Dieser Artikel will sich von seinem Ausgangspunkt, dem entsprechenden Eintrag in Wikipedia, emanzipieren, bedarf dafür aber noch großer Hilfe.


Hochstapler sind Personen, die mehr scheinen wollen als sie sind, indem sie eine höhere als die von ihnen tatsächlich bekleidete gesellschaftliche Position vortäuschen - etwa eine Abstammung aus dem Adel, einen prestigeträchtigen Beruf (z.B. Arzt) oder ein großes Vermögen. Strafrechtlich geahndet werden kann die Hochstapelei ggf. als Betrug (strafbar in Deutschland nach § 263 Strafgesetzbuch), Urkundenfälschung (strafbar in Deutschland nach § 267 Strafgesetzbuch), Amtsanmaßung (strafbar in Deutschland nach § 132 Strafgesetzbuch) oder unrechtmäßiges Führen eines akademischen Grades (strafbar in Deutschland nach § 132a Strafgesetzbuch). Die Voraussetzungen für einen Betrug liegen vor, wenn der Hochstapler sein Opfer durch Vortäuschung falscher Tatsachen (hier: über seine Identität) schädigt. Eine Urkundenfälschung besteht im Wesentlichen darin, dass jemand mit einem falschen Namen unterschreibt. Im Fall einer Amtsanmaßung führt der Hochstapler Handlungen aus, zu deren Ausführung nur Amtspersonen berechtigt sind. „Unrechtmäßige Führung akademischer Grade“ wird einem Hochstapler vor allem dann vorgeworfen, wenn er sich zu Unrecht „Professor“ oder „Doktor“ nennt. Eine Ordnungswidrigkeit begeht der Hochstapler, wenn er sich unbefugt mit einem staatlich geschützten Berufstitel bezeichnet.

Hochstapler vermögen es gelegentlich, sich schnell tiefes Vertrauen und den Zugang zur Intimsphäre ihrer Opfer zu verschaffen (Heiratsschwindler), die sie sodann aber mit einer für die Umwelt unglaublichen Härte, d.h. Empathie- und Gewissenlosigkeit, zu schädigen pflegen. Ihre Maskerade verweist aber nicht nur auf pathologische Züge der Täter, sondern auch auf die Ausnutzbarkeit gesellschaftlicher Rollen, Statuspositionen und Identitäten.

Einzelfälle

Deutschland

Hochstapler avant la lettre gab es schon in der Feudalgesellschaft. So gab sich ein Tile Kolup 1284 als (der längst verstorbene) Kaiser Friedrich II. aus. Am 7. Juli 1285 wurde er in Wetzlar verbrannt. Im 16. Jahrhundert verschwand der Bauer Martin Guerre. An seiner Stelle gab sich nach etlichen Jahren ein Hochstapler als der Vermisste aus und vermochte sowohl die Ehefrau als auch das ganze Umfeld zu täuschen. Nachdem der wahre Martin Guerre zurückkehrte, wurde der Betrüger hingerichtet. Die Fakten des Falles waren Thema zahlreicher Bücher und Fernsehfilme.

Häufig waren Fälle von Hochstapelei in der bürgerlichen Gesellschaft. Der spätere Schriftsteller Karl May gab sich zwischen 1864 und 1870 als Augenarzt Dr. Heilig aus, als Seminarlehrer, als Mitglied der Geheimpolizei und als Neffe eines Plantagenbesitzers aus Martinique.

Hochstapelei beeinflusst den Willen der Opfer. Wer sich die Autorität eines Arztes anmaßt, kann Personen zu Handlungen bewegen, die sonst außerhalb seines Einflussbereichs lägen. Wer sich eine Amtsautorität anmasst, kann den Mechanismus von Befehl und Gehorsam für sich nutzen. Typischer Fall: der Hauptmann von Köpenick. 1906 gab sich der arbeitslose Schuster Wilhelm Voigt in Köpenick bei Berlin als Hauptmann aus. Er forderte vom Bürgermeister die Herausgabe der Stadtkasse und ließ ihn verhaften. Der Fall diente Carl Zuckmayer als Vorlage für seine Komödie Der Hauptmann von Köpenick. Ein deutsches Märchen. Später wurde der Stoff auch wiederholt verfilmt.

