faktoren als Ursachen illegaler Einwanderung

Bezüglich der Ursachen von Einwanderung unterscheidet man grundsätzlich zwischen Push- und Pull-Faktoren.

Push-Faktoren (Druckfaktoren) sind im Herkunftsland zu verorten und befördern den Wunsch nach Auswanderung. Mögliche Push-Faktoren sind beispielsweise Armut, Arbeitslosigkeit, politische und/oder soziale Konflikte, Umweltzerstörung, schlechte Regierungsführung, fehlender Zugang zu Bildung oder eine mangelnde Gesundheitsversorgung.

Hinzu kommen die so genannten Pull-Faktoren (Anziehungsfaktoren) in Einwanderungsregionen wie der EU. Diese wirken so anziehend, dass die Entbehrungen einer Auswanderung in Kauf genommen werden. Den Menschen erscheint dieser Schritt als lohnend. Auch familiäre Gründe können als Pull-Faktoren wirken, beispielsweise wenn Frauen zu ihren bereits emigrierten Männern nachziehen.

Für die Zukunft muss davon ausgegangen werden, dass es mehr Umweltflüchtlinge als Wirtschaftsflüchtlinge geben wird.

Dank moderner Kommunikationsmöglichkeiten verbreiten sich die Informationen über attraktive Pull-Faktoren sogar bis in entlegene Regionen Afrikas oder Asiens. Dies ist ein Grund für die ansteigende Zahl derjenigen, die sich auf den Weg in die EU machen. Hinzu kommt, dass die Mitgliedstaaten der EU nicht unbeteiligt daran sind, dass irreguläre Migration trotz verschärfter Kontrollen an den EU-Außengrenzen für einige Personengruppen attraktiv bleibt. Am Beispiel Deutschlands wird deutlich, dass illegale Einwanderer durchaus faktisch tolerierte illegale Beschäftigungsmöglichkeiten etwa im Bereich der häuslichen Arbeit, im Baugewerbe oder in der Gastronomie vorfinden. Es kommt also durchaus zu einem Profitieren an den billigen und (arbeits-) rechtlich ungeschützten Arbeitskräften. Nicht selten wird daher über illegale Beschäftigung hinweggesehen oder zumindest die Bekämpfung der Schwarzarbeit nicht ausreichend betrieben.

Erscheinungsformen - Methoden

Es gibt verschiedene Formen der illegalen Einwanderung. Man kann auf dem Land-, Luft- oder Seeweg nach Europa gelangen. In diesem Zusammenhang spricht man von vier Hauptrouten in die EU: die Routen über die südlichen Seeaußengrenzen, die östlichen Landesaußengrenzen, über den Balkan und über bedeutende internationale Flughäfen. Afrikanische Einwanderer nutzen vor allem den Seeweg und den Luftweg um Europa zu erreichen.

Hinsichtlich des Seeweges existieren bestimmte Hauptrouten, die von afrikanischen Migranten genutzt werden. Diese führen von der Westküste Afrikas über Liberia, Sierra Leone, Guinea und Guinea-Bissau, den Senegal, Gambia, Mauretanien und die Westsahara bzw. die Nordküste Marokkos über See zu den Kanaren, aber auch über die Ostsahara und das Horn von Afrika und Libyen via Tunesien nach Lampedusa, Sizilien oder Malta. Ebenfalls wird die Straße von Gibraltar genutzt. In Libyen legen die meisten Flüchtlingsboote ab. Mit seinen fast 1.800 Kilometern Küste ist Libyen eines der wichtigsten Transitländer für Afrikaner. Viele beginnen von dort aus die Fahrt über das Mittelmeer nach Südeuropa. Eine weitere Hauptflüchtlingsroute führt vom Sudan durch die Sahara in Richtung Kufra. Auf diese Weise versuchen jedes Jahr Zehntausende aus Afrika über den Seeweg in die EU zu kommen. Diese Versuche finden oftmals in seeuntauglichen oder überfüllten Booten ohne Navigationsgeräte, ausreichend Nahrung und Flüssigkeit statt.

Flüchtlingsboot

In diesem Zusammenhang wird heute oft der Begriff "Boat People" gebraucht. Dieser ist vor etwa 35 Jahren während des Vietnamkrieges entstanden. Heute bezeichnet er vor allem Menschen, die in kleinen Booten versuchen, aus afrikanischen Staaten nach Europa (insb. auf die Kanarischen Inseln) zu gelangen.