In den 1920er Jahren gab sich Otto Witte (* 16. Oktober 1872 (oder 1871) Dortmund, oder Diesdorf bei Magdeburg, † 13. August 1958 Hamburg) als ehemaliger König von Albanien aus. Zwar war er tatsächlich 1912 auf dem Balkan von Räubern gefangengenommen worden, nach Afrika geflohen und 1912 in die Türkei gelangt, wo er vom Geheimdienst angeworben wurde und die Aufmarschpläne für den gerade begonnenen ersten Balkankrieg entwendete, doch war das für seinen Geschmack wohl noch zu wenig. Jedenfalls erzählte er in einer Schaubude auf Jahrmärkten, dass er sich 1913 nach Albanien begeben habe. Dort habe er seine Ähnlichkeit mit einem angeblichen Neffen des Sultans festgestellt, der von albanischen Muslimen eingeladen worden sei, König des neu gebildeten Staates zu werden. Er sei daraufhin mit einem Freund, dem Schwertschlucker Max Schlepsig, nach Durrës in Albanien gereist und habe sich den osmanischen Truppen als Prinz Halim ed-Din präsentiert. Am 15. Februar 1913 sei er dann zum König ausgerufen worden. Er habe eine Regierung eingesetzt, Kommandeure ernannt, sich an einem Harem erfreut und einen Krieg gegen Serbien oder Montenegro geplant, bis seine Täuschung entdeckt worden sei. Er und Schlepsig hätten sich (unter Mitnahme eines beträchtlichen Anteils der königlichen Schätze) am 19. Februar 1913 abgesetzt und Albanien verlassen. Er bestand bis zu seinem Tode darauf, als „ehemaliger König von Albanien“ angesprochen zu werden. Die Berliner Polizei gestand ihm diesen Titel auch im Sinne eines Künstlernamens in seinem Pass zu, und er findet sich noch auf seinem Grabstein in Hamburg-Ohlsdorf (Parzelle Q 9, 430–433).

Im April 1945 gab sich der 19jährige Gefreite Willi Herold im Emsland als Hauptmann aus. Er ließ im Lager Aschendorfermoor über einhundert Häftlinge erschießen. Nach einem Kriegsverbrecherprozess gegen Herold und sechss weitere Angeklagte wurde Herold im November 1946 hingerichtet.

Immer wieder machen Hochstapler von sich reden, die ihre Umwelt über einen längeren Zeitraum zu täuschen vermögen, etwa wenn sie, ohne aufzufallen, als Ärzte oder andere Experten tätig sind. Mundus vult decipi (Die Welt will betrogen werden) - unter diesem Motto schaffen es Betrüger immer wieder, die Leichtgläubigkeit und das Vertrauen ihrer Mitmenschen auszunutzen. Trotzdem genießen sie gewisse Sympathien, wenn sie als moderne Eulenspiegel auftreten, die Missstände aufdecken oder die Geldgier ihrer Opfer entlarven.

Gert Postel konnte als gelernter Postbote einen Oberarztposten in der Psychiatrie bekleiden und nimmt für sich in Anspruch, die Rechtspolitik mit seinem Fall beeinflusst zu haben. Postel sagte in einem Interview: „Ich habe mich in der Psychiatrie als Hochstapler unter Hochstaplern gefühlt“.

Die Geldgier seiner Mitmenschen entlarvte der Hauptschullehrer Winfried Bornemann, der als „Carola von Gästern“ Prominente anschrieb, sich ihnen als vermögende ältere Dame vorstellte und den Angeschriebenen mitteilte, „sie“ wolle sie zu Alleinerben einsetzen. Die Reaktionen der Prominenten sind in dem Buch „Bornemanns lachende Erben?“ nachzulesen. Dieser Fall belegt auch, dass nicht jede Form der Hochstapelei strafbar ist (Bornemann hat gegen kein Gesetz verstoßen, da der einzige „Schaden“, den die Prominenten erlitten, darin besteht, dass ihre Gier der Öffentlichkeit bekannt wurde).