Trotz dieser Zahlen nehmen die illegalen Flüchtlinge, die über den Seeweg nach Europa kommen, nur einen geringen Teil ein. Am Beispiel Italiens wird dies deutlich. Hier kommen nur ca. 10 - 11 % der illegalen Flüchtlinge über den Seeweg. Darüber hinaus sinken diese Zahlen stetig. Laut dem italienischen Flüchtlingsrat sind von Januar bis einschließlich August 2007 12.419 Menschen über See gekommen, das sind 2000 weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Man spricht von 7 % weniger Ankünften als im Vorjahr.

Alle anderen Immigranten und Flüchtlinge ohne Papiere kommen entweder über die Landesgrenzen oder sind sogenannte „Overstayers“. Das bedeutet, sie sind mit Hilfe echter oder gefälschter temporärer Aufenthaltstitel wie zum Beispiel Touristenvisa eingereist und sind nach dessen Ablauf untergetaucht bzw. haben das Land nicht wieder verlassen.

Das Ausmaß der ohne Zweifel in gewissem Umfang bestehenden Schleuserkriminalität wird daher häufig überschätzt.

Rechtliche und politische Hintergründe

Da alle Mitgliedsstaaten der EU von internationalen Migrationsströmen betroffen sind, haben sie sich darauf geeinigt, eine gemeinsame Einwanderungspolitik auf EU-Ebene zu entwickeln. Wesentliche Bestandteile dieser gemeinsamen Asyl- und Einwanderungspolitik sind die Verhinderung und Bekämpfung illegaler Einwanderung.

Mit dem Schengener Abkommen fielen die Binnengrenzen in der EU nach und nach weg und Wanderungen waren nicht mehr national kontrollierbar. Eine gemeinsame Sicherung der Außengrenzen wurde notwendig. Das Schengener Abkommen (auch Schengen-Recht) regelt den Grenzübertritt und die Grenzkontrolle sowie das Visum-Recht und das Recht des Aufenthalts von Drittstaatsangehörigen. Es wurde 1985 unterzeichnet und 1997 durch den Amsterdamer Vertrag in allgemeines EU-Recht überführt. Das Schengener Abkommen wird mittlerweile von 24 Ländern Europas angewandt. Um den Missbrauch offener Grenzen durch illegale Einwanderung oder das internationale Verbrechen zu verhindern, haben die Schengen-Staaten eine engere Zusammenarbeit ihrer Polizei- und Justizbehörden vereinbart.

1999 einigte sich der Europäische Rat in Tampere (Finnland) auf grundlegende Leitlinien für die künftige europäische Zusammenarbeit im Bereich der Asyl- und Einwanderungspolitik und auf ein Aktionsprogramm zur Umsetzung der neuen Politikziele des Amsterdamer Vertrages in diesem Bereich. Es zielte auf die Errichtung einer gemeinsamen Asyl- und Einwanderungspolitik. Nach den Ereignissen vom 11. September 2001 und aufgrund zunehmender illegaler Einwanderung konzentrierte sich der Europäische Rat schließlich auf Maßnahmen zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung und zur Steuerung der Migrationsströme. Der gemeinsame Schutz der Außengrenzen rückte mehr in den Vordergrund. Im Zusammenhang mit der illegalen Einwanderung sind zwei Ergebnisse des Tampere-Programms hervorzuheben:

  • am 28. Februar 2002 nahm der Ministerrat der EU einen umfassenden Plan zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung und des Menschenhandels in der EU an
  • am 28. November 2002 verabschiedete der Rat ein Rückkehraktionsprogramm, das die Entwicklung kurz-, mittel- und langfristiger Maßnahmen, einschließlich gemeinsamer unionsweiter Mindeststandards oder Leitlinien für die Rückkehr illegaler Einwanderer, umfasst.

Das Haager Programm (vollständiger Name: „Haager Programm zur Stärkung von Freiheit, Sicherheit und Recht in der Europäischen Union“) bestätigte den in Tampere 1999 beschlossenen Ansatz. Es wurde im November 2004 vom Europäischen Rat angenommen und soll für eine engere Zusammenarbeit auf EU-Ebene im Bereich Justiz und Inneres dienen. Mit dem Programm werden die Richtlinien der gemeinsamen Politik der Europäischen Union in Bereichen wie Rechtsrahmen, Migration, Kriminalitäts- und Terrorismusbekämpfung u.a. für den Zeitraum von 2005 bis 2010 festgesetzt. Ziel des Programmes ist die Schaffung eines europäischen Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts. Zu den zehn Schwerpunkten gehören u.a. ein ausgewogenes Konzept zur Steuerung der Migrationsströme, ein gemeinsames Asylverfahren, eine Maximierung der positiven Auswirkungen der Einwanderung sowie ein integrierter Schutz an den Außengrenzen der Union.

Das nächste Fünfjahresprogramm soll im Jahr 2009 vom Europäischen Rat verabschiedet werden und das derzeit geltende Haager Programm ablösen. Die Kommission strebt an, die einzelnen Teile der Migrationspolitik zu einem zusammenhängenden Bild zusammenzufügen. In den Vorschlägen der aktuellen französischen Ratspräsidentschaft stehen die Bedenken gegenüber illegaler Einwanderung im Vordergrund. Sie strebt ein neues „Einwanderungs- und Asylabkommen“ an, durch welches die Kommissionspläne an Kontur gewinnen und in konkrete EU-Richtlinien münden sollen. Entsprechend vereinbarten die Innen- und Justizminister der EU bei einem ersten informellen Treffen am 7. und 8. Juli 2008 in Cannes die Außengrenzen der Gemeinschaft weiter zu stärken. Im Zentrum des Programmes steht der Ausbau der Grenzschutzagentur FRONTEX und des europäischen Asylsystems. Als dessen Stärke gilt die Richtlinie für die Rückführung sich illegal aufhaltender Einwanderer („Rückführungsrichtlinie“), der Mitte 2008 das Europäische Parlament zugestimmt hat und deren abschließende Unterstützung durch den EU-Rat als sicher gilt. Sie vereinheitlicht das Vorgehen zur Abschiebung von Menschen ohne Papiere in ihre Herkunftsländer.

Darüber hinaus soll über eine weitere Richtlinie abgestimmt werden, die eine Bestrafung von Arbeitgebern vorsieht, die illegale Einwanderer beschäftigen. Bereits verabschiedet wurden mehrere Richtlinien, die auf Transportunternehmen und Arbeitgeber zielen und sich gegen den Menschenhandel wenden.

Zu beachten ist, dass die Auffassungen dessen, wie Migration zu steuern, zu begrenzen oder zu ermöglichen ist, sich in den einzelnen Mitgliedsstaaten der EU unterscheiden.

Maßnahmen gegen illegale Einwanderung

Verschiedene Maßnahmen sollen dazu dienen, die illegale Einwanderung nach Europa zu bekämpfen. Hierfür sind unterschiedliche Konzepte entwickelt worden. Zu achten ist dabei auf ein angemessenes Gleichgewicht zwischen der Gewährung bzw. Verweigerung der Einreise ins Hoheitsgebiet bei Drittstaatsangehörigen und der Verpflichtungen zum internationalen Schutz von Personen, die diesen Schutz tatsächlich benötigen. Die Bekämpfung der Illegalität darf keine Maßnahmen verhindern, die schnell Schutz bieten. Ansonsten greifen Flüchtlinge auf das Mittel der illegalen Einwanderung zurück.

Verbesserung des Außengrenzschutzes

Es existieren verschiedene Grenzkontrollmaßnahmen, um die illegale Einwanderung einzugrenzen bzw. zu lenken. In diesem Zusammenhang ist die Grenzsicherungsagentur FRONTEX bedeutsam. FRONTEX, von franz. frontieres exterieures, bezeichnet die „Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen“. Sie ist eine Gemeinschaftsagentur der Europäischen Union und hat ihren Sitz in Warschau. Am 26. Oktober 2004 verabschiedete der Rat der Europäischen Union die Verordnung (EG) 2007/2004 zur Schaffung der Europäischen Grenzschutzagentur FRONTEX. Ihre Hauptaufgabe soll in der „Verbesserung der Koordinierung der operativen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedsstaaten im Bereich des Schutzes der Außengrenzen der Mitgliedsstaaten“ liegen. Daneben wird auch die Unterstützung der Mitgliedsstaaten in ihrer hoheitlichen Aufgabe der Grenzsicherung sowie bei der Abschiebung von nicht aufenthaltsberechtigten Ausländern hervorgehoben. Somit ist sie auch zuständig für die Eindämmung der irregulären Migration. Im Jahr 2005 nahm FRONTEX die Arbeit auf. FRONTEX hat mehrere Einsatzgebiete, in denen Operationen mit Codewörtern ablaufen:

  • Poseidon (östliches Mittelmeer, v.a. Griechenland)
  • Hera (Kanarische Inseln/Küste Westafrikas)
  • Nautilus (Mittelmeer zwischen Nordafrika und Malta/Süd-Italien)
  • Amazon (internationale Flughäfen, Kontrolle von Einwanderern aus Lateinamerika).