2007 stellte das Hamburger Universitätsklinikum fest, dass eine falsche Ärzte vier Jahre lang dort gearbeitet hatte [1].

Ausland

  • James Addison Reaves gab sich unter beeindruckendem Fälschungsaufwand gegen Ende des 19. Jahrhunderts als Baron von Arizona aus und machte Ansprüche auf gute 48.000 qkm Land in Arizona und New Mexiko geltend.
  • Eine angebliche Tochter des früheren russischen Präsidenten Michail Gorbatschow erschlich sich in Monaco Zugang zum Fürstenhof. Die gebürtige Griechin Kathryn Kechagia Aikterini - die kein Russisch spricht - habe in Monaco eine Filiale der von Gorbatschow gegründeten Organisation Green Cross International aufbauen wollen, berichtete die französische Zeitschrift "Le Point". Prinz Albert von Monaco hatte sich daraufhin im April 2008 bereiterklärt, den Ehrenvorsitz der Organisation zu übernehmen, nahm dann aber davon wieder Abstand.

Erklärungsansätze

Romane und Filme

  • Thomas Mann: Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull (1954). In diesem Roman, in dem der Autor den Künstler in die Nähe des Hochstaplers rückt, rechtfertigt der Hochstapler seine kriminelle Laufbahn mit dem Gedanken, dass er mit seinen Selbstinszenierungen der Umwelt einen Liebesdienst erweise, verkörpere er doch geheime Identitätswünsche seines Publikums. Wikipedia: "Zitierenswert ist die Vorbereitung Felix Krulls auf die Täuschung der Militärersatzkommission: „[…], daß ich mit großer Genauigkeit, ja streng wissenschaftlich zu Werke ging und mich wohl hütete, die sich bietenden Schwierigkeiten für gering zu achten. Denn Dreinstolpern war nie meine Art, eine ernste Sache in Angriff zu nehmen; vielmehr habe ich stets dafür gehalten, dass ich gerade mit dem äußerstem, der gemeinen Menge unglaubhaftesten Wagemut kühlste Besonnenheit und zarteste Vorsicht zu verbinden habe, damit das Ende nicht Niederlage, Schande und Gelächter sei, und bin gut damit gefahren.“ Mit gleicher Sorgfalt ist auch Thomas Mann an seine künstlerischen Produktionen herangegangen. - Seinen Narzissmus fasst Felix Krull in die Worte: „Ja, der Glaube an mein Glück und daß ich ein Vorzugskind des Himmels sei, ist in meinem Innersten stets lebendig geblieben, und ich kann sagen, dass er im ganzen nicht Lügen gestraft worden ist“. Thomas Mann hat sich ebenso gesehen. Aus dem amerikanischen Exil, sein trotz des Zwangs zum Weggang aus Deutschland geglücktes Leben rechtfertigend, schreibt er einem Freund im Nachkriegsdeutschland: „Ich bin eben gnädig geführt worden von einem Schicksal, das es zwar streng, darunter aber immer grund-freundlich mit mir meinte.“ Der Adressat, Hans Reisiger, ist in Doktor Faustus als Rüdiger Schildknapp porträtiert. Mit der Waffe der Sprache erkämpft sich Felix Krull gewaltfrei seinen Weg durch die Schichten der Gesellschaft.
  • Buch und Film (2000) "Der talentierte Mr. Ripley".
  • Carl Zuckmayer veröffentlichte 1931 die Komödie Der Hauptmann von Köpenick. Vorbild für die Titelfigur war ein realer Hochstapler (Wilhelm Voigt, siehe auch: Köpenickiade). Das Stück wurde später mehrmals verfilmt, unter anderem mit Heinz Rühmann in der Hauptrolle.
  • Steven Spielberg präsentiert in dem Film Catch Me If You Can (2002) die Geschichte des Hochstaplers Frank William Abagnale Jr..
  • U.S.-Fernsehserie Pretender (1996-2000).
  • Die Hochstapler. Deutschland 2007. Buch & Regie: Alexander Adolph. "Hinter den vier Betrügern erahnt man ungeliebte Kinder, fehlende Anerkennung kompensieren sie als Erwachsene durch Geld und Statussymbole." (http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/thema/619427/; 16.12.08). Über Mark Z. (35) sagt der Film: "Eine behütete Kindheit hat er gehabt. In der Schule war er allseits beliebt und sie wählten ihn zum Klassensprecher. Dennoch sagt er, habe er den anderen Leuten stets etwas vorgemacht. Seinen großen Bruder verehrte er sehr, nach dessen Tod begann er ein Doppelleben. Für seine Eltern war er weiterhin der brave Sohn, lernte Textilkaufmann, arbeitete in Modekaufhäusern und stellte Monatsgewinn-Rekorde auf. In seiner anderen Existenz arbeitete er als freier Vermögensberater – und betrog die Kunden nach Strich und Faden. Er verkaufte dubiose Immobilien, strich private Vermögen ein und lockte mit hohen Gewinnen. Der „andere“ Mark Z. nutzte die Mittel der Empathie und verstand sich hervorragend im Lesen von körperlichen Signalen. Er schuf Situationen, in welchen ihm seine Opfer blind vertrauten. Dabei hielt er sich stets an die Regeln des „perfekten“ Verkäufers. Von allen Protagonisten wirkt er wohl am skrupellosesten. Doch hat Mark Z. auf eigenen Wunsch für diesen Film die Konfrontation mit einem seiner Opfer gesucht und seine Eltern um die Teilnahme vor der Kamera gebeten, um 'vor Leuten wie mir zu warnen'."