Operation Hera II begann im August 2006. Dieser Einsatz gilt zur Überwachung der Kanarischen Inseln. Im Jahr 2007 hieß die Operation im Mittelmeer NAUTILUS II. Sie wurde nicht wie im Vorjahr in Italien, sondern in Malta koordiniert.

Die Einrichtung dieser Grenzschutzagentur geschah unter anderem auf Druck der besonders betroffenen Mittelmehranrainerstaaten Spanien, Italien und Frankreich. Die Grenzen werden immer stärker gesichert; gegen illegale Einwanderer wird zunehmend strenger vorgegangen.

Legale Migrationssteuerung

Zukünftig will die Europäische Kommission versuchen, mit europäischen Green Cards für hoch qualifizierte Arbeitskräfte, mit Arbeitsgenehmigungen für Erntehelfer über mehrere Jahre sowie mit Mehrfachvisa für die zeitlich begrenzte Beschäftigung von Wirtschaftsmigranten, die legale Zuwanderung in Europa besser zu steuern und die illegale Beschäftigung einzudämmen.

Ex-Territorialisierung

Ebenfalls soll die Politik stärker auf die Herkunftsländer ausgerichtet werden. Es geht darum, zusätzliche Kontrollen bereits in den Herkunfts- und Transitländern zu installieren oder diese auf die Nachbarstaaten abzuwälzen, also eine Ex-Territorialisierung vorzunehmen. Anreize können über positive oder negative Konditionierung erfolgen. Es werden u.a. Rücknahmeübereinkommen und Grenzmanagements mit Staaten wie der Ukraine oder Marokko fixiert und Informationsnetzwerke geschaffen. Dabei geht es aber auch um die Bekämpfung von Armut, die Förderung von „good governance“ sowie die Schaffung von Arbeitsplätzen in den Herkunftsländern.

Für Afrika hat die EU eine eigene Strategie entworfen, um Direktinvestitionen in Regionen mit starkem Migrationsaufkommen zu fördern.

Biographien

Neubeginn in Europa

John Ekow Ampan ist von Ghana nach Spanien geflüchtet. Er verließ seine Familie, um in Europa Geld zu verdienen, da er seine Schulden abbezahlen musste. In Ghana war er wegen seiner Geldprobleme entehrt und für ihn bestand somit nur noch die Möglichkeit der Flucht. Für die Strecke von Ghana nach Spanien brauchte er fast fünf Jahre. Seit zehn Jahren lebt er nun in Spanien. John Ampan nahm den Landweg nach Norden. Auf seinem Weg kam er ins Gefängnis und wurde von Schleppern in der Wüste ohne Wasser zurückgelassen. Er hat sich das Geld für die Flucht nach und nach verdient, ist auf Ladeflächen von Pickups geflohen, eingequetscht zwischen dutzenden Flüchtlingen. Oftmals war er kurz davor aufzugeben. John Ampan ist in Europa nicht glücklich geworden. Er sagt, dass er nie ein Europäer wird, obwohl er es versucht hat. Daher versucht er seinen Sohn Glenn davon abzuhalten, es ihm gleichzutun. Er möchte ihm lieber die Uni in Ghana finanzieren, doch sein Sohn ist genauso magisch von Europa angezogen, wie er es früher war.

Zurückgeschickt

Die meisten werden jedoch nach einer geglückten Überfahrt wieder in ihre Heimatländer zurückgeschickt bzw. zunächst in Auffanglager gebracht. Ein Beispiel hierfür ist Kwame Sarpong. Er ist einer von vielen, die in einem Auffanglager in der Nähe von Crotone in Kalabrien gelandet sind. Kwame Sarpong kommt aus Ghana. Dort hat er als Manager und Geschäftsmann für internationale Unternehmen gearbeitet, bis er wegen des Bürgerkrieges fliehen musste. Ob sein Antrag bewilligt wurde, ist nicht bekannt. Fest steht aber, dass ca. 92 % aller Asylanträge abgelehnt werden.

Auf der Flucht gestorben

Und schließlich stirbt ein nicht geringer Teil der Flüchtlinge bei dem Versuch, nach Europa zu gelangen. Einer von ihnen war Mohammed Yussif. Als er starb war er 28 Jahre alt. Er gehörte zu den 37 Geretteten von der „Cap Anamur“ aus dem Jahre 2004. Nachdem sie aus Seenot gerettet worden waren, wurden sie nach der Einfahrt in den Hafen Porto Empedocle auf Sizilien verhaftet und in rechtswidriger Weise abgeschoben. Im April 2006 starb er mit zwanzig weiteren Flüchtlingen bei einem erneuten Versuch nach Europa zu gelangen. Ihr Boot kenterte im Sturm vor Lampedusa.