Literatur

  • Ball, J. Bowyer; Whaley, Barton (1982). Cheating and Deception (reprint 1991). New Brunswick (USA), London (UK): Transaction Publishers. ISBN 0-88738-868-X.
  • Blundell, Nigel (1984) [1982]. The World's Greatest Crooks and Conmen and other mischievous malefactors. London: Octopus Books. ISBN 0-7064-2144-2.
  • Dillon, Eamon (2008) [2008]. The Fraudsters: Sharks and Charlatans - How Con Artists Make Their Money. Merlin Publishing. ISBN 978-1-903582-82-4.
  • Ford, Charles V. (1999) [1999]. Lies! Lies!! Lies!!!: The Psychology of Deceit. American Psychiatric Publishing, Inc.. ISBN 978-0-88048-997-3.
  • Ganzfried, Daniel (2002) . . . alias Wilkomirski. Die Holocaust-Travestie. Enthüllung und Dokumentation eines literarischen Skandals. Berlin: Jüdische Verlagsanstalt. ISBN 3934658296.
  • Henderson, Les (2000). Crimes of Persuasion: Schemes, scams, frauds. Coyote Ridge Publishing. ISBN 0-9687133-0-0.
  • Hentig, Hans von (1957) Zur Psychologie der Einzeldelikte. Band 3: Der Betrug. Tübingen: Mohr.
  • Kaminski, Marek M. (2004). Games Prisoners Play. Princeton: Princeton University Press. ISBN 0-691-11721-7.
  • Maurer, David W. (1940/1999) The Big Con: The Story of the Confidence Man and the Confidence Game (reprinted). New York: Bobbs Merrill / Anchor Books. ISBN 0-385-49538-2.
  • Maurer, David W. (1974). The American Confidence Man. Springfield: Charles C. Thomas, Publisher.
  • Porombka, Stephan (2008) Felix Krulls Erben. Zur Geschichte der Hochstapelei im 20. Jahrhundert. Bostelmann & Siebenhaar, Berlin 2001. (vergriffen; als Taschenbuch: Blumenkamp, Hannover, ISBN 978-3981068542.
  • Schmidt, Jürgen W. (2010) Eine Hochstaplerin in Erfurt: Martha Barth alias "geschiedene Kronprinzessin von Griechenland" bzw. "Prinzessin Margarethe von Preußen", in: Jahrbuch für Erfurter Geschichte Bd. 5 Erfurt, S. 149-180.
  • Smith, Jeff (2009). Soapy Smith: The Life and Death of a Scoundrel. Juneau: Klondike Research. ISBN 0-9819743-0-9.
  • Sutherland, Edwin Hardin (1937). The Professional Thief (reprint 1989). Chicago: University of Chicago Press. ISBN 978-0-226-78051-1

Weblinks