Kritik

Gegen den Begriff der „illegalen Einwanderung“ wird immer wieder Kritik erhoben. Die einzelnen Regelungen bezüglich Migration sind nicht feststehend und unterscheiden sich von Land zu Land. Die Legalität oder Illegalität von Einreise bzw. Aufenthalt von Zuwanderern unterliegen wie alle Rechtsnormen einem zeitlichen Wandel. Durch eine Rechtsänderung in ein und demselben Land kann ein zuvor legaler Aufenthalt "illegalisiert" werden. Die Bezeichnung „illegal“ wird daher teilweise abgelehnt.

Mit der verstärkten Sicherung der Außengrenzen und der Errichtung eines gemeinsamen Informationssystemes im Zuge des Schengener Abkommens tauchte die Bezeichnung „Festung Europa“ auf. Der Begriff nimmt Bezug auf die zunehmende Abschottung Europas von der restlichen Welt, insbesondere armen Ländern. Dies findet vor allem im Hinblick auf Migration und auf wirtschaftlicher Ebene statt.

Zu dieser Abschottung Europas trägt nach Meinung der Kritiker auch das Haager Programm bei.

Die Menschenrechtsorganisation „Amnesty International“ hat das Haager Programm in einem offenen Brief kritisiert. Dieses betone einseitig den Sicherheitsaspekt zu Lasten der Elemente Recht und Freiheit. Bei all den Diskussionen über den Umgang mit Einwanderung scheint die Tatsache, dass es sich bei Asyl in erster Linie um ein Menschenrecht handelt, vergessen worden zu sein. Das Arbeitsprogramm der EU auf den Gebieten Justiz und Innenpolitik werde zunehmend von der Bekämpfung des Terrorismus und der Bekämpfung illegaler Einwanderung geprägt.

Kritisiert wird auch die „Drittstaatenregelung“, die im europäischen Asylrecht enthalten ist. Danach können nun in allen 25 EU-Staaten Asylbewerber an der Grenze ohne nähere Prüfung ihres Falles abgewiesen werden, wenn sie aus einem sicheren Drittland kommen. Dadurch kann kaum ein Flüchtling mehr auf legalem Wege in das Herz Europas gelangen. Somit wird die Illegalisierung und Kriminalisierung von Verfolgten gefördert, sie sich in der EU nicht mehr in Sicherheit bringen können, ohne gegen das Asylrecht zu verstoßen.

Nichtregierungsorganisationen (NGOs) kritisieren an den Instrumenten der Abschottung, dass diese vor allem der Rückweisung dienen würden. Das fundamentale Flüchtlingsrecht des non-refoulement (Schutz vor Abweisung bei drohender Verfolgung) aus der Genfer Flüchtlingskonvention werde ebenso unterlaufen wie die eigene Asylverfahrensrichtlinie.

Literatur

Bendel, Europäische Migrationspolitik: Ein stimmiges Bild?, in: APuZ 35-36/2008, S. 14-19.

Drechsler/Hilligen/Neumann, Gesellschaft und Staat, Lexikon der Politik, 10. Auflage, Verlag Franz Vahlen, München 2003.

Jahn/Maurer/Oetzmann/Riesch, Asyl- und Migrationspolitik der EU - ein Kräftespiel zwischen Freiheit, Recht und Sicherheit, Diskussionspapier der FG 1, 2006/09, Juli 2006, SWP Berlin

Schubert/Klein, Das Politiklexikon, 4. Auflage, Verlag Dietz, Bonn 2006.

Zandonella, Pocket Europa. EU-Begriffe und Länderdaten. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung 2005.

Weblinks

http://europa.eu/scadplus/leg/de/lvb/l33191b.htm

http://demo.ebiz-today.de/migration/migration,192,Massive_Konflikte_durch_illegale_Einwanderung,news.htm

http://www.bpb.de/themen/1QXIX7.html

http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Aussenpolitik/Themen/TerrorismusOK/LinksDownloads/HaagerProgramm.pdf

http://www.linse.uni-due.de/linse/publikationen/Hass/Lengkeit_FestungEuropa.pdf

http://www.eu-info.de/europa/EU-Asyl-Einwanderung/

http://janjac.blogs.nouvelobs.com/

http://www.whywar.at/boat_people

http://www.imi-online.de/download/FRONTEX-Broschuere.pdf

http://www.swp-berlin.org/common/get_document.php?asset_id=3